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September 1921.

Ich habe die Seiten, die von meiner Fahrt nach Holland und auf die Insel und die von jenen ersten kaum erträglich schweren Wochen reden, wiederum durchblättert. Lebendig blickt mich die Qual dieser Vergangenheit aus ihnen an.

Und ist doch fern schon – drei Jahre bald!

Aus denen, die mich damals hier mit tiefem Mißtrauen und mit Verschlossenheit und Abwehr empfingen, sind längst Freunde geworden, die mich in ihre kleinen und großen Freuden und Leiden mit eingeschlossen haben, deren schlichter, gerader und gerechter Sinn mir meine Einsamkeit durch viele Zeichen einer treuen Neigung leichter macht.

Und doch, was mir das niederländische Volk in seiner Gastlichkeit auch gab, wie sehr die Stille und die Abgeschiedenheit der Insel mich vielleicht auch zu Vertiefungen und Bereicherungen der Erkenntnis führten – die deutsche Heimat konnten sie mich keinen Augenblick vergessen lassen. Die alte Liebe zu ihr und die Sehnsucht nach dem Vaterlande und seinen mir stammverwandten Menschen sind stark in mir wie je!

Die Stunde, diese Sehnsucht zu erfüllen und diese Liebe in werktätiger Mitarbeit am Aufbau zu bezeigen, ist für mich leider noch immer nicht gekommen, und so bleibt mir nur übrig, sie in Fassung und Geduld, im Widerstehen gegen all die Härte, die mir durch die Entfernung und die Einsamkeit auferlegt bleibt, zu erwarten. –

 

Ich habe auf diesen Blättern das Wichtigste aus meinem bisherigen Leben aufgezeichnet und willentlich nichts Wesentliches dabei übergangen.

Ich bin zu Ende.

Aber ich möchte die deutschen Menschen, die mir auf dem Wege meiner Schilderungen folgten, nicht von mir lassen, ohne ihnen die Wünsche mitzugeben, die mir für sie, für uns alle, für unser heiliges Vaterland, das uns geboren hat und in dem wir wurzeln – mag sein Erdreich nun blühen oder mag es dorren – auf dem Herzen liegen.

Was uns in unserem tiefen Druck und Elend vor allem nottut, damit wir uns wieder zur alten Höhe erheben mögen, ist innige Einigkeit auf dem Boden einer opferwilligen Liebe zum Vaterlande: Nationalbewußtsein – nationale Würde.

Weg mit den verhetzenden Schlagworten, die allen inneren Zwist verewigen und nicht zur Ruhe kommen lassen. Nicht das kann unser Ziel sein, einander immer wieder vorzuwerfen, wer nach der Meinung des anderen den Topf zerschmissen hat – einen neuen brauchen wir statt der Scherben! Und irgendwie waren wir Sünder allzumal.

Möge sich jeder, der heute berufen wird, des deutschen Volkes Schicksal an führender Stelle mitzulenken, der ganzen Schwere seiner Pflichten bewußt sein! Möge das so oft mißbrauchte und mißdeutete Wort »Freie Bahn dem Tüchtigen« endlich Wahrheit werden! Nur die Besten gehören an das Steuer! Die erprobtesten Fachkenner, die Tüchtigsten und Härtesten hervor: nicht darum, ob sie von rechts oder von links kommen, ob sie »Vergangenheiten« haben oder nicht, ob sie Republikaner sind oder Monarchisten, Unternehmer oder Arbeiter, Christen oder Juden, geht die Frage, sondern nur darum, ob sie als ehrliche deutsch fühlende Männer gewillt sind, mit allem ihrem Können als geschlossene Kraft am Ausbaue zu wirken: einig nach innen – stark nach außen!

Gefesselt durch die unserer Ohnmacht aufgezwungenen Ketten des unerfüllbaren, verbrecherischen Drosselungsvertrages von Versailles liegt Deutschland seit drei Jahren hilflos darnieder. Hilflos, weil es in innerem Hader seine Kraft verzettelt, weil große Teile unseres Volkes noch immer den Rattenfängermelodien jener Schwärmer oder Schwindler lauschen, die ihnen das Locklied von der großen Weltbrüderschaft im Paradiese des Internationalismus vorsingen! Wie lange schon? Wie lange noch?! Macht eure Augen auf und seht um euch: ein einziges Beispiel dafür, daß nur der in Geltung ist, der auf sich hält, daß nirgends eine Bruderhand euch finden will, ist diese Welt ringsum. Seid Deutsche vor allem – und dann noch einmal! Bleibt auf dem harten Boden dieser reichlich realpolitisch aufgezogenen Erde und hebt euch die Romantik für bessere Zeiten auf, in denen ihr Kult weniger verhängnisvoll für das Ganze ist.

Glaubt mir: ein deutsches Volk, das sein Parteigezänk begräbt, das sich von dem öden Materialismus dieser letzten Jahre befreit und das, einig in der Liebe zu unserem arm gewordenen und doch so herrlich schönen Vaterlande, mit dem unbeugsam entschlossenen Willen, die Ketten von sich zu streifen, um seine Freiheit ringt – ein solches deutsches Volk kann seine Fesseln brechen!

Aber Härte müßt ihr zeigen, und mit jener Inbrunst müßt ihr ringen, die nur die eine stammende Sehnsucht kennt: Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn!

Nicht zur Revanche rufe ich und nicht zu Waffen und Gewalt.

Den deutschen Geist rufe ich auf, den laßt erstarken: denn der Geist schafft die Tat und das Schicksal, und sinnlos ist das Werkzeug ohne ihn. – Vielleicht, daß dieser Satz der Schlüssel ist zu jenem Schicksal, durch das wir seit einem Menschenalter gingen – und zu dem anderen, in das wir, wenn wir unsere besten Kräfte hart zusammenfassen, als Überwinder aller Gegner schreiten werden.

 


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