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VI.

Im Garten.

Rohini

Was gibt es denn? Ich kann nicht herausbekommen, was all das ist!

(Zu den Gärtnern)

Wohin geht ihr alle in solcher Eile?

Erster Gärtner

Wir gehen aus dem Garten.

Rohini

Wohin?

Zweiter Gärtner

Wir wissen nicht, wohin – der König hat uns gerufen.

Rohini

Aber der König ist doch hier in diesem Garten. Welcher König hat euch gerufen?

Erster Gärtner

Das wissen wir nicht.

Zweiter Gärtner

Der König, dem wir unser Lebtag gedient haben, natürlich.

Rohini

Wollt ihr alle gehen?

Erster Gärtner

Ja, alle – wir müssen sofort gehen. Sonst könnten wir zu Schaden kommen.

Sie gehen ab.

Rohini

Ich kann ihre Worte nicht verstehen... Ich fürchte mich. Sie rennen davon wie wilde Tiere, die in dem Augenblick entfliehen, ehe die Flut den Damm durchbricht.

Der König von Koschala tritt auf.

Rohini, weißt du, wo dein König und Kantschi hingegangen sind?

Rohini

Sie sind irgendwo im Garten, aber ich kann nicht sagen, wo.

Koschala

Ich verstehe wirklich nicht, was sie vorhaben. Ich habe nicht wohl daran getan, mein Vertrauen auf Kantschi zu setzen.

Ab.

Rohini

Was ist das für eine dunkle Sache, mit der sich diese Könige abgeben? Etwas Schreckliches bereitet sich vor. Werde ich in diese Sache hineingezogen werden?

Avanti tritt auf.

Avanti

Rohini, weißt du, wo die andern Fürsten sind?

Rohini

Es ist schwer zu sagen, wo sie alle hingekommen sind. Der König von Koschala ging jetzt eben in dieser Richtung hier vorbei.

Avanti

Ich denke nicht an Koschala. Wo sind euer König und Kantschi?

Rohini

Ich habe sie seit langer Zeit nicht gesehen.

Avanti

Kantschi weicht mir immer aus. Er plant gewiß, uns alle zu betrügen. Ich habe nicht wohl daran getan, meine Hand in diese Wirrnis zu stecken. Freundin, könntest du mir freundlich einen Weg aus diesem Garten weisen?

Rohini

Ich weiß keinen.

Avanti

Ist niemand hier, der mir den Weg hinaus zeigen kann?

Rohini

Die Diener haben alle den Garten verlassen.

Avanti

Warum taten sie das?

Rohini

Ich konnte nicht genau verstehen, was sie meinten. Sie sagten, der König hätte ihnen befohlen, den Garten sofort zu verlassen.

Avanti

Der König? Welcher König?

Rohini

Sie konnten es nicht genau sagen.

Avanti

Das klingt nicht gut. Ich muß um jeden Preis einen Weg hinausfinden. Ich kann hier keinen Augenblick länger bleiben.

Geht eilig ab.

Rohini

Wo kann ich den König finden? Als ich ihm die Blumen gab, die die Königin gesandt hatte, da schien er sich nicht viel um mich zu kümmern; aber seit der Stunde hat er Gaben und Geschenke auf mich gehäuft. Diese grundlose Freigebigkeit macht mich noch ängstlicher... Wohin fliegen die Vögel zu dieser Stunde der Nacht? Was hat sie plötzlich aufgeschreckt? Das ist nicht die gewohnte Zeit ihres Fluges, gewiß nicht... Warum rennt der Königin zahmes Reh dieses Wegs? Tschapata! Tschapata! Es hört nicht einmal meinen Ruf. Ich habe nie eine Nacht wie diese gesehen. Der Horizont wird auf allen Seiten plötzlich rot, wie das Auge eines Wahnsinnigen! Die Sonne scheint zu so ungewohnter Stunde auf allen Seiten zugleich unterzugehen. Welcher Wahnsinn des Allmächtigen ist dies!... Oh, ich fürchte mich!... Wo kann ich den König finden?


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