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Italienische Novellen. Dritter Band
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Giovanni Battista Giraldi

Ein Hüter seiner Ehre

In Florenz, der edlen Stadt Toskanas, lebte zu der Zeit, als Lorenzo de'Medici sie mit seiner Autorität und seiner großen Klugheit regierte, ein sehr vornehmer Edelmann, der wegen seiner ausgezeichneten Fähigkeiten unter den höheren Beamten von Florenz eine ehrenvolle Stelle einnahm. Dieser hatte zur Frau die schönste Dame, die zu jener Zeit in der Stadt lebte. Wie sie wegen ihrer Schönheit von allen gepriesen wurde, so wurde sie auch allgemein für die gesittetste und anständigste Frau gehalten, die es jemals gab.

Aber obwohl sie in diesem Rufe stand und es schien, daß in ihr Schönheit und Schamhaftigkeit, die so große Feindinnen zu sein pflegen, friedlich vereinigt waren, fehlte es trotzdem nicht an Männern, die, mehr von der Schönheit der Dame verlockt als von ihrer Ehrbarkeit eingeschüchtert, sich um sie bemühten, so viel sie konnten, um sie ihren Wünschen geneigt zu machen; denn sie hofften, diese zwei von Natur gewissermaßen entgegengesetzten Dinge würden nicht lange in ihr vereinigt bleiben können. Aber bei allem, was sie versuchten, konnten sie doch ihr Herz nicht erweichen, das mit Eis gegen Amors Glut und mit Diamant gegen seine Pfeile gepanzert zu sein schien. Sie redete auch den ganzen Tag schlecht nicht nur von den Frauen, die sich anderen Männern als ihren Ehegatten in Unkeuschheit hingeben, sondern auch von denen, die durch Blicke oder bloß durch Zeichen unkeusche Glut nähren.

Nun ging eines Tages durch die Straße, in der sie wohnte, ein Jüngling, der von ziemlich niedriger Herkunft, aber doch anmutig und nett war. Die Frau stand gerade am Fenster und richtete ihre Augen auf ihn, und er die seinen auf sie, und die ersten Blicke hatten solche Gewalt über beide, daß im Herzen des Jünglings das Bild der Dame sich einprägte und in dem der Dame das des Jünglings. Und die ersten Strahlen aus den Augen beider entzündeten in ihren Herzen solches Feuer, daß sie in ganz unglaublicher Weise brannten; und nur insoweit hatten sie Frieden, als sie im Geist (was sie mit den Körpern nicht konnten) zueinander gingen.

Ihre Liebe ging viele Tage weiter ohne jede Frucht, und nur mit den Blicken nährten sie ihre Flammen. Jetzt ließ die Frau erkennen, daß die bisher von ihr gezeigte Keuschheit nur erheuchelt war, und daß sie zur Unzucht geboren war; da sie aber fürchtete, ihr Mann könnte auf den Jüngling Verdacht schöpfen, sagte sie ihm, dieser wäre in ihre Magd verliebt. Das konnte sie ihrem Mann ohne Mühe einreden, weil er wußte, daß der Jüngling von niedrigem Stande und die Magd leicht zur Liebe zu bewegen war; er hätte ja auch niemals auf den Gedanken kommen können, daß seine Frau, die sogar Adel, edles Blut, warme Bitten, reiche Geschenke und glühende Liebe zu verschmähen schien, sich hätte verleiten lassen, eine so niedrige Person zu lieben, wie jener war.

Infolgedessen geschah es, daß, wenn der Mann mit ihr am Fenster stand, er sich über den an der Straßenecke stehenden Jüngling amüsierte, weil er ja glaubte, er stünde da, um zu warten, bis die Magd erschiene. Die heuchlerische Frau freute sich, ihren Mann in dieser Weise getäuscht zu haben, so daß es auch in ihrer Gegenwart dem Liebhaber erlaubt war, ohne Argwohn zu erregen, ihr den Hof zu machen, und ihr gleichfalls, ihn anzuschauen.

Bisher hatte weder sie dem Jüngling noch der Jüngling ihr Brief oder Botschaft gesandt; denn sie fürchteten, die Sache, die (wegen der angesehenen Stellung des Edelmanns, die beiden größte Angst einflößte) sehr gefährlich war, könnte entdeckt werden, und deshalb hielten sie es für richtig, ihre Liebe in größter Heimlichkeit fortzusetzen, damit sie nicht zu ihrem großen Schaden entdeckt würde. Beide brannten dennoch von der Sehnsucht, Gelegenheit und Zeit finden zu können, entweder sich miteinander zu unterhalten oder, wenn das nicht möglich wäre, mit Hilfe von Briefen oder Vermittlern das Feuer offenbaren zu können, das um so stärker in ihnen brannte, je verschlossener man es halten mußte.

Es schien also dem Jüngling, daß ihm, um seine Wünsche vollständig zu verwirklichen, nichts anderes fehlte, als ein passendes und heimliches Mittel zu finden, seine leidenschaftliche Glut der Frau zu enthüllen. Wie er nun im Zweifel darüber war, weil er nicht wußte, wem er sich anvertrauen sollte, hörte er, daß einige Klosterschwestern mit der Dame befreundet seien, die ihr oft in ihr Haus irgendeine Kleinigkeit schickten; darunter war eine Verwandte von ihm, die ebenfalls eine Freundin der Dame und Nonne in diesem Kloster war. Sie besuchte er eines Tages, und nach den üblichen Begrüßungen redete er ihr ein, daß zwischen ihm und dem Gatten seiner Geliebten einige Streitigkeiten und Differenzen entstanden seien, die ein großes Unglück herbeiführen könnten, da auch er von einem hochstehenden Edelmann begünstigt werde, dessen Ansehen keineswegs geringer wäre als das des Gatten der Dame, und aus diesem Grunde wollte er auf jede Weise versuchen, den Streit aus der Welt zu schaffen; und weil ihm gesagt worden wäre, daß er jeden Grund zu Zwist beseitigen würde, wenn er mit der Frau dieses seines Gegners sprechen könnte, hegte er den sehnlichen Wunsch, mit ihr sprechen zu können; aber weil er einsah, daß das für ihn nicht möglich sei, habe er beschlossen, ihr einen Brief zu schicken, durch den er ihr alles Notwendige mitteile in der Überzeugung, daß es der Klugheit der Dame gelingen würde, ihren Mann zu besänftigen. Da er aber keine Möglichkeit habe, ihr den Brief zu übersenden, bäte er sie, so sehr er könnte, sie möchte ihn ihr durch einige ihrer Klosterschwestern übermitteln, wie wenn sie und nicht er der Absender wäre; abgesehen davon, daß er ein frommes Werk täte, wenn er solche Aussöhnung suche, würde er auch ihr immer zu Dank verpflichtet sein.

Die Nonne, die einfältig und von derbem Schlage war (obwohl auch eine klügere Frau als sie sich durch solche Redeweise hätte täuschen lassen), dachte ein gutes Werk zu tun, versprach es zu machen und nahm den Brief des Jünglings, und nachdem sie die Adresse eigenhändig auf den Umschlag geschrieben hatte, pflückte sie ein paar Suppenkräuter und ein paar Blümchen, legte sie unter den Brief und schickte ihn der Dame vermittels derselben Klosterschwestern, die sie gewöhnlich besuchten.

Die Frau nahm den Brief in Empfang, und als sie ihn gelesen hatte und erkannte, daß ihr Liebhaber ihn ihr schickte, lobte sie ihn innerlich sehr, daß er ihr auf diesem Wege seine Liebe kundgetan hätte, hielt ihn für ebenso vorsichtig wie klug und sagte zu den Klosterschwestern, die ihn ihr gebracht hatten: »Sagt eurer Schwester, daß ich ihr sehr danke, und daß ich mich sehr bemühen werde, das, weswegen sie mir schreibt, zu erfüllen; wenn ich so schreiben könnte, wie ich lesen kann, hätte ich ihr die Antwort gleich gesandt; ich werde aber dafür sorgen, daß jemand für mich an sie schreibt, und ich werde euch die Antwort morgen geben, wenn ihr mich deswegen besucht.«

Kaum waren die Schwestern gegangen, als die Frau, deren zügelloses lüsternes Verlangen ihren Scharfsinn zum Bösen drängte, ihre Magd zu sich rief, welche Ghita hieß; sie unterhielten sich zusammen, wie sie zu tun pflegten, von diesem Jüngling – denn sie hatte der Magd sinnreich eingeredet, daß der Jüngling in sie verliebt wäre –, und sie sprach: »Was denkst du von deinem Liebhaber, Ghita? Glaubst du, daß er dich liebt? Diesen Brief hat er dir geschickt; aber sein Bote, der nicht sehr schlau ist, hat mich für dich gehalten und ihn mir gegeben. Wir wollen ihn lesen!«

Darauf las die Frau den Brief zusammen mit dem Mädchen, und wie wenn sie sich über ihn lustig machte, hatte sie viel Vergnügen daran. Da die Frau aber dann bedachte, daß ihr ohne Gefahr für ihren guten Ruf jeder Weg, ihm antworten zu können, verschlossen war, sagte sie: »Wahrhaftig, ich möchte, daß diesmal der Herr dir als Sekretär diene, um an ihn zu schreiben; und wir wollen diesem Tölpel einen Possen spielen, der glaubt, weil er einigermaßen gut aussieht, alle Frauen bekommen zu müssen.«

»Das soll ihm nicht gelingen«, erwiderte Ghita; »Ihr wißt doch, gnädige Frau, ich habe meinen Sinn auf jenen reichen Seidenhändler gerichtet, den Ihr mir zum Mann geben wollt. Aber wenn Ihr meint, daß wir diesem Dummkopf einen Schabernack spielen sollen, – meinetwegen!« Als der Mann nach Hause gekommen war, gingen alle beide lachend zu ihm und sagten ihm, der Verehrer hätte Ghita einen Brief geschickt, und sie gaben ihn ihm zum Lesen. Der Edelmann war gutgelaunt; daher las er ihn, lachte und sprach: »Sicher, Ghita, würde dieser dein Verehrer verdienen, daß wir uns einen Scherz mit ihm machen!«

»Ach ja, bitte, das wollen wir tun!« sagte die Frau zu ihrem Mann; »ich verspreche Euch, wenn ich so hätte schreiben können, wie ich nicht kann, hätte ich für Ghita die Antwort verfaßt. Aber nun seid so gut und schreibt Ihr ihm den Brief, damit er, wenn er denn durchaus den Verstand verlieren will, den Weg dazu gebahnt findet.«

Der Mann, der jung war und einen Spaß gern hatte und schon begonnen hatte, sich über solche Liebesgeschichte zu amüsieren, war bereit, ihm zu antworten, und wie die Frau ihm sagte, so schrieb er die Antwort und gab sie Ghita mit den Worten: »Da, wenn er nun durchaus zum Narren gehalten werden will, so halte du ihn auch ordentlich zum Narren!«

Als der Herr fort war, sagte Ghita zu der gnädigen Frau: »Was sollen wir nun mit diesem Brief tun?«

»Gib ihn mir«, erwiderte sie, »denn der Bote, der mich für dich gehalten hat, muß ja wiederkommen, und dann werde ich ihn ihm geben, und ich werde die Anführerin bei diesem Scherz sein.«

Am folgenden Tag kamen die Schwestern; sie gab ihnen den Brief, und sie brachten ihn der Nonne, die ihn wieder dem Liebhaber gab. Und so ging es viele Male: der eine schrieb, und die andere antwortete, wobei immer der Ehemann (da seht die ungewöhnliche Verschlagenheit und Gemeinheit!) sein eigener Kuppler wurde und der Liebhaber die Nonne zur Kupplerin ihrer Freundin werden ließ.

Es schien nunmehr dem Jüngling, als ob die Sache so ginge, wie er es wünschte, und zum besonderen Vergnügen der geliebten Frau, die leidenschaftlich in ihn verliebt war, und zur Freude der Magd, die ihn keineswegs liebte, machte er seine Fensterpromenaden. Als er nun eines Tages gehört hatte, daß die Geliebte die Absicht hatte, in das Kloster jener Ordensschwestern zu gehen, ging er auch dorthin, aber früher als die Dame, fragte nach seiner Verwandten und unterhielt sich mit ihr. Mittlerweile kam die Frau, und wie die Nonne, die sie sehr gut kannte, sie bemerkte, sagte sie: »Bruder, da kommt ja die Frau jenes Edelmannes, mit dem Ihr Streit habt! Ich werde Euch hier mit ihr sprechen lassen, damit Ihr Frieden schließen könnt.«

»Aber ich möchte lieber«, sagte er, »daß auch Ihr dabei seid, so daß vielleicht Eure Vermittlung das zustande bringen könnte, was ich allein nicht fertigbekomme.«

So fingen also alle drei an, sich miteinander zu unterhalten; denn sie allein wollte nicht mit dem Jüngling reden, um sich nicht dem Verdacht auszusetzen, und die Nonne bat die Dame mit liebenswürdigen Worten, sie möchte ihrem Verwandten den Gefallen tun und dafür sorgen, daß er die Gunst ihres Mannes wiedergewinne; sie würde damit ein gottgefälliges Werk und eine ihres Adels würdige Handlung tun.

Die Frau, die den Worten der Nonne eine andere Bedeutung beilegte als die, mit der sie sie aussprach, erwiderte, sie würde sehr gern diesem Jüngling einen Gefallen tun, wenn sich nur Möglichkeit und Gelegenheit ihr böte. So sprach sie nämlich, weil sie bereits durch die heimlichen Briefe des Liebhabers erfahren hatte, unter welchem Vorwande er sich der Vermittlung der Nonne bediente. Sie fügte aber hinzu, daß ihr Mann mehr seinem eigenen Kopf folge, als andere dächten; doch schlage sie ihrem Verwandten vor, sich gegen Abend in der Loggia am Garten einzufinden, so daß er in ihrer Gegenwart mit ihrem Manne sprechen und dafür sorgen könnte, die gehörige Bescheidenheit zu zeigen; sie würde sich mit solchem Erfolge bei ihrem Manne ins Mittel legen, daß der Frieden geschlossen würde, bevor er ihren Mann verließe.

Der Jüngling, der die Bedeutung der Worte der Dame sehr wohl erkannte, zeigte sich sehr geneigt, dies zu tun. Mit solchen nur von ihnen beiden verstandenen Worten trafen sie ihre Verabredung, wobei ihre Unterhaltung eine andere Bedeutung zu haben schien, als sich wirklich ergeben mußte.

Da im Staate Dinge von großer Bedeutung sich ereignet hatten, hielt sich der Mann im Sommer, wie wenn es Winter wäre, mit seinen Kollegen bis drei oder vier Uhr nachts im Rate auf, um die dringend notwendigen Angelegenheiten zu erledigen. Am folgenden Abend ging der Jüngling an eine Seite des Gartens, einen so einsamen Ort, daß nie ein Mensch dort vorbeikam, und sah, daß die Dame ihm da schon vom Fenster eine Strickleiter herabgelassen hatte, auf der er sicher zu ihr hinaufsteigen konnte. Der Jüngling kletterte auf ihr hinauf und betrat das Zimmer, in welches die Dame mit dem Gebetbuch und einem Licht in der Hand unter dem Vorwande ging, ihre Gebete sagen zu wollen. Als sie hier den Liebhaber fand, war sie sehr zufrieden und empfing ihn höchst liebevoll. Nachdem sie sich zärtlich geküßt hatten, gingen sie beide ins Bett und vergnügten sich geraume Zeit. Dann verabredeten sie sich vorsichtig für die Zukunft, und der Jüngling kletterte dieselbe Strickleiter hinunter und ging von dannen. Dieses Spiel setzten sie viele Tage fort, ohne daß es jemals jemand merkte.

Nun wollte es Fortuna, die Störerin der Freuden, oder auch Gott (wie mehr zu glauben ist), zu dem der Gestank der Schande gedrungen war, die diese Frau so listig ihrem Mann zufügte, der sie mehr als sein eigenes Leben liebte, daß ein alter Diener des Hauses eines Tages sah, wie die gnädige Frau im Zimmer sich mit jenem jungen Mann die Zeit vertrieb; und da er treu und eifrig auf die Ehre seines Herrn bedacht war, hielt er sich mit Mühe zurück, nicht die Frau zu beschimpfen, die sich so gegen ihren Gatten verging, und den Ehebrecher zu töten. Weil er aber wußte, daß der Wein ihm oft den Verstand raubte, und daß wegen der Dummheiten, die er in der Trunkenheit machte und redete, ihm nichts geglaubt wurde, auch wenn er es nüchtern gesagt hätte, und wäre es auch wirklich wahr, so überlegte er bei sich, diesmal sollte der Herr selbst das Huhn auf dem Ei vorfinden. Mit diesem Gedanken ging er also zum Rat, ließ sich seinen Herren herausrufen und sagte ihm zu seinem größten Bedauern, was er von der gnädigen Frau gesehen habe, und fügte hinzu, wenn er nicht zögere, nach Hause zu kommen, werde er finden, daß es diesmal nicht der Wein sei, der ihn solche Wunderdinge berichten lasse.

Der Mann sagte zu sich selbst: »Und doch wäre es jetzt nötig, du hättest die Wunderdinge in der Trunkenheit gesehen, und das, was du mir erzählst, wäre nicht wahr!« Es fiel dem Mann schwer, das von seiner Frau zu glauben, die er hielt nicht als ob sie eine anständige Frau, sondern als ob sie eine Heilige wäre; und da ihm das von solch einem Manne, wie dieser war, berichtet wurde, war er sehr im Zweifel. Nachdem er es sich aber ein- und zweimal hatte erzählen lassen und es ihm vorkam, als ob der Diener bei gesundem Verstände sei, beschloß er, nicht so sehr auf die gute Meinung, die er von der Treue seiner Frau hatte, zu bauen, wenn er sich nicht Gewißheit über die Sache verschafft hätte. Zunächst aber sagte er zu dem Diener: »Du bist betrunken, und ich glaube dir kein Wort!«

Darauf entgegnete der: »Das habe ich mir schon gedacht, daß Ihr so zu mir reden würdet; aber wenn Ihr mitkommt, werdet Ihr das sehen, was ich lieber nicht gesehen hätte.«

»Dir wird es schlecht gehen«, sagte der Mann, »wenn ich nach Hause komme und nicht finde, daß das wahr ist, was du mir gesagt hast. Wahrhaftig, ich werde dir den Wein aus dem Kopf ziehen.«

Und als jener versicherte, daß es doch so wäre, sagte der Herr: »Nimm diesen Dolch (und dabei gab er ihm einen Degen, wie ihn die Beamten trugen) und geh nach Hause und stelle dich an den Fuß der Treppe, wo man zur Tür herunterkommt; und wenn er herunterkommt, bevor ich ankomme, töte ihn, ohne irgendwelche Rücksicht zunehmen; kommt er aber nicht herunter, so rühre dich nicht und warte auf mich!«

Der Diener ging nach Hause zurück, und als er abermals ganz leise an das Zimmer geschlichen war, hörte er das Geräusch, das die beiden Liebenden zusammen machten. Und als er gesehen hatte, daß der Ehebrecher noch da war, kehrte er mit dem Dolch zur Treppe zurück, um, wenn es nötig wäre, das zu tun, was sein Herr ihm gesagt hatte; und er wartete nur darauf, daß der Herr bald nach Hause käme. Der Edelmann wurde indessen von widerstreitenden Gedanken hin- und hergerissen, von denen einige ihn anspornten, nicht zu glauben, daß die Frau, die er für hochanständig hielt, sich zu einer solchen schmutzigen Handlung hatte treiben lassen; andere Gedanken wollten ihn dazu bringen, seinem Diener zu glauben, der seine Mitteilung mit solcher Beharrlichkeit versicherte. Daher entschloß er sich, nach Hause zu gehen, und war auf das eine wie das andere Schicksal vorbereitet. Zunächst aber ging er zu einem Seilermeister, und weil er wußte, wie hoch das Fenster über dem Garten gelegen war, kaufte er ein Seil von solcher Länge, wie ihm, nachdem einige Knoten, um hinauf- und hinabsteigen zu können, hineingemacht waren, nötig zu sein schien. Dies Seil versteckte er unter seinem Mantel, und so ging er nach Hause. Wie er den Diener fand, der auf ihn wartete, fragte er ihn, ob jener noch da wäre.

»Ja, gnädiger Herr«, war die Antwort, »er ist noch da.«

»Dreh' dich um«, sagte der Herr, »und paß gut auf, daß du dich nicht irrst!«

Der Diener entfernte sich und kam bald zu dem Herrn zurück und berichtete ihm, er wäre noch da, und die gnädige Frau und er lägen sich umarmend im Bett. Da ließ der Edelmann den Diener am Fuß der Treppe mit dem Dolch in der Hand und mit demselben Auftrage, den Ehebrecher zu töten, wenn er die Treppe hinunterkäme, und er selbst ging zu dem Zimmer, trat ein und fand seine Frau im Arm des Liebhabers.

Es wäre schwierig zu erzählen, wer von ihnen in größeren Nöten war, die Liebenden, die den Edelmann vor ihren Augen sahen, und besonders die Frau, die von ihrem Mann bei solchem Fehltritt ertappt war, oder der Ehemann, der sich so schwer beleidigt sah und, da er den Ehebrecher sogleich erkannte, merkte, daß er selbst durch das Empfangen und Absenden der Briefe seine eigene Schande gefördert hatte. In der Angst beider Teile fürchteten die beiden Liebenden für ihr Leben, da sie sich auf frischer Tat ertappt sahen, und sie, für die der Tod die einzige angemessene Strafe war, waren halb tot vor Angst, warfen sich beide mit Tränen in den Augen flehentlich dem Edelmann zu Füßen und baten ihn um Gottes willen um Gnade.

Der Edelmann, der klug und verständig war, und der bereits bei den ersten Worten des Dieners bei sich überlegt hatte, was er tun solle, tat nicht, wie viele tun, die lärmen, schreien, zuschlagen oder offen töten – und dadurch jedermann das bekanntmachen, was sie mit allem Eifer, wenn sie nur ein Fünkchen Verstand besäßen, geheimhalten müßten. Er wandte sich vielmehr zu dem Jüngling, der am ganzen Leibe zitterte, und sagte zu ihm: »Die Schmach, die du mir angetan hast, du Ruchloser, verdiente, daß ich dir das Leben raubte; aber ich möchte, daß dies Vergehen dir durch meine Gutmütigkeit vergeben sei, vorausgesetzt, daß du zu zwei Dingen bereit bist: erstens, daß du mir versprichst, niemals mit irgend jemand hiervon zu sprechen; zweitens, daß du mittels dieser Strickleiter (– und während er dies sagte, zeigte er ihm die Strickleiter, die er mitgebracht hatte –) geräuschlos aus diesem Fenster dich in den Garten herunterläßt und fortgehst, um im ganzen Lauf deines Lebens niemals mehr hierher zurückzukehren. Wenn du nicht Lust hast, diese beiden Dinge zu tun, empfiehl deine Seele Gott und mach dich bereit, jetzt den Tod zu empfangen!«

Zu dem ersten Vorschlag war der Jüngling sehr bereit, und er schwor ihm, so zu tun, wie er von ihm verlangte. Bei dem zweiten zeigte er sich ängstlich, denn er fürchtete, wenn er die Strickleiter herabkletterte, würde der Edelmann ihm nicht Wort halten, weil er so schwer von ihm beleidigt worden war; daher sagte er: »Ich werde mich, wenn es Euch, mein Herr, gefällt, auf dieser Strickleiter entfernen, auf der ich hinaufgestiegen bin, und die noch vom Fenster herabhängt.«

Da erkannte der Edelmann, daß der Ehebrecher nicht durch die Tür, wie er gedacht hatte, sondern durch das Fenster zu der Frau hinaufgestiegen war, und er sagte ihm, er sollte weggehen mit der Absicht, die Sache völlig zu verschweigen. Nun entfernte sich der Jüngling, und der Edelmann wendete sich an die Frau, die zitterte und heftig weinte und um Erbarmen und Verzeihung für ihren Fehltritt bat, nahm sie bei der Hand und sagte zu ihr: »Die Liebe, die ich dir entgegenbringe, verdiente nicht, daß ich solche Beschimpfung von dir empfing; da das aber nun gegen alle Pflicht doch so geschehen ist, halte ich dein Vergehen deiner Jugend zugute. Jetzt wird es aber deine Pflicht sein, nicht mehr in einen ähnlichen Irrtum zu verfallen, weil du mich nicht immer so nachsichtig finden wirst wie heute. Wisch dir also die Tränen ab und beruhige dich, und werde deswegen jetzt nur nicht schwermütig, sondern tue so, als ob du diesen Fehltritt nicht begangen hättest!«

Mit diesen heuchlerischen Worten beruhigte er die Frau. Er ließ sie sich so zurechtmachen, daß sie weder betrübt noch verstört aussah, und ließ sie sich mit dem Gebetbuch in der Hand hinsetzen in der Haltung des Betens. Nachdem er die Dinge in dieser Weise geregelt hatte, verbarg er die Strickleiter und auch das Seil an einem ganz geheimen Ort, den er allein kannte; dann ging er zu dem Diener hinunter und fragte ihn, da er selbst den Ehebrecher nicht gefunden hätte, ob er vielleicht die Treppe heruntergekommen wäre; denn soviel er ihn auch gesucht hätte, so hätte er ihn doch an keinem Orte gefunden.

Der Diener antwortete, er sei nicht die Treppe herabgekommen. Darauf fragte der Herr, ob es noch einen andern Weg, das Haus zu verlassen, gebe außer durch die Tür. Das verneinte der Diener und fügte hinzu, es sei nicht anders möglich, als daß er noch im Hause sei.

Wie der Edelmann seine Hartnäckigkeit sah, die ja doch auf der Wahrheit der von ihm beobachteten Tatsache beruhte, wollte er, daß er selbst das ganze Haus durchsuchte, und sagte zu ihm: »Wenn du ihn findest, mach mir ein Zeichen, denn ich will ihn mit meinen eigenen Händen töten; und wenn er zufällig hier herunterkommen wird, wo du mich läßt, werde ich ihn ebenfalls töten«; und so stellte er sich an den Fuß der Treppe, seinen Dolch in der Hand.

Der Diener ging nach oben und erblickte die Frau ganz vergnügt, in der Haltung, die wir beschrieben haben; da geriet er außer sich vor Erstaunen und suchte an allen Ecken und Enden, wo jener sich vielleicht hätte verstecken können, fand ihn aber nirgends und kehrte mit langem Gesicht zu seinem Herrn zurück und sagte: »Herr, so wahr mir Gott helfe, er war mit der gnädigen Frau im Zimmer, als Ihr nach Hause kamt, – und wie Ihr mich nach oben schicktet, habe ich ihn nicht mehr gefunden; auf welchem Wege er aber das Haus verlassen hat, das kann ich mir nicht vorstellen, da es keinen anderen Weg als den durch diese Tür gibt.«

Jetzt wandte sich der Edelmann mit bösem Gesicht ihm zu und sprach: »Trunkenbold, ich weiß nicht, warum ich dir nicht mit diesem Dolch eins auf den Kopf versetze, daß der Wein herausströmt, und warum ich dich nicht lehre, ein anderes Mal die Augen so weit aufzumachen, daß du nicht Gespenster siehst! Du dummes Tier, scher' dich aus dem Hause und geh zum Henker, und sorge dafür, daß du nicht nur niemals ein Wort von dieser Geschichte redest, sondern daß du mir niemals mehr vor Augen kommst, – sonst wird es dir leid tun!«

Er gab ihm das Geld, das er ihm noch schuldete, und jagte ihn fort, wie wenn er ein Trunkenbold gewesen wäre. Betrübt und traurig zog der Diener von dannen, indem er zu seinem Schaden merkte, wieviel besser es ist, zu schweigen, wenn man solche Dinge sieht, als dadurch, daß man sie ausspricht, die Herzen derjenigen zu durchbohren, die lieber rascher den Tod erleiden möchten als solches Herzeleid hören und sehen.

Der Edelmann bewahrte also seine Ehre und die der Frau, wenigstens zum Schein, indem er das Gerede unmöglich machte, das sonst hätte entstehen können; dennoch vergaß er die ihm widerfahrene Schmach nicht, behielt sie vielmehr innen in seinem Herzen, ohne sie irgendwie nach außen zu zeigen, und wartete, bis die Zeit ihm eine günstige Gelegenheit zur Rache sowohl an dem Ehebrecher wie an seiner Frau bringen würde. Aber ein unvorhergesehener Zufall schaffte ihm den Ehebrecher aus den Augen: denn als dieser wenig später in den Arno baden gegangen war, ertrank er dabei jämmerlich.

So blieb allein die Frau zurück, die zu bestrafen war, wie es ihr Vergehen verdiente; und als der Mann gehört hatte, daß der Ehebrecher im Arno ertrunken war, sagte er zu sich selbst: »Und du, schändliches, treuloses Weib, wirst dich in den Wellen des Arno mit ihm vereinigen.«

Kurze Zeit danach sagte er zu seiner Frau, er wolle, daß sie beide am 1. Juli aufs Land gingen, auf ein sehr hübsches Landgut, wo sie sich oft im Sommer zu erholen pflegten. Als sie das miteinander verabredet hatten, ließ er einem Maultier vielleicht acht Tage lang nur Hafer reichen, ohne ihm einen einzigen Tropfen Wasser zu trinken zu geben, indem er vorschützte, es sei krank und müßte auf diese Weise geheilt werden. Als der bestimmte Tag gekommen war, ließ er alles, was für die Reise nötig war, vorbereiten und fragte die Frau, ob sie vielleicht auf dem Pferd reiten wollte. »Ich werde«, war ihre Antwort, »wie gewöhnlich auf meinem Maultier reiten, da es für mich bequemer und geeigneter ist, als die Pferde sind.«

»Es hat aber«, bemerkte er, »seit einigen Tagen nur Hafer und nichts zu trinken bekommen. Ich möchte nicht, daß deswegen irgendein Unglück geschieht.«

»Es wird schon keins geschehen«, erwiderte sie.

Er bestieg also ein Pferd, und sie, wie sie es gewohnt war, das Maultier. Zu ihrer Hut gab er ihr einen Reitknecht bei und schärfte ihm ein, er dürfe sich nicht von der Frau entfernen.

Wie sie scherzend und heiter plaudernd am Arno entlang zogen, kamen sie an eine Stelle, wo das Ufer zerfallen und das Wasser sehr tief war. Da blieb der Edelmann hinter allen anderen zurück, wie um irgend etwas zu tun, legte die Hand an den Sattel, und da er sehr behend war, glitt er vom Sattel herunter und tat so, als ob er gefallen sei, indem das Pferd ihn abgeworfen hätte. Das glaubte man um so leichter, als das Pferd zu springen begann, nachdem der Edelmann abgestiegen war, und davonlief. Sowie die Diener das sahen, liefen sie zu ihrem Herrn. Der Reitknecht, der auf das Maultier achtete und zum Schutz der Frau da war, lief hinter dem Pferd her, um es zum Stehen zu bringen und einzufangen.

Sobald das Maultier, das von Durst brannte, den Reitknecht los war, stürzte es, den Zügel zwischen den Zähnen und die Frau auf dem Rücken, mit einem Sprung in den Fluß. Wie die Frau merkte, daß das Maultier zum Fluß hinlief, begann sie zu schreien. Als der Mann ihre Stimme hörte, fragte er: »Was ist das ?« – und seine Diener antworteten ihm, das Maultier habe die gnädige Frau in den Fluß getragen. Sofort befahl er, daß alle ihn lassen – denn er tat so, als ob er sich nicht rühren könne, wie wenn er vom Sturz vom Pferde die Knochen gebrochen hätte und der Frau zu Hilfe eilen sollten. Aber bevor jemand, um ihr zu helfen, sie erreichen konnte, ertrank die Frau, die vom Maultier heruntergefallen war.

Darüber zeigte sich der Ehemann äußerst betrübt und tobte, weil das Unglück durch die Schuld des Reitknechts geschehen sei, dem er die Obhut über seine Frau anvertraut habe und der sich von ihr entfernt habe. Das Maultier, das der Last der Frau entledigt war, kam wohlbehalten an das andere Ufer. Der Mann stellte sich, als ob er nicht mehr leben könne, da er seine teure Gattin verloren habe, tat so, als ob er unendlichen Schmerz empfände, und kleidete sich und sein ganzes Gesinde in Trauerkleidung. Den Leichnam ließ er suchen, und nachdem man ihn gefunden hatte, ließ er ihn mit großem Gepränge begraben.


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