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Vierzehntes Kapitel

Der Sommer war da, und die Sommergäste waren da, und viel Sonnengold und viel Geld flossen ins Kamptal.

An einem Juniabend kam ein Wagen die letzten Wendungen der Waldstraße von Gars herab. Ein recht gewöhnliches Gefährt, ein Wagen wie andere, aber ungewöhnlich durch seine Ladung voll Mitleid und reinster Liebe. Zwei Menschen saßen darin. Eine blasse, schöne, junge Frau mit sacht gewelltem, blondem Haar. Sie trug ein weiches, weites Kleid, das unter der Brust lose zusammengehalten war. Halb liegend saß sie in ihrer Ecke und ließ die klugen, ein wenig traurigen Augen wandern. Es waren trinkende Augen, in denen neben vielem Sehnen und Freuen auch viel Verzichten war. Der Mann neben ihr war einer durch Hingebung gemilderten Korrektheit beflissen. Seine Kleidung, seine Kragen, sein englischer Schnurrbart, seine manikürten Hände waren Spiegel modischer Vollkommenheit. Die Hingebung aber drückte sich dadurch aus, daß er den Arm hinter den Schultern der Frau gekrümmt hielt, als wolle er ihr seine immer gegenwärtige Schutzbereitschaft zu einem schönen Behagen machen.

Als der Wagen über die Wasserablaufrinnen der abschüssigen Straße ein wenig hüpfte, wie ein altes Zirkuspferd, das sich vergessener Kunststücke erinnert, schrie er den Kutscher an: »Fahren Sie doch vorsichtig … ich habe es Ihnen doch gesagt …«

Der Kutscher brummte etwas und schliff die Räder noch stärker ein, daß der Wagen ächzend und stöhnend nur noch schneckenhaft dahinschlich. So kamen sie nach Vorderschluder hinab und bis zur Türe des »Roten Ochsen«, vor der die Wirtin ihr wohlwollendstes und schmalzigstes Lächeln zum Willkommen darbot. Denn das waren die hochmögenden Herrschaften, die schon vor zwei Wochen alle fünf vorderen Zimmer des ersten Stockes bestellt hatten.

Der Herr sprang aus dem Wagen, der Kutscher kletterte vom Bock, nur die junge Frau blieb in ihrer Ecke lehnen. Ihr Lächeln war angstvoll und traurig und bat die Welt um Verzeihung.

»Bringen Sie einen Sessel«, sagte der Herr zur festen Resi. Die sah ihn erstaunt an. Man lernte doch nicht aus. Nun brauchten diese Stadtfrauenzimmer sogar einen Sessel zum Aussteigen. Das war wohl eine Prinzessin, so eine ganz Verwöhnte, eine von denen, die angeblich sogar mit Handschuhen schlafen gehen.

Als sie aber mit innerem Widerstreben den Sessel herangeschleppt hatte, da zeigte es sich, daß die schöne junge Frau gar nicht verwöhnt war, sondern eine arme Gelähmte, die im Sessel über die Stiege hinaufgetragen werden mußte. Mit unendlicher Sorgfalt und Zärtlichkeit leitete der Gatte den Transport, stützte den Rücken der Kranken, hielt ihre herabhängende Hand, fragte zehnmal, ob es so recht sei, und fauchte die Helfer an, wenn sie eine Kleinigkeit nicht gut machten.

»Aber laß doch«, wehrte die Kranke ab.

»Nein … man muß von vornherein darauf dringen, daß du recht vorsichtig behandelt wirst.«

Der Ochsenwirtin standen die Tränen in den Augen. Erstens war der Jammer kaum zu ertragen, etwas so Junges, so Schönes, so Liebes so unglücklich zu sehen. Zweitens aber floß der Balsam zu Ehren des Gatten, der mit so viel Hingebung und Zartgefühl um seine Gattin bemüht war. Der verstorbene Ochsenwirt wäre einer solchen Aufopferung nicht fähig gewesen. Der war immer saugrob geworden, wenn der Wirtin etwas fehlte. Und unter solchen Gedanken ging sie in die Küche und vereinigte ihre Tränen mit denen der Köchin, des Stubenmädchens und der Resi, die eben von oben zurückkam und eine Menge rührender Einzelheiten wußte. Schorsch war leider noch nicht da, sonst hätte er gewiß mit geweint, meinte das Stubenmädchen, trotzdem er ein Mannsbild sei, das doch niemals ein so weiches und gutes Herz hätte.

Nach einer Weile hielt sie es nicht mehr aus, nahm ein Meldeformular und einen Bleistift und lief hinauf. Sie machte ihren schönsten Knix, sagte: »Bitt' schön« und legte Papier und Bleistift auf den Tisch. Der Herr warf einen mißtrauischen Blick auf den kurzen, etwas schmutzigen Stummel, dem man das Abgeschlecktwerden ansah, zog dann eine Goldfüllfeder aus einem Etui und schrieb.

Die junge Frau saß auf demselben Stuhl, auf dem man sie hinaufgeschleppt hatte, und sah hinaus. Mein Gott, wie schön sie war. Das Stubenmädchen schluckte schon wieder, und in ihrem einfachen Herzen wuchs der Wunsch, der armen Frau etwas Liebes zu tun. Hatte man je so kleine rosige Ohren gesehen? Das war nicht allein die Abendröte, die in breiten Teppichen vor dem Fenster hing. O Gott, O Gott … dachte das Stubenmädchen, was hat sie von allem Reichtum, wenn sie selbst keinen Schritt machen kann.

Der Herr war fertig. »Wenn nachher die Sachen kommen,« sagte er, »so schicken Sie uns den gelben Koffer und den Rollstuhl sofort hinauf – das ist das Wichtigste.«

Auf der Treppe las das Stubenmädchen den Meldezettel: Zu- und Vorname: Fritz Gegely, Stand: Schriftsteller, Geburtsort: Linz, und so weiter bis zu dem stolz-persönlichen Ausruf: Reisedokumente: keine! Mitten drin in diesem Frage- und Antwortspiel stand: Begleitung: Gattin. Das verdroß das Stubenmädchen; denn sie hatte ihr Mitleid und ihre Zuneigung so ganz an die gelähmte Frau hingegeben, daß es ihr schien, als müßte diese – wenn es in der Welt nach Billigkeit herginge – an der ersten Stelle stehen, obenan im Meldezettel, und der Gatte ihr als Bewohner der Rubrik Begleitung untergeordnet sein.

Inzwischen ging Fritz Gegely durch die fünf Räume der Sommerwohnung und betrachtete sein zukünftiges Milieu mit spöttisch verzogenem Mund. Es war die Ländlichkeit im Superlativ. Die Möbel, mit einem abscheulichen Gelb gestrichen, die Wände mit unmöglichen Ornamenten bemalt, und die Bilder … die Bilder. Christus am Kreuz, nach van Dijk, ein Farbendruck, vor dem einem die Haare zu Berge standen. Und im Schlafzimmer der selige Ochsenwirt in Essig und Öl, von einem Maler, der einen zweiwöchigen Gratisaufenthalt mit diesem Kunstwerk bezahlt hatte. Der Maler hatte das Öl des bösen Spieles und der Ochsenwirt den Essig der guten Miene beigesteuert … oder umgekehrt … jedenfalls sah der Verblichene so aus, als könne er bei Nacht aus seinem Rahmen steigen und sich einem Schlafenden auf die Brust setzen. Unter einem Glassturz hockte eine Wachsgruppe: ein blinder Bettler mit einem Kind. Das war ein würdiges Seitenstück zum Ochsenwirt. Der aufwartende Gipspudel im letzten Zimmer hatte noch gefehlt. Er saß auf dem weißen Kachelofen und trug den Staub der Jahre in den Falten seiner gipsenen Leiblichkeit mit der philosophischen Seelengröße seiner Rasse.

Fritz Gegely kehrte von seiner ironischen Entdeckungsreise zu Frau Hedwig zurück. »Na also, da wären wir ja …« sagte er.

Hedwig wandte den Kopf zu ihm: »Gefällt es dir?« fragte sie ein wenig unsicher.

»O ja!« lachte er, »wir wohnen in einem Raritätenkabinett … in einem ethnographischen Museum … Land und Leute im Kamptal.«

Frau Hedwig wurde unruhig: »Du darfst von diesen einfachen Leuten nicht deinen durchgebildeten Geschmack verlangen. Wenn unsere Koffer kommen, wirst du deine Behaglichkeiten finden. Du wirst alle Kleinigkeiten aufstellen, die dir lieb sind, und wirst die Räume beleben und durchdringen …«

»Niemals,« sagte Fritz, indem er sich erbost umsah, »niemals! Diese Räume lassen sich nicht durchdringen. Die dummdreiste bäurische Tücke des Objekts steckt in ihnen. Da … bitte, alle Kastentüren quieken; wenn man einen Hemdenknopf braucht, so muß man vorher ein ganzes Konzert anhören, eine Tonleiter hinauf und eine hinunter. Die Fenster schließen schlecht. Wenn ein geringer Wind weht, so haben wir die ganze Nacht das schönste Klappern. Hinter den Möbeln gibt es sicher Mäuselöcher. Und ich bin überzeugt, daß die Betten knarren. Das ist dann ein Sommeraufenthalt. So etwas ist für die Heimatkunstidioten … aber nicht für mich. Für die viereckigen Geister, die in die Seele des Volkes tauchen, für die Quadratköpfe, die den Gesundbrunnen und den ›Born‹ suchen … wie komme ich hierher … ich bitte, wie kommt Fritz Gegely nach Vorderschluder?«

»Ich habe es befürchtet, daß du unzufrieden sein wirst,« sagte die Kranke leise, »wir werden uns also nicht lange aufhalten … ich möchte nicht, daß du andauernd in schlechter Laune bist.«

»O bitte,« antwortete der Dichter mit Nachdruck: »wir werden bleiben, so lange wie wir es vorher ausgemacht haben. Ich habe doch auch meinen Willen. Ich werde mich eben anpassen … Schutzmimikry … unsereiner wird doch das bißchen seelischen Widerstand aufbringen … oder hältst du mich auch dessen nicht mehr für fähig …«

Mit einer abwehrenden Gebärde widersprach ihm Frau Hedwig.

»Laß doch,« sagte er ärgerlich, »ich weiß doch ganz gut, warum du mich in dieses Nest schleppst. Du willst mich der Welt aus den Augen schaffen. Ja … ja … wir hätten nach Ostende gehen können oder in ein schwedisches Bad … aber du beharrst auf Vorderschluder … warum? Nein, meine Liebe, so dumm bin ich ja doch nicht. Ich weiß, du hast keine besondere Meinung von mir. Aber so dumm bin ich nun einmal nicht. Ich soll verschwinden … in der Versenkung … klapp, Vorhang zu … das Stück ist ausgespielt. Die Erinnerung an Fritz Gegely soll verlöschen … denn an diesem Namen klebt der Skandal. Das ist der Mann, der eine Handschrift der Heidelberger Universitätsbibliothek gestohlen hat …«

»Wenn du willst, so fahren wir schon morgen nach Ostende«, sagte Hedwig mit Tränen in den Augen. Es waren ganz stille, klare Tränen, die ihren Weg ohne Zögern zu finden schienen, einen wohlbekannten Weg. Sie flossen aus angstvoll großen, gar nicht zuckenden Augen. Auf dem Schoß schlangen sich durchsichtige Krankenfinger ineinander.

Fritz Gegely ging zur Tür, öffnete und sah hinaus, dann kehrte er zurück und setzte mit gedämpfter Stimme fort: »Ja … wieder fortfahren! Das wäre noch schöner. Jetzt haben sie meinen Namen in den Händen … jetzt geht er von Mund zu Mund. O … das ist der Dichter der ›Marie Antoinette‹ und der Mann, der in Heidelberg – na, Sie wissen ja! Und morgen sind wir weg? Ja, sehen Sie, sagen dann die Zöllner und Pharisäer, sehen Sie, es leidet ihn nirgends, das ist das Gewissen, er ist unstet und flüchtig … wie Ahasver. Nein – wir müssen bleiben.«

Hedwig streckte ihm beide Hände hin: »Fritz, warum quälst du dich … und mich. Diese unglückselige Geschichte muß doch endlich einmal vergessen werden. Die Ärzte haben festgestellt, daß du nicht verantwortlich zu machen bist. Man weiß das doch. Wer überhaupt deine … diese Verwirrung kennt, der weiß, daß man dich freisprechen mußte und daß du in einer Nervenheilanstalt warst.«

Aber Gegely kam Hedwig nicht in die Nähe, schritt hinter dem Tisch auf und ab. Ihre Hände mußten wieder einsam sinken.

»Eben das ist es. Jeder weiß es, sie fassen meinen Namen mit der Feuerzange an … wie eine glühende Kohle. Die Feuerzange heißt: momentane Geistesverwirrung. Dazu lächeln sie mitleidig. Mitleid ist beschämend.«

Da schüttelte Hedwig den Kopf: »Fritz,« sagte sie leise und zaghaft, »was soll ich dann sagen?«

Gegely hörte nicht auf sie: »Diese Schafsköpfe … anstatt meinen Fall aus dem großen, strahlenden Phänomen: dem Künstler zu erklären, nageln sie ihn auf ihre armseligen Begriffe aus der gerichtlichen Medizin. Das sind gute Schubfächer für Gevatter Schneider und Handschuhmacher, die handeln in momentaner Geistesverwirrung. So mag man meinetwegen reden, wenn ein fünfzehnjähriger Gymnasiast sich selbst mordet oder seine Braut umbringt, die vierzehn Jahre alt ist und in die Bürgerschule geht. Oder wenn ein hysterisches Dienstmädchen Phosphor frißt. Aber was wissen die vom Phänomen Dichter. Leute wie ich sind nur einmal in jeder Generation da. Wer ahnt von dem unwiderstehlichen Drängen einer solchen Persönlichkeit, deren einziges Lebenselement die Schönheit ist. Die Schönheit als Grundbedingung, als Luft des Daseins und einziges Gesetz. Wir wenigen sollten alles nehmen können, was wir zur Förderung unserer Persönlichkeit brauchen. Uns gegenüber verliert der Begriff Privateigentum seinen Sinn. Für den Künstler gibt es kein Privateigentum, er ist rechtlicher Eigentümer der Schönheit in jeder Form. Alles ist ihm untertan. Was seine geweihten Hände berühren, ist sein – von Rechts wegen. Denn wir schaffen daraus neue Schönheit und schenken sie der Welt. Was haben diese stumpfsinnigen Heidelberger Gelehrten von einer solchen Handschrift? Sie zählen die Silben, verfassen Kommentare, und alle zehn Jahre kommt einer und schreibt eine Monographie, zu der er sich, wenn es hoch kommt, ein paar Phrasen von einem Künstler ausleiht, um sein trockenes Gemächte aufzuputzen. Wer von diesen Kerlen weiß etwas von den zarten Wundern einer solchen alten Mönchshandschrift, von dem Duft, der aus ihren Zeilen aufsteigt, von der Symbolik ihrer Bilder und den tiefen, glühenden Farben, die sich uns in die Seele brennen und dort ganz neue, unerhörte Gedanken zum Leben bringen … aber du bist wie sie. Du nimmst die Feuerzange und faßt die Feuerkohle an, damit sie keine Löcher in die Parketten einer guten Stube voll bürgerlicher Begreiflichkeiten brenne …«

Hedwig schwieg. Wenn Fritz Gegely so weit war, so mußte er bis zum wehen, schmerzlichen Ende gehen. Er trabte hinter dem Tisch her. »Du wirst mich noch soweit bringen … daß ich meinen Namen ablege … ich will mich nicht verstecken – in so einem Vorderschluder …«

Ein Poltern entstand auf der Treppe. Gegely öffnete die Tür. Da kamen sie mit den Koffern und mit dem Rollstuhl. Der Pferdeknecht und der Fleischhauer und noch zwei andere Zyklopen schnauften und schwitzten stufenaufwärts. Die Wirtin hatte ihr ganzes männliches Personal aufgeboten. Das Stubenmädchen schritt voraus und drehte überall das elektrische Licht an. Man brachte nach und nach sämtliche Gepäckstücke, eine stattliche Anzahl. Die Zimmer füllten sich mit Koffern und Schachteln. Es sah heillos aus. Fritz Gegely ergriff die Flucht. »Sie, Fräulein vom Lande,« wandte er sich an das Stubenmädchen, »Sie werden unter der Aufsicht meiner Frau die Koffer auspacken.«

»O ja«, sagte das Mädchen, das andächtig dagestanden hatte, mit gutmütigem Eifer.

Hedwig winkte ihren Mann heran, wollte etwas sagen, besann sich, daß es vergebens war, ihn zurückhalten zu wollen, und nickte nur. »Laß dir die Zeit nicht lang werden, Liebste,« sagte er, »ich bin bald zurück. Mein Herz bleibt bei dir. Das weißt du ja, nicht wahr?« Und er kam von der Tür noch einmal zurück, beugte sich über sie und küßte ihre Stirn, mit einem zärtlich hauchenden, weichen Kuß. Das Stubenmädchen zerfloß. Das war ja wie in den allerschönsten Romanen. Und: Mein Herz bleibt bei dir! hatte er gesagt. Das mußte man sich merken. Und ihren nächsten Brief an Schorsch, den wackeren Neunundvierziger, wollte sie mit diesem Ausruf schließen, in dem ihr etwas Zauberkräftiges enthalten schien.

Sie machte sich an die Arbeit und ließ sich von Frau Hedwig mit kurzen Worten leiten. So geschickt und willig war sie noch selten gewesen. Wenn dann das Ausräumen ein Stückchen von selber lief, so sah Hedwig aus dem Fenster. Unten standen einige Sommergäste und sprachen halblaut miteinander. Ein Mädchenlachen wirbelte übermütig daher. Der Abend war ganz gelind, wie wenn der Tag sehr viel erlebt hätte und nun ganz weise und unendlich herzlich geworden wäre. Und noch immer war Dämmerschein über den Hausdächern und den Waldbergen und dem Schloß dort drüben. Aus dem Himmel fiel es wie feine, weiche Zigarrenasche herab und legte sich auf die übergrünten Schindeln, das braungoldene Stroh oder die rostroten Ziegel. So gleichmacherisch wie alle Botschaften, die vom Himmel kommen, und dieselben sind für Gerechte und Ungerechte. So sann Frau Hedwig beim Fenster hinaus. Und eine ferne Ziehharmonika dehnte sich und zog sich zusammen in sehnsüchtigen Tönen. Und dann schrie plötzlich eine Gans auf, so gellend, als sei sie durch einen rauhen Griff aus dem Schlaf geschreckt worden. Die Burg oben, dachte Hedwig – wie die dasteht, so fest und sicher wie er. So hatte sie ihn in Erinnerung, so war er damals gewesen, und so war er gewiß noch heute. Er würde den alten Mauern seinen Geist eingehaucht haben, er bedurfte keiner Umwelt, um zu schaffen, er schuf sich seine Umwelt überall nach seinem Sinn. Und morgen vielleicht würde sie ihn schon sehen. Das schoß ihr wie eine heiße Welle ein, aber die Glut verflog so rasch, daß sie es sogleich erstarren fühlte. Sie zitterte vor Angst vor seinem Blick. Warum war sie nur gekommen?

Diese Gedanken nahm sie mit in den Schlaf der ersten Nacht. Man sagt, dachte sie vor dem Einschlafen, der Traum der ersten Nacht an einem neuen Ort geht in Erfüllung. So ein Traum hat eine besondere Kraft. Aber Hedwig träumte gar nichts, trotzdem sie sich selbst irgendwo im losgebundenen Innern sagte, jetzt will ich träumen. Es wollten sich keine Bilder einstellen. Es blieb nur zuletzt ein sanftes Schweben in Leichtigkeit und ein Streicheln wie von tröstenden Händen, daß alles Schluchzen verstummte. Und das war ebensogut wie ein Traum.

Am Morgen war ein dichter Nebel im Kamptal. Das ganze Dorf war überschwemmt, nur die Häuser ragten mit grünschwarzen Schindeldächern, braungoldenen Strohdächern und rostroten Ziegeldächern aus der geronnenen Milch. Und das Schloß sonnte sich schon in Morgenklarheit. Als dann die Sonne noch höher stieg und kühn in das Waldtal niederwinkte, da zerflossen die Nebel und verkrochen sich in den Wäldern und schwebten noch als dünner Hauch mit dem Schimmer von Opalen über den Kamp. Gegen Mittag durfte dann Frau Hedwig zum erstenmal ausfahren.

Gegely hatte durch Vermittlung der Ochsenwirtin einen Mann gefunden, der Hedwigs Rollstuhl schob. Es war der Maurerwenzel, der eben keine Arbeit hatte und dem dieser Dienst sehr zusagte, denn dabei war keine Gefahr, daß man's »Langsame« aufgeben müsse.

Gegely schritt neben dem Rollstuhl seiner Frau. Alle Sommergäste sahen dem Aufzug nach und hatten die angenehme Zuversicht: das waren Leute, über die sich noch viel würde sprechen lassen. Das Aufsehen war auch gar nicht grundlos. Eine schöne, junge, gelähmte Frau in einem Rollstuhl. Und Gegely, der daneben schritt und die Hand nicht von der Armstütze des Stuhles ließ, immer zärtlich bereit, alle Wünsche der Kranken zu erfüllen. Er hatte die gebügelte Korrektheit seines Reiseanzuges gegen eine genialisch unbekümmerte Lässigkeit eingetauscht. Sein Äußeres war darauf gestimmt, zu zeigen: hier bin ich jetzt zu Haus. Er trug purpurrote Samtpantoffeln, eine weite Bohémienhose und ein Samtröcklein, das einmal Gustav Flaubert gehört hatte. Sein Spazierstock mit dem elfenbeinernen Entenschnabel stammte aus dem Nachlaß Jules de Goncourts, und wenn er größere Banknoten zu wechseln hatte, so entnahm er die einer Brieftasche aus Krokodilleder, der der Name Oskar Wilde in winzigen Goldbuchstaben aufgeprägt war.

Es ging die Dorfstraße hinab und über die Brücke mit den gewundenen Barockheiligen, die alle den Kopf nach der Kranken drehten und bedauerten, daß sie nur aus Stein waren und nicht helfen konnten.

»Das is der heilige Nepomuk,« sagte der Maurerwenzel von einem von ihnen, »wenn der zwölf Uhr schlagen hört, so blättert er um … in dem Buch, was er in der Hand hat …«

»So, eine Volkssage?« lächelte Hedwig freundlich.

Der Maurerwenzel grinste: »No na … er blättert um, wenn er hört … aber hört er denn?«

»Ach so, ein Scherz!« sagte Fritz Gegely, und sein Blick setzte hinzu: Du bist nicht zum Scherzen aufgenommen, sondern zum Rollstuhlschieben.

Der Maurerwenzel nickte vergnügt. Ja, ein Scherz! Und das war sehr viel für einen Sozialdemokraten, der zwischen Kapital und Arbeit wohl zu unterscheiden wußte. Wenn ihn der unentwegte Rauß gehört hätte, so hätte er ihm den Kopf gewaschen.

Dann fuhr man ein Stück am Kamp hin, auf dem weichen Wiesenweg, der zur Papierfabrik führte. Auf dem Tennisplatz hinter der Fabrik flogen die Bälle hin und her. Eine schlanke, biegsame Frau fing behend auf und gab mit graziöser Sicherheit zurück. Frau Hedwig ließ halten. Sie wollte zusehen. Sie erfreute sich neidlos an schöner Bewegung nur mit ein ganz klein wenig Weh im Herzen. Sie war so nahe am Tod gewesen, daß sie für alles Lichte und Freudige des Lebens, das ihr noch verblieb, sehr dankbar war.

»Wer ist die Dame?« fragte sie den gebändigten Maurerwenzel.

Als er aber ihren Namen nannte, da erschrak sie doch ein klein wenig. Das also war Helmina von Boschan, Ruprechts Frau. So viel Glanz und Eleganz und Schönheit und Anmut. Und nun bäumte sich das Weh im Herzen auf und wollte ihr in die Augen.

Fritz Gegely war aufmerksam geworden. »Wie sagen Sie, Helmina von Boschan?« fragte er den Maurerwenzel. »Wie heißt der Mann …?«

Und da erfuhr er, daß Ruprecht von Boschan hier auf Schloß Vorderschluder saß und erkannte an dem Ton der Antworten, daß man ihm Respekt entgegenbrachte. Denn der Maurerwenzel konnte einem Mann Respekt nicht versagen, der den Rauß und ihn einmal so schön hingelegt hatte.

»Hast du das gewußt, Hedwig?« wandte sich Fritz an seine Frau. »Hast du gewußt, daß Ruprecht hier wohnt?«

Das war die Frage, vor der Hedwig gezittert hatte. Es war nicht zu befürchten, daß Fritz in Gegenwart eines Dritten unwillig losbrechen würde. Aber sie fühlte die Spannung in ihm. Nun aber durfte sie nicht lügen. »Ja,« sagte sie, »ich habe seinen Namen vor einiger Zeit in irgendeinem Blatt gelesen, einem Bericht über ein Fest in Vorderschluder. Es hat dabei Krawalle gegeben, und da stand, daß dank dem energischen Vorgehen des Bezirkshauptmannes und des … Herrn von Boschan das Ärgste verhütet wurde. So habe ich erfahren, daß er hier ansässig ist.«

Der Maurerwenzel hütete sich, die Einzelheiten über Ruprechts energisches Vorgehen zu erzählen. Hedwig sah ihren Mann an, und das Beben seiner Nasenflügel war ihr ein Zeichen, wie die Spannung bedrohlich aufstieg. Aber solange ein Dritter dabei war, gab es noch keinen Ausbruch. »Und da hast du gleich daran gedacht, daß wir den Sommer hier verbringen könnten«, sagte er.

Sie legte ihre Hand auf die seine, fühlte zornig zuckende Finger. »Ja … ich glaube, daß seine Ruhe und sein Gleichmut günstig auf dich wirken müssen. Ihr seid doch Freunde gewesen. Du wirst sehen, er ist noch so wie früher … ich habe dir nichts davon gesagt, denn sonst hättest du dich vielleicht geweigert …« Das war nun gelogen … aber es ging nicht anders.

»Ja, ja, ich weiß,« sagte Gegely tückisch, »Ruprecht ist der Ritter ohne Tadel und der Mann ohne Vorurteil. Er wird Fritz Gegely die Hand geben.«

Das Spiel auf dem weißumrahmten Platz, zwischen den hohen Drahtnetzen, war zu Ende. Zwei Herren traten zu Frau Helmina zu einem heiteren Gespräch, dessen Richtung sich bald nach dem Rollstuhl zu wenden schien. Einer der Herren sah unverwandt herüber.

»Du, ich glaube, da ist noch ein Bekannter,« sagte Fritz Gegely, »wollen wir weiterfahren?«

Aber da kam ein Reiter den Wiesenweg her und trabte an der Gruppe der Zuschauer vorüber. Ein flüchtiger Blick fiel auf sie, das Pferd machte noch ein paar Schritte … ein Ruck ging durch Mann und Roß. Dann wandte der Reiter und kam zurück … »Fritz Gegely …« rief er, »und Frau Hedwig … Frau Hedwig … Sie … ja was …? O Gott … ja … ich bin ganz … Sie sind krank?« Seine Stimme war wie losgelöst, sie schwankte, es war eine Stimme, die auf die Knie gefallen war und den Saum ihres Kleides küßte. Ruprecht sprang ab, überließ das Pferd sich selbst, trat zu dem Rollstuhl hin. Seine Hand zögerte zu Hedwig hin. Sie reichte ihm die ihre und dachte nicht an Fritz Gegely. Ein Strom von süßem, bebendem Wohllaut, eine tröstende Erschütterung war da, etwas Blaues, Warmes, Strahlendes.

»Nicht wahr?« sagte sie und lächelte unter Tränen zu Ruprecht hin. Oh, sie fühlte, er war noch so wie damals. Gar nicht anders. Und es war jetzt durchaus kein Fritz Gegely da und keine Frau Helmina, die so schön und anmutig Tennis spielen konnte. Und die Worte waren ganz belanglos. Mit der freien Hand strich sie an ihrem Kleid herab und sagte noch einmal leise: »Nicht wahr?« Und das war genug.

Ruprecht stand ergriffen.

So also – so hat das Leben dich beschenkt, dachte er. Der heitere Übermut, der blühende Leichtsinn sind fortgeweht, du stehst im Schatten und hast die Sehnsucht in den Augen.

Fritz Gegely machte sich bemerkbar: »Wir haben uns lange nicht gesehen!« sagte er voll Hoheit. Er machte ein durchlauchtigstes Gesicht, gnädig, wie ein König, der seine Untertanen durch ein gutes Gedächtnis erfreut und in Erstaunen setzt. Etwa wie Friedrich der Große oder wie Julius Cäsar, wenn sie ihre Soldaten beim Namen nannten. Zugleich schloß aber dieses Gesicht von vornherein jede Vertraulichkeit aus. Man sollte nicht etwa denken, daß Fritz Gegely es notwendig hätte, sich um Gunstbezeugungen des Publikums zu bewerben, weil vielleicht gewisse Dinge vorgefallen waren …

Aber Ruprecht von Boschan reichte Fritz ohne Rückhalt und ohne Auftrag von Vorurteilslosigkeit die Hand: »Meiner Treue, das ist wahr,« sagte er einfach, »es ist eine ganze Ewigkeit her. Du bist ja inzwischen ein berühmter Mann geworden.«

Gegely sah den Freund mißtrauisch an. Aber dessen Harmlosigkeit lag vor ihm wie ein sommerlich heiterer Wasserspiegel. Es war kein verhüllender Wolkenschatten da. »Meine ›Marie Antoinette‹ gehört der Weltliteratur an,« sagte der Dichter, und hörbar rauschte der Lorbeer um sein Haupt, »der Ruhm des Tages hat für mich wenig zu bedeuten. Aber es ist wahr, diesmal hat die Welt sich wenigstens nicht blamiert. Ich selber, wie gesagt, mach' mir nichts aus dem Geraschel der Zeitungen. Ich lese niemals Zeitungen. Hedwig besorgt dies für mich, nicht wahr, Liebste?« Er beugte sich zärtlich über seine Frau. Sein Arm lag liebkosend und fürsorglich auf ihren Schultern. »Wir sind ganz eins. Es ist, als ob ich alles gelesen hätte. Sie weiß, was ich brauche und teilt es mir im Auszug mit. Sie hat ja auch gefunden, daß du jetzt in Vorderschluder steckst. Du hast dich ja hier als Hüter der Ordnung bewährt.«

Ruprecht sah sich nach dem Maurerwenzel um. Aber der hatte sich schon vor einer Weile entfernt. Der Rollstuhl lief nicht von selbst davon, aber Ruprechts Pferd war unruhig geworden. Da war er hingegangen und hatte es am Zügel genommen. Und nun stand er da wie Ruprechts Pferdeknecht und hatte Angst, daß ihn der Rauß sehen könnte. Da wäre es dann mit seinem Ansehen zu Ende gewesen. »Ja … es ist manchmal notwendig, dreinzufahren«, sagte Ruprecht.

»Du hast ja alle Arten von Boxerkunststücken und Athletengriffen gründlich studiert«, sagte Fritz vom Postament herab. Und der heimliche Sinn dieser Feststellung war: so steckst du mitten in der Sphäre körperlicher Kraft und ahnst nichts von den Flügen des Geistes.

Jetzt aber kam Frau Helmina mit ihren beiden Begleitern heran. Sie hatten gewartet, ob sich Ruprecht nicht vielleicht doch losmachen würde. Nun konnten sie nicht länger dahinten bleiben.

»Da kommt meine Frau!« sagte Ruprecht, »und hier stelle ich Herrn Major Zichovic und Herrn Gerichtssekretär Ernst Hugo vor, unseren Schulkameraden, Fritz, du erkennst ihn doch?«

Freilich erkannte Fritz Gegely den Schulkameraden. Aber es war ein kühles Begegnen. Fritz hüllte sich fester in die Falten seines Purpurs und reckte sich höher auf seinem Postament. Und Ernst Hugo konnte sich seiner Verlegenheit nicht erwehren, trotzdem er Gegely schon von ferne erkannt und sich gewappnet hatte. Aber der Panzer des Gleichmuts hielt vor Gegelys durchbohrender Hoheit nicht stand. Die Redaktion der Anthologie hatte es gewagt, Fritz Gegelys Beitrag – zweihundertkarätige, funkelnde Aphorismen – mit einer Umhüllung höflichsten Bedauerns zurückzusenden.

Ruprecht stand wieder neben Hedwigs Rollstuhl. Er sah ihr innig ins Gesicht. So war ihr doch das Glück des Verstehens mit dem Geliebten beschert worden. So hatte sie also das Leben in diesem Punkte nicht betrogen. Sie durfte im Herzen jubeln, und ihre Liebe stand mitten in der Herrlichkeit des Frühlings. Plötzlich überfiel ihn eine Angst: sie könnte bald wieder abreisen, es könnte ihr in Vorderschluder nicht gefallen. Und er fragte: »Wollen Sie lange bei uns bleiben?«

Sie lächelte ihn an: »Ich hoffe, einen ganzen Sommer lang.«

Frau Helmina sah dieses Lächeln. Und sie verstand sogleich, hier sind alte Gefühle aus dem Morgenrot der Jugend erwacht, funkelnde Brücken früher Neigung. Dann wandte sie sich Fritz Gegely zu und prüfte ihn auf Herz und Nieren. »Ich freue mich sehr, Sie kennenzulernen … ein berühmter Dichter ist in Vorderschluder eine Seltenheit. Unsere primitive Sommerfrische bekommt zum erstenmal die höheren Weihen!«

Fritz Gegely schüttelte sein Lorbeerbäumchen. Ja – seine »Maria Antoinette« hatte ihn bekanntgemacht. Aber es war ihm nicht um den Ruhm zu tun … Er erwärmte sich und tat ein paar Schritte von der Höhe eines Piedestales herab, Helmina entgegen. Sie bemerkte es und senkte ihre kalte Sonde tiefer in ihn.

Es ist gut, dachte sie, ich glaube, wenn ich ihm den kleinen Finger reichte, griffe er um die ganze Hand. Und sie lächelte sich in ihn hinein, zeigte eine Sehnsucht nach dem Besitz geistiger Güter, war aufmerksam und voll Verständnis.

Man ging dem Schloß zu. Der Maurerwenzel schob wieder den Rollstuhl, und Ruprecht führte sein Pferd am Zügel nebenher. Helmina ging mit Fritz Gegely, und Ernst Hugo machte mit dem Major den Schluß, in übereinstimmender Verdrossenheit, weil einer gekommen war, der ihre Kreise zu stören schien. Das Mittagsläuten schwamm breit und golden durch das Kamptal, ein fallender Strom, ein tönendes Abbild des Flusses zwischen den Waldhängen.

An der Brücke mit den gewundenen Barockheiligen trennte man sich. Aber man würde sich wieder treffen, man würde zusammenkommen und den Sommer zum Bundesgenossen haben. Fritz Gegely nickte gnädigst Gewährung. Hedwig sah den heiligen Nepomuk an, ob er wohl umblättern würde, und lächelte mildgütig über seine steinerne Ernsthaftigkeit. Dann rollte ihr Fahrstuhl dem Dorf zu.

Ernst Hugo und der Major begleiteten Ruprecht und Helmina noch ein Stück den Schloßberg hinan. Helmina hatte den Gerichtssekretär herangezogen. Er war noch ganz wütend. Denn Gegely hatte ihn zum Abschied gefragt, wie es denn mit der Anthologie stehe. Mit einer so hohnvollen Majestät, daß es Hugo zum Zerspringen war.

»Ja, es ist ein großer Erfolg … wir haben viel Anerkennung gefunden«, hatte Hugo zornbebend gesagt.

»Das freut mich,« hatte Gegely erwidert, »ich weiß nichts davon, du weißt, ich lese keine Zeitungen … Die Literatur ist ein Betrieb. Ich hasse Betriebe. Ich bin entschlossen, in den nächsten zehn Jahren nichts zu veröffentlichen. Vielleicht auch schreibe ich gar nichts mehr. Ich möchte meine Kunst nicht zur Marktware machen.«

Und jetzt fragte ihn Helmina nach Gegely. »Er ist ein ästhetisches Gigerl,« schnaufte Hugo, »ein Snob, der sich zum Museum macht. Sehen Sie ihn doch nur an. Ich bin überzeugt, jedes Stück seines Anzuges ist irgendeine literarische Rarität. Er hat schon immer solche Sporte gehabt!«

»Es scheint, daß er sehr vermögend ist«, sagte Helmina ruhig. »Ja – er kann es sich leisten. Er hat keinen anderen Beruf, als sich in Szene zu setzen. Sein Vater war ein großer Tuchfabrikant. Das Vermögen ist ganz enorm. Er brauchte sich nichts zu versagen.«

»Und seine Frau?« fragte Helmina vorsichtig, »mein Mann kennt sie von früher her, nicht wahr?«

»Ja – – –« brummte der Gerichtssekretär, »sie ist die Tochter eines Linzer Stadtrates. Sie war Ruprechts Jugendliebe. Aber sie hat Fritz Gegely vorgezogen, und wenn sie das damals nicht getan hätte, so wäre Ruprecht nicht im Besitz der schönsten Frau …«

»Ah, Sie!« lächelte Helmina, »Sie müssen doch immer wieder davon anfangen …«

– Als Frau Hedwig mit Fritz im »Roten Ochsen« war, erwartete sie den Ausdruck seines Unwillens. Sie duckte sich. Aber es kam nichts. Ihr Mann ging ganz vergnügt durch die Zimmer, tadelte einiges an der Aufstellung der Sachen und zuckte vor dem Bild des verewigten Ochsenwirtes die Achseln. Dann trat er ans Fenster und sah nach dem Schloß hinüber.

»Wenn ich diesen Idioten, den Herrn Ernst Hugo, ausnehme,« sagte er, »so ist die Gesellschaft ganz sympathisch.«


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