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Humoristische Meister-Novellen
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Über Verfasser und Inhalt

Rudolf Presber, der den lustigen Reigen eröffnet, gehört zu den liebenswürdigsten Humoristen deutscher Zunge, zugleich zu den gewandtesten und geschäftigsten Schriftstellern. Seine Arbeiten sind von ungleichem Werte: neben trefflichen Romanen und ergötzlichen Erzählungen stehen Schwänke und Possen, die dem Geschmack eines in künstlerischen Dingen schlecht beratenen Publikums oft allzusehr entgegenkommen. Presber hat ein scharfes Auge für die Schwächen seiner Mitmenschen, aber er ist frei von Bosheit und Schadenfreude. Freilich unterstreicht er manchmal mit einem gewissen Behagen die eigne Überlegenheit und läßt jene tiefe, unverkünstelte Liebe zum Kleinen und Kleinsten und zu den Armen im Geiste vermissen, die Jean Paul und Wilhelm Raabe unserm Herzen so nahe bringt. (Presber macht sich über sie lustig, Jean Paul lebt mit ihnen, wächst gleichsam in sie hinein.) Die Geschichten »Der Globus« und »Fridolin« zeigen ihn von seiner besten Seite; die Schnurre »Mein Patient« verrät seine Vorliebe für derbe Komik.

Paul Ernst ist einer der Hauptvertreter der sog. neuklassizistischen Richtung. Er strebt in seinen Erzählungen nach dem knappen, prägnanten Stil der alten italienischen Novellisten und der klassischen deutschen Meister, und es gelingen ihm oft Arbeiten von strenger Schönheit. »Die Athenamünze« ist ein kleines Juwel, eine feinkomische Geschichte, wie wir deren wenige besitzen. – Leichter wiegt Raoul Auernheimer »Unschuldige Soldatengeschichte«: unschuldig insofern, als selbst der strammste Militarist dem Verfasser wegen des Nasenstübers, den er dem recht häßlichen Gesellen Militarismus versetzt, nicht zürnen dürfte. (Die Geschichte stammt aus der Zeit, als es noch gefährlich war, gegen den Militarismus aufzutreten.) Auernheimers prickelnde Geistigkeit kommt in seinen ernsteren Skizzen besser zur Geltung; ein Meisterstück ist die größere Erzählung »Laurenz Hallers Praterfahrt« (1913). – Nach dem jüngeren Wiener der Altmeister Johannes Trojan (gest. Ende 1915)! Weniger Dichter als gemütvoller Plauderer, hat er eine große Gemeinde treuer Anhänger. Er war einer von der alten Garde der Blüthgen, Rodenberg und Leixner, die – man mag gegen sie sagen, was man will – in ihrer Liebe zur gepflegten Prosa aller Ehren wert sind.

Harmlose, liebenswürdige Humoresken sind die beiden Arbeiten der Münchner Erzählerin Eva Gräfin von Baudissin. Sie ist zwar nur eine Unterhaltungsschriftstellerin, darf aber auf keinen Fall mit gewissen üblen Vielschreiberinnen verwechselt werden, die die Sprache mißhandeln, den Geschmack verderben und jedes künstlerische Gefühl erbarmungslos ertöten. – Heinrich Bredow, dem wir die beiden Grotesken »Der Weg zur Ehe« und »Sein Freund Reimers« verdanken, heißt eigentlich Ludwig Müller und lebt in Hamburg. Sein Talent für die humoristische Skizze bekundet er vor allem in dem 1914 erschienenen Bande »Jugendstreiche«.

Die lustige Klostergeschichte des Tirolers Rudolf Greinz ist mit hingebender Liebe und mit urkräftigem Behagen hingemalt. Das ist wirklich köstlicher Humor. Ohne Bosheit oder Schadenfreude zeichnet Greinz den etwas steifen und bildungsstolzen Gelehrten und die in ihrer kindlichen Genießerfreude so anheimelnden Patres. Wie diese den Herrn Hofrat, der in dem Kloster alte Handschriften studieren möchte, unter den Tisch trinken, das wird so drollig und dabei so einleuchtend berichtet, daß jeder an der Erzählung seine helle Freude haben wird. Rudolf Greinz, dem wir viele heitere, aber auch viele ernste tirolische Novellen und mehrere Romane verdanken, gehört zu jenen Künstlern, die ihr Bestes geben, wenn sie Menschen und Sitten ihrer Heimat darstellen.

Frida Schanz, die Witwe des Schriftstellers Ludwig Soyaux, hat sich durch sinnige Spruchstrophen, ungekünstelte Kinderlieder, kernige Balladen und gemütvolle Novellen einen guten Namen gemacht. Die beiden Beiträge »Zieschangs Hund« und »Die Uhr« sind für ihre Art bezeichnend, geben aber nur eine schwache Vorstellung von der Herzensgüte, die diese liebenswürdige Frau auszeichnet.

In das Gebiet des Ulks und der Satire führt uns der bekannte Münchner Karl Ettlinger (»Gastfreundschaft« und »Der Vergnügungsreisende«). Als das Karlchen der »Jugend« hat er eine große lachlustige Gemeinde. Sein bestes Buch ist vielleicht der »Marquis Bonvivant« (1912).

Den feinen Lyriker und Erzähler Hermann Hesse wollten Herausgeber und Verlag in dieser keiner Partei und keiner Clique dienenden Sammlung nicht missen. Die stille kleine Geschichte »Wärisbühel« läßt natürlich den Reichtum seiner künstlerischen Natur kaum ahnen, ist aber immerhin dieses gleichsam mit dem Silberstift zeichnenden Lyrikers nicht unwert. Wer ihn ganz kennenlernen will, der lese seine Romane »Peter Camenzind«, »Unterm Rad«, »Gertrud« und »Roßhalde«. Neuerdings hat Hesse mit seiner Vergangenheit gebrochen und sich von aller Schönfärberei und allem ruchlosen Optimismus abgewandt.

Ludwig Thoma, dessen satirische Skizzen »Der Vertrag« und »Der Klient« Beifall finden werden, ist einer der besten Bauernschilderer. Neben seinen Gestalten erscheinen diejenigen des Volksschriftstellers Rosegger ein wenig verschönert, aufgehöht. Am ehesten kann sich mit Thoma noch der nicht nach seinem wahren Werte geschätzte Richard Bredenbrücker messen. Der Roman »Andreas Vöst«, ein Werk, das wie ein alter Holzschnitt wirkt, und die Erzählung »Hochzeit« zeigen Thomas Können in bestem Lichte. Die satirischen Komödien, namentlich »Die Lokalbahn« und »Moral«, gehören mehr dem Journalisten als dem Dichter Thoma an; sie leiden teilweise an der Redseligkeit gesinnungstüchtiger Leitartikel.

Einer unserer einst vielgelesenen Humoristen, Ernst von Wolzogen, macht den Schluß. Er ist ein männlicher, durch und durch ehrlicher Künstler. Wir finden bei ihm, wie bei Theodor Fontane, den klaren, hellen, unbeirrbaren Verstand, der die besten Geister des 18. Jahrhunderts auszeichnet, und der heute immer mehr verlorengeht.

K. Q.

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