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Der Pfarrer Papiro Schizza, der sich einbildet, viel zu wissen, aber ein vollkommener Ignorant ist, hält in seiner Unwissenheit den Sohn eines Bauern zum Narren, und dieser brennt ihm aus Rache das Haus samt allem, was darin, nieder.
Im Gebiete von Brescia, einer sehr reichen, edlen und volkreichen Stadt, lebte vor noch nicht langer Zeit ein Priester namens Papiro Schizza, der Pfarrer an der Kirche des unweit von der Stadt gelegenen Dorfes Bedicuollo war. Dieser, der die Unwissenheit selbst war, spielte den wissenschaftlich Gebildeten und brüstete sich einem jeden gegenüber mit seiner großen Weisheit, und die Landleute sahen ihn sehr gerne, ehrten ihn und hielten ihn für einen sehr gelehrten Herrn. Als nun einmal am Tage des heiligen Makarius eine fromme, feierliche Prozession in Brescia stattfinden sollte, erließ der Bischof an alle Kleriker in der Stadt wie auf dem Lande den ausdrücklichen Befehl, bei Strafe von fünf Dukaten, mit Mäntelchen und Chorhemd cum cappis et coctis, bei Poggio, Facezie 22: cum cappis et cottis. dem feierlichen Fest zu Ehren zu erscheinen, wie sich dies einem so verehrungswürdigen Heiligen gegenüber gezieme. Der Abgesandte des Bischofs kam nach Bedicuollo, suchte den Herrn Pfarrer Papiro auf und übermittelte ihm den Befehl des Bischofs, daß er sich am Tage des heiligen Makarius zeitig am Morgen bei Strafe von fünf Dukaten in der Kathedrale von Brescia einzufinden habe und zwar cum cappis et coctis, damit er mit den andern Priestern das feierliche Fest ehre. Als der Abgesandte fort war, fing Pfarrer Papiro an, hin und her zu überlegen, was das wohl besagen wolle, daß er zu der Feier cum cappis et coctis kommen solle. Und er irrte hinauf und hinunter durch das ganze Haus und bot seine ganze Gelehrsamkeit und Weisheit auf, um zum Verständnis obiger Worte zu gelangen. Nachdem er sich geraume Zeit den Kopf zerbrochen hatte, kam ihm endlich in den Sinn cappis et coctis bedeute nichts anderes als capponi cotti. Und ohne andere um Rat zu fragen, beruhigte er sich bei dieser Erklärung, die ihm sein grober Verstand gegeben hatte, und nahm zwei Paar Kapaunen und zwar von den besten und befahl seiner Magd, sie sorgfältig zu braten. Am folgenden Morgen stieg Pfarrer Papiro mit Erscheinen der Morgenröte zu Pferde, ließ sich die gebratenen Kapaunen auf einem Teller reichen und nahm sie nach Brescia mit. Vor dem Herrn Bischof erschienen, überreichte er ihm die gebratenen Kapaunen, indem er sagte, sein Abgesandter habe ihm befohlen, zu Ehren des Festes des heiligen Makarius cum cappis et coctis zu kommen, und um seiner Pflicht zu genügen, sei er erschienen und habe die capponi cotti mitgebracht. Als der Bischof, der klug und gerissen war, sah, daß die Kapaunen fett und gebraten seien und er die Unwissenheit des Priesters bedachte, biß er sich auf die Lippen, um nicht laut herauszulachen. Dann nahm er die Kapaunen mit freudiger Miene entgegen und sagte ihm tausend Dank. mille gratis. Als der Herr Pfarrer Papiro die Worte des Bischofs vernahm, verstand er sie in seiner Dummheit nicht, sondern meinte, der Bischof verlange von ihm tausend Bund Holz. Daher warf sich der Erzignorant vor dem Bischof auf die Knie und rief: »O Monsignore, ich bitte Euch bei der Liebe, die Ihr zu Gott hegt und bei der Verehrung, die ich Euch entgegenbringe, legt mir nicht eine so harte Steuer auf, denn das Dorf ist arm und mille gratis sind eine allzu große Last für einen so ärmlichen Ort, begnügt Euch, bitte, mit fünfhundert, die ich Euch mehr als gerne schicken werde.« Obgleich der Bischof ein geriebener Kunde war, begriff er doch nicht, was der Priester sagen wollte, und um nicht ebenso unwissend zu erscheinen wie er, fügte er sich seinem Willen. Als das Fest zu Ende war, nahm der Pfarrer Abschied, empfing den Segen des Bischofs und kehrte nach Hause zurück. Und kaum war er heimgekehrt, so verschaffte er sich eine Anzahl Karren, ließ das Holz aufladen und schickte es am folgenden Morgen dem Bischof zum Geschenk. Als dieser das Holz sah und hörte, wer es gesandt, war er hocherfreut und nahm es gern an. Auf diese Weise verlor der Pinsel, der in seiner Unwissenheit verharrte, zu seiner Unehre und zu seinem Schaden die Kapaunen und das Holz. In dem genannten Dorfe Bedicuollo befand sich ein Bauer namens Gianotto, der, obwohl er ein Landmann und weder lesen noch schreiben konnte, nichtsdestoweniger ein so großer Freund der Gelehrten war, daß er sich aus Liebe zu ihnen zum Kettensklaven gemacht hätte. Dieser hatte einen Sohn von gutem Aussehen namens Pirino, der deutlich zu erkennen gab, daß er in den Wissenschaften bewandert und gelehrt werden wollte. Gianotto, der seinen Pirino innig liebte, beschloß, ihn zum Studieren nach Padua zu schicken und es ihm an nichts fehlen zu lassen, was für einen Studierenden erforderlich sei. Und so tat er. Nach einer gewissen Zeit kehrte der Sohn, der in der Kunst der Grammatik schon recht sattelfest geworden war, nach Hause zurück, aber nicht, um von nun ab daheim zu bleiben, sondern um seine Eltern und Freunde zu besuchen. Begierig, mit seinem Sohne Ehre einzulegen und zu erfahren, ob er Nutzen vom Studium gehabt habe, beschloß Gianotto, die Verwandten und Freunde einzuladen, ihnen ein gutes Mittagessen vorzusetzen und den Herrn Pfarrer Papiro zu bitten, ihn in ihrer Gegenwart zu examinieren, damit sie sehen könnten, ob er seine Zeit verlöre. Am festgesetzten Tage begaben sich alle Verwandten und Freunde zur bestimmten Stunde in das Haus Gianottos, und nachdem der Herr Pfarrer den Segen gesprochen, setzten sich alle ihrem Rang und Alter entsprechend an den Tisch. Als das Essen zu Ende und die Tischtücher abgenommen waren, erhob sich Gianotto und sagte: »Messere, ich möchte gerne – vorausgesetzt natürlich, daß Ihr einverstanden seid – daß Ihr meinen Sohn Pirino examiniert, damit wir sehen können, ob er Fortschritte macht oder nicht.« Da antwortete ihm der Herr Pfarrer Papiro: »Lieber Gevatter Gianotto, das fällt kaum in die Wagschale im Vergleich zu dem, was ich für Euch tun möchte; denn was Ihr jetzt von mir verlangt, ist eine ganze Kleinigkeit für mein reiches Wissen.« Damit wandte er sein Gesicht dem ihm gegenüber sitzenden Pirino zu und sagte: »Pirino, mein Sohn, wir sind hier alle zu einem und demselben Zwecke versammelt, wir wünschen, daß du Ehre einlegst und wollen wissen, ob du deine Studierzeit in Padua gut angewandt hast. Wir wollen daher zur Befriedigung deines Vaters Gianotto und dieser ehrenwerten Gesellschaft ein kleines Examen über die Dinge, die du gelernt haben mußt, veranstalten; und wenn du dich, wie wir hoffen, wacker hältst, wirst du deinem Vater, den Freunden und mir keine geringe Freude machen. Sage mir also, Pirino, mein Sohn, wie heißt der Priester auf lateinisch?« Pirino, der in den grammatikalischen Regeln trefflich beschlagen war, antwortete keck: »Presbyter.« Als Pfarrer Papiro die schnelle und schlagfertige Antwort Pirinos hörte, rief er: »Wieso presbyter, mein Sohn? Du täuschst dich gewaltig.« Aber Pirino, der wußte, daß er recht hatte, versicherte kühnlich, das, was er geantwortet habe, sei richtig und belegte es durch viele Autoritäten. Als der lebhafte Streit weiter ging und Pfarrer Papiro nicht vor dem Wissen des jungen Mannes die Flagge streichen wollte, wandte er sich zu denen, die um den Tisch saßen und sprach: »Sagt mir, liebe Brüder und Kinder, wenn Euch zur Nachtzeit etwas begegnet, was die Abnahme der Beichte, die Kommunion oder irgendein anderes Sakrament dringend erforderlich macht, das für das Heil der Seele nötig ist, schickt Ihr dann nicht sofort zum Priester?« »Ja.« »Und was tut Ihr zuerst? Klopft Ihr nicht an die Tür?« »Gewiß.« »Ruft Ihr dann nicht: schnell, schnell, Messere, steht auf und reicht geschwind die Sakramente einem Kranken, der im Sterben liegt? non dite voi, presto presto messere, levatevi su et venete presto à dar i sacramenti ... Die Bauern, die das nicht in Abrede stellen konnten, bestätigten, daß dem so sei. Worauf Pfarrer Papiro: »Der Priester heißt daher auf lateinisch nicht presbyter, sondern prestule, weil er schnell presto. kommt, um dem Kranken die Trostmittel zu reichen. Doch will ich dir diesen ersten Fehler durchgehen lassen. Aber sag mir, wie heißt das Bett?« »Lectus, Thorus«, antwortete Pirino prompt. »O, lieber Sohn«, versetzte Pfarrer Papiro, als er diese Antwort hörte, »da bist du aber sehr im Irrtum und dein Lehrer hat dir etwas Falsches gesagt«, und zu seinem Vater gewandt, sprach er: »Gianotto, wenn Ihr müde vom Felde heimkehrt, sagt Ihr da nach dem Abendessen nicht: ich will mich zur Ruhe begeben?« jo voglio andar à riposare? »Jawohl«, antwortete Gianotto. »Also,« erklärte der Pfarrer, »heißt das Bett reposorium.« Und alle erklärten einstimmig, das sei wahr. Pirino aber, der sich innerlich über den Pfarrer lustig machte, wagte ihm nicht zu widersprechen, um die Verwandten nicht gegen sich aufzubringen. »Und wie nennt sich der Tisch, an dem man ißt?« fuhr Pfarrer Papiro fort. »Mensa«, antwortete Pirino. Da sagte der Pfarrer zur ganzen Gesellschaft gewandt: »Seht, wie schlecht Gianotto sein Geld angewandt hat und Pirino seine Zeit, denn er hat keine Ahnung von den lateinischen Vokabeln und den Regeln der Grammatik, – der Tisch, an dem man ißt, heißt nämlich gaudium und nicht mensa; denn solange der Mensch bei Tisch sitzt, lebt er in Gaudium und Fröhlichkeit.« Allen, die zugegen waren, schien diese Erklärung sehr einleuchtend und ein jeder lobte den Priester außerordentlich und hielt ihn für einen großen Gelehrten. Pirino aber sah sich sehr gegen seinen Willen gezwungen, der Unwissenheit des Pfarrers zu weichen, da ihm von seinen eigenen Verwandten der Weg verlegt worden war. Pfarrer Papiro, der sich von allen Anwesenden so ohne Einschränkung gelobt sah, brüstete sich wie ein Pfau und fragte dann mit erhobener Stimme: »Und wie heißt die Katze, mein Sohn?« »Felis«, antwortete Pirino. »O Dummkopf!« erwiderte der Pfarrer, »sie heißt saltagraffa; denn wenn man ihr Brot hinhält, macht sie sofort einen Sprung, krallt sich mit der Pfote fest und kratzt, ella subito salta, et con la zatta s'attacca, et graffa ... und dann flüchtet sie.« Voll Bewunderung und Aufmerksamkeit hörten die einfachen Landleute die sicheren Erklärungen und Antworten, die der Pfarrer gab und hielten ihn für außerordentlich gelehrt. Zum Examen zurückkehrend fragte er: »Und wie heißt das Feuer?« »Ignis«, antwortete Pirino. »Ignis? Unsinn!« rief der Pfarrer und sagte zur Gesellschaft gewandt: »Wenn Ihr, liebe Brüder, das Fleisch nach Hause tragt, um es zu essen, was macht Ihr dann damit? Kocht Ihr es dann nicht?« non la cucinate? »Ja«, antworteten alle. »Also«, fuhr der Pfarrer fort, »heißt es nicht ignis, sondern carniscoculum. Aber sage mir, lieber Pirino, wie heißt das Wasser?« »Limpha«, erwiderte Pirino. »O je!« rief der Pfarrer Papiro, »was sagst du da? Als Dummkopf gingst du nach Padua, als Dummkopf bist du wieder zurückgekehrt!« Und zur Gesellschaft gewandt, sagte er: »Wisset, liebe Brüder, daß die Erfahrung die Lehrerin aller Dinge ist und daß das Wasser nicht limpha, sondern abondantia heißt; denn wenn Ihr an die Flüsse geht, um das Wasser zu schöpfen oder um Euer Vieh zu tränken, ist des Wassers kein Mangel, und daher heißt es abondantia.« Gianotto saß wie vor den Kopf geschlagen da, als er dies alles hörte und bedauerte schmerzlich die verlorene Zeit und das zum Fenster hinausgeworfene Geld. Als Pfarrer Papiro ihn so mißmutig dasitzen sah, sagte er: »Lieber Pirino, ich möchte nur noch von dir wissen, wie die Reichtümer heißen und dann wollen wir mit unserem Examen aufhören.« »Divitiae, divitiarum«, antwortete Pirino. »O lieber Sohn«, sagte der Pfarrer, »du täuschst dich und befindest dich in einem gewaltigen Irrtum; denn sie heißen sostantia; denn sie sind die Stütze sostentamento. des Menschen.« Nachdem das schöne Gastmahl und das Examen zu Ende waren, zog Pfarrer Papiro Gianotto beiseite und sagte zu ihm: »Lieber Gevatter Gianotto, es dürfte Euch nicht schwer fallen zu sehen, wie wenig Nutzen Euer Sohn von seinem Aufenthalt in Padua gehabt hat. Und darum gebe ich Euch den guten Rat: schickt ihn nicht mehr studieren, damit er nicht seine Zeit und Ihr nicht Euer Geld verliert, tut Ihr anders, so werdet Ihr es zu bereuen haben.« Gianotto, der es nicht besser wußte, schenkte den Worten des Pfarrers Glauben, nahm seinem Sohn die städtischen Gewänder ab, steckte ihn in einen grauen Kittel und ließ ihn die Schweine hüten. Als Pirino sah, daß er zu Unrecht von der Unwissenheit des Priesters geschlagen war und nicht mit ihm hatte disputieren können – nicht etwa, weil er es nicht gekonnt hätte, sondern um die Verwandten, die ihn ehrten, nicht zu erzürnen und ferner, daß er aus einem Studenten zu einem Schweinehirten gemacht worden war, verbarg er den erlittenen Schmerz in seiner tiefsten Brust, geriet aber innerlich in eine solche Erbitterung und Wut, daß er sich fest vornahm, die erfahrene Schmach zu rächen. Und das Glück war ihm hierbei sehr günstig; denn als er eines Tages die Schweine auf die Weide trieb und am Hause des Pfarrers vorbeikam, erblickte er seine Katze und lockte sie solange mit einem Stück Brot, bis er sie erwischte. Dann holte er sich etwas grobes Werg, band es ihr an den Schwanz, zündete es an und ließ sie laufen. Als die Katze fühlte, daß ihr Schwanz fest zusammengeschnürt war, und zugleich das Feuer am Hintern spürte, rannte sie ins Haus, sprang durch eine Öffnung in eine Stube neben der Kammer, in welcher der Pfarrer noch schlief und flüchtete voller Schrecken unter eine Bettstatt, wo eine große Menge Flachs lagerte. Und es dauerte nicht lange, da begann der Flachs, die Bettstelle und die ganze Stube zu brennen. Als Pirino sah, daß das Haus des Pfarrers Papiro Schizza abbrannte und es beinahe nicht mehr möglich war, das Feuer zu löschen, fing er an, mit lauter Stimme zu rufen: »Prestule, prestule, surge de reposorio, et vide ne cadas in gaudium, quia venit saltagraffa et portavit carniscoculum, et nisi succurres domum cum abundantia, non restabit tibi substantia!« Als Pfarrer Papiro, der noch im Bett lag und schlief, das laute Rufen Pirinos hörte, wachte er auf und lauschte auf den Lärm, der draußen erscholl, verstand aber nicht, was Pirino sagte; denn er erinnerte sich nicht mehr seiner Worte von damals. Das Feuer zeigte bereits überall im Hause seine Macht und wurde nur noch durch die Tür der Kammer, in welcher der Pfarrer schlief, aufgehalten, als dieser erwachte und sah, daß das ganze Haus in Flammen stand. Da sprang er aus dem Bett und eilte hinaus, um das Feuer zu löschen, aber es war zu spät, da alles brannte, und kaum vermochte er das Leben zu retten. Und so saß Pfarrer Papiro seiner zeitlichen Güter beraubt in seiner Unwissenheit da, während Pirino, der sich für den erlittenen Schimpf bitter gerächt hatte, die Sorge um die Schweine anderen überließ und, so schnell er konnte, nach Padua zurückkehrte, wo er eifrig das begonnene Studium fortsetzte und ein sehr berühmter Mann wurde.