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Aufgestachelt von Alderete, der Strapazen bei unablässigem Regen und des Kleinkriegs müde, drangen während der folgenden Tage Olid und die Mehrzahl der Hauptleute darauf, der Kriegsrat müsse einberufen werden. Cortes gab nach, vielleicht weil er die Hoffnung auf Aguilars Rückkehr aufgegeben hatte. Aber kurz vor Beginn des Kriegsrates näherte sich dem Bollwerk Acachinanco ein von königlichen Ruderknechten gerudertes Kanoe, und Aguilar wurde an Land gesetzt. Mit Jubelrufen begrüßt, von Jubelrufen begleitet, begab er sich in den Saal, wo sich die Feldobristen eben zum Kriegsrat versammelten. Cortes umarmte ihn, Marina küßte ihn auf beide Wangen, die Hauptleute zerdrückten ihm die Hände. Dann erstattete er Bericht: wie die erste Beisetzung Montezumas durch ein blindes Mädchen gestört wurde, wie er und Maisblüte mehrere Tage lang im Schilf verborgen auf der Lauer liegen mußten, wie der Brand der beiden Paläste und die Straßenkämpfe jener Nacht es ihnen ermöglichten, die Beerdigungszeremonie zu vollenden und das Mumienbündel nach der Insel Copalco zu bringen, wie er und Maisblüte in Copalco gefangen und heimlich in den Palast des Königs von Tlacopan gebracht wurden, wo seit der Zerstörung des Huei-Tecpans jetzt auch der Herabstoßende Adler wohne, wie Maisblüte, von einem Pfeilschuß getroffen, wundfiebernd daniederlag, bald aber außer Lebensgefahr war ... Bedeutsam wurde Aguilars Bericht, als er die Hungersnot und Trinkwassernot Tenuchtitlans beschrieb und von Anfeindungen sprach, denen Guatemoc durch den Hohenpriester, die Herrin von Tula und die mächtige Partei der Kaufleute von Tlatelolco ausgesetzt sei ... Erst nach der Krönung werde Guatemoc unumschränkter Herr sein, ein zehnmal gefährlicherer Gegner als bisher ... Zur Krönung aber bedürfe er eines Sieges und einer großen Anzahl von Opfersklaven. Darum sei er heute weniger denn je bereit, Friedensverhandlungen anzuknüpfen. Von seinen Begegnungen mit dem König erzählte Aguilar, daß bei der ersten der Herabstoßende Adler ihn sofort wiedererkannte, sich Sempoallas und Cholulas entsann, ihm freundlich für den Maisblüte gewährten Beistand dankte und ihm eröffnete, daß es nicht seine Absicht sei, ihn dem Hohenpriester preiszugeben, welcher allen weißen Wesen den Aufenthalt in Tenuchtitlan verboten habe. Von Frieden jedoch wolle er, Guatemoc, nichts hören: denn sei mit dem Huei-Tecpan auch die Götterkammer verbrannt, so habe das Feuer doch den Racheeid nicht einäschern können, welchen er mit den Königen von Tezcuco und Tlacopan in der Götterkammer nach dem ersten Friedensangebot des Grünen Steines geschworen ... Bei der letzten Begegnung aber habe Guatemoc ihm gesagt: »Ich schicke dich zurück zum Grünen Stein. Melde dem Grünen Stein von mir, daß ich beim nächsten Kampf zehntausend Opfersklaven fangen werde, um mein Krönungsfest zu feiern. Die Stadt im Kolbenrohr wird nicht untergehen, denn als Gast bei meinem Krönungsfest wird der König von Michuacan zugegen sein, der mit zweihunderttausend gutbewaffneten Michuaken unterwegs ist!«
Alderete und Olid triumphierten.
»Nun, Don Hernando? Hatte ich nicht recht – allzusehr recht?« fragte Alderete und strich seinen gepflegten grauen Bart.
»Was der Kriegsrat beschließen wird, soll geschehen, wenn ich es auch für richtiger halten würde, noch zu warten, bis Alvarado und Sandoval das Nordtor im Besitz haben ...«
»Diesem Kaziken von Mexico ist der Kamm gesehwollen!« rief Olid aus. »Aber recht hat der hochnäsige Schuft: sobald sein Verbündeter ankommt (falls das nicht eine Finte ist!), haben wir das Nachsehen und können heimwandern – wenn wir es noch können! Hier werden wir nichts mehr zu suchen haben, sobald die Stadt entsetzt ist! Wir haben viel kostbare Zeit verplempert, Don Hernando!«
Ohne ihm eine Antwort zu geben, forderte Cortes die Hauptleute auf, sich zur Beratung niederzusetzen. Die Beratung währte nicht lange. Überstimmt, fügte sich Cortes, da er – wenn er es auch nicht eingestand – wohl fühlte, daß Aguilars Bericht seine Stellung gegen Alderete geschwächt hatte. Er hätte hartnäckig abraten, vielleicht auch schließlich seinen Willen durchsetzen können, doch er tat es nicht, weil er allein die Verantwortung nicht tragen wollte.
Es wurde beschlossen, in den Norden vorzudringen und sich des mit Säulengängen eingefaßten Großen Marktes von Tlatelolco zu bemächtigen, wo das vom Gußregen zermürbte Christenheer besser würde untergebracht werden können als bisher. Der Angriff sollte von Tlacopan und von Acachinanco aus (also von Norden und von Süden her) gleichzeitig erfolgen.
Am Donnerstag vor dem auf Freitag angesetzten Sturmangriff langte mit einer kleinen Begleitmannschaft Sandoval in Acachinanco an und bat Cortes um ein Gespräch unter vier Augen.
»Ich kann es nicht glauben, Don Hernando, ich muß es aus Eurem Munde hören: Ist es wahr, daß Ihr ein Drittel Eurer Truppen Alderete anvertrauen wollt?«
»Es ist wahr!«
»Weil ich meine Versprechen zu halten pflege.«
»Auch wenn Ihr uns alle damit in Lebensgefahr bringt?«
»Wir sind alle täglich in Lebensgefahr, mein Sohn Sandoval!«
»Ihr wißt, daß ich um mein Leben nicht zittere, Don Hernando. Aber hier handelt es sich um Wichtigeres! Die Nachsicht mit dieser glatten Hofschranze wird Euch und uns teuer zu stehen kommen, das prophezeie ich Euch! Von Kriegsführung versteht er soviel, wie ich vom Hofzeremoniell verstehe! Und wenn Ihr die Nachsicht so weit treibt, daß Ihr ihm einen Vertrauensposten gebt, so wird er Euer Vertrauen erst durch seine Unfähigkeit und dann durch seine Niedertracht täuschen. Um alle Früchte Eures Erfolges wird er Euch bringen! Darum wiederhole ich, was ich Euch hundertmal gesagt habe: beseitigt ihn, ehe er Euch beseitigt!«
»Ich bin kein Mörder, mein Sohn!«
»So laßt mich handeln, wenn Ihr nicht handeln wollt!«
»Auch dann wäre ich ein Mörder!«
»So meinte ich es nicht ... Wenn ich ihn vor meine Klinge fordere ...«
»Auch dann wäre ich ein Mörder – denn Ihr führt die Klinge besser als er! ... Und ich verbiete Euch das als Euer Vorgesetzter, mein Sohn!«
»Dem General-Kapitän war ich stets gehorsam. Doch dachte ich, daß wir auch Freunde seien ...«
»Sind wir es nicht?«
»Ihr stellt meine Freundschaft arg auf die Probe, Don Hernando! ... Warum löst Ihr mir dies Rätsel nicht?«
»Weil ich es mir selbst nicht lösen kann!«
»Dann erlaubt mir, es zu versuchen ... Wir boten Euch eine Krone an, die Ihr ausschlugt ... Sucht Ihr Schutz beim Vertreter des Kaisers gegen – uns?«
»Vielleicht gegen – mich selbst!«
»Also schlugt Ihr die Krone nicht ehrlich aus?«
»So ehrlich, wie ich morgens anders denke als abends. Meine Seele ist kein gerader Fichtenstamm wie die Eure, mein Sohn, – meine Seele gleicht jener Zeder auf der Kordillere, die zwei gleichstarke Stämme hat und wild verwachsenes Geäst ... Ich will offen zu dir sein, Freund Sandoval! Höre zu! ... Alderete ist die Verkörperung dessen, was wir hassen, wir Freibeuter des Degens und des Geistes, er vertritt die Obrigkeit, den Staat und alles, was die Freiheit knebelt, er ist die Prosa, die mit grober Hand die Poesie des Wagemuts zerstört. Der Mensch Alderete, die dürre winzige Seele, ist keinen Haß wert, – doch Alderete ist ein Begriff, ein Symbol, das mich mit Grauen erfüllt und das ich doch an meiner Seite nicht missen mag, weil es das Gegengewicht ist gegen die Lockung ...«
»Also lockt Euch die Krone ...«
»Welche, mein Sohn? ... Das eben ist es! Ich spiele mit beiden Kronen! ... Wohl träume ich zuweilen davon, ein Piratenkönig zu sein. Auf Mexicos Thron sitzend, dem Rittertum in diesem Weltteil eine Freistätte schaffen, dem Rittertum, das in Europa abstirbt, den freien, den ungebundenen Menschen herüberschaffen, der drüben zum Hoflakaien oder zum Sklaven des Staates werden muß, die Persönlichkeit retten vor dem Zwang der Allgemeinheit ... – das wäre eine Aufgabe (denke ich, träume ich zuweilen). Aber wenn ich nicht träume, wenn ich wach bin, denke ich anders ...«
»Wie, Don Hernando?«
»Ich sagte es schon neulich zu Marina: es gibt ja doch keine Freiheit! Der Herr ist der Knecht seiner Knechte ... Und vielleicht ist es das Erhabenste, nicht Herr sein zu wollen ... nicht Piratenkönig ... Ja, es ist das Erhabenste, Diener sein zu wollen, Diener des Geistes oder Gottes oder der Menschheit und folglich – des Kaisers.«
»Und folglich ...? Ich verstehe Euch nicht, Don Hernando.«
»Jawohl, des Kaisers, mein Sohn! Er selbst ist ja ein Diener der Menschheit, wenn er auch glaubt, ihr Herr zu sein. Die Vorsehung verlieh ihm ein erdumfassendes, völkerumfassendes Reich, mit dem verglichen Karls des Großen und Marc Aurels Weltreiche winzig waren. Unter seinem Zepter muß die Todeskrankheit der Völker beginnen, muß die Geburt der Menschheit beginnen! Unmenschlich schmerzhaft können Geburtswehen sein, und das Kind kommt mit Geschrei zur Welt. Aber schreiende Kinder sind gesunde Kinder. Die Menschheit wird wachsen, während die Völker absterben ... Ich will dem Kinde das goldene Mexico zum Angebinde schenken!«
»Und die Freiheit? ...«
»Sie wäre dem Kinde schädlich, erst muß das Kind herangewachsen, ausgewachsen sein ... Das kann freilich noch Jahrhunderte dauern ... Doch auch das ist nur ein Traum ... ein Wachtraum meines Verstandes.«
»Und welchen Traum zieht Euer Herz vor, Don Hernando?«
»Den vom Purpurmantel, vom Elfenbeinschloß, vom Piratenkönigtum! ... Zwang hasse ich so sehr, daß ich mich selbst nicht zur Entscheidung zwingen will und bis zum letzten Augenblick mir die Freiheit vorbehalte, frei zu wählen.«
»Wenn es dann nicht zu spät sein wird, Don Hernando!« Sie trennten sich wie Freunde, die sich verloren haben und sich durch Herzlichkeit darüber hinwegzutäuschen suchen.
In drei Abteilungen von (ungefähr) je neunzig kastilischen Fußsoldaten, acht Reitern und zehntausend indianischen Verbündeten hatte Cortes seine am Südtor stehenden Stoßtruppen geteilt, um durch drei parallele Straßen nach dem Großen Markt von Tlatelolco vorzustoßen, wo die Vereinigung mit den von Norden her einbrechenden Truppen Alvarados und Sandovals erfolgen sollte. Durch die zwischen zwei schmalen Kanälen deichartig nordwärts führende Hauptstraße – die Straße der blauen Erdscheibe – war Alderete beauftragt vorzudringen. Durch eine die westlichen Stadtteile Moyotla und Cuepopan durchschneidende Straße zogen Olid und Tapia, während Cortes selbst in einer dritten, östlichen, Straße vorrückte. Die schweren Geschütze wurden beim Haus der Speere zurückgelassen; dort blieben auch die Kavalleristen zurück und warteten den Befehl, einzugreifen, ab. Dreitausend Kanoes aus Tezcuco und Chalco schwärmten in den Kanälen umher, bemüht, die Kampfboote der Azteken fernzuhalten.
Der Widerstand, den die Boote sowohl wie die Fußtruppen der Mexikaner leisteten, war so schwach, daß Cortes stutzig wurde und eine Falle vermutete. Noch bevor er aus dem Stadtteil Teopan in den Stadtteil Atzacoalco gelangt war, ließ er seine Kolonne haltmachen und sich gegen Norden verschanzen. Von seiner Leibwache und deren Führer, dem Hauptmann Antonio de Quirlones, begleitet, begab er sich zu Fuß (bereits beim Haus der Speere war er vom Pferd gestiegen) in die benachbarte Hauptstraße, um dort nach dem Rechten zu sehen.
Er hatte am frühen Morgen, nachdem Pater Olmedo vor versammeltem Heere Messe gelesen und den in den Kampf Ziehenden der Segen erteilt worden war, die Hauptleute um sich versammelt und den Heerführern Olid, Tapia und Alderete eindringlichst ans Herz gelegt, die beim Vordringen eroberten Dammlücken und Kanalübergänge – falls deren Brücken zerstört wären – mit behauenen Steinen sorgfältig aufzufüllen und der Straße anzuebnen, damit dem Heer, wenn es zurückweichen müßte, der Rückweg nicht abgeschnitten sei. Um diese Arbeiten auszuführen, begleiteten Scharen von Schanzgräbern die drei Abteilungen. Jetzt aber, nach einstündigem Kampf, hatte Alderete ihm stolz durch einen Boten melden lassen, wie sieghaft er alle Hindernisse überwunden und wie geschwind er vorrücke – als erster hoffe er den Großen Markt zu erreichen! ... Von banger Ahnung wurde Cortes erfaßt: ein solcher Erfolg war unwahrscheinlich oder verhängnisvoll ... Und als er auf die Hauptstraße kam, sah er das unentrinnbare Verhängnis. Berauscht vom leichten Sieg, war Alderete mit seiner Kolonne vorangestürmt, ohne den Rückweg zu sichern: seine Schanzgräber hatten – von ihm nicht beaufsichtigt – statt Steinquadern bloß Erde, Schutt und Binsen in die von Brücken entblößten, die Hauptstraße durchquerenden Kanäle geworfen. Und im großen Querkanal war der lose aufgeschüttete Übergang bereits vom Wasser fortgespült.
Zähneknirschend stand Cortes am Ufer des Großen Kanals, durch das zwölf Ellen breite, zwei Klafter tiefe Grabenwasser von dem in weiter Ferne kämpfenden Alderete getrennt. Und plötzlich schrillte ein grausiger – ein ebenholzschwarzer und grasgrüner – Trompetenton über die Wasserstadt, so daß die Luft krampfig erzuckte. Wie ein glühender Draht bohrte sich der Ton ins Mark der Knochen. Es war des Herabstoßenden Adlers heiliges Muschelhorn, das von Tezcatlipocas Dornenort-Tempel herabbrausend den Mexikanern das verabredete Zeichen gab.
Unaufhaltsam wie das Posaunengedröhn der Apokalypse gellte der schwarze Ton und tat der Flucht der Mexikaner Einhalt. Gegen die Verfolger wendeten sie sich jählings – vertausendfacht im Nu, aus Schlupfwinkeln, aus Seitengassen, aus Kanälen hervorbrechend. Und eine große Schar von Priestern (rätselhaft von woher, gleichsam aus der Erde emporgetaucht) befand sich mitten unter den Kämpfenden: Götterträger trugen die Lade Huitzilopochtlis in das dichteste Schlachtgewühl, trugen in der Lade sein ältestes Kultbild – jenen aus Holz roh geschnitzten Kolibrigott, welchen der Überlieferung nach schon beim Auszug aus den Sieben Höhlen des Reiherlandes die Azteken mit sich führten, von ihm beraten, angespornt und mit Mut erfüllt auf der langen Wanderung, die dem Bau der Orakelkapelle rings um den heiligen Nopal-Baum voranging ... Jetzt gefährdete Mexico tollkühn sein ehrwürdigstes Götterbild, um, vor Schändung es bewahrend, sich selbst vor Schändung zu bewahren.
Mit zusammengebissenen Zähnen, aschfahl stand Cortes am Kanalufer. Er sah kommen, was kommen mußte, und er vermochte das Unabwendbare nicht abzuwenden. Eine am Boden rollende braune Wolke, starrend von Eisenstangen und Holzstangen, ein unentwirrbares Gemenge von Hellebarden, Sägeschwertern, Schilden und Menschenleibern wälzte sich näher und näher heran. Alderetes Soldaten, soweit sie nicht erschlagen oder gefangen waren, flohen, rannten zum Kanal, sprangen panzerbeschwert ins Wasser, ertranken oder wurden von mexikanischen Booten aufgefischt ... Nur wenige erreichten das andere Ufer. Alderete war unter den wenigen.
Im Hagel der fliegenden Speere und Pfeile halfen Cortes und seine Begleiter ihren in den Fluten mit dem Tode ringenden Kameraden das steile Kanalufer zu erklettern. Obgleich Cortes großen Blutverlust infolge einer Beinwunde hatte, ließ er sich nicht abhalten, am Uferrande kniend die Arme hinabzustrecken und unablässig Kastilier oder verbündete Indianer emporzuziehen.
Da wurde ein Menschenkopf über den Kanal geworfen und fiel dicht neben Cortes zu Boden. Und gleichzeitig erscholl ein infernalisches Geheul vom anderen Ufer her: »Sandoval! Sandoval! ...«
Während Alderete, verblendet durch seinen Scheinsieg, in die ihm gestellte Falle gegangen war, hatten Alvarado und Sandoval im Norden der Stadt gute Erfolge erzielt. Sie hatten nach schweren Kämpfen das Nordtor eingenommen und waren bis zum Großen Markt von Tlatelolco vorgedrungen. Als des Herabstoßenden Adlers Muschelhorn erklang, erfuhren sie von gefangenen Azteken, in welcher Lage sich Alderete befand. Sie waren zu weit von ihm entfernt, um ihm beistehen zu können. Sie wußten, daß nach solchem Mißgeschick Cortes an diesem Tage nicht weiter vordringen werde. Darum – und weil sie allein den Marktplatz nicht halten konnten – erachteten sie es für geboten, nach Tlacopan zurückzukehren. Sandoval blieb als einer der letzten bei der Nachhut zurück. Da fiel es ihm auf, daß die feurige Erbitterung der Nachhutgefechte nachließ – die Mehrzahl der Mexikaner flutete aus Tlatelolco nach Süden. Fernes Triumphgeschrei der Azteken wurde vernehmlich. Und Sandoval begann zu befürchten, Cortes selbst sei in Gefahr. Von sieben Reitern begleitet, unternahm er es, zu Cortes vorzudringen. Wie einst in der Schlacht von Otompan glichen Sandoval und seine sieben Begleiter nicht menschlichen Wesen. Die Skelettgestalt des Todes schien zwischen ihnen zu traben, mit breiter Sense Menschenhaufen gleich Kornähren niedermähend. Von grausiger Schönheit war Sandoval umkleidet. Einem Erzengel ähnlich mit flammendem Schwert blitzte er auf seinem dunkelbraunen Hengst Motilla durch das Waffengemenge. Bis an den Schlangenberg gelangte er, wo Hunderte von Mexikanern sich ihm entgegen warfen, rasselnde, mit Kieseln gefüllte Bälge von Tapiren schüttelnd, um die Hirschungeheuer scheu zu machen. Und als er einem der Azteken mit der Lanze die Brust durchbohrte, riß dieser – obgleich zu Tode verwundet – sich die Lanze aus den Rippen heraus und schleuderte sie zurück, durchbohrte Sandoval die Schläfe ...
Motilla wurde von den Azteken erbeutet.