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25.
Prinzessin Ilse.

(Ilseburg und Ilsetal.)

Da ist der Ilsenstein, das Tal gewaltig überragend. Dort oben stand das Schloß des Harzkönigs Ilsung, der darinnen wohnte mit seinem wunderschönen, herzensreinen Töchterlein Ilse vor altersgrauer Zeit. Unten aber im Tale wohnte ein altes Weib, wohl auch der Hexerei nicht fremd und mit einem bösen Auge auf des Königs liebliches Kind. Denn sie hatte eine Tochter Trute, die wohl nicht schön und gut, doch von teuflischer Lust erfüllet war. Und alle die vielen stattlichen Freier aus dem Land, die durchs Tal gezogen kamen, um ihre Werbung dem Harzkönige vorzutragen, zogen an der Hütte im Tal vorüber. Mit ihnen auch der reckenhafte Ritter Rolf, ein Jüngling schön und kühn, wie er noch nie dahier gesehen ward. Mit geheimen Verwünschungen, die ihm die böse Alte an den stolzwehenden Mantel geheftet hatte, zog er hinauf zur Burg.

Bald verkündeten Pauken und Trommeten, daß er das Herz der Harzprinzessin gewonnen hatte. Die Alte aber lächelte geheimnisvoll und braute seltsame Kräuter, zog ihre neidische Tochter in ermunternde Gespräche und wartete auf die Wirkung ihrer Verwünschungen. Und es geschah, daß Ritter Rolf bei einem Jagen sich im Tal verirrte, bei genauer Not des Untergangs jedoch noch in der Nacht die Hütte fand, wo ihm ein Lager ward und die Alte von den Säften ihrer Kräuter etliches in den Schlummertrank mischte; von nun an sah er die falsche Trute in lockender Sinnesschönheit und vergaß seine Heimkehr aufs Schloß.

Die Prinzessin aber schickte von ihres Vaters Schloß heiße Gebete zum Himmel um den Geliebten, von deren heilender Kraft erfüllt, er schließlich in einer einsamen Stunde nach dem Schloß entwich. Nun folgte die Rache der unheimlichen Weiber, die im Bunde mit dem Höllenfürsten in der nächsten Walpurgisnacht alle Geister der Tiefe entfesselten und das Glück vom Ilsenstein vernichteten. Ungeheuere Sturzbäche und Felsgeröll donnerten vom Brocken hinab und spülten das Schloß in den Abgrund, der mit Donnern und Krachen alle Pracht und das blühende Leben verschlang. Nur Ilse entkam auf einen hohen Gipfel, von wo herab sie nun ruhelos bei Tag und Nacht das Ilsetal durcheilt, mit heimlichem Murmeln und Flüstern der sehnsuchtsvollen Seele, die nach dem jungen toten Gemahl verlangt, bei Tag und Nacht.

Höre nur! wie sie hineilt mit Schluchzen von Stein zu Stein, von Baum zu Baum, und sucht und sehnt. Sieh' nur! wie sie dennoch voll beseelter Hoffnung, über all ihr Leid hinhüpft und mit silberhellem Locken und Leuchten den Geliebten ruft, den Erlöser ermahnt!

Willst du ihr Erlöser sein? Du mußt ihr zur Mitternacht des ersten Maientages einen Waldblumenstrauß vom Ilsenstein bringen. Doch ist es sehr schwer, die echten Blumen zu finden! Und hüte dich, jemals die schöne Prinzessin beim Baden in ihrem Fluß zu belauschen! All die rissigen, struppigen Tannen hier, von grausen Flechten überwuchert, sind solche vorwitzigen Frevler, von der Prinzessin für ihre Kühnheit durch Verzauberung bestraft.

* * *


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