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Erklärungen jiddischer Wörter (h. = hebräisch)

Abgesonderte: Männer, die sich von allem Weltlichen, zumal von ihren Ehefrauen, absondern und sich nur der Lehre (Thora) widmen (»Peruschim«).

Achtzehngebet: s. Schmojneessre.

Agune: Aguna (»die Gebundene«), eine verlassene Frau, deren Ehemann verschollen ist. Für sie ist Wiederverheiratung unmöglich, solange der Tod des Mannes nicht konstatiert worden ist.

Aleph: Erster Buchstabe des hebr. Alphabets.

Almemor: (arab. »Die Kanzel«, hebr. »Bima«) Platz in der Mitte der Synagoge zur Verlesung der Thora.

Alschich: ein Talmudkommentar.

Ansiedlungsrayon: Im zaristischen Rußland hatten die Juden nur in bestimmten Gouvernements bzw. Städten des westlichen und südlichen Rußlands Wohnrecht. Aufenthalt außerhalb des »Rayons« war ihnen nur mit großen Schwierigkeiten und Kosten möglich.

Arbekanfes: (h. Arba Kanfot = »Vier Ecken«) Rituell vorgeschriebenes Kleidungsstück = leinenes Leibchen mit »Schaufäden«, unter der Kleidung getragen (vgl. »Talis-kutten«).

Aron ha-Kodesch: »Hl. Schrein«, Wandschrank an der Misrachwand (s.d.), in dem die Thorarollen aufbewahrt werden.

Awrom (Awrohom): Abraham, (dimin. Awremel).

 

Baal-Schem (Balschemm): »Meister des (göttlichen) Namens«, der Stifter des Chassidismus in Polen: Israel ben Elieser (1699 bis 1760).

Badchen (Mz. Badchunem): Spaßmacher bei Hochzeiten, Bänkelsänger und Gelegenheitsdichter.

Barmizwe (Bar-Mizwa): »Sohn des Gesetzes« heißt der jüdische Knabe an seinem 13. Geburtstage, an dem er die religiöse Volljährigkeit erreicht und erstmals Tfillin (s.d.) legt. B. auch Bezeichnung der Feier (die der Konfirmation entspricht).

Batlen (Mz. Batlonim, Batlunem): Jemand, der Honorar erhält, um ständig im Lehrhause (Bejßmedresch) zu »lernen«; allgemein: unpraktischer Mensch.

Beigel: eine Art Gebäck.

Beis (Beth): zweiter Buchstabe des hebr. Alphabets.

Bejßmedresch (Bejß Hamidrosch, Bet-ha-Midrasch): talmud. Lehr- und Bethaus.

Belfer (»Behelfer«): Gehilfe eines Melammed (s.d.).

benschen (»benedicere«): Segensspruch bei der Mahlzeit sprechen.

Bove-Maisses: Erfundene Geschichten (nach einem alten Werk der jüd. Literatur).

Brajnes: Kein Familienname, sondern »Brajnes Mann«. Wenn die Frau die Hauptfigur ist, wird ihr Name, wie hier, dem Namen des Mannes angehängt.

Briß (h. Berit »Bund«): Beschneidungsfeier (am 8. Tage nach der Geburt des Knaben), der unsichtbar der Prophet Elias beiwohnt.

Buchstaben, kleine: Gemeint sind die (oft besonders) kleinen Buchstaben der Talmud-Ausgaben.

 

Challe (h. Challa »Kuchen«): Geflochtenes Weizenbrot für den Sabbat und Feiertag, im Westen »Barches« genannt.

Chanekke (Chanukke): h. Chanukka »Einweihung«. Achttägiges Lichtfest zur Erinnerung an die Religionsverfolgungen des syrischen Hellenismus, den Sieg der Makkabäer und Wiedereinweihung des Tempels in Jerusalem (165 v. Chr.), Halbfeiertag wie Purim; beginnt am 25. Kislew (ungefähr Dezember).

Chanukkegeld: Geschenk an Arme und Kinder an diesem Tage.

Chanukkelampe: Achtarmiger Leuchter, bei dem an jedem Tage ein Licht zusätzlich entzündet wird.

Chasen (Mz. Chasanim): h. Chasan (»Aufseher«): Vorbeter, -sänger, Kantor.

Chejder (Cheder = »Stube«): traditionelle jüdische Elementarschule; privates Unternehmen eines Melammed (s.d.) Unterricht in Bibel und Talmud; Besuch vom 4. (5.) Lebensjahr bis Barmizwe.

Chimmesch (Chumesch): Die fünf Bücher Mose (Pentateuch).

Chippe: s. Chuppe.

Chummet: Chomez (h. Chamez »Gesäuertes«). Alles, was mit Sauerteig zubereitet ist, ist für die Pejssachzeit verboten und wird vor Festbeginn fortgeschafft.

Chuppe (h. Chuppa): der Traubaldachin, unter dem Braut und Bräutigam zusammengegeben werden.

Chussid (Chossid, Mz. Chassidim): h. Chassid »der Fromme«. Heute Anhänger der mächtigen, im 18. Jahrhundert im Ostjudentum aufgekommenen Richtung (Chassidismus), die gegenüber dem (talmud.) Wissen das Gefühl besonders stark betont.

Chuzpe (h. Chuzpa): Dreistigkeit, Frechheit.

 

daitsch (datsch): zur »Aufklärung« gehörig, sich »deutsch kleidend« u.ä. (vgl. »deutsche Sintflut«).

Dajen (Mz. Dajonim): h. Dajjan (»Richter«): Rabbinergehilfe, Rabbinatsassessor.

Dalles: die Verkörperung der Armut (h. dallut).

dawnen: beten.

 

Ehe: »Ohne Kinder reißt die Ehe wie ein Faden.«

»Ejn Jaakew« (»Auge Jakobs«): ein Talmudkommentar.

Ejruw (h., eigentl. »Vereinigung«): Umzäunung, die nach bestimmten Vorschriften um eine Stadt gezogen wird und diese in einen »Hof« verwandelt, auf dem man am Sabbat (s.d.) gewisse Dinge, z.B. ein Gebetbuch tragen darf, was sonst streng verboten ist.

Ellel (Elul): letzter Monat des jüdischen Kalenders (entspricht ungefähr August–September), der – vor den hohen Festtagen – dem Andenken der Verstorbenen geweiht ist.

Erez Jißroel: »Land Israel«.

 

Fasten: Zur Buße oder Trauer (daher nicht am Sabbat); z.B. fasten am Vorabend des Passahfestes die Erstgeborenen zur Erinnerung daran, daß die Israeliten in Ägypten vom Sterben der Erstgeburt verschont blieben.

Fleisch und Milch: Müssen streng getrennt bleiben (daher getrenntes Geschirr).

»Frejlachs«: Fröhliches (= e. lustige Marschmelodie).

»Furchtbare Tage« (jamim noraïm): die zehn hohen »Tage der Umkehr« (Teschuwa) von Neujahr bis Versöhnungsfest, wo Gott über die Menschen zu Gericht sitzt (1.-10. Tischri).

 

Gabbe, Mz. Gabbojim (h. Gabbai »Einnehmer«): Vorsteher einer Synagogengemeinde.

Gaon, der Wilnaer: Elia ben Salomo (1720-1797) in Wilna; größte talmudische Autorität (daher der uralte Ehrentitel), schärfster Gegner des Chassidismus.

Gedächtsnismazze: s. Mazze.

Gemure (h. Gemara »Das Erlernte«): Erläuterungen und Ausführungen der Aramäer (3.-5. Jahrh.) zur Mischna. »Gemure« bezeichnet oft den Talmud überhaupt.

Gemure-Melammed (Talmudlehrer): s. Melammed.

Ger: Góra Kalwarja (in der Nähe von Warschau); Sitz eines berühmten Zaddiks (s.d.).

Gilden (Gulden): alter polnischer Gulden (= 15 Kopeken).

Goj (Mz. Gojim): Nichtjude, Christ, davon Adjektiv gojisch.

Goldene Suppe: Die Suppe, die das Brautpaar nach der Trauung (Chuppe) als erste gemeinsame Mahlzeit verzehrt.

Goles (Golus): h. Galuth »Verbannung, Exil«; seit der Zerstörung des 2. Tempels (Redensart »so lang wie der Goles«).

 

Haggode (»Haggada«): Erzählung vom Auszug Israels aus Ägypten, wird an den ersten beiden Pejssachabenden am Sseder-Tisch, oft aus kunstvoll verzierten Handschriften, vorgelesen.

Haknossas Kallo: »Verheiratung der Braut«. Pflicht, einem armen Mädchen die Heirat durch Stiftung der Mitgift und Aussteuer zu ermöglichen.

Hand geben: Zur Begrüßung eines Fremden oder von der Reise Heimgekehrten. Bei Frauen nicht angewandt, da jede Berührung zwischen den Geschlechtern verboten ist.

Handwaschung: Rituell vorgeschriebene Handlung (mit Segensspruch) vor dem Morgengebet, bei jeder Mahlzeit.

Hawdole (h. Hawdala »Unterscheidung«): Zeremonie der Trennung des Sabbats vom Werktag; bei Sabbatausgang wird über Licht und Wein ein besonderer Segensspruch gesagt.

Hejchanes (Schanes): Weidenruten, die am 7. Tage des Laubhüttenfestes (Hejschano-Rabbo) beim Gebet abgeschlagen werden.

Hejschano-Rabbo (Hoschana Rabba): Der 7. Tag des Laubhüttenfestes (Ssukes), an dem nach jüd. Lehre das göttliche Gericht über den Menschen, das am Neujahr (Roscheschune) beginnt, zum Abschluß kommt.

Hundertzwanzig Jahre: Das Maximum des Lebensalters, das man sich und anderen wünschen darf.

 

Inssane tejkef: s. Unessane Tojkef.

»Jahrzeit« (a.d. Mittelhochdtsch. f. »Jahrestag«): Die alljährlich durch Sprechen des Kaddisch (oder Vorbeten) begangene Feier des Todestages der Eltern. »Jahrzeitlicht«.

Jeschiwe (Jeschiwa): Freie Hochschule für höhere Talmudstudien; »Rosch-Jeschiwe« = Leiter der J.

Jeschiwe-Bocher (Bachur): Schüler einer Jeschiwe. Die Jeschiwe-Bochers haben in wöchentlichem Turnus freie Beköstigung bei wohlhabenden Gemeindemitgliedern (»Köst essen«).

Jojmkipper (Jom-Kippur, h. Jom ha-Kippurim = »Tag der Sühnungen«): Versöhnungstag zwischen Gott und Mensch, auch zwischen Mensch und Mensch, am 10. Tischri. Höchster Feiertag bei ununterbrochenem Fasten und Gebet durch 24 Stunden. Gebete »in Talis und Kittel« (s.d.). – Klein-Jojmkipper bei manchen Frommen am Vorabend jedes Neumondtages mit Fasten und Bußgebeten.

Jontew (h. Jom-Tow »Guter Tag«): Feiertag, Festtag.

Jovon (Javan): Volksbezeichnung (1. Buch Mose 10, 4).

 

Kabbala (»Überlieferung«): engere Bezeichnung der jüdischen Mystik (seit dem 13. Jahrhundert).

Kabbolas-Schabbes: »Begrüßung des Sabbat«.

Kaddisch (Kaddisch): »Heiliger«, altes (aram.) Gebet. Bestandteil des täglichen Gottesdienstes, auch Gebet, das die Söhne für ihre verstorbenen Eltern (auch nahe Verwandte) im Trauerjahre oder bei Wiederkehr des Todestages (»Jahrzeit«) sagen. Auch Bezeichnung für denjenigen, der K. spricht.

»Kaw Hajoschor« (h. Kaw Hajaschar = »Das gerechte Maß«): volkstümliches Moralbuch in jiddischer Sprache.

Kiddusch (Kiddesch): »Heiligung«. Einweihung des Sabbats bzw. Festtages durch den Hausherrn mit Segensspruch über einen Becher Wein (»Kidduschbecher«, oft besonders kunstvoll).

Kiggel: s. »Kugel«.

Kislew: dritter Monat des jüd. Kalenders; ungefähr November – Dezember.

Kittel: Weißes Leinenhemd (Totenhemd, »Kittel und Häubel«), das bei feierlichen Anlässen, z. B. am Versöhnungstage oder Neujahr, im Gottesdienst über den Kleidern getragen wird.

Klaus (Klous, Klois): Kleinere Bet- und Lernstube.

Köst (Kest): Beköstigung und freie Wohnung, die das junge Paar nach der Hochzeit einige Jahre im Elternhaus erhält (Teil der Mitgift). Vgl. auch Jeschiwe.

Kojhen (Mz. Kojhanem): h. Kohen »Priester«, Nachkomme Aarons, für den besondere Vorschriften gelten. Hat noch heute innerhalb der Gemeinde besondere Rechte und Pflichten. Wird in einer Ehe als erstes Kind ein Knabe geboren, so hat der Vater ihn (gem. 4. Mose 19, 15) durch Zahlung an einen Priester auszulösen (»Pidjon ha-Ben«). Der Kojhen darf kein Haus betreten, in dem ein Toter liegt, darf keine geschiedene Frau oder Witwe heiraten u. a. m.

Kolniddre (Kol-Nidrej): »Alle Gelübde«; aram. Anfangsworte des Gebets, mit dem in der Synagoge der Versöhnungstag eingeleitet wird.

Kopfbedeckung: Stets vorgeschrieben für Segenssprüche, Gebete und das »Lernen«.

Koscher (h. kascher = »recht«): was der Ritualvorschrift entsprechend erlaubt ist (Gegensatz zu trejfe).

Ksibbe (Ketubba): Heiratskontrakt (aram., oft in besonderer Schönschrift), der die Rechte und Pflichten der Eheschließenden festhält.

Kugel (Kiggel): von »Gugel« (?); Sabbatspeise, die schon am Freitag zubereitet und für den Sabbat im Ofen warmgehalten wird.

 

Lamden: »Gelehrter« (in jüd. Wissen).

Lernen: Beschäftigung mit dem religiösen Schrifttum.

Leviathan: Meeresungeheuer. Nach dem nachbiblischen Schrifttum wird das Fleisch des L. den Gerechten im Paradies als Speise vorgesetzt.

Litwak (Mz. Litwakes): Litauische Juden, deren Frömmigkeit in anderen Gegenden angezweifelt wird. Die »Litwakes« werden als »Freigeister«, besonders von den Chassiden, oft mit gewisser Nichtachtung behandelt.

 

Magid (»Verkünder«): Prediger, oft auch Wanderprediger (-redner).

Mahlzeit, dritte: Vor Sabbatausgang (Schaleschudes).

Maimonides: Rabbi Moses ben Maimon (Rambam), bedeutendster jüdischer Philosoph des Mittelalters (1135-1204).

Maftir: Vorlesung aus dem Propheten Jonas am Nachmittag des Versöhnungstages. Als Ehrenamt versteigert.

Marew (Maariw): Abendgebet.

Masel-tow (Masseltow = »Gut Glück!«): Allgemeine Glückwunschformel.

Mazze (Mazza, Mz. Mazzes, Mazzot): Ungesäuertes, flaches Passahbrot. Alljährlich wird ein Stück Mazze aufgehoben und »zum Gedächtnis« bis zum nächsten Passah (Pejssach) an sichtbarer Stelle aufbewahrt (»Gedächtnismazze«).

Mechutten (Mz. Mechuttonim, weibl. Form »Mechutteneste«): Als M. bezeichnen sich gegenseitig die Eltern von Braut und Bräutigam.

Mejlech Eljen (h. Melech Eljon »Höchster König«): Gebet am Neujahrstage (Roscheschune).

Melammed (Mz. Melamdim): Lehrer im Chejder (Elementarschule); muß verheiratet sein.

Midrasch (h. »Forschung«): Auslegung des Alten Testaments nach den Regeln der jüd. Schriftgelehrten.

Mikwe: Rituelles Tauchbad, seit ältesten Zeiten in jeder jüd. Gemeinde.

Minche (h. Mincha »Speiseopfer«): Nachmittagsgebet.

Minjen (h. Minjan »Zahl«, Mz. Minjanim): Zehnzahl religionsgesetzlich volljähriger Juden, die als Mindestzahl zur Abhaltung eines vollgültigen Gemeindegebets vorgeschrieben ist.

Mischna (»Wiederholung«): Die »mündliche« Lehre, zugleich mit der schriftlichen Lehre (Thora) gegeben und mündlich überliefert. Aufzeichnung um 200 n. Chr. abgeschlossen. – Bildet zusammen mit der Gemure (Gemara) den Talmud.

Mischnajes: Es ist Sitte, für das Heil eines Verstorbenen ein Kapitel der M. (»ein Blatt Mischnajes«) zu »lernen« (s. d.) oder lernen zu lassen.

Misnagid (Mitnagid »Gegner«): Gegner des Chassidismus.

Misrach (Sonnenaufgang, Osten): Diese Himmelsrichtung hat für die Juden besondere Bedeutung, weil sich dort ihr Vaterland Israel befindet. Die Synagogen werden nach dieser Richtung gebaut. Aus diesem Grunde werden in der Synagoge (Schul) die an der »Misrachwand« gelegenen Sitze besonders geschätzt und teuer bezahlt. In den Wohnungen wird oft eine bemalte Tafel mit der Inschrift »Misrach« angebracht, um dem Betenden die Richtung nach Jerusalem anzuzeigen.

Mizwe (Mizwa »Gebot«): göttliches Gebot, gottgefälliges Werk. Die erste Mizwe der Hl. Schrift »Seid fruchtbar und mehret euch!«, daher Pflicht zur Ehe, Förderung von Eheschließungen (vgl. »Haknossas Kallo«).

Mogen Dovid (Magen David »Davidsschild«, -stern): Seit jeher Zeichen des Judentums.

Nachme: s. »Schabbes-Nachme«.

Name (ha-Schem): der unausgesprochene Gottesname, »der liebe Name«.

nebbich: Unübersetzbarer Ausdruck des Bedauerns.

Neun Tage: Vor dem 9. Aw (Tischebuw, Tag der Tempelzerstörung); an diesen Tagen wird zum Zeichen der Trauer kein Fleisch gegessen.

Nile (Neile, Neila »Abschluß«): Schlußgebet am Versöhnungstage.

 

Orejn-Kojdesch: s. Aron ha-Kodesch.

 

Peje (Mz. Peies, h. peot »Ecken«): Schläfenlocke; nach altjüdischem Brauch nicht zu beschneiden.

Pejssach (Pessach »das Vorübergehen«): Passah, Osterfest. Achttägiges (14.-21. Nissan) Erinnerungsfest an den Auszug der Juden aus Ägypten, nachdem der Todesengel an den jüdischen Häusern »vorübergegangen« war. (Fasten der Erstgeborenen.) Zur Erinnerung an das ungesäuerte Brot der eilig aus Ägypten aufgebrochenen Juden dürfen nur ungesäuerte »Mazzes« (s.d.) gegessen werden. Festmahl »Sseder« (s.d.).

Perücke (»Scheitel«): Verheiratete jüdische Frauen dürfen das eigene Haar nicht sehen lassen und tragen daher Perücken (»Scheitel«).

Pidjon ha-Ben: »Lösung des Sohnes«; Auslösung des Erstgeborenen durch Zahlung eines Geldbetrages an einen Kojhen (30 Tage nach der Geburt).

Pirem: s. Purim.

Porusch: »Abgesonderter« (s.d.).

Psiches: Öffnen des Hl. Schreines (Thoraschreins) bei gewissen Gebeten.

Purim (»Lose«): Freudenfest; Erinnerung an die Errettung der Juden vor der Vernichtung durch den persischen Minister Haman (am 14. Adar = Februar, entspricht der Fastnacht). Purimgeschenke (»Schlachmones«), Gebäck (»Hamantaschen«), Verlesung der Esther-Rolle (»Megille«). »Purimspieler« (oft Jeschiwe-Bochers) bieten Schauspielvorstellungen (Dramatisierung der Esthergeschichte).

 

»Rabojssai!«: Meine Herren!

Rambam: s. Maimonides.

Raschi: Traditioneller Talmudkommentar des R. Salomo ben Isaak (Salomo Izchaki); berühmtester Exeget im 11. Jahrhundert (Troyes 1040-1105, zeitweilig in Worms), nach dem auch ein Schriftcharakter (Raschi-Schrift) benannt ist.

Reb: Ehrentitel für Gebildete, Fromme oder auch nur ältere Männer (s. »Row«).

Reb Jid (Herr Jude!): Anredeformel, soviel wie »Herr Nachbar«.

Rebbe: chassid. Führer (Zaddik), oft auch für den Melammed gebraucht.

Rebbezin: Rabbinerfrau.

Roscheschune (Rosch-ha-Schana »Jahresanfang«): Jüdisches Neujahrsfest (am 1. und 2. Tischri = Herbst); als sehr ernstes Fest mit sehr langen Bußgebeten (in »Kittel und Häubel«) begangen.

Row (Mz. Rabbonim): Titel des Schriftgelehrten, des offiziellen Gemeinderabbiners; Anrede: »Rabbi« (»mein Herr«).

 

Sabbat (Schabbes, h. Schabbat »Ruhe«): Siebenter Tag der Woche; Ruhetag mit sehr strengen Vorschriften über Vermeidung jeder Arbeit (unerläßliche Tätigkeiten besorgen Nichtjuden = »Schabbesgoj«). S. »Ejruw«, »Kiddusch-Hawdole«. Grußformel »Gut Schabbes!«

Sandek: derjenige, der das Kind während der Beschneidung in den Armen hält.

Schabbes-Nachme (»Sabbat-Nachmu«): Name des Sabbats nach dem Fasttag der Tempelzerstörung (»Tischebuw«), so genannt nach Jesaja 40, 1 »Nachmu ...« (»Tröstet, tröstet mein Volk!«).

Schächter (Schochet): Der Gemeindebeamte, der Tiere nach den Vorschriften des jüd. Ritualgesetzes schlachtet.

Schadehen (Mz. Schadchonim): Heiratsvermittler (h. Schadehen »Der gut zuredet« – zum »Schidduch« = Partie).

Schaleschudes: »Dritte (Sabbat-)Mahlzeit«.

Schammes (Mz. Schamossim, h. Schamasch): Diener, besond. Synagogendiener.

Schatnes (h. Schaatnes = Mischgewebe): Wolle und Leinen zusammen, was nach dem jüd. Gesetz (3. Mose 19, 19) verboten ist. Daher Verbreitung des Schneiderhandwerks.

Scheidebrief (Get): Nach dem Gesetz Scheidung nur in einem Ort möglich, der an einem Flusse »mit Namen« (also nicht an einem namenlosen Gewässer) liegt.

Scheitel: s. Perücke.

Schemes (h. Schemot »Namen«): Blätter aus alten Gebetbüchern u.ä., auf denen der Gottesname vorkommt und die daher nicht vernichtet werden dürfen. Werden im Bethaus in Truhen oder Verliesen (Geniza) aufbewahrt und nach gewisser Zeit in geweihter Erde eingegraben.

Schma Jißroel: »Höre Israel« (»Er unser Gott, Er ist Einer«); das heiligste Bekenntnis der Juden. Wird als letztes vor dem Tode gesprochen oder dem Sterbenden vorgesprochen.

Schmojneessre (»Schemone essre« = Achtzehn): Achtzehngebet, das Gebet (Teffilla) schlechthin. Wird stehend (daher auch »Amida« == »das Stehen« genannt) und unbeweglich, das Gesicht nach Osten gerichtet, gesprochen.

Schnorrer: Wandernder Betteljude.

Schojfer (Schejfer h. Schofar): Widderhorn, krummes Blasinstrument (Posaune), wird am Roscheschune und Jojmkipper geblasen.

Scholem (Schalom)»Alejchem!«: »Friede sei mit Euch!« Begrüßungsformel bei der Ankunft von Fremden oder verreisten Personen.

Schor-Habor: Riesenstier der talmud. Sage. Wird dereinst – wie der Leviathan (s.d.) – im Paradies den Gerechten zur Speise gereicht.

Schul (Schil): Bezeichnung der Synagoge (bei Luther: »Judenschule«). Männerschul und Frauenschul getrennt.

Schulklopper: Gemeindediener, der durch Klopfen an alle Türen der Judengasse zum Morgengebet ruft.

Schuschannes-Jaakew (Schoschanos Jaakew, h. Schoschannat Jaakow = »Lilie Jakobs«): Purim-Hymne, oft durch jiddische Zusätze erweitert.

Schwues (Schwies, Schawuot »Wochen«): das Wochenfest, sieben Wochen nach Pejssach (entspricht Pfingsten).

Sfirozeit (Sefira »Zählung«): Die Tage zwischen Pejssach und Wochenfest: Trauerzeit, vielfach auch Fasten, in der keine Hochzeit stattfindet.

Sliches (Slieches, h. Selichot »Verzeihung«): Bußgebete, die vor den hohen Feiertagen im Herbst und an Fasttagen, oft vor Tagesanbruch, in der Synagoge verrichtet werden. »Slicheszeit«.

Smires (h. Semirot »Gesänge«): Sabbatlieder.

Sohar (Glanz): Das Hauptwerk der Kabbala, der mystischen Lehre des Judentums (wahrscheinlich im 13. Jahrhundert entstanden).

Sprüche der Väter (Pirke Awot): volkstümlichstes Stück der Mischna.

Sseder (Ssejder, »Ordnung«): Die Ordnung für die mit einer Fülle von Zeremonien und symbolischen Speisen verbundene Familienfeier an den ersten beiden Pejssachabenden, bei der u.a. den Teilnehmern geboten ist, vier Glas Wein zu trinken. Der Familienvater verliest die »Haggode« (s.d.). Der Prophet Elias wird ständig erwartet (Elias-Becher, offene Tür).

Ssore bas-Tervim (Sara bat-Tuwim): legendäre Verfasserin beliebter Tchines (Frauengebete).

Ssukes (h. Sukkot, »Hütten«): Laubhüttenfest am 15.–22. Tischri (September–Oktober); letztes der (Wallfahrts-)Feste, an dem der Aufenthalt in einer »Laubhütte« vorgeschrieben ist.

Streimel (Mz. Streimlach): Eigentümliche Pelzmütze, die von geistlichen Personen, in einigen Teilen Osteuropas auch von allen Männern, am Sabbat und an Festtagen getragen wurde.

 

Tachnun (Tachanun): Tägliches Bußgebet, das am Sabbat und an Feiertagen nicht gesprochen wird, ebenso nicht, wenn sich unter den Betenden jemand befindet, in dessen Hause ein Briß (s.d.) gefeiert wird.

Talis (h. Tallit »Gebetsmantel«): viereckiger, weißer Überwurf aus Wolle oder Seide mit Schaufäden an den Ecken, der von den Juden zum Morgengebet und bei feierlichen Zeremonien gebraucht wird (= Großer Talis »Tallit gadol«).

Talis-kutten (Tallit katan): »Kleiner Talis« = »Arbekanfes« (s.d.).

Talmud: Kompendium der mündlich überlieferten Lehre (Auslegung) des Mosaischen Gesetzes, um 500 n. Chr. abgeschlossen. Umfaßt Mischna und Gemara (»Gemure«, daher oft auch nur »G« genannt).

Talmud-Thora (Talmud-Toire): »Unterricht in der Lehre«, öffentliche, von der Gemeinde unterhaltene Religionsschule (Elementarschule) für arme Kinder.

Tammus: 10. Monat des jüd. Kalenders; entspricht ungefähr dem Juni–Juli.

Targum: aram. Bibelkommentar, der den rabbin. Bibelausgaben beigedruckt ist.

Tchines (h. Techinnot; Techinna »Bittgebet«): Frauengebete in jiddischer Sprache.

Terach: Vater Abrahams; wird auch als Schimpfwort gebraucht.

Tewje: Tobias.

Tfillin (Twellen): Gebetsriemen (Phylakterien), von erwachsenen Juden bei Verrichtung des Morgengebets an Stirn und entblößten linken Oberarm angelegt (daher »Tfillin legen«); enthalten in Kästchen vier Bibelverse als Symbol, daß der Jude in buchstäblicher Erfüllung des Gebots (2. Mose 13, 9) dem Schöpfer mit Herz und Hand ergeben ist. »Tfillinbeutel«.

Thora (Toire) »Lehre«: Mosaische Lehre = fünf Bücher Mosis (Pentateuch), für gottesdienstlichen Gebrauch auf Rollen (Megille) geschrieben, die im Aron ha-Kodesch (s.d.) aufbewahrt werden.

Tillem (Tehillim): Psalmen.

Tischebuw (Tischa-be-Aw): 9. Aw; Trauertag (mit Fasten) zur Erinnerung an die Zerstörung des Tempels (586 v. Chr. und 70 n. Chr.).

Tischri: Erster Monat des jüd. Kalenders, ungefähr dem September – Oktober entsprechend.

Trejfe: Rituell verboten; Gegensatz von »koscher«.

 

Unessane Tojkef (Inssane Tejkef, h. Unetanne Tokef): Ein mit großem Nachdruck vorgetragenes Hauptgebet am Neujahrs- und am Versöhnungsfest.

 

Vier Becher Wein: s. Sseder (Pejssach).

 

Wanderung nach dem Tode: Nach dem jüd. Volksglauben wandern die jüd. Toten nach der Beerdigung unterirdisch nach Jerusalem.

Widduj: Sündenbekenntnis am Versöhnungstage und vor dem Tode.

»Wojlachs« (Wallach): Schwermütiges walachisches Musikstück.

 

Zaddik (»Gerechter«): Wundertätiger Rabbi (Rebbe) der Chassidim. Bezeichnung nach dem Wohnort; z.B. der Kozker Rebbe, Belzer Rebbe, Sadagorer Rebbe.

Zeeno-Ureeno (»Sie gehen aus und schauen«): jiddische Bibelparaphrase (vor 1620).

»Zelt«: Gemauertes Betstübel, das auf Gräbern hervorragender Männer statt eines Grabsteines errichtet wird.

Zimmes (»Zugemüse«?): Eingedünstetes Gemüse oder Obstkompott.

Zisses (Zizzit): Schaufäden an Arbekanfes (s.d.) und Talis (s.d.); Erinnerung an die Gebote (4. Mos. 15, 37).


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