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XXIV. Magister Philipp Mesue an Magister Ortuin Gratius.

Demütige Unterwürfigkeit anstatt des Grußes, verehrungswürdiger Magister! Sintemalen ich versprochen habe, Euch alles zu schreiben, was ich in Eurer Sache sehe und höre, welche mit Recht eine Sache des Glaubens heißt, weil sie überhaupt den christlichen Glauben betrifft, so wisset, daß gleich nach meiner Ankunft dahier die Magister mich frugen: »Was Neues, was Neues, Magister Philipp, was Neues aus Köln?« Ich erwiderte, daß ich nichts Neues wisse, außer, daß unlängst die Herren Theologen und der Inquisitor der ketzerischen Verkehrtheit aus dem Predigerorden ein ketzerisches Buch, welches den Titel führt: »Augenspiegel von Johannes Reuchlin,« dem Feuer überantwortet hätten. Da versetzte Magister Ekbert von Harlem, der ein gelehrter und rechtschaffener Mann und – Ihr dürft es mir glauben – nicht parteiisch ist: »Wir haben hier wohl gehört, daß sie dieses Buch haben verbrennen lassen; allein auch das haben wir gehört, daß sie nicht nach Pflicht und Recht in dieser Sache verfahren sind und die größte Scheußlichkeit begangen haben; denn wir haben auch hier dieses Buch gesehen, und es kommt uns nicht vor, als ob es ketzerische Verkehrtheiten enthalte. Was aber von noch größerer Wichtigkeit ist: die Theologen haben ihren Ausspruch getan, als die Sache noch bei der römischen Kurie anhängig war und der heilige Vater zwei Kardinäle damit beauftragt und Stillschweigen auf beiden Seiten geboten hatte, und trotzdem haben die Kölner Theologen dieses Buch verbrennen lassen.« Da sagte ich, sie hätten das um der Pariser willen getan und wegen sonst noch vier Universitäten, welche gegen Reuchlin sind. Magister Ekbert erwiderte: »Und wenn auch zehn Universitäten gegen jenen Doktor wären, so mußten sie dem obersten Priester, als dem Haupte der Kirche, Gehorsam leisten.« Ich entgegnete, daß so viele Universitäten nicht irren. Er: »Eine solche Annahme gilt nichts, und daher glaubet mir, diese Angelegenheit wird ein schlechtes Ende nehmen.« Auf das wollte ich nicht weiter antworten, sondern sagte: »Sei A oder B, ich bekümmere mich nichts darum.« Daher setze ich Euch hiervon in Kenntnis, Herr Ortuin, damit Ihr vorsichtig sein möget, denn ich fürchte, der Spruch werde zu Eurem Nachteil ausfallen, weil der Papst aufgebracht ist; und wenn Ihr auch zu Rom den Prozeß verlieret, dann wird der Teufel die Kerze halten. Die Rostocker sind angesagte Feinde der Pariser, weil die letzteren ein Statut haben, laut dessen sie die Rostocker Magister nicht in die Fakultät aufnehmen, und ebenso die Rostocker nicht die Pariser. Indes wißt Ihr wohl schon, was Ihr zu tun habt. Ich empfehle mich Euch.

Gegeben zu Rostock.


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