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Sechzehntes Kapitel.

Seit dem von den Amerikanern so gut geplanten und geschickt ausgeführten Ueberfall von Trenton sind einige Wochen vergangen.

Redwoodhouse birgt wieder die Glieder der Familie, die alsbald nach dem Siege der Staatentruppen von Philadelphia zurückgekehrt und in ihr Heim eingezogen waren.

Die Nachricht von dem Erscheinen seines Neffen hatte den alten Herrn mit ebenso großem Erstaunen als aufrichtiger Freude erfüllt, wenn er auch einige Zweifel an der Identität der Person anfänglich nicht zu unterdrücken vermochte.

Hugo war, sobald die Aerzte es gestatteten, mit der größten Sorgfalt nach Redwoodhouse übergeführt worden.

Auch der junge Mohawk, welcher schwere Wunden empfangen hatte, wurde auf Bills Bitte in Redwood gastlich aufgenommen und heilte seine Verletzungen in des Delawaren Pflege.

Herr von Reizenstein war tief ergriffen, als er zuerst seines Neffen bleiches Antlitz sah, welches unverkennbar die Züge des Vaters trug und in seinem jetzigen Zustande an den bleichen Toten erinnerte, den man einst am Ufer des Delaware gefunden hatte.

John und Bill hatten Reizenstein von all' dem unterrichtet, was sie wußten und erlebt hatten.

Das Auftauchen des ehemaligen Begleiters seines Bruders, der wahrscheinlich dessen Mörder, sicher aber der Mörder des Sohnes war, wenn dieser zu den Toten ging, hatte die Schreckenstage, welche dem Tode Kurts von Reizenstein folgten, wieder lebhaft in sein Gedächtnis zurückgerufen.

Seit einer Woche schon weilte Hugo in Redwoodhouse in einem kleinen, stillen Parterrezimmer gebettet, in liebevoller Pflege. Alle zu Gebote stehende ärztliche Hilfe war herangezogen worden, sogar von dem fernen Philadelphia hatte der besorgte Oheim einen berühmten Wundarzt an das Krankenlager seines Neffen gerufen.

Diesem endlich war es gelungen, die Kugel Konskis, welche im Rücken saß, durch Anwendung seiner Kunst zu entfernen und so die Hoffnung auf Genesung wesentlich zu verstärken.

Das Fieber, welches den Todwunden verzehrte, hatte in den letzten Tagen nachgelassen, doch war er noch immer bewußtlos.

»Laß mich ihn sehen,« bat heute Mary, als ihr Vater sich anschickte, das Krankenzimmer zu betreten.

»Es ist kein erfreulicher Anblick, Kind, er sieht einem Toten ähnlicher als einem Lebenden.«

»Tue es dennoch, wenn Gott ihn von hier rufen sollte, habe ich ihn doch einmal ihm Leben gesehen.«

Reizenstein willfahrte der Bitte, und beide betraten das Krankenzimmer.

Mit geschlossenen Augen lag Hugo auf seinem Lager, zu dessen Füßen Bill saß.

Voll inniger Teilnahme ruhte Marys Blick auf des Vetters bleichem Gesicht, in welches des nahen Todes grause Macht bereits seine Züge gegraben hatte.

»Ja, du hast recht, Vater,« sagte sie leise und traurig, »er sieht aus, als ob er nicht mehr dieser Welt angehöre.«

»Er gut,« sagte der Indianer ebenso leise, »er kein Fieber, schlafen sanft.«

Marys Auge haftete unverwandt an dem edlen bleichen Gesicht des Schlafenden. »Vater,« fragte sie mit einemmale hastig, »trug er als Offizier nicht grüne Uniform?«

»Ja, mein Kind, er war Jäger, warum fragst du?«

»Vater, er ist der Offizier, der uns auf der Straße nach Albany gerettet hat, ich erkenne ihn trotz der großen Veränderung, welche die Krankheit in seinem Gesicht hervorgerufen hat.«

»Was? Was? Mary täuschest du dich nicht?«

»Nein, gewiß nicht, Vater – er ist's.«

»Dann habe ich,« sagte tief bewegt der alte Herr, »nicht von meinem Kurt geträumt, sondern in seinem Sohne sein Ebenbild gesehen, als ich einen Augenblick aus meiner Betäubung erwachte.«

»In der schrecklichen Todesangst jener Stunde warf ich nur einen Blick auf sein Antlitz,« sagte das Mädchen, »und was mich darin so mächtig berührte, weiß ich erst jetzt –, es war die Ähnlichkeit mit dem Bilde deines Bruders.«

»Können die Geister noch teilnehmen an den Erdengeschicken ihnen teurer Personen, dann hat Kurt den Sohn gesandt, um uns zu retten aus Todesnot.«

Sie sprachen leise, flüsternd, aber des Kranken Ohr mußte einige Laute erhascht haben, denn langsam schlug er die Lider auf, und sein Blick fiel auf Marys Gesicht, welches ein durch den Spalt der Gardine dringender Lichtstrahl beleuchtete.

Er lag ganz bewegungslos, nur das Auge lebte, und ein leichtes Erstaunen spiegelte sich erkennbar in diesem wieder. Sein Blick wandte sich auf Reizenstein und haftete kurze Zeit an ihm, dann schloß sich das Auge wieder, und leise, aber doch dem lauschenden Ohr vernehmbar, murmelte er: »Sie ist gerettet, Gott sei Dank,« und ruhige, regelmäßige Atemzüge zeigten an, daß der Kranke in seiner Schwäche wieder in Schlaf verfallen war.

»Er hat mich erkannt,« flüsterte Mary freudig, – »siehst du, Vater, er ist es.«

»Komm, er darf nicht wieder gestört werden,« und Reizenstein, von dieser Entdeckung mächtig ergriffen, schritt mit ihr zum Zimmer hinaus.

»Er war der kühne Jüngling,« sagte sie draußen, »der uns vor den roten Mördern rettete, er erkannte mich und dich.«

Heimlich mußte sie dabei denken, daß ihr Bild wohl fest in seinem Gedächtnis haften geblieben, und er es sich öfters zurückgerufen haben müsse, um sie sofort, trotz der so flüchtigen Begegnung und seines leidenden Zustandes wiederzuerkennen.

Daß sie in den bleichen Zügen des Kranken die ihres Vetters erkannte, schien ihr nicht wunderbar.

Hugo schlief lange und tief.

Am andern Morgen erwachte er, und sein Auge, welches klares Bewußtsein zeigte, fiel, indem es langsam das Zimmer durchmaß, auf den wiederum zu seinen Füßen sitzenden Indianer.

Er schloß die Augen, öffnete sie wieder, nein, es war keine Täuschung, da saß der Indianer wirklich, er erkannte ihn auch.

In seinem Geiste stieg allgemach die Erinnerung an Trenton auf.

Nach einer Weile fragte er mit matter Stimme: »Wo bin ich, Indianer?«

»Redwoodhouse!«

»Redwoodhouse?« wiederholte der Kranke langsam und sann nach, bis das so überraschend gefundene Bild des Vaters und seines Grabes vor seinem Geiste aufstiegen.

»Redwoodhouse?« wiederholte er noch einmal, »oh, – das ist gut.«

»Nicht sprechen, er sehr krank, er erst stärker werden, er ganz gesund werden, alter Bill ihn pflegen.«

Hugo war so geschwächt, daß er selbst zum Denken wenig Kraft verspürte – er versank in stilles Brüten und dann wieder in Schlaf.

Niemand außer dem Arzt betrat sein Zimmer in den nächsten Tagen, nur die Wärterin und der schweigsame Indianer.

Der Onkel hielt sich fern, um den Kranken nicht seelisch aufzuregen, und ließ sich nur Bericht von seinem Zustand erstatten.

Hugo schlief viel und kräftigte sich in diesen Tagen auffällig. – Der Todesengel war entwichen.

Am vierten Tage fragte er Bill, der einen großen Teil der Tagesstunden an seinem Bette zubrachte, mit schon lauterer Stimme und klarem Auge: »Wie komme ich nach Redwood?«

»Ihm hierhertragen auf Oheims Farm.«

»Weiß mein Onkel, daß ich hier bin?«

»Er, ihm wissen.«

Nach einer Weile fragte er wieder: »Ist mein Onkel hier?«

Bedächtig entgegnete Bill: »Warum so fragen?«

Hugo lächelte, denn er verstand die Vorsicht des Indianers. »Weil ich ihn sehen möchte, Bill.«

Der Indianer erhob sich, faßte seine Hand, hielt sie kurze Zeit in der seinigen und sagte dann: »Redwood hier. – Er ihm sehen,« und glitt geräuschlos hinaus.

Gleich darauf trat Reizenstein ein und stand dem Kranken gegenüber.

Lange betrachtete ihn Hugo, und dann streckte er ihm die abgezehrte Hand entgegen: »Mein Oheim!«

»Ja, ja, Junge,« sagte dieser, dem helle Tränen in den Augen standen, die Hand ergreifend. »Dein Oheim, der Bruder deines teuren Vaters, – sprich nicht Junge, – du sollst alles erfahren, was du wissen willst, rege dich nicht auf. – Du bist gerettet, das ist die Hauptsache. Deine Jugendkraft wird dich bald wieder herstellen.«

Hugo betrachtete ihn immer aufmerksamer.

»Mein Oheim? Wie wunderbar!«

»Ja, Herzenskind, wunderbar genug.«

»Bist du nicht auf der Landstraße von Albany von Indianern angefallen worden?«

»Ja, ja, mein Junge, ich war's, den du gerettet hast. Mary hat dich sofort erkannt, als sie dich hier sah.«

»Mary?«

»Meine Tochter – deine Base – und John war's, dein Vetter, der dich in Trenton gefangen nahm.«

»Er – der junge Offizier – mein Vetter?«

»Dein Vetter John. Als ich von deiner Existenz und deiner Anwesenheit erfuhr, kehrte ich eilig hierher zurück. Leider fand ich dich so schwer erkrankt, und Bill verständigte mich über alle Vorgänge. Sobald die Aerzte es gestatteten, ließen wir dich hierherführen.«

»Trenton? Trenton? – Ha, Trenton! Die Truppen?«

»Fast alle gefangen, Kind.«

»Rall?«

»Tot!«

»Das ist gut für ihn. Schallern?«

»Hat sich wie ein Löwe durchgeschlagen.«

»Die Jäger?«

»Auch durchgebrochen unter Ewald, nicht einer gefangen.«

Hugo atmete tief und freudig auf, doch der Aufregung war zu viel, er winkte dem Oheim zu gehen.

»Schlafe, Kind,« sagte dieser, sich zurückziehend, »schlafe dich gesund.«

Und Hugo gewann in stärkendem Schlummer neue Lebenskraft.

Acht Tage später weilte er im Parlour des Hauses, noch bleich und schwach, aber dem Leben vollständig wiedergegeben, jede Gefahr, mit welcher die furchtbare Brustwunde es bedroht hatte, war gewichen.

Neben ihm saß seine Base Mary, mit einer Stickerei beschäftigt.

Sein Auge überflog von Zeit zu Zeit ihr schönes, zartes Gesicht, dessen anmutige Profillinie sich ihm zeigte.

»Wie köstlich,« sagte er, »ist das Gefühl der Genesung, des wiederkehrenden Lebens, es gleicht dem Frühling nach der Erstarrung des Winters.«

»Und bringt dir, gleich dem Lenze, auch wieder alle Blüten dieses Lebens, Vetter.«

»Mehr, teure Base, als ich je geahnt, gehofft. – Einsam war mein Dasein von Jugend auf. Unter Fremden wuchs ich empor, nicht immer gütig behandelt. Ein Freund meines Vaters nahm sich meiner endlich treulich an, – doch hätte ich nicht meinen Albrecht Schallern gehabt, ich wäre ganz einsam ohne Liebe durchs Leben gegangen.«

»Du armer Vetter!«

»Wie seltsam ketten sich seit einem Jahre die Ereignisse für mich aneinander, deren Reihenfolge mich unwiderstehlich zu dem Grabe meines Vaters geführt hat.«

»Das Herrlichste in all' den so merkwürdigen Verkettungen war doch, daß du es sein mußtest, der uns in Todesangst Rettung brachte. Dich hatte Gott uns gesendet.«

»Ja,« sagte er leise, »es mag wohl sein.«

»Es liegt etwas tief Erschütterndes in dem geheimnisvollen Walten des Schicksals, wie klein steht ihm Menschenwille entgegen.«

»Ja, so ist es,« sagte er nachdenklich. »Bittere Gedanken überkamen mich oft, während ich darniederlag, den Todesengel vor mir, der mir hinüberwinkte ins Jenseits. Vermessen zweifelte ich an der ewigen Gerechtigkeit. Da wachte ich in euren, der vielgesuchten, vielersehnten Armen auf, – und schämte mich der frevelnden Gedanken. Es war ein rauher Weg, der mich hierhergeführt, doch eines neuen Tages Sonne geht für mich auf.«

»Gerne höre ich dich in frischer Hoffnung reden, es ist ein Zeichen erstarkender Gesundheit.« Sie führte einigemal die kunstvolle Nadel, ließ dann die Hand sinken, sah ihn an und fragte: »Sehnst du dich nach deinen Kriegern, nach der Heimat, Vetter?«

»Dazu fehlt mir noch die Kraft, mein ganzes Fühlen zerschmilzt in unendlicher Weichheit, dem Bedürfnis, mit dem wiederkehrenden Leben alles, alles liebend zu umfassen.«

»Und doch sollst du ein gewaltiger Krieger sein,« sagte sie und schaute bewundernd auf sein bleiches Gesicht, »wir haben bald von dem kühnen Jäger gehört, der das ganze Land in Schrecken gesetzt hatte.«

»Krieger? – Ja, es ist etwas Großes, das Leben furchtlos einzusetzen in Erfüllung ernster Pflicht.«

»Das ist es, und obgleich ich nur ein Weib bin und gewiß alle Schwächen meines Geschlechtes habe, der Todeskampf der dreihundert Spartaner in den Thermopylen galt mir stets als ewig leuchtendes Muster echten Heldenmutes, – aber – sie fochten für ihr Vaterland.«

Ein Ausdruck sanfter Trauer erschien in Hugos Zügen, und leise wiederholte er: »Für ihr Vaterland.«

Sie saßen eine Weile schweigend, dann öffnete sich die Türe, und einer der jungen Neger, die als Haussklaven dienten, trat herein.

»Der fremde Indianer will gern kranken Master sprechen, er draußen.«

»Gestattest du, Base?«

»Gewiß, führe ihn herein, Gajus.«

Der Neger ließ Hotspur eintreten.

Der Indianer war abgemagert und schritt matt einher, doch fand er sich wie Hugo auf dem Wege zur Genesung. Vier Kugeln hatten ihn bei Trenton getroffen.

»Nun, mein alter Kriegsgefährte,« begrüßte ihn Hugo freundlich, »ich freue mich, dich zu sehen. Wir sind beide nahe am Grabe vorübergeschritten.«

»Der große Geist rufen Papaganawe noch nicht, sagen, er noch bleiben auf der Erde.«

Aufmerksam betrachtete er dann Hugo: »Häuptling wieder gesund? Hotspur es sehen – gut. Wo Grünröcke?«

»Ja, unsere Grünröcke, wo mögen sie jetzt sein? Sie und der tapfere Ewald. Ich weiß es nicht, ich erfuhr nichts von unsern Truppen seit dem Trauertage von Trenton.«

»Ja, er sehr schlimmer Tag,« sagte ernst der Indianer, – »er sehr schlimmer Tag.«

Mit einer Stimme, aus deren Beben man trotz des Stoizismus, welcher dieser Rasse teils angeboren, teils anerzogen ist, die tiefe Erregung heraushörte, fragte er dann: »Und Hans in seinem Himmel? Bei seinem Gott?«

»So hoffe ich, Indianer.«

»Er, großer Krieger.«

»Das war er.«

»Und gutes Herz, wie kleines Kind.«

»Ja, ein kindliches Gemüt hatte der so kriegerische Jüngling, du sagst wahr.«

»Er sterben wie großer Häuptling? Nicht?«

»Wie ein Held ist er gestorben. Als Grieche, als Römer, ja selbst als Franzose würde er im Liede ewig leben, – so – war er nur ein armer hessischer Jäger, und ich fürchte, in wenig Jahren wird seine Tat, eine Tat von antiker Heldengröße, vergessen sein.«

»Hotspur ihm nicht vergessen.«

»Das glaube ich dir, Indianer.«

»Hans, Grab allein?« fragte begierig der Mohawk weiter, »oder mit andern in großes Grab?«

»Nein, er hat, wie ich höre, sein besonderes Grab erhalten, und die gefangenen Soldaten haben es geschmückt.«

»Das gut. Ein Mohawkkrieger singt ihm das Totenlied.«

»Der große General der Amerikaner hat den Hut abgenommen, als Hans im Sarge an ihm vorübergetragen wurde.«

Des Indianers Auge leuchtete in hohem Stolze auf. »Ah, gut, – sehr gut, ihm ehren wie Häuptling, – er großer Krieger!«

Nach kurzem Schweigen fuhr der Indianer fort, die Augen fest auf Hugo heftend: »Hotspur sagen, ob wahr, – daß Konski, stechendes Auge, Hans töten?«

Es war nach dem Kampfe bald bei den Amerikanern bekannt geworden, daß der junge Held, den ihr General so hoch ehrte, als er zu Grabe getragen wurde, durch die Hand des Überläufers und Verräters gefallen war, der die Nordkolonne geführt hatte.

Bald wußten es die hessischen Gefangenen, und im Lande weit und breit erzählte man sich's. Hugo hatte es durch seinen Onkel erfahren. Er entgegnete: »Ja, Hotspur, der Verräter war es, Konski, der Hans ermordet.«

In des Indianers magerem Antlitz, in den eingefallenen unheimlich funkelnden Augen erschien ein Ausdruck solch' wilden, erschreckenden Hasses, daß Mary, welche schweigend und aufmerksam der Unterredung gelauscht hatte, bleich ward und selbst Hugo erbebte.

Keine Drohung, keine Verwünschung ließ der Indianer hören, aber sein Gesicht sprach deutlicher, als der stärkste Ausbruch in Worten es vermocht hätte.

Die Wildheit verschwand aus seinen Zügen, und die gewöhnliche melancholische Ruhe, welche auf dem Angesicht des roten Mannes lagert und nur selten und für kurze Zeit heiterem Ausdruck weicht, kehrte wieder in dasselbe zurück. »Hans guter Freund,« sagte er, wie um seine Wildheit zu entschuldigen, »ihm lieben, ihn nie vergessen.«

Langsam schritt dann der Indianer hinaus.

»Wie entsetzlich,« sagte Mary, welche der stumme Ausdruck des furchtbarsten Hasses auf des Mohawk Gesicht sehr erschreckt hatte, »welch' ein Teufelsantlitz der Mann zeigte.«

»Ja, es lag eine Welt von Haß und Rache in diesen Zügen, diesem Auge.«

»Er muß den jungen Jäger doch sehr geliebt haben.«

»Ja, das hat er und wehe dem Mörder, wenn er jemals in seine Hände fällt.« Finster wurde sein Angesicht, denn unwillkürlich stiegen in seiner Erinnerung Bilder der Vergangenheit auf, er sah, wie sein Vater unter derselben Hand, welche Hans zu Tode traf, sein Leben geendet hatte, er sah das wilde verzerrte Gesicht des Mannes vor sich, der in Trenton die Büchse auf ihn richtete, und – auch sein Blick weissagte dem Verbrecher nichts Gutes.

»Verscheuche die Wolke von deiner Stirne, Vetter, das Trübe liegt hinter dir und vor dir der Sonnenschein der Zukunft.«

»Du hast Recht, mir ist so viel Glück zu teil geworden, daß vor seinem Strahl alle Wolken schwinden müssen. – Wie wird Albrecht, der Wilde, erfreut sein, zu hören, daß ich lebe und von treuer Liebe umgeben bin.«

»Er soll bei Trenton gewaltig gefochten haben. – Alle sprechen mit Staunen davon.«

»Ja, es sieht diesem Löwen ähnlich, sich mit dreißig Grenadieren durch eine fünfzigfache Übermacht zu schlagen,« sagte er mit freudigem Lächeln. »Ob man dich auch vergessen wird, Albrecht Schallern, dich den Telamonier des Heeres? Und Ewald, unsern kundigen Odysseus? Wer wird unsere Ruhmestaten aufzeichnen?

»Vetter,« sagte das Mädchen mit tiefem Ernste, »ich kann ein Gefühl der Trauer nicht unterdrücken, wenn ich mir vergegenwärtige, daß soviel Manneskraft, soviel Heldenmut dazu dienen, ein Volk, welches für die höchsten Güter der Menschheit kämpft, zu unterdrücken.«

Mit stiller Bewunderung nahm Hugo den begeisterten Ausdruck ihres Auges bei den letzten Worten wahr.

»Gestehen muß ich, daß ich bis jetzt wenig über die Fragen nachgedacht habe, welche diese Kolonien mit dem Mutterlande entzweien. Ich bin von frühester Jugend an Soldat und kenne nur militärischen Gehorsam, und mit einiger Verwunderung hat mich erfüllt, daß ich meinen Oheim, den ehemaligen Offizier, einen Edelmann von altem Geschlecht, auf der Seite der Rebellen fand –.«

»Er gehört der Sache des Volkes mit vollem Herzen an.«

»Mir ist es fremd, ein Volk in Waffen gegen seinen König zu sehen, uns däucht es Verbrechen.«

»Lerne dieses Volk kennen, Vetter, und du wirst anders denken. Bist du erst kräftiger zum Streite, wollen wir diese Fragen noch erörtern. Du wirst einen gewaltigen Gegner an mir finden.«

»Und am Ende die Waffen vor ihm strecken müssen,« sagte er mit einem Lächeln, welches gleich einem Sonnenstrahl, der durch die Wolken bricht, über sein ernstes, bleiches Gesicht eilte.

Ihre Unterredung wurde durch den Eintritt Friedrich von Reizensteins unterbrochen, der seine Freude ausdrückte Hugo so wohl zu sehen.

»Ich habe Briefe von Philadelphia und Trenton bekommen, Hugo, die Kämpfe ruhen einstweilen. Von deinem jungen Jäger und seinem Heldentode spricht man im ganzen Lande mit Rührung. Mit Abscheu weisen unsere Leute den Verdacht ab den heldenhaften Jüngling töten zu wollen, man wollte ihn nur einschüchtern; seinem Mörder wird es nicht gut ergehen, wenn unsere Riflemen ihn erwischen.«

»Er ist also nicht im amerikanischen Lager.«

»Glaubst du, daß germanische, für ihr Vaterland kämpfende Männer einen solchen Schurken in ihrer Mitte dulden würden? Nein, er ist seit Trenton spurlos verschwunden. Hoffentlich ist er schon irgendwo gehängt worden.«

»Es ist also ein Ruhepunkt in diesem ruhmvollen Kriege eingetreten.«

»Ja. Nur im Norden befürchtet man das Losbrechen der Indianerstämme.«

»O, Vater,« sagte Mary erschreckt, »werden die Wilden unruhig?«

»Es scheint so, daß das englische Ministerium diese Mordbanden zum Kampfe aufbietet.«

»Droht auch uns hier Gefahr?«

»Schwerlich, so lange die Delawaren Frieden halten, und vor diesen schützt uns Bill.«

»Doch das sind fern abliegende Dinge. Ich sehe dich mit Freuden wohl und munter, Hugo.«

»Bist du gestimmt und fähig, eine ernste Unterredung zu führen, und Mitteilungen zu vernehmen, welche dich vielleicht erregen könnten?«

»Gewiß, lieber Oheim; ich wartete, wie du siehst, geduldig auf die Stunde, in der du es für angemessen erachten würdest, mir diese Mitteilungen zu machen.«

»Ich habe bis jetzt deines Gesundheitszustandes wegen gezögert, dir die Vergangenheit aufzurollen, doch wenn es dir genehm ist, wollen wir deine Akten einmal durchsehen.«

»Ich bin für jede Mitteilung dankbar.«

»Nun, so komm', es liegt alles für dich bereit.«

Er schritt, Hugo seinen Arm leihend, mit diesem nach der Bibliothek, und setzte sich dort an seinen Schreibtisch, während Hugo in einem Lehnsessel Platz nahm.

»Bekannt wird dir,« so begann der Oheim, »bekannt wird dir aus unserer Familiengeschichte sein, daß ich mich mit Miß Anna Melville, die ich einst in Bremen kennen lernte, vermählte, infolge dieser Verbindung den Dienst quittierte und nach den Kolonien übersiedelte. Dein Vater,« er hielt einen Augenblick inne und sah still vor sich hin, »hatte damals bereits deine Mutter zum Weibe genommen, und da wenig Vermögen vorhanden war, und sie eingeschränkt leben mußten, entsprach er um so bereitwilliger meiner Aufforderung, gleichfalls hierher überzusiedeln, als er die Trennung von mir nur ungern ertrug.

Wir waren Brüder dem Blute und dem Herzen nach.

Er nahm ein Jahr Urlaub und kam herüber, euch, bis er eine Heimstätte gegründet, in der Heimat zurücklassend.

Es hat nie ein Brüderpaar gegeben, Hugo, welches sich herzinniger zugetan war, als wir. Die Herzen hielten gleichen Takt und unsere Charaktere ergänzten sich harmonisch. Ich ernst, vielleicht etwas zur Melancholie geneigt, er die Heiterkeit und Lebenslust selbst, der Liebling aller, die ihn kannten.

Ich habe selten eine so große Freude gehabt als an dem Tage, wo Kurt nach langer Trennung mir wieder in den Armen lag.

Wie in der Heimat war er auch hier bald der Liebling aller.

Mein trockener, wortkarger Schwiegervater kannte keinen ihm angenehmeren Gesellschafter, meine Frau war entzückt von ihm, ja, du kannst an der Treue, mit welcher der alte Bill die Erinnerung an ihn bewahrt, erkennen, wie selbst diese Menschen ihn verehrten.

Unser Bill hat dir mitgeteilt, wie er mit deinem Vater bekannt und befreundet wurde, er war damals ein vornehmer Häuptling und großer Krieger.«

»Ich habe gefühlt, wie sehr er meinen Vater geliebt haben muß, Oheim.«

»Ich glaube, sie hätten sich alle für die ›offene Hand‹ so hatten sie ihn seiner Freigebigkeit wegen getauft, totschlagen lassen.

Wir durchstreiften mit dem erfahrenen Bill das Land, nicht nur der Jagd wegen, nein, auch um mit seiner Hilfe eine Heimstätte für Euch zu suchen.

Da wollte es das Schicksal, daß der Besitzer dieses Gutes Redwood, ein entfernter Verwandter meines Schwiegervaters, starb, und der Erbe es verkaufen wollte, um nach England zurückzukehren. Nichts konnte gelegener kommen, denn da dies eine alte Besitzung der Familie Melville war, lieh mein Schwiegervater um so bereitwilliger seine Unterstützung zum Ankauf.

Wir Brüder begaben uns nach Trenton, begleitet von Bill und noch einem andern, auf den ich gleich kommen werde.

Von dort ritt eines Tages Kurt nach Redwood, eine Summe zur Anzahlung in der Brieftasche – und kam nicht zurück, – am anderen Tage fanden wir ihn am Ufer des Delaware in seinem Blute.

Noch heute mache ich mir die bittersten Vorwürfe, Hugo, daß ich ihn an jenem Unglückstage nicht begleitet habe, und mit Bill einer Einladung zur Jagd folgte.

Doch wer hätte in dem friedlichen Lande Gefahr fürchten sollen?«

»Erzähle mir genau, Oheim, ist mein Vater ermordet worden?«

»Gleich, gleich, Hugo. Dein Vater ritt in Begleitung eines Mannes nach Redwood, den er schon in Kassel kennen gelernt hatte. Er nannte sich von Heldberg, wollte in kurmainzischen Diensten gestanden haben und sich, wie er sagte, hier ebenfalls eine neue Heimat gründen, da ihm die deutschen Verhältnisse nicht behagten. Der Mann suchte uns, einer Einladung Kurts folgend, der an dem Menschen unbegreiflicher Weise Gefallen fand, am Hudson auf und genoß unsere Gastfreundschaft.

Er war ein trefflicher Gesellschafter, besonders bei der Flasche, der er freilich häufig zu stark zusprach, auf der Jagd und im Salon, ein gewandter und gescheiter Mensch, dabei geschäftskundig.«

»Wie sah dieser Heldberg aus?«

»Er war mittelgroß, breitschultrig, mit einem etwas eckigen, gelblich angehauchten Gesicht, dunklem lockigen Haar und stechenden schwarzen Augen.«

»Bitte, weiter.«

»Mir war der Mann, der uns, wir wohnten damals, wie ich schon bemerkte, am Hudson unterhalb Albany, aufsuchte und sich vortrefflich einzuführen wußte, unheimlich, ich wurde nie das Gefühl los, eine unlautere Persönlichkeit, einen Abenteurer vor mir zu haben, was bei deinem Vater nicht der Fall war.

Kurz, dieser Heldberg ritt an jenem Tage mit ihm von Trenton nach Redwood.

Als dein Vater, welcher am Abend zurückerwartet wurde, nicht erschien, machten wir uns am andern Morgen nach Redwood auf den Weg, Bill und ich, – und erfuhren zu unserem Schrecken, daß er dort gar nicht erschienen sei.

Wir kehrten eilig zurück, und der geradezu wunderbaren Spürkraft, dem Scharfsinn des Indianers gelang es, die Leiche deines Vaters in einem Dickicht am Delaware aufzufinden.

Was Bill auch behaupten mag, das Ende deines Vaters ist in Dunkel gehüllt.«

»Und von diesem Heldberg wurde nie wieder etwas gehört?«

»Niemals. – Wir begruben Kurt auf dem kleinen Kirchhof von Redwood, und ich kaufte jetzt das Gut und siedelte hierher über, um sein Grab noch zu bewachen.«

»Mein guter Oheim.« Dankbar drückte ihm Hugo die Hand.

»Ich berichtete sein Ende nach Kassel und erhielt nach einigen Monaten die Trauerbotschaft, daß auch deine Mutter, eine zarte Menschenblüte, zur ewigen Ruhe eingegangen sei. Frau d'Arville war es, eine Bekannte von uns als Fräulein von Flor, welche deine Mutter in ihrer letzten Krankheit pflegte, die Korrespondenz vermittelte und auch diese Nachricht an mich gelangen ließ.

Ich schrieb an sie und Loßberg, unseren Jugendfreund, der uns anno 55 hier aufgesucht hatte, und sandte Geld für dich hinüber.

Von Frau d'Arville erhielt ich die Nachricht, daß du in guter Pflege seiest, sie das Geld erhalten und für dich verwandt habe.

Sieben Jahre lang habe ich alljährlich hundert Pfund an Frau d'Arville gesandt, genug, um dich standesgemäß zu erhalten.

Der lange Krieg, den Oesterreich, Frankreich und Rußland mit Preußen ausfochten, war nach siebenjährigem Ringen beendet, in Deutschland, und mit ihm im Hessenlande endlich Friede eingekehrt. Schon hatte ich meine Absicht nach Kassel gemeldet, selbst zu kommen, um dich zu mir zu holen, als ich die Nachricht von Frau d'Arville erhielt, du seiest gestorben. Ein Totenschein war beigefügt. Auch Loßberg, der während des Krieges, den er von Anfang bis zu Ende in preußischen und hessischen Diensten mitfocht, war in einem der letzten Gefechte gefallen.«

»Was?« warf Hugo dazwischen.

»Da war jedes Band, welches mich noch an die Heimat fesselte, zerrissen.

Die Gesundheit meiner Frau bedingte damals eine Veränderung des Klimas, wir siedelten nach dem spanischen Florida über, wo sie ebenfalls ein Eigentum besaß, und ich kehrte erst nach ihrem Tode, welcher einige Jahre später erfolgte, mit meinen Kindern hierher zurück.

Briefe, welche ich hinübergeschrieben hatte an Freunde und Bekannte, waren sämtlich unbeantwortet geblieben, ich war im Hessenland vergessen, da schrieb auch ich nicht mehr.«

Mit wachsendem Erstaunen, ja mit Entsetzen hatte Hugo dem letzten Teil des langen Berichts seines Oheims gelauscht, den er nicht zu unterbrechen wagte.

»Frau d'Arville? Oheim? Frau d'Arville?«

»Hier sind ihre Briefe, Kind, hier der Totenschein, hier das Verzeichnis der nach Kassel gesandten Summen.«

Er schob ihm eine Anzahl Papiere zu, welche wohlgeordnet vor ihm lagen. »Nun löse mir die Rätsel, Hugo,« sagte er.

»Frau d'Arville? Ich bin verwirrt, Oheim, von dieser furchtbaren Entdeckung! Loßberg tot? Welch' ein böser Geist hat hier gewaltet? – Nie ist Nachricht von dir gekommen, nie Geld für mich, ja nicht einmal, wie diese Frau sagte, Briefe an dich von ihr und anderen, jemals von dir beantwortet worden, – so daß alle dich für tot hielten. Und Loßberg? Er lebt in Fülle der Gesundheit in New-York.«

Der alte Herr sprang auf und sah Hugo starr an. »Was wäre das?« schrie er förmlich, »das des Rätsels Lösung? Unterschlagung, Diebstahl, Fälschung? Mein Gott! Mein Gott! – Und Loßberg, mein alter Loßberg, er lebt und ist hier im Lande? Hugo, Hugo, welchem bösen Dämon, du hast recht, warest du anvertraut? Mein armes, armes Kind.« Er ging hastig auf und ab. »Ich bin von dieser Entdeckung wie vom Donner gerührt. – Jede andere Lösung des Rätsels, welches dich, nachdem ich deinen Totenschein fünfzehn Jahre im Hause habe, lebend vor mich hinstellt, hätte ich eher erwartet als diese so entsetzlich gemeine. – Welch' ein Weib? Welch' ein Weib? O, pfui der Schande.«

»Ja, diese Enthüllung ist furchtbar.«

»Da wundert es mich nur, daß diese Megäre, um jeden Schuldbeweis unmöglich zu machen, dich nicht selber umgebracht hat, statt einen Totenschein zu schicken, dessen Fälschung doch über kurz oder lang aufgedeckt werden mußte. Dazu war dieses Weib auch fähig. – Hat man nie deinem Leben nachgestellt?«

»Nein, Oheim, nicht daß ich wüßte. Das Benehmen dieser Frau gegen mich war sonderbar. Ich erinnere mich aus meiner Kindheit an Augenblicke, wo sie mich an der Schulter faßte, mir lange ins Gesicht sah, mich küßte und bittere Tränen vergoß, dann wieder mich mit Blicken begrüßte, welche todbringenden Haß sprühten. Sie besitzt einen wildleidenschaftlichen Charakter und hatte für mich stets etwas Unheimliches, ob ich ihr gleich Dank schuldig zu sein glaubte.«

»Welch' ein Weib!?«

»Sie weilt ebenfalls in New-York, Oheim.«

»Was? Sie hier? In New-York?«

»Mit ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn, dem Kriegsrat Dallner, herübergekommen.«

»Hier? Und Loßberg in ihrer Nähe? O,« sagte er grimmig, »so soll dieses Weib auch büßen, was sie dir angetan hat. Aber – da schlummern noch mehr Rätsel, sie muß mächtige Helfershelfer gehabt haben, um so jede offene Verbindung zwischen mir und dem Heimatlande unmöglich machen zu können. Ah, wenn Loßberg noch lebt, so soll er dieses Weib ins Verhör nehmen. Hier muß Klarheit geschaffen werden.«

»Es scheint hier in der Tat noch manches unerklärt, Oheim, diese Frau, welche mir, wie ja nicht zu leugnen, einiges Wohlwollen erwiesen hat, muß noch andere Motive für ihr Handeln gehabt haben, als eine gemeine Habsucht.«

»Mag sein, mag sein, aber, daß dieses Weib sich herüberwagt?«

»Mir ist es nur dann begreiflich, wenn sie dich, was mir wahrscheinlich dünkt, für tot gehalten hat.«

Mit finsterem Gesichtsausdruck fuhr Reizenstein nach kurzem Schweigen fort: »Und dieser Verräter, der dich in Trenton niederstreckte, ist derselbe, den der Indianer für das ›stechende Auge‹ hält!«

»Der Delaware behauptet so, hat ihn auch ganz genau beschrieben.«

»Himmlischer Vater, welch' eine Kette von Verbrechen. Das Weib hat an deiner Seite den Mörder herübergeschickt, um dich zu vertilgen und so jede Gefahr der Entdeckung zu verhüten, und ist selbst gekommen, um die Tat zu beschleunigen, oder der vollbrachten sich zu erfreuen. Einem Zufall – oder nein, dem Schutze der Vorsehung hast du es zu danken, daß seine Kugel dich nicht früher traf. – Jetzt glaube ich auch, daß dieser Heldberg der Mörder deines Vaters ist, und – es wäre grauenhaft, wenn dieses Weib, nein – ich vermags nicht auszudenken.«

Hugo schauderte, als sich so unerwartet ein solcher Abgrund von menschlicher Verworfenheit vor ihm auftat.

»Gott, liefere uns den Buben aus,« sagte Reizenstein mit gefalteten Händen, »strafe das Unrecht, heiliger, gerechter Gott.«

Von all' den durch diese Enthüllungen auf ihn einstürmenden Empfindungen war Hugo so erregt, daß er, einer Ohnmacht nahe, zurücksank.

»Es war zu viel, Kind, zu viel für dich,« sagte der besorgte Oheim. »Wer hätte das auch ahnen können. Suche dein Lager, wir überlegen später, was zu tun ist.«

Fürsorglich geleitete er den Kranken nach dessen Zimmer.


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