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16.
Die Krone im Bodekessel.

(Bodetal.)

Reißend und rauschend bahnt sich durch wild zerklüftetes Felsgestein das Flüßlein seinen Weg, das seinen Namen von jenem Ritter Bodo erhielt, der die Jungfrau Emma zu gewinnen, einst den Sprung über das Tal gewagt hatte, auf dessen Grund er mit seinem Roß zerschmettert liegen blieb, während der Jungfrau beim Hinübersehen über den Abgrund die Krone vom Haupte sank, die seitdem unerreichbar begraben liegt, wo die Bode in schäumenden Wirbeln einen gewaltigen Kessel bildet. Darinnen haust ein scheußliches Tier, halb Hund, halb Drache, die Krone zu bewachen, und zieht jeden Verwegenen, den es nach dem kostbaren Schatz gelüstet, in die gurgelnde Tiefe. So viele Tapfre es auch versucht haben, sie mußten es alle mit dem Leben büßen.

Die Zeit der Kreuzzüge war vorüber und die Blütezeit der Ritterschaft gekommen, da lebte Graf Alwin auf dem Reinstein, der ein gar kühner und beherzter Mann war, siegreich gegen die Sarazenen gekämpft und am heiligen Grabe geweilt hatte und unter großen Gefahren auf seine Burg zurückgekehrt war. Viele Jahre wurde er von den Seinen für verschollen gehalten, selbst Minna von der Lauenburg, der er ewige Treue geschworen hatte, glaubte ihn tot. Nun, da er siegreich in die Heimat zurückgefunden hatte, eilte er zur Lauenburg, um Minna als Gemahlin heimzuführen.

Während seines Fernseins war die Geliebte von vielen ritterlichen Freiern bedrängt worden, wollte aber dem Verlobten auch über seinen Tod hinaus die Treue hatten und hatte den Vater veranlaßt, zu verkünden, daß nur der ihre Hand erhalten werde, der die in den Tiefen des Bodekessels versunkene Krone ihr als Brautschmuck darbrächte. Viele Ritter hatten ihr Leben darangewagt und hingegeben.

Ob der Rückkehr des Reinsteiners herrschte nun auf der Lauenburg Jubel und Freude, die Liebenden lagen sich glückselig in den Armen. Aber der Lauenburger hatte sein ritterliches Wort gegeben, dem viele edle Jünglinge zum Opfer gefallen waren, jetzt wollte er sich selbst opfern, damit der Reinsteiner Minna heimführen könne. Der aber sagte: »Da sei Gott vor, daß eine Lauenburgerin auf den Tod ihres Vaters ihr Glück gründen müsse! Euer Wort bleibt stehen, mein teurer Vater, ich werde es lösen.«

Am Tage des großen Wagnisses waren alle Ritter und Edeldamen des Landes am brausenden Bodekessel versammelt. Angetan mit himmelblauem Wams, im Gürtel einen Dolch und um den Hals an seidner Schnur ein Kreuz aus dem Holze des wahren Kreuzes Christi, nahm der Reinsteiner zärtlich von Minna Abschied. Ein kurzes Gebet, ein schneller Sprung! – und die gurgelnden Strudel haben den Grafen Alwin lautlos verschlungen.

Wie erschrocken ob solch kühner Tat glätten sich die Wellen über dem Ritter und schaukeln langsam und bleischwer über der Tiefe, als lauschten sie selber dem Kampf, der in ihrem Bette tobt. Da, ein dumpfes Brausen und Brüllen wie fernes Rollen des Donners, und emporsteigt im Strudel der Kühne. Die Krone hebt er mit sehnigem Arm übers Haupt und schaut im Aufwärtssteigen seeligen Auges zum Felsrand nach der Geliebten, als sehe er zum ersten Mal seit langer Jahre finstrer Nacht das liebe Sonnenlicht wieder, den klingenden, singenden Tag! Ein Jubelbrausen wallt wie Orgelton und Glockenklang über ihn hin, Augen schimmern von glücklichen Tränen, Arme breiten sich ihm entgegen!

Da wankt der Fels unter seinen Füßen, mit klatschenden Armen wie Drachenflügel greift es hoch aus der Tiefe herauf, umklammert den Braven jählings mit totkalter Hand und schlingt ihn mit gurgelndem Hohn zurück in die gähnende Flut. Reißend stürzen die Wogen in den berstenden Flußgrund und rollen kreisend über das schaurige Grab. Nur das hölzerne Kreuzlein von des Ritters Hals warfen die Wellen herauf an den Strand.

* * *


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