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Was das 13. Jahrhundert vorbereitet hatte, trat um die Wende des neuen glänzend ans Licht. In der Legende des Franz in der Oberkirche zu Assisi entfaltete sich der Genius Giottos und schwebte, die alten beengenden Hüllen fallen lassend, in freiem Fluge auf kühnen Bahnen dem Ziele entgegen, das erst Jahrhunderte später erreicht werden sollte. Was ihn, den Jüngling, der an Wissen arme, an Empfinden reiche Mönch zu Assisi gelehrt hatte, war die Liebe zur Natur, die er fortan zu seiner Lehrmeisterin machte. Wir werden später das erste Entstehen des innigen Verhältnisses, das die beiden Männer verknüpfte und das so unendlich fruchtbar werden sollte, belauschen und damit dem geheimnisvollen, auf lange hinaus wirkenden Einflusse des Franz nähertreten. Hier gilt es zunächst in rascher Aufeinanderfolge die Werke der italienischen Kunst bis zu ihrer Blüte vorbeiziehen zu lassen und zu beobachten, was diese Kunst aus der Persönlichkeit des Mannes gemacht, in dessen Porträts ihr die erste lehrreiche Aufgabe gestellt worden war. Da wird es uns aus Tausenden von Bildern, auf denen Franziskus wiederkehrt, klarwerden, wie dessen Gestaltung auch durch die folgenden Jahrhunderte hindurch ein ganz besonderes, für die Kunstentwicklung bedeutungsvolles Element bildet. Der Heilige, dessen eigenstes Wesen ganz in dem aus tiefer Innerlichkeit begeistert nach außen tretenden Gefühl beruht, stellte, so oft er abgebildet werden sollte, jedem Künstler eine große Aufgabe. Die schlichte Kutte, die leicht und reizlos zu zeichnen war, erforderte geringe Aufmerksamkeit, nur in der Bewegung und im Ausdruck des Kopfes war die Charakteristik zu geben. Franz gehört zu den immer wiederholten Figuren, an denen die Renaissancekunst besonders gelernt hat. Er war ein Vorbild, wie geschaffen für die ersten Studienzeiten der modernen Malerei, deren eigentliche Bedeutung ja gerade in der äußeren Wiedergabe des innerlichen Empfindens, in der Charakteristik liegt. In Franz war eine bestimmte Individualität, ein Charakter gegeben, wie deren im Bereiche der christlichen Kunst nicht viele so ausgeprägte und zugleich so allgemein verständliche vorkommen. Die Attribute werden bei ihm ganz zur Nebensache, – der begabte Maler konnte sie durchaus entbehren und doch durch den schwärmerisch gläubigen Blick, die demütige Haltung den Heiligen kennzeichnen, dessen Andenken ungetrübt im Bewußtsein des Volkes weiterlebte. Mit einigen wenigen anderen Gestalten ist Franz immer wieder gleichsam der Prüfstein der fortschreitenden Kunst geworden, an dem sich im einzelnen Falle das Stadium derselben erkennen läßt. Wie in Johannes dem Täufer die asketisch prophetische Begeisterung, in Hieronymus das büßende Denken des Alters, in Sebastian das körperliche Leiden des Jünglings, in Magdalena die reuige Liebe der Sünderin, in Georg der gottbegeisterte Mut geschildert wird, so in Franz die schwärmerische Glaubensseligkeit! So verschieden die Anforderungen, die jede der Figuren dem Künstler stellt, auch sein mögen, was, diesen allen gemeinschaftlich eigen, so wichtig für die Kunstentwicklung geworden, ist das psychische Element, dessen höchsten Anforderungen die Kunst nur durch höchste Kraftanspannung genügt. Es sind Idealbildungen, wie jede religiöse Kunst sie haben muß, will sie wirklich die Höhe erreichen – allgemein verständlich und doch individuell stets neu aufzufassen, einheitlich in sich und doch unerschöpflich vielseitig anregend.
Wer allen Wandlungen nachgehen wollte, welche die Figur des Franz in der italienischen Kunst durchgemacht hat, seine verschiedenen Gestaltungen einzeln betrachten wollte, würde eine Geschichte der Kunst selbst zu schreiben haben, da es wohl schwerlich irgendeinen Künstler gegeben, der den Heiligen nicht wenigstens einmal dargestellt. Das Allgemeine und Wesentliche, zunächst was die Attribute, dann was den Typus, endlich was seine Stellung auf Devotionsbildern, seine Beziehung zu anderen Heiligen und zu Darstellungen der christlichen Geschichte betrifft, aus der wahrhaft verwirrenden Fülle kurz hervorzuheben, muß genügen.
War Franz schon auf den alten Porträts meist mit dem Kreuz und dem Buch in den Händen dargestellt worden, so bleiben diese Attribute auch in der ganzen Folgezeit und auf Werken aller Schulen ihm meist getreu. Das Buch aber durch entsprechende Inschriften als Regel zu kennzeichnen, gibt man bald auf. Nur auf einem Bilde des Sano di Pietro in der Akademie zu Siena und auf einem anderen aus dem 14. Jahrhundert in der Galerie von Perugia (Sala di T. di Bartoli) liest man jene des Heiligen Denken und Leben so voll aussprechende und in dem opusculum de vera laetitia (Opera S. 16) von ihm selbst kommentierte Stelle: »fratres mi autem assit gloriari nisi in cruce domini nostri Iesu Christi per quem michi mundus crucifixus est et ego mundo« (sic! Galater 6, 14). Daneben gewinnt auch jenes alte Motiv des Weisens der Wunde eine allgemeine Gültigkeit, nur daß die fortgeschrittene Kunst, um die steife Handhabung zu vermeiden, es dahin veränderte, daß die Hand an die Seitenwunde faßt oder auf dieselbe deutet. In das Lesen eines Buches oder in Anschauung des Kreuzes vertieft scheint er besonders von nordischen Malern dargestellt worden zu sein Vgl. z. B. Basaiti. Venedig, Akad. 60. – Busati, ebd. 81. – Domenico Veneziano. Florenz, S. Croce. – Auch bei Perugino. Fano, S. Maria nuova. – Das Kreuz betrachtend: Benaglio. Verona, Akad. 282. – Rivelli. Bergamo, Lochis. – Al. Vittoria. Venedig, S. Franc. d. Vigna. – Paduanische Sch.? Berlin, Gall. 1182.. Allgemein aber sucht man den im Kopfe gegebenen Ausdruck gläubiger Ergebung in Gottes Willen durch das Falten der Hände oder durch deren Kreuzung über der Brust zu verstärken. Zuweilen erhebt er in inbrüstigem Gefühl die Arme nach oben oder bewegt sie geradezu, als würde ihm die Vision des Seraph eben zuteil. Am Fuße des Kreuzes, oft auch vor dem auf der Mutter Schoß sitzenden Christuskinde beugt er, in Andacht und Verehrung versunken, die Knie. Nur einmal auf dem schon erwähnten Bilde des Sano di Pietro fand ich den Seraphim in seiner Hand, ein Motiv, das vielleicht auf ältere sienesische Vorbilder zurückgeht, wie denn Ambrogio Lorenzetti auf einem Bilde in der Opera del duomo in Siena den Seraphim an der Seitenwunde schwebend anbringt. Der späteren Sitte der Franziskaner entsprechend sind seine Füße häufig mit Sandalen bekleidet. Die Wunden sind durchweg einfach wie die Christi gebildet – ausnahmsweise nur sieht man die von den alten Biographen so eingehend beschriebenen nagelförmigen Fleischauswüchse auf einem Bilde des Crivelli in London Nat. Gall. Nr. 788.. In Umbrien und Toskana bleibt es bis tief ins 15. Jahrhundert hinein üblich, wenn auch nicht geboten, sie mit Strahlen zu schmücken, wodurch anfangs wohl nur das Augenmerk stärker auf sie gezogen werden sollte. Auffallen aber muß es, daß sie auf manchen bolognesischen Kunstwerken des 14. Jahrhunderts und einigen späteren ganz weggelassen sind, was fast auf eine Nichtanerkennung des Wunders in der gelehrten Stadt schließen ließe, hätten wir sonst Kunde davon Medaillon neben dem rechten Seitenportal von S. Petronio. – Fresken aus der 1. Hälfte des 15. Jahrh. II. Kap. rechts und III. Kap. daselbst links (irrtümlich Buffalmacco zugeschrieben). – Vgl. auch die Intarsiadarstellung auf den Schranktüren der Sakristei des Santo in Padua (15. Jahrh.).. Nur kurz erwähnt zu werden verdient die absonderliche Darstellung des Heiligen und des Antonius von Padua als Schildträger auf einem kleinen Relief im Durchgang zur Sakristei des Santo in Padua aus dem Ende des Quattrocento. Da führt er das Wappen, das wir auch sonst über den Eingangstoren zahlreicher Franziskanerklöster sehen: die gekreuzt übereinandergelegten gekreuzigten Arme Christi und Franzens, eine Darstellung, durch welche die Anschauung von der zuerst durch Bartholomäus Pisanus öffentlich ausgesprochenen Konformität des Heilandes mit seinem Nachfolger ihre allgemeine Bestätigung erhielt.
Als Giotto dazu berufen wurde, in Assisi die Legende des Franz in zahlreichen Bildern darzustellen, schloß er sich der älteren Kunst an, indem er dem Heiligen den Bart gab. Erst später, als er die gleiche Aufgabe für S. Croce in Florenz auszuführen hatte, brach er, wie vor ihm Torriti, mit der Tradition und schuf hier, wie schon in den Allegorien der Unterkirche, die besonders dazu auffordern mochten, den idealen jugendlichen Typus. Es vollzog sich damit jene entscheidenden Kunstphasen eigentümliche Verallgemeinerung des individuell Besonderen, die nicht auf Kosten des Charakteristischen geht, vielmehr dazu dient, dieses auf Grund einer freieren Anschauung zur idealen Wesensverdeutlichung zu erheben. Die enthusiastische Liebeskraft wurde im Bilde der Jugend verdeutlicht. Indessen sollte die Neuerung zunächst keine große Wirkung haben, da die Tradition zu mächtig und das Volk zu sehr an die alte porträtmäßige Darstellung seines Heiligen gewöhnt war. Erst im Quattrocento gewinnt sie eine allgemeine Bedeutung und wird im nördlichen Italien geradezu zur Norm bis auf Francia, Titian und Correggio hin Bei Moretto und Romanino ist er immer bärtig.. In Umbrien und Toscana aber bleibt immer eine gewisse Vorliebe für den hergebrachten bärtigen Typus, zugleich für die blonde Farbe der Haare, namentlich in Franzens Heimat. Der erste nach Giotto wie es scheint, der diesen in Florenz wieder bartlos darstellt, ist ein aus dem Norden kommender Künstler: Domenico Veneziano, dessen Beispiele dann in der Folgezeit besonders Piero della Francesca, Fra Angelico, Filippo Lippi, Botticelli, Filippino, Rosselli, Luca della Robbia und seine Schüler, Agostino di Ducccio, Benedetto da Majano u. a. folgen. Mit Domenico Veneziano aber widerfährt auch, nachdem schon die Trecentisten manchen recht achtungswerten Versuch gemacht hatten, der Individualität des Franz künstlerisch ihr Recht. Mag Paolo Ucello in seinen untergegangenen Fresken in S. Trinità den Heiligen zuerst in völliger, greifbarer Körperlichkeit und Wirklichkeit zu gestalten versucht haben, die Tiefe der Auffassung, wie sie Domenicos Fresko in S. Croce verrät, dürfte ihm kaum zu erreichen gelungen sein. Oder ist nicht Domenico, sondern Andrea Castagno der Schöpfer des Bildes in S. Croce gewesen? Hier erscheint Franz neben Johannes dem Täufer in wirksamstem Vergleich und Gegensatz. Spricht aus beiden Figuren das tiefste, innerlichste Erfülltsein von einer starken Glaubensüberzeugung, so äußert sich diese doch sehr verschieden: im jugendlichen Johannes fast fanatisch lebendig nach außen sich Bahn brechend, im bejahrten Franz in die Tiefen des Innern sich zurückziehend Man vgl. damit den Franz auf Domenicos Bild in den Uffizien N. 1305; das fälschlich Castagno genannte Bild in der Akademie zu Florenz, in dem man jetzt, wie ich in der 1. Auflage behauptet, die Hand des jugendlichen Botticelli erkennt; A. Vivarini, Venedig, Akad. (607); das irrtümlich Filippino zugeschriebene in London, Nat.-Gall. 598.. So sollten die beiden Heiligen ähnlich nebeneinander auf einem der herrlichsten Werke vollendeter Kunst, auf Raphaels Madonna di Foligno wieder beieinander erscheinen, der eine mit Blick und Gebärde direkt den Beschauer zur Verehrung auffordernd, der andere ganz in den Anblick des Himmelskindes versunken, wie abwesend und nur mit einer deutenden Bewegung der Hand die Beziehung zur äußeren Welt noch erhaltend. – Von einem Künstler, der wie kein anderer dazu berufen war, Franz zu verherrlichen, sind uns leider nur wenige Darstellungen erhalten, von Fra Giovanni da Fiesole, der, wenn irgendeiner, »seraphisch ganz von Gluten« dazu bestimmt schien, das Wesen des Heiligen tief nachzuempfinden. Es wollte mir immer ein sonderbarer Zufall scheinen, daß er statt der Franziskanerkutte die schwarz und weiße Tracht der Dominikaner getragen. Er wäre ein Künstler nach dem Herzen des Franziskus gewesen, der besser wohl als der Feind der Ketzer Dominikus zum Schutzpatrone seiner Kunst getaugt hätte. Lebt doch fast in jeder der Figuren Fra Angelicos des Franz Empfindung Siehe die herrliche Figur des Heiligen auf der Kreuzigung in S. Marco (Radierung von Gaillard in Plons Werk).. Seinem Schüler, dem lebensfrohen Benozzo, der in Montefalco sein Erzählertalent an der Legende üben konnte, ist es hingegen nie gelungen, die fromme Andacht in ihrer ganzen Tiefe zum Ausdruck zu bringen (vgl. dessen Bild in London). Das war die Sache andersgearteter Künstler, wie Francias, auf dessen Bildern der Heilige oft wiederkehrt und in stets neuer, bis an die Grenzen künstlerischer Wahrheit streifender Weise dargestellt ist, wie er den höchsten Offenbarungen mit seinem ganzen Sein und Wesen sich hingibt Vgl. namentlich Bologna Pinak. 371: die Empfängnis Mariä.. Das Ekstatische zu schildern war eine lohnende Aufgabe auch für Perugino. Correggio verstand es wunderbar in seinem Jugendbilde in Dresden zu veranschaulichen. Wohl keiner aber wußte diese fessellose Inbrunst der Liebe herrlicher im Blick und in der Bewegung widerstrahlen zu lassen, als Moretto in seinem herrlichsten Gemälde, der Krönung der Maria in San Nazaro in Brescia. Wie ruhig und gefaßt erscheint dagegen der Heilige, wenn er auf Titians Madonna di Pesaro in der Kirche der Frari zu Venedig die Stifterfamilie empfiehlt, wie traumumfangen und in sich versunken Giorgiones Franz auf der Madonna von Castelfranco! Eine andere Seite aber: das Leiden heftigen körperlichen Schmerzes, die Kraftlosigkeit des schwachen Körpers bringt besonders einer der Robbia in seiner Statue in S. Maria degli Angeli bei Assisi zum Ausdruck, als solle der Heilige an dieser Stätte seines Triumphes an das Mitleid der Gläubigen appellieren und sie daran gemahnen, wieviel er, gleich einem anderen Christus, auf sich genommen, um ihnen die höchsten Gnadengüter zu sichern.
Noch manches der sich vertiefenden Betrachtung würdige Kunstwerk ließ sich aufzählen, genügte es nicht, auf die verschiedenen Auffassungen im allgemeinen hingewiesen zu haben, deren nur in großen Zügen skizzierte Mannigfaltigkeit wohl rechtfertigt, was oben über die hervorragende Bedeutung der Franzfigur für die Kunstentwickelung gesagt worden ist.
Im 16. Jahrhundert gewinnt die nie ganz ausgestorbene Tradition, daß Franz bärtig gewesen, wieder erneute und allgemeine künstlerische Gültigkeit. Im Norden durch die Tintoretto, Paolo Veronese und namentlich die Maler von Bassano, in Bologna durch Lod. Carraci, Guido Reni, Guercino, in Florenz durch A. Allori, Cardi u. a. Gerade den Meistern jener Zeit, die es nicht satt werden konnten, ihre Kunstfertigkeit in der Wiedergabe der häufig bis zum Paroxismus gesteigerten Ekstase zu beweisen, mußte die heilige Gestalt recht nach dem Herzen sein, da sie ihnen Gelegenheit gab, ihre Fähigkeiten von der besten Seite zu zeigen. Die alte Einfachheit und Mäßigung darf man von ihnen nicht verlangen, doch zeigt sich ihr Vermögen, den Beschauer durch packende Schilderung des bis zum Äußersten getriebenen Affektes gefangenzunehmen, wohl nirgends von so günstiger Seite, als in diesen Darstellungen. Damit hängt es wohl zusammen, daß erst jetzt dem Heiligen als vollständig in sich ausgeprägtem Charakter auch das Recht einer gesonderten, durchaus in sich abgeschlossenen Komposition zuteil wird, wie sie Hieronymus, Johannes der Täufer, Magdalena schon früher erlangt hatten: aus dem Porträt wird durch das Zwischenstadium der Unter- oder Beiordnung des Heiligen auf Devotionsbildern endlich eine Darstellung, in welcher er allein, aber zugleich als Träger einer Handlung erscheint. In dem obenerwähnten Motive, das ihn in das Lesen des Buches oder in die Anschauung des Kreuzes vertieft schildert, einerseits, in der Stigmatisation andrerseits Manchmal ist es schwer, den büßenden Franz und die Stigmatisation zu unterscheiden, da beide Darstellungen ineinander übergehen, wie z. B. auf Guercinos Bild in S. Giovanni in monte zu Bologna. sind die Vorbedingungen für diese neue Gestaltung gegeben, für welche die seit lange schon der Kunst geläufige Darstellung des büßenden Hieronymus, mit dem Franz ja in früheren Zeiten so gern künstlerisch in Parallele gestellt wird, bestimmend gewesen sein mag. Der Heilige kniet in Waldeseinsamkeit, von den Schauern einer ernsten Natur umgeben, in inbrünstigem Gebet vor dem Kruzifix; der Hand ist soeben die Heilige Schrift entfallen, ein Totenkopf bezeugt es, welch tiefe Gedanken ihn seine einzige Zuflucht in der Anschauung des erlösenden Leidens Christi suchen lassen Als Pendant erscheint häufig, ebenso in Anschauung des Kruzifixes versunken, die h. Chiara..
Zum ersten Male begegnet diese Auffassung des »Franz als Büßer« in einem Stiche Marcantons (B. 148. P. 79), auf dem allerdings die Beziehung zur Stigmatisation in der wegschreitenden Figur des Leo noch sehr ersichtlich ist. Ähnlich auf einem etwa gleichzeitigen Relief in der Türleibung eines Portales von S. Maria dei miracoli in Venedig.
Der mächtige Aufschwung, den im Gegensatz zur Reformation die katholische Kirche dank dem Eintreten des neuen Ordensgründers Ignatius von Loyola, der als der dritte Benedikt und Franziskus folgt, genommen, kam auch dem Andenken des letzteren zugute. Wo immer die katholische Reform sich geltend machte, in Italien, Spanien, den südlichen Niederlanden, fand neben dem neuen Vorkämpfer der kirchlichen Hierarchie auch Franz in der Kunst eines Lod. Carraci, Guido Reni, Guercino ebensogut, wie in der eines Murillo, eines Rubens und van Dyck eine erneute, großartige Verherrlichung – ja es gab Künstler, wie eben jenen Lodovico Cardi da Cigoli, die fast ihr ganzes Leben derselben weihten. Die Verehrung für die geistige Bedeutung des Heiligen konnte ebensowenig aussterben, als die Ausnutzung der unerschöpflich lohnenden Aufgabe, die deren Schilderung den phantasie- und empfindungsvollen Bildern bot Näher auf einzelne Bilder einzugehen, fiele außer den Rahmen dieser Arbeit und würde sich auch wenig verlohnen, da sich aus dem Vergleich der im wesentlichen gleichlautenden Darstellungen, die man allenthalben einsehen mag, für unsere Aufgabe außer dem Angedeuteten wenig Bedeutungsvolles ergeben dürfte. – S. zahlreiche Abbildungen in Plons: St. François..
Die gesonderte, dramatische Darstellung des Büßers Franz war, wie wir gesehen haben, erst die Errungenschaft einer späteren Kunstphase. In den früheren Jahrhunderten erscheint er, zumeist mit allen anderen Heiligen vereint, auf den Muttergottesbildern, anfangs in einer einzelnen Abteilung des gotischen Altarwerkes, dann in innigere Beziehung zu Maria und Christus tretend, unmittelbar in der Nähe derselben. Anbetend befindet er sich unter den frommen Genossen, denen die Himmelskönigin in den Wolken sich neigt
Mit besonderer Vorliebe auch später in der bolognesischen Kunst.. An den Familienszenen der norditalienischen Kunst nimmt er teil und erhält die frohe Berechtigung, mit den Hirten das Christuskindlein in der Krippe liebend zu betrachten
Z. B. Francia. Rom, Doria II, 6. – Francia. Früher Rom, Sciarra. – Mazzolino. London, Nat.-Gall. 82. – Timoteo Viti. Pesaro, S. Francesco. – Palma vecchios Schule. Dresden, Gall. 233. – Palma. Lady Eastlake, London. – Palma. Berlin, Gall. 199. – Palma? Kopenhagen, Gall. 52. – Bonifazio. Paris, Louvre 74. – Bonifazio. Florenz, Uffizien 1319.
Auf Geburt: Francia. Bologna, Pinak. 81. – Garofalo. Rom, Doria II Br. 61. – Zaganelli. Dublin, Nat.-Gall. – Bonifazio. Padua. Padua, Gall. I, 21. – Massone. Paris, Louvre 261. – Alunno. Nocera, Domsakristei. – R. Ghirlandajo. Petersburg, Ermitage.. Correggio zeigt ihn uns auf seinem Bilde in den Uffizien als Gefährte der h. Familie bei der Flucht nach Ägypten. Den eigentlich für ihn charakteristischen Platz aber findet er als mitleidender Zuschauer in den Passionsvorgängen. Mußte er auch auf Basaitis Darstellung des Gebetes in Gethsemane mit Dominikus abgesondert wie ein Wächter vor den Rahmen treten, so ist er sonst häufig mitten unter den leidtragenden Freunden bei der Kreuzigung
Cimabue in den beiden Kreuzigungen der Oberkirche zu Assisi. Auch später öfters, z. B. auf dem großen ferraresischen Bilde der Kreuzigung in Modena, Gall. Vgl. auch Sienesische Schule. Paris, Louvre 488., bei der Grablegung
Ehemals in der Gall. Costabili in Ferrara befindliches Bild, angeblich Galasso Galassi, mit dem es nichts zu tun hat, jetzt in der Galerie.
und bei der Beweinung Christi Bild, vielleicht jugendliches Werk des Costa, bei Sig. Lombardi, Ferrara. – Schule Castagnos. Florenz, S. Iacopo. – Garofalo. München, Pin. 1080.. Mit Dominikus und Michael steht er, zu dem als Weltenrichter in der Luft thronenden Heiland emporschauend, auf dem Denkmal des Taddeo Pepoli in S. Domenico zu Bologna. Auf einem Fresko in S. Francesco zu Pistoja verehrt er mit seinen beiden Genossen den in der Himmelsmajestät erscheinenden Herrn. Öfters auch wohnt er der Himmelfahrt Mariä bei Lippo Memmi. München 986. – P. della Francesca (vielmehr B. della Gatta, wie ich glaube) in Borgo S. Sepolcro: S. Chiara. – Fungai. Siena, Servi. – Balducci. Siena, S. Spirito. – Bei Thomas Gürtelempfang: Bild des 14. Jhs. Florenz, Akad. – Fra Paolino. ebd. – Sogliani. ebd. und befindet sich fast immer unter der Schar der Heiligen, die ihre Krönung sowie das jüngste Gericht verherrlicht. (Vgl. Abb. S. 218, 235, 236.)
Er ist es aber ferner, der zuerst den Platz der Maria Magdalena am Fuße des Kruzifixes einnehmen, die Füße des Herrn küssen darf. Hatte er doch wie kein anderer die Qualen des leidenden Menschensohnes in sich nachgelitten, die Menschheit neu gelehrt, dem Kreuze in Demut und inbrünstiger Verehrung sich zu nahen. Die Kruzifixe des Giunta (auf dem statt seiner Elias kniete), des Meisters des Franziskus, des Margaritone wurden der Ausgangspunkt für jene reiche Reihe von Darstellungen der »Verehrung des Gekreuzigten«, die neben der eigentlichen Kreuzigung eine gesonderte Stelle einnehmen. Mit Maria und Johannes erscheint zuerst Franz am Fuß des Stammes, wie er in den Klagen sein Herz befreit, erst später folgen ihm Dominikus, Hieronymus und andere Glaubenszeugen. Auf den meisten derartigen Gemälden aber, deren wichtigste unten angeführt sind, ist Franz neben Christus die Hauptperson Giotto. München 981. – Giotto Sch. Pistoja, S. Francesco, Sacristei. – Spinello. Arezzo, S. Francesco. – Spinello, ebd. Dom. – Gaddi Schule. Berlin 1103. – Barna. Arezzo, Vescovado. – Giovanni di Piero. Pisa, S. Domenico. – A. Lorenzetti. London bei Herrn Murray. – Lorenzetti Schule. Vatikan, Christl. Mus. – Donato Veneziano. Venedig, Ak. – Andrea del Castagno Richt. Prato, Gall. – Finiguerra. Pax. Bargello, Florenz. – Agostino di Duccio: Relief, ebd. – Filippino. Berlin, Gall. 96. – N. Alunno. Aquila, S. Chiara. – Perugino. Florenz, Calza. – Ders. Perugia, Gall. – Bernardino von Perugia. Paris, Louvre. – Spagna. Terni, S. Maria delle Grazie. – Tiberio d'Assisi. Assisi, S. Francesco. – Palmezzano. Forlì, Pinak. Fresko. – Zaganelli. Ravenna, S. Agata. – Francia: Niello. Bologna, Ak. – Ders. ebd. 373. – G. Francia ebd. – G. Francia. Bologna, S. Stefano. – Man vgl. die Nachfolger, die Franz als Verehrer des Kreuzes in den Dominikanern hat, namentlich auf Bildern des Fra Angelico in S. Marco, Florenz.. Jenes merkwürdige Bild eines altertümlichen Meisters aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts in der Akademie zu Florenz, von dem wir im letzten Teile noch ausführlicher zu reden haben, zeigt uns daneben als ältestes Denkmal den allegorisierenden Kreuzkultus des Franziskanertums, bereits in höchst reicher Form ausgebildet. Und etwas später, auf Taddeo Gaddis Fresko im Refektorium von S. Croce, tritt die wahre Nachfolgerschaft des Gekreuzigten bei den Franziskanern in Gegensatz und Vergleich zu jenen den Crucifixus vorahnenden und verheißenden Vätern und Propheten des alten Bundes, die in den Zweigen des Stammes erscheinen.
Andere Darstellungen, auf denen Franz, ohne wirklich innere Beziehung seinem Wesen und seinen Anschauungen nach zu ihnen zu haben, erscheint, genügt es kurz zu erwähnen: Christus in Cathedra B. Vivarini. Venedig, Akad. 614. – Simone Napoletano? Refekt. S. Chiara, Neapel., Verlobung der h. Katharina Benozzo. Terni, S. Francesco. – F. Thifernate. Città di Castello, Gall. – Spagna. Florenz, Pitti. – Albertinelli. Petersburg, Ermitage., Empfängnis Mariä Francia. Bologna, Akad. – Fra Bartolomeo. Louvre 56., Christus im Grabe sitzend von Heiligen umgeben Signorelli. Cortona, S. Niccolò. – Fungai, Siena, Ak. Lünette zu Pachiarottos Bild. – Credi. London, Lord Overstone. – Botticelli Schule. Berlin 1125., Himmelfahrt der Maria Aegyptiaca Sienes. Sch. Perugia, Gall. Sala di T. Bartoli 11. – Filippino. München 1008.. Ferner noch die folgenden, auf denen er der Glorifizierung anderer Heiligen beiwohnt, so des Antonius Abbas Eusebio. Perugia, Sala del Perugino. – Sch. von Lucca. Lucca, S. Pietro (fälschlich Palma gen.). – Garofalo. Rom, Chigi., Petrus Giov. u. Ant. da Murano. Padua, Gall. 258., Markus Busati. Venedig, Ak. 84., Petronius Costa. Bologna, Pin., Johannes des Täufers Filippo Lippi. London, Nat.-Gall. 667., Sebastian Filippino. Genua, Pal. bianco – Bastiani. Venedig, Ak., Hieronymus Liberale. Verona, Cap. del Commune., Margarethe Moretto. Brescia, S. Francesco., Thomas von Aquino Girolamo di Sta. Croce. Venedig, S. Silvestro. und Lorenzo Giustiniani Pordenone. Venedig, Ak..
Wichtiger als diese aus bestimmten Wünschen der Donatoren hervorgegangene Zusammenordnung des Franz mit beliebigen Heiligen ist es, das Resultat ins Auge zu fassen, welches sich aus einer Vergleichung der zahllosen Devotionsbilder, die ihn zeigen, in bezug auf seine immer wiederkehrende Stellung neben einigen bestimmten Figuren ergibt, da sich hierin nicht die Willkür der Besteller, sondern eine bindende Vorstellung des Franziskanertums äußert. Aus den alten Lebensbeschreibungen erfahren wir, daß Maria, Michael, Petrus und Paulus es sind, für welche Franz eine besondere Verehrung hatte, an die er sich in seinen Gebeten am häufigsten und liebsten wandte. Wir werden unten noch betrachten, wie man beim Bau von S. Francesco in Assisi, bei der Weihe der Altäre in der Oberkirche und bei der Ausschmückung des Querschiffes und Chores durch Cimabue auf diese Devotion Rücksicht nahm, hier ist der Ort, die begeisterten Worte des Thomas von Celano selbst zu hören, in denen er sie uns schildert: »mit unsagbarer Liebe umfaßte Franziskus die Mutter Jesu, weil sie den Herrn der Majestät uns zum Bruder gegeben; ihr zollte er besondere Lobgesänge, ihr ergoß er sich in Bitten und brachte ihr Liebesbezeugungen entgegen, wie sie in solcher Fülle und Innigkeit die menschliche Zunge nicht wiedergeben kann. Was aber am meisten freut: er machte sie zur Vertreterin des Ordens und stellte unter ihre Fittiche, für immer sie zu hegen und zu beschützen, die Söhne, die er verlassen mußte Th. II Leg. III, 127. S. 280. – Vgl. Bon. Cap. IX S. 766..« – »Vom heiligen Michael aber sagte er öfters, er sei vorzüglich zu ehren, weil er das Amt die Seelen darzubringen habe; zu Ehren des heiligen Michael fastete er mit großer Verehrung vierzig Tage zwischen dem Feste der Himmelfahrt und dem Festtage jenes, denn er pflegte zu sagen: ein jeder sollte zu Ehren eines so großen Fürsten irgendeinen Lobgesang oder eine besondere Gabe Gott darbringen Th. II Leg. cap. 126. S. 280. Vgl. auch Wadding. I. Bd. 1211 S. 103. Barth. Pisani Conformitates I. lib. IV fructus S. 25 v..« Den Aposteln aber und besonders Petrus und Paulus nahte er sich mit größter Hingabe der glühenden Liebe wegen, die sie für Christus gehegt.
Auch in den wenigen von Franz erhaltenen Gebeten kehrt neben der Mutter Gottes und den Tugenden besonders häufig Michael wieder
Opera I S. 18. – ebd. II cap. XVIII S. 27., der in seinem Leben eine ganz besondere Rolle spielt. Wallfahrtete er doch einst nach dem Heiligtume des Erzengels auf dem Monte Gargano, und ward ihm doch die Erscheinung des Seraphim, der von vielen für Michael selbst gehalten ward, an dem diesem geweihten Tage zuteil. Es kann daher nicht verwundern, daß er bald nach seinem Tode in eine geheimnisvolle Beziehung zu dem Engel gesetzt ward, die künstlerisch zuerst vielleicht in den Fresken von S. Francesco ausgesprochen wird. Den gläubigen Verehrern nämlich ward der Heilige selbst zur körperlichen, wunderbaren Erscheinung des Michael, wie sie im siebenten Kapitel der Apokalypse vorausgesagt erschien. In jenen Zeichen und Wunder verlangenden Zeiten war ja durch die weit verbreiteten Anschauungen des Abtes Joachim, auf Grund deren man in der Gründung der beiden Bettelmönchsorden und in den erbitterten Kämpfen zwischen Innocenz III. und Friedrich II., zwischen Glauben und Skeptizismus, die Erfüllung der Weissagungen in der Offenbarung sah, der Zug zum Symbolischen und Allegorischen mächtig gesteigert worden. So hatte schon Gregor IX. in seinem Hymnus auf Franziskus diesen als Kämpfer Gottes gegen jenen Drachen, der von neuem das Haupt erhoben, besungen
Caput draconis ultimum
Ultorem ferens gladium
Adversus dei populum
Excitat bellum septimum
Contra caelum erigitur
Et nititur attrahere
Maximam partem syderum
Ad damnatorum numerum
Verum de Christi latere
Novus legatus mittitur
In cujus sacro corpore
Vexillum crucis cernitur.
Franciscus princeps inclytus
Signum reale bajulat
Et celebrat concilium
Per cuncta mundi climata
Contra Draconis Schismata
Acies trinas ordinat
Expeditorum militum
Ad fugandum exercitum
Et tres catervas daemonum
Quas draco semper roborat.
Nach Barth. Pia. Lib. conf. lib. I, S. 4. – Vgl. auch das Lied Jacopones da Todi: le Poesie spirituali. Venedig 1617, lib. III, 25, der ähnlich Franz als Feldherrn im Kampfe gegen den alten Erbfeind des menschlichen Geschlechtes feiert.! Dann war von einem Gerhard von Borgo San Donnino, der aller Wahrscheinlichkeit nach die 1255 verdammte Einleitung zum Evangelium aeternum geschrieben hat, mit Bestimmtheit die Prophezeiung auf Franz bezogen worden, und schließlich ward diese Anschauung von Bonaventura auf dem Generalkapitel zu Paris im Jahre 1266 öffentlich zu einem Glaubensartikel des Franziskanertums gemacht Vgl. Renan: nouvelles Études d'histoire religieuse. Paris. Lévy 1884, S. 217. Barth. Pis. I lib. conf. I fr. S. 9 u. fr. XXXI, wo erzählt wird, daß Bonaventura die Deutung der betreffenden Stelle der Apokalypse auf Franz geradezu durch göttliche Offenbarung erhalten. – Wadding Bd. IV, z. J. 1266. – Auch bei Jacobus a Voragine, Bernhardin von Siena (De Evangel. aeterno Sermones 60 c. 1 § 7) u. a.. So spricht es letzterer auch in dem Vorworte seiner vita aus: »Derart wird Franz auch durch die wahrhaftige Weissagung des anderen Freundes, Verlobten, Apostels und Evangelisten Johannes unter dem Gleichnis des vom Aufgang der Sonne niedersteigenden Engels, der das Zeichen des lebendigen Gottes trug, bezeichnet. Wie denn bei der Öffnung des sechsten Siegels Johannes in der Apokalypse sagt: ich sah einen anderen Engel vom Aufgang der Sonne niedersteigen, der das Zeichen des lebendigen Gottes trug. Daß dieser Bote Gottes Franziskus gewesen, der Knecht Gottes, welcher der Liebe Christi, unsrer Nachahmung und der Welt Bewunderung wert ist, erfahren wir in unbezweifeltem Glauben, wenn wir den Höhepunkt ausnehmender Heiligkeit in ihm erkennen: durch sie war er, unter Menschen lebend, ein Befolger engelhafter Reinheit, durch sie ward er den vollkommenen Nachfolgern Christi zum Beispiel gesetzt. Dies glaubensvoll und fromm zu empfinden, bewegt uns nicht allein das Amt, das er gehabt: zu rufen, daß man weine und klage und Säcke anziehe, und durch das Bußezeichen des Kreuzes und kreuzförmigen Gewandes das T auf die Stirnen der seufzenden und der klagenden Männer zu zeichnen, sondern es bestätigt dies auch in unverbrüchlicher Bezeugung der Wahrheit das Zeichen der Ähnlichkeit mit dem lebendigen Gotte, nämlich dem gekreuzigten Christus, das seinem Körper eingedrückt worden ist, nicht durch Kraft der Natur oder Erfindung der Kunst, sondern vielmehr durch die zu bewundernde Macht des Geistes des lebendigen Gottes.« In diesen Worten liegt zugleich die geheimnisvolle Beziehung auf die in der Apok. 7, 3 erwähnte Versiegelung der Knechte Gottes, die von Ezechiel (9, 4) prophezeit worden war – das T war, wie Bonaventura dann an anderer Stelle erzählt, zum Zeichen des Franz geworden, das er wie ein Siegel unter seine Briefe setzte und nicht müde ward, den Seinen zu empfehlen Bon. S. 742. – Bon. Cap. IV S. 752, nach Thomas II Leg. 1. III, 49 S. 160, erzählt, daß der Fr. Pacificus mehrere Male gewürdigt wurde, ein großes Tau auf der Stirn des Heiligen zu sehen, das im bunten Wechselspiel der Farben (wie ein Pfauenauge) sein Antlitz mit wunderbarer Anmut schmückte..
So kann es also nicht überraschen, die Verehrung des Michael mit der des Franz sich verbinden und beide häufig auf Bildern vereint zu sehen. (Abb. S. 254.) Daß aber unser Heiliger auch mit Johannes verglichen und in Parallele gebracht wurde, ist nicht nur der von Thomas von Celano ausgesprochenen allgemeinen Franziskaneranschauung des 13. Jahrhunderts, sondern wohl auch dem künstlerischen Gefühle auf Rechnung zu setzen, das in den gleichen Attributen des Kreuzes die Berechtigung fand, die Träger desselben nebeneinander zu stellen. Wenn Thomas in der künstlichen Weise seinerzeit den Vergleichungspunkt nicht allein in der beiden gemeinsamen Bußpredigt und Bekehrung der Menschen, sondern auch in den prophetischen Gaben, die Pica wie Elisabeth, Franz wie Johannes besessen, findet Th. II Leg. 1, S. 8, Vgl. danach Barth. Pis. 1 lib. Conf. III S. 22., so liegt dem doch eine wohl zu rechtfertigende Empfindung zugrunde, die sich in der Kunst, wie wir bei Betrachtung der Werke des Domenico Veneziano und Raphael gesehen, nur glücklich äußern konnte. Sicher ist auch der Umstand, daß Franz bei der Taufe ursprünglich den Namen Johannes empfing, nicht ohne Bedeutung gewesen.
Daß endlich auch Hieronymus und Antonius der Eremit in nähere Beziehungen zu Franz gesetzt wurden, ist leicht erklärlich, bedenkt man, wie nahe es lag, des Franziskus Leben mit der Askese des ersteren zu vergleichen. Die Darstellung des büßend im Walde knieenden Hieronymus forderte den Künstler geradezu von selbst dazu heraus, in zusammengesetzten Altarwerken ihm als Pendant den in einsamer Landschaft knieend die Stigmata empfangenden Mönch zu geben.
So kann man denn auf Grund eingehender Untersuchungen wohl mit Recht behaupten, daß Franziskus nach seinem Tode abermals zu einem neuen, reichbewegten Leben in der Anschauung und der Kunst der kommenden Jahrhunderte erstanden ist, daß sein innerer, unablässiger, weihevoller Verkehr mit Christus, Maria, den Aposteln und Heiligen in Tausenden von Kunstwerken dem Volke versinnbildlicht wurde, in welchem die Erinnerung an den treuen Freund und Berater damit ungeschwächt und wahr fortleben konnte. Zugleich aber, daß er selbst in seinem Abbilde begeisternd und vertiefend dem Künstler der hilfreichste Lehrer geworden, der, um unerschöpflich zu empfangen, unerschöpflich selbst gab. Dieses sein inniges Verhältnis zur Kunst noch näher verstehen und würdigen zu lernen, gilt es nun aber vor allem, die Darstellungen seines Lebens, wie sie im Anschlusse an die Legende entstanden, ins Auge zu fassen.