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Nun lag über dem Hof unter den Königswänden der weiße Winter. Er erstickte jeden lebensfrohen Erdenlaut, thronte in starrer Majestät, verbreitete in dem großen Schweigen jene eisige Einsamkeit, darein ein Weltherrscher sich hüllt.
Selbst der Schall der Klosterglocken drang nicht mehr empor aus der Tiefe, und nur wenn ein Adler mit schrillem Schrei vorüberschwebte, eine Fichte unter ihrer Schneelast krachend zusammenbrach, belebte sich diese blasse totenhafte Natur. Gleich darauf versank die glanzvolle Welt wiederum in Lautlosigkeit, Feierlichkeit, Frieden ...
In dem Reiche der Königsfrau herrschte die Arbeit des Winters. Für die Knechte war diese voller Gefahren, für die Mägde voller Behaglichkeit. Die Knechte führten die im Herbst gefällten, in gewaltige Kloben zersägten Bäume zum Hof. Hochbeladen waren die ungefügen Schlitten, die der Mann selbst lenkte, vereiste steile Lehnen hinab, auf schmalen, schwankenden Stegen über Schlünde hinweg, an Abgründen entlang. Kam das schwere Fahrzeug ins Gleiten und besaßen die Fäuste, die es gepackt hielten, keine Riesenkraft, oder strauchelte der Mann auf spiegelglatter Bahn, so war er verloren. Judiths junge Knechte wetteiferten in der Kunst, sich mitten im Lauf auf den Schlitten zu schwingen und mit diesem, bei beiden »Hörnern« ihn regierend, pfeilschnell niederwärts zu sausen. Meister solchen gefahrvollen Spiels blieb Martin.
Abends saß das Gesinde zusammen in der geräumigen Leutestube. Die Mägde spannen, die Burschen schnitzelten. Und alle schwatzten: Dolomitensagen, Alpengeschehnisse, Abenteuer von Waldbauern, Hirten und Jägern; Abstürze und Unglücksfälle, Geistergeschichten – Liebesgeschichten. Letztere wurden von dem jungen Völklein nicht nur berichtet, sondern gelebt. Martin war unter den Burschen der einzige, der keine Liebelei hatte. Und er wußte doch: eine ehrliche Liebelei zwischen zwei jungen Menschenkindern fühlte auf dem Hofe der Königsfrau stets zu einer lustigen Hochzeit.
Das wußte dort oben ein jeder und eine jede, und weil sie es wußten, geschah in Judith Platters Hause niemals etwas Unrechtes. Gewannen sich zwei lieb und gestanden sie es einander, so sagten sie ihr Sichgernhaben alsbald auch der Herrin. Hand in Hand trat das Pärlein im Sonntagsstaat in das mit dem schönen, bereits goldig leuchtenden Zirbenholz ausgetäfelte Zimmer, kündigte schamhaft seine junge Liebe an, sagte schüchtern und zuversichtlich zugleich: »Hast du etwas dagegen, wenn wir uns gern haben?«
Beide wußten aus den Erfahrungen andrer, wie es kam. Sinnend ruhten Judiths ernsthafte Augen auf den zwei Jungen und Glücklichen. Dann sagte sie mit leisem und etwas wehmütigem Lächeln:
»Ich will zusehen, wie's mit eurer Liebe steht und ob ihr brav bleiben könnt. Befinde ich euch, wie es sich für ein rechtes Liebespaar schickt, so richte ich euch hier oben die Hochzeit. Auch die Wohnung, wenn ihr das wollt. Also seht zu, wie's wird.«
Die beiden »sahen zu«; und es ward so gut und so tüchtig, wie alles war, was mit der Frau auf dem hohen Hofe zusammenhing. Zur üblichen Jahreszeit, wann in den Dolomiten nach uraltem Brauch aus glücklichen Brautpaaren glückliche Eheleute wurden, ward auf dem Königshof Hochzeit gefeiert, und in der Kapelle zum blutenden Herzen Mariä schlugen zwei zärtliche Herzen dem Segen des Priesters entgegen. In eigener hochwürdiger Person gab der Herr Superior die beiden zusammen im Beisein des ganzen Gesindes und – der Herrin, die dicht hinter dem Paar den Ehrensitz hatte und die nur bei solcher Gelegenheit das kleine, von ihr gestiftete Heiligtum betrat.
Dann war es schier verwunderlich, wie der gestrenge geistliche Herr auch jetzt wiederum nicht zu den Hochzeitsleuten, sondern zu der Hochzeitsgeberin sprach. Wenigstens ruhte sein Blick beständig auf Judith. Und auch sie – bei dem blutenden Herzen Mariä! – auch sie wandte kein Auge von ihm. Was er bei diesen Traureden sagte; wie er's sagte! Das Völklein der Berge und Wälder hatte bis dahin nicht gewußt, daß einem Menschen solche großen, heißen, machtvollen Worte gegeben waren. Sie priesen mit Engelzungen der Menschen Liebesglück, nannten dieses der Menschen Allerhöchstes und Allerheiligstes, nannten diejenigen allem Glück der Erde und des Himmels verloren, die leben mußten, ohne das höchste Heiligtum der Welt empfangen und der Liebe Seligkeiten empfunden zu haben.
Brautleute und Brautgefolge verstanden nicht des Priesters Rede. Aber sie fühlten dunkel: es sprach zu ihnen ein Mann, der zu jenen gehörte, die von diesem höchsten Erdenglück ausgeschlossen waren und sich in Sehnsucht nach dem verlorenen Himmel verzehrten. Und diesem war doch ihr ganzes Leben geweiht.
Seit dem Herbstgang auf die Hochalm und dem Abschied des jungen Venezianers vollzog sich mit Judith mehr und mehr eine wundersame Wandlung. Sie erkannte den Vorgang, wehrte sich dagegen, fühlte das Vergebliche ihres Kampfes.
Was war's mit ihr? Welche geheimnisvolle Macht gewann über ihr freies und starkes Innere allmählich Gewalt?
Wenn sie an ihrem Webstuhl saß, so konnte es geschehen, daß ihrer nimmer ruhenden Hand das Weberschifflein entglitt, daß die fleißigste der Frauen müßig dasaß, versunken in tiefes Sinnen, daraus sie jäh aufschreckte, wie aus schweren Träumen erwachend. Wenn in solchen Stunden eine der Mägde mit einem Anliegen die Herrin aufsuchte, so wagte sie keine Anrede, blickte scheu hinüber, schlich wieder hinaus, teilte den andern flüsternd mit: »Stört sie nicht. Sie hat wieder ihre dunkle Stunde.«
Und »wieder ihre dunkle Stunde« hatte Judith, wenn abends auf die blinkende Weiße die fahle Dämmerung herabsank, allen Glanz auslöschte, Himmel und Erde in Nebelnacht hüllte und die Menschenseele mit Sehnsucht erfüllte. Und gar wenn es eine Frauenseele war, einsam im tiefsten Innern. Um so einsamer, je stolzer sie war, und je stärker sie schien. Dann um so dunkler die Stunde, um so heißer die Sehnsucht.
Wonach?
Judith wußte keinen Namen dafür, suchte auch nicht nach Namen, wußte nicht, daß, was ihr die dunkle Stunde brachte, in ihrer tiefen Einsamkeit, ihrer heißen Sehnsucht lag. Sie hätte jeden, der es ihr gesagt und gedeutet haben würde, voller Empörung zurückgewiesen; hätte sich selbst geschmäht, wäre sie sich der Ursache ihrer Wandlung bewußt worden.
Sie war nicht mehr jung; und grade, weil sie nicht mehr jung war –
Sie hatte den Jüngling, der einem andern glich, auf den Mund geküßt ... Es war, als hätte dieser Kuß jenes mystische Sehnen in ihr geweckt, als hätte ihre unverständliche Wandlung mit diesem Kusse begonnen. Zugleich auch die Zeit ihrer dunklen Stunden.
Er, dessen Mund sie geküßt hatte, liebte sie, die nicht mehr jung war, liebte sie mit verzehrender Leidenschaft.
Konnte das möglich sein? ... Sie wagte nicht, es sich zu gestehen. Als sie dann endlich zu dem Geständnis den Mut fand, schämte sie sich. Mit beiden Händen bedeckte sie ihr Gesicht, als müßte sie es vor sich selber verhüllen.
Geliebt wurde sie!
Sie ging hinaus in die Winternacht. Sie wollte ihr Antlitz zur nächtlichen Erde niederneigen, und sie blickte zum Sternenhimmel empor. Belügen wollte sie sich, und sie mußte den Ausruf ersticken, mit dem sie ihre Erkenntnis der Gottheit bekannte.
Geliebt wurde sie!
Was aber bedeutete die Liebe des guten Jünglings gegen die Liebe, mit der sie einstmals von dem andern geliebt worden war? Dennoch hatte er sie verlassen, sie verraten können. Tot war er für sie; tot mußte er für sie bleiben ... Als ob Tote nur am jüngsten Tage ein Auferstehen hätten! In ihren dunklen Stunden, die häufiger und häufiger kamen, packte sie Angst, Entsetzen, Grauen: wenn auch dieser Gestorbene nicht erst beim letzten Gericht für sie auferstand.
Sollte sie Richterin sein? Sie, die sich selbst schuldig fühlte! Denn es kam für Judith Platter eine Stunde, in der sie erkannte:
›Als du den Scheidenden auf den Mund küßtest, da küßtest du in ihm nicht Barbaro Bossi, sondern Rochus von Enna.‹
Seit dieser neuen Erkenntnis, die Judith zugleich ihre Schwäche, ihr Weibsein erkennen ließ, fühlte sie die Veränderung, die mit ihr vorging, auch in ihrem Empfinden Pater Paulus gegenüber.
Ihretwillen war er von Rom – denn das wußte sie erst jetzt! – nach Kloster Neustift gekommen; ihretwillen hatte er sich in die Dolomitenwildnis zu der Brüderschaft der Büßer verbannen lassen; ihretwillen war er geblieben; ihretwillen würde er bleiben, bis –
Bis wann? Wieder und wieder diese Frage! Diese Frage in wachsender Erregung, wachsender Angst vor der Antwort.
Bleiben würde er, bis er müde geworden, den weiten mühseligen Weg von der durch ihn zum Heiligtum geweihten Klausur sündiger Menschen zu ihrer Höhe hinaufzusteigen, bei dem wildesten Wetter, bei Orkan und Schneetreiben, Nebelnacht und Lawinengefahr. Bleiben würde er, bis er erkannt hatte, daß er sie nicht zwingen konnte, weder zu seinem Gott, noch zu sich selbst im Namen seines Gottes. Bleiben würde er, bis er als Besiegter weichen mußte. Oder bis sie weichen mußte als Besiegte ... Der Kampf zwischen ihm und ihr war nicht etwa ein Kampf zwischen Priester und Christin, sondern zwischen Mann und Weib. Der große Kampf der Geschlechter war's, der blutige Kampf zweier Menschen. Sie hatte sich als stark erwiesen, sie, das Weib! Wie aber, wenn –
Über dieses »Wenn« und darüber, was diesem »Wenn« folgen würde, begann Judith Platter zu sinnen und zu grübeln, durch alle die dunklen Stunden, die mehr und mehr zu ihren Tagen, zu ihren wachen Nächten wurden, die sie müßig und unstet, blaß und elend machten, daß sie umherging wie mit gelähmten Gliedern, gelähmtem Geist, daß ihr treues Gesinde die Köpfe zusammensteckte und einander zuraunte: »Sie ist krank!«
Krank Judith Platter? Krank die Königsfrau? Krank die Gesunde und Starke? Und zwar krank nicht am Körper, sondern krank am Gemüt. Und das sollte möglich sein!
»Wenn's wieder Frühling wird, tu ich meine Wallfahrt zum blutenden Herzen Mariä in den Dolomiten am Schlern, wonach unsre Kapelle genannt ward. Ich opfere der guten Himmelskönigin ein silbernes Herz und zwei Wachskerzen. Dann macht sie unsre liebe Herrin gesund.«
Martin war's, der für Judith Platter die Wallfahrt tun wollte: »Wenn's wieder Frühling wird ...«
Bevor es wieder Frühling ward, brach jedoch für den Hof unter den Königswänden eine Nacht an, die dessen Herrin das Letzte brachte. Es sollte zugleich Judith Platters letzte Lebensnacht sein.
Die halbe Nacht hatten die beiden zusammen geredet – miteinander gekämpft. Im Hause schlief alles. Aus der Gesindestube drang bisweilen das dumpfe Knurren der Hunde, die des geistlichen Gastes wegen eingesperrt waren, zu ihnen herüber, und Judiths Vögel ließen im Schlaf einen leisen zwitschernden Laut hören; sie mochten von dem Frühling träumen, der sein baldiges Nahen durch Föhnsturm – Lawinendonner und die ersten blaßblauen Anemonen angekündigt hatte.
Wie schön ward die Welt, wenn es Frühling ward ...
Schön war auch diese Nacht, voll Schweigens und Friedens. Der Mond schien hell durch die Fenster ins Zimmer und auf die Gestalten der beiden, die voneinander nicht lassen konnten. Sie sprachen leise, fast flüsternd, als fürchteten sie, durch einen lauten Ton die Feierlichkeit der Stille zu stören – als fürchteten sie, in ihren Seelen etwas zu wecken, das in tiefem Schlummer verharren mußte; der laute Ton ihrer Stimmen konnte den Bann des Schlafes brechen, darin sie ihre Liebe und ihren Haß versenkt hatten, alles, was ihr Menschlichstes war. Um ihrer Seelen Seligkeit willen mußten sie ihrem Menschlichsten in ihren sehnsüchtigen Seelen das Grab graben und darauf die Schollen werfen, darüber den Hügel wölben, den Stein der Vergessenheit wälzen. Und so totengräberten sie denn gemeinsam, wo doch in ihnen alles nach Auferstehen schrie, nach Sonne, Frühling, Leben ...
Da begann der Priester der Frau zu erzählen: von Rom, von der Capella Sistina. Er schilderte Judith die Wand mit Michelangelos Auferstehung von den Toten und dem Jüngsten Gericht, und er malte den ungeheuerlichen Vorgang fast mit derselben gewaltigen Beredsamkeit, mit welcher ihn der Buonarotti in Umrissen und Farben auf der weißen Mauer des Heiligtums gedichtet hatte, ein Dante seiner Kunst.
Pater Paulus schilderte: »Dem Schoße der Erde, die bei dem Posaunenschall der niederfahrenden Cherubim aufbarst und ihre Toten hergab, hat sich der Leib eines Weibes entrungen. Es ist von den Heerscharen der Auferstandenen nur eine. Ihre Glieder sind von fahlen Leichentüchern umwickelt, und ein graues Linnen bedeckt Antlitz und Haupt.
»Ich kann ihr Gesicht nicht sehen. Aber ich weiß: es ist nicht meiner Mutter Gesicht. Jetzt erst weiß ich's! Sie fährt aus der Grube wie hinaufgerissen, wie gepeitscht von göttlicher Gewalt, als jagte der Orkan, der die Grüfte durchwühlt, sie empor.
»Ihr Leib hat noch die Starrheit des Todes. Beide Arme hält sie steif von sich gestreckt und den Kopf wirft sie zurück in den Nacken, daß ihr verhülltes Gesicht aufgehoben ist. Keine Hand rührt sie, um der Grabeshülle sich zu entwinden, um die Binde von den Augen zu reißen und des göttlichen Richters und Rächers furchtbare Herrlichkeit zu schauen.
»Auferstanden von den Toten, kümmert sich dieses Weib nicht, was mit Erde und Himmel geschieht, was geschieht mit den Verdammten und den Seliggesprochenen.
»Keinen Heiland gibt es für sie; sie bedarf keines Heilands, keines Erlösers! Auch keiner Mittlerin zwischen sich und dem Richtenden. Sie fleht nicht zur Mutter des Menschensohnes, die ein um den Sohn blutendes Herz hat und sich jetzt zitternd an die Knie dessen schmiegt, der ein Gott ist, ein Gott des Grimms, der Strafe, der Rache. Seine emporgehobene Hand segnet nicht, zieht nicht in seine Himmel empor, sondern sie flucht, zerschmettert, schleudert zurück in die Grüfte. »Aber – es kümmert sie nicht! In grauenvoller Einsamkeit treibt sie durch die Unendlichkeiten. Sie irrt und irrt, sucht und sucht. Und es ist nicht meine Mutter, wie ich als Knabe einst glaubte.
»Du bist es, Judith! Judith!
»Unbekümmert darum, ob du in Ewigkeit verdammt sein wirst, irrt und sucht deine auferstandene Seele nach dem einen und Einzigen, für den sie geschaffen ward. In Ewigkeit mußt du irren und suchen; denn in Ewigkeit findest du ihn nicht, der von dir sich abgewandt hat, der dich verlassen, verraten hat, und dem jetzt der Richter und Rächer das Urteil spricht: ›Du bist verflucht! Verflucht und verdammt in alle Ewigkeit, um deines Verrates willen!‹
»In alle Ewigkeit geschieden von dir, Judith! Judith! Judith!«
Sie war stark geblieben. Aber nachdem er sie schwankenden Schrittes verlassen hatte, erkannte sie ihre Schwachheit.
Es war vorbei mit ihrer Kraft. Also auch vorbei mit ihrem Widerstand. Und nun es mit diesem vorbei, war es das mit allem. Auch mit ihrem Leben ...
Eine unendliche Ruhe überkam sie, eine schier heilige Feierlichkeit. Zugleich eine leuchtende Klarheit. Auch als sie ihren letzten Entschluß gefaßt hatte, bewegte sie nicht das leiseste Erbeben. Sie traf ihre Bestimmungen, als handelte es sich dabei um eine Sache, die eben getan werden mußte.
Es war so leicht, über sein Leben zu beschließen; so – natürlich war's. Und wie eine leichte natürliche Sache sollte es vollbracht werden. Gleich diese Nacht!
Sie schrieb nichts auf, ließ nichts von sich zurück. Nichts andres als die Erinnerung, daß sie einmal gelebt hatte.
Keine Lüge durfte bei ihrem Tode sein. Der Weg, den sie alsbald gehen wollte, würde von allen als ihr Todesweg erkannt werden. Alle sollten erkennen müssen, daß sie ihn freiwillig ging.
So blieb sie sich bis zum letzten Augenblick getreu.
Judith rief ihre Hunde. Mit leichter Hand fuhr sie jedem ihrer getreuesten Freunde über das zottige Haupt, befahl ihnen, zurückzubleiben, verließ das Zimmer, das Haus. Über die Schwelle des Hauses schritt sie, als würde sie noch in derselben Stunde in ihr Haus zurückkehren.
Die Welt leuchtete wie in Verklärung. Aber sie schaute sich nicht um. Sie ging ihren letzten Gang nicht zaudernd, nicht hastig. Als sie zu den Königswänden gelangte, blieb sie stehen und sprach laut:
»Ich liebe ihn. Ich habe ihn geliebt jede Stunde. Jede Stunde war mein Haß Liebe. So werde ich ihn denn lieben bis in alle Ewigkeit.«
Sie stieg hinauf.
Am frühen Morgen fand sie Martin auf dem Lager der ersten blaßblauen Anemonen des Jahres. Sie lebte noch, und ihr brechender Blick sprach gebieterisch ihre letzte irdische Bitte aus. Nur Martin verstand sie.
Zu der Sterbenden rief er den Priester.