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Die große Rübe

Ludwig IX. von Frankreich hatte sich als Kronprinz mit seinem Vater, dem König Karl, entzweit und musste als Flüchtling das Gnadenbrot am Tische des Herzogs von Burgund essen. Hier lernte er auf seinen Jagden, die sein einziges Vergnügen waren, eine Bauernfamilie kennen und kehrte öfter bei ihr ein. Er aß auch häufig bei den Bauersleuten ihre raue Kost mit – und besonders mundeten ihm die sauren Rüben, die die Bauersfrau so vortrefflich zu bereiten verstand.

Als nun der Prinz nach seines Vaters Tode selber den Thron bestieg und im Lande viel davon erzählt wurde, wie herablassend und freigebig der junge König gegen seine Untertanen sei, da lag die Bauersfrau ihrem Manne in den Ohren, er solle doch nach Paris gehen und den König an seine alte Herberge erinnern, indem er ihm einige schöne Rüben von ihrem Acker bringe.

Anfangs wollte der Bauer auf diesen Vorschlag seiner Frau nicht eingehen, aber da diese nicht nachließ in ihren Bitten, machte er sich endlich auf die Reise und nahm in einem frisch gewaschenen linnenen Tuch einige schöne dicke Rüben mit. Aber der Weg nach Paris war weit, und da ihn öfters der Durst plagte, so saß er eine Rübe nach der andern auf bis auf eine, die ganz erstaunlich dick war.

Endlich gelangte er in Paris an und ließ sich beim Könige melden. Der König ließ ihn alsbald in den Saal rufen und erkannte ihn auch gleich wieder. Der Bauer wickelte geschwind sein Tuch auf – und der König nahm mit vieler Freude die Rübe an. Er befahl sogar, sie in sein Schlafgemach zu tragen und zu jenen Dingen zu legen, die ihm besonders lieb und wert waren. Der Bauer durfte mit dem Könige zu Mittag essen und als er sich wieder auf den Heimweg machen wollte, schenkte ihm der König tausend Kronen für die Rübe.

Schnell wurde die Sache am ganzen Hof bekannt. Einer von den Hofherrn hatte nichts eiligeres zu tun, als dem Könige ein edles Pferd zu verehren. Der schlaue Mann dachte: »Hat der König die große Rübe so stattlich vergolten, die ihm der Bauersmann geschenkt hat, wie wird er dann ein so schönes Pferd vergelten, das ihm ein Herr wie ich geschenkt hat.«

Aber der König merkte gleich, was der Herr mit seinem geschenkten Pferde beabsichtigt hatte, doch sagte er nichts, sondern tat, als ob er die List nicht merkte und äußerte sein königliches Wohlgefallen an dem Geschenk. Ja, als er wieder seine Räte versammelt hatte, legte er ihnen die Frage vor, wie er wohl am besten auf königliche Weise eine solche Verehrung wettmachen könnte.

Die Räte zerbrachen sich die Köpfe. Der eine riet dies, der andere das. »Halt«, rief da der König, »mir fällt etwas ein. Ich weiß jetzt, was ich tue.« Und er rief einen seiner Räte heran und sagte ihm heimlich etwas ins Ohr, worauf sich dieser entfernte, aber bald mit etwas zurückkehrte, was geheimnisvoll in ein leinenes Tuch gewickelt war.

Der Hofherr musste erscheinen und der König übergab mit eigenen Händen den geheimnisvollen Gegenstand, indem er sagte: »Nimm dieses! Mich dünkt, das Pferd sei wohl bezahlt mit einem Kleinod, für das ich tausend Kronen ausgegeben habe.« Der Hofherr konnte kaum die Zeit erwarten, bis er sich aus dem Saal begeben und das Tuch öffnen konnte.

Als er es aber im Kreise der übrigen Hofleute, die ihn alle neugierig und neidisch umstanden, mit größter Behutsamkeit aufmachte, da kam die dicke Rübe des Bauersmannes zum Vorschein. Sie taugte nicht einmal mehr zum Kochen, denn sie wahr gänzlich verwelkt.

 


 


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