Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Afrika

Suahelisch, Lied des Liongo

Ich schwör es beim allmächt'gen Gott, bei ihm zu schwören ist ein Eid;
Wer freundlich sich zu mir gesellt, den will ich lieben jederzeit;
Doch wenn mein Bruder mich verletzt, und tut er mir das kleinste Leid,
Dem jungen Falken bin ich gleich, der niederstößt eh' man's geglaubt,
Dem bösen Vogel, der ein Stück auch mitten aus der Herde raubt.

Bei Gott gebunden bin ich wohl und doch der echten Größe Bild,
Schwarz bin ich wohl, doch bin ich weiß, sobald es meine Ehre gilt,
Mit bleichem Schrecken flieht der Feind, wenn ihn mein droh'ndes Auge schilt.
Ich bin dem jungen Geier gleich, der scheucht des Wildes Scharen fort,
Das in tiefen Tälern grast und auf den wald'gen Hügeln dort.

So tut ein Tier in seiner Not, wenn Unheil sich zusammenzieht.
Dort in der Wüste wenn's umher die Überzahl der Feinde sieht,
Es schlägt dem Feind den Schädel ein und bricht den Hals dem Störenfried.
So flög' auch ich dem Adler gleich als König gern hinauf zum Licht.
Denn alle Tiere sind sein Raub, der Löwe selbst entgeht ihm nicht.

In Stücken schlüg' ich alle sie mit scharfem Messer, mit dem Schwert,
Und du mein Dolch, ich hätte wohl dich auf und ab die Bahn gelehrt,
Und wie der Fels die Woge teilt, hätt' ich das Leid mir abgewehrt.
Doch ach, die harte Fessel schwer sich mir um beide Füße schmiegt,
Und um den stolzen Nacken mir von Eisen eine Kette liegt.

Weißt du, warum der Löwe brüllt, in jeder Not, in jeder Pein?
Ich sage dir, Erinnerung, das wird der Grund des Brüllens sein.
Den bärt'gen Löwen mein' ich nicht, nicht das geschwänzte Vierbein, nein –
Der große Löwe kämpft ums Recht, um seiner Ehre Glanz er ficht,
Und niemals läßt er ab vom Kampf, bis ihm im Tod das Auge bricht.

(Deutsch von Carl Meinhof)

Duala, Die Entstehung des Menschen

»Als Gott die Welt schuf, da fand er drei Dinge vor auf der Erde, einen Dorobo (Mitglied eines verachteten Jägerstammes), einen Elefanten und eine Schlange, die zusammen lebten. Mit der Zeit bekam der Dorobo eine Kuh. Eines Tages sagte der Dorobo zu der Schlange: »Mein Freund, warum juckt mich mein Körper so, daß ich mich immer kratzen muß, wenn du mich anbläst.« Die Schlange sagte: »Ach mein Vater, ich blase meinen schlimmen Atem ja nicht absichtlich auf dich.« Der Dorobo schwieg, aber am Abend nahm er seine Keule und schlug die Schlange tot.

Am Morgen fragte der Elefant ihn, wo der »Dünne« geblieben wäre. Der Dorobo sagte, er wüßte es nicht, aber der Elefant merkte, daß er die Schlange totgeschlagen hatte, und daß er es nicht eingestehen wollte.

In der Nacht kam ein schwerer Regen, und der Dorobo konnte seine Kuh weiden und tränken. Sie blieben da lange, und zuletzt warf der Elefant ein Junges. Schließlich trockneten aber alle Pfützen aus bis auf eine. Nun pflegte der Elefant hinzugehen und Gras zu fressen, und wenn er satt war, ging er zu der Pfütze, legte sich ins Wasser und rührte es auf, so daß der Dorobo das Wasser morastig fand, wenn er seine Kuh hintrieb.

Da machte der Dorobo eines Tages einen Pfeil und schoß den Elefanten und tötete ihn. Der junge Elefant zog dann in ein anderes Land. Er sagte: »Der Dorobo ist schlecht, ich will nicht länger bei ihm bleiben. Erst hat er die Schlange getötet, und nun hat er meine Mutter getötet. Ich will weggehen und nicht mehr bei ihm leben.«

siehe Bildunterschrift

Arkosolbild aus der Nekropolis von Kyrene. Der gute Hirte und symbolische Fische

Bei seiner Ankunft in einem anderen Lande traf er einen Masai, der ihn fragte, wo er herkäme. Der junge Elefant sagte: »Ich komme vom Haus des Dorobo. Er lebt an der anderen Seite des Waldes, und er hat die Schlange und meine Mutter getötet.« Der Masai fragte: »Ist das wahr, daß da ein Dorobo ist, der deine Mutter und die Schlange getötet hat?« Als ihm das bestätigt wurde, sagte er: »Wir wollen da hingehen, ich möchte ihn sehen.« Sie gingen und fanden die Hütte des Dorobo, die Gott umgekehrt hatte, und deren Tür zum Himmel gerichtet war. Da rief Gott den Dorobo und sagte zu ihm: »Ich wünsche, daß du morgen früh kommst, denn ich habe etwas mit dir zu reden,« Der Masai hörte es, und am Morgen kam er und sagte zu Gott: »Ich bin gekommen.« Gott befahl ihm eine Axt zu nehmen und in drei Tagen einen Kraal zu bauen. Als er fertig war, mußte er gehen und ein mageres Kalb suchen, das er im Walde finden sollte. Das mußte er zum Kraal bringen und schlachten. Das Fleisch mußte in dem Fell aufgebunden werden und durfte nicht gegessen werden. Das Fell mußte außerhalb der Tür der Hütte angebunden werden. Er mußte Feuerholz holen, ein großes Feuer anzünden und das Fleisch hineinwerfen. Dann sollte er in die Hütte hineingehen und nicht erschrecken, wenn er draußen einen großen Lärm wie Donner hörte. Der Masai tat, was er sollte. Da ließ Gott einen Streifen Leder vom Himmel herabkommen, gerade über der Kalbshaut. Mit einmal fing Vieh an allmählich herabzusteigen an dem Lederstreifen, bis der ganze Kraal voll war. Die Tiere fingen an sich zu drängen und stürzten die Hütte um, in der der Masai war. Der Masai erschrak und stieß einen Ruf der Überraschung aus. Er ging dann aus der Hütte heraus und fand, daß der Lederstreifen durchschnitten war, und daß kein Vieh mehr vom Himmel herab kam. Gott fragte ihn, ob das Vieh genug wäre, denn mehr bekäme er nicht, weil er sich erschrocken hätte. Der Masai war zufrieden, ging weg und hütete das Vieh, das er bekommen hatte. Der Dorobo bekam kein Vieh und war seitdem darauf angewiesen, sich Wild zu schießen. Heute noch, wenn Vieh im Besitz von Bantustämmen gefunden wird, nimmt man an, daß sie es gestohlen oder gefunden haben, und die Masai sagen: »Das ist unser Vieh, laßt uns gehen und es nehmen, denn Gott hat uns ursprünglich alles Vieh auf Erden gegeben.«

(Deutsch von Carl Meinhof)

Lied eines Negers

Ludwig Knapp

Wenn ich von des Todes Schlaf umfangen bin,
Sollt ihr mich bei euern Hütten nicht begraben,
Stellet mir kein scharlachrotes Holzbild hin,
Wollet nimmer meinen Geist mit Opfern laben!

Laßt, ihr jungen Mädchen, euer Tanzen,
Laßt, ihr alten Mütter, euer Heulen,
Euer Stöhnen und entsetzlich Klagen,
Euer Brüsteschlagen!

Kampfesfreunde, schwingt nicht eure Lanzen!
Krieger, werft nicht eure Keulen!
Denn ihr alle, meines Volks Genossen,
Eh ein kurzer Mond verflossen,
Habt ihr mich vergessen.

Aber fern von euern lauten Hütten
An des palmgezierten breiten Stromes Rand
Sollt ihr aus dem weißen Ufersand
Meinen Hügel schütten.

Siehe da! die Wasservögel, sieh! die grünen, roten, blauen,
Fliegen klagend her, mein Grab zu schauen,
Ferneher aus grünen Hainen
Und die Frösche seufzen unermessen.
Ja, ihr treuen Wasservögel und ihr Frösche
Werdet nimmer mich vergessen,
Werdet ewig mich beweinen.


 << zurück weiter >>