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Da kamen an den ersten Tagen des Monates März des Jahres 1162 die Konsuln und die Vornehmen der Stadt Mailand in das Lager des Kaisers, knieten vor ihm und der Versammlung der Fürsten nieder, und schwuren, daß sie sich ohne Bedingung und ohne Vorbehalt unterwerfen, und daß sie den nämlichen Schwur von allen Mailändern bewirken wollen.
Nach drei Tagen kamen dreihundert ausgewählte Männer aus der Stadt in das Lager des Kaisers, und übergaben ihm die Schlüssel aller Tore, und übergaben ihm die sechsunddreißig Vorbanner der Stadt, und schwuren, wie die vor drei Tagen geschworen hatten.
Und wieder nach drei Tagen kam das ganze Volk. Es war in hundert Scharen abgeteilt. Sie hatten Stricke um den Hals, Asche auf dem Haupte, und Kreuze in den Händen. Sie brachten das Carrocio, das höchste Feldzeichen der Stadt. Es war ein Mastenbanner, das von einem eisernen Rüstwagen emporragte, und auf der Spitze das Kreuz und das Bildnis des heiligen Ambrosius trug. Das Carrocio wurde zertrümmert. Dann warf sich das Volk auf die Erde, und bat im Namen des Heilandes um Erbarmen.
Der Kanzler Reinald las ihnen die Unterwerfungsurkunde vor, und sie nahmen dieselbe an.
Dann sagte der Kaiser: »Ich schenke euch das Leben, das ihr verwirkt habt; aber ich werde sorgen, daß ihr eure Verbrechen nicht wieder begehen könnt.«
Das Volk durfte sich erheben und in die Stadt zurückkehren.
Dann leistete es vor zwölf Männern, die der Kaiser aus Deutschen und Italienern bestimmt hatte, den Unterwerfungseid, und mußte vierhundert Geiseln stellen.
Hierauf hielt der Kaiser in Pavia eine große Versammlung ab, damit das Schicksal der Stadt Mailand entschieden werde. Die Versammlung untersuchte die Lage der jetzigen Dinge, und untersuchte den Gang alles dessen, was geschehen ist, und machte die Entscheidung. Die Konsuln der Stadt Mailand wurden vorgeladen, daß ihnen der Spruch verkündiget werde. Der Spruch lautete: »Mailand soll wüst und leer sein, alle, die darin gewohnt haben, verlassen es in acht Tagen, und bauen sich an vier Stätten, die eine Meile von einander entfernt sind, neue Wohnungen.«
Dann ging der Kaiser wieder gegen Mailand, und zog am sechsundzwanzigsten Tage des Monates März durch eine Öffnung, welche man in die Mauern gerissen hatte, in die Stadt ein. Darauf wurden die Befestigungen der Stadt zerstört. Der Kirchen und der andern Gebäude schonte der Kaiser.
Als dieses geschehen war, zog der Kaiser wieder nach Pavia, und feierte in der Domkirche der Stadt ein großes Dankfest.
Nach demselben sagte er: »So ist vollbracht, was die Worte des seligen Erzbischofes Anselm geraten hatten. Die Barmherzigkeit des Himmels wird es mir verzeihen, daß ich in gutem Glauben früher nicht die Stadt Mailand, diesen Angel aller Empörung und Kirchenspaltung, vertilgt habe. Die andern Städte werden jetzt zu ihrer Pflicht kommen.«
Es war nun ein großes Mahl, zu welchem Herren, Gemeine und Fremde eingeladen wurden. Der Kaiser Friedrich und die Kaiserin Beatrix trugen bei demselben ihre Kronen auf den Häuptern.
In der Zeit darauf unterwarfen sich die Städte Brescia, Imola, Faenza, Bologna, Piacenza, und noch mehrere andere.
Die Erzbischöfe, Bischöfe und Priester und die Fürsten und Herren und Krieger brachten aus diesem Zuge Gebeine der Heiligen, geweihte Geräte, teure Gefäße, Kleinodien und merkwürdige Gegenstände und Gold und Silber, Gewänder, Waffen, Pferde und die verschiedensten Dinge in ihre Heimat.
Diepold und Friedrich führten das böhmische Heer nach Prag. Der König Wladislaw erstattete, wie er es immer nach den Kriegen tat, dem Heere seinen Dank, er teilte die Beute aus, und belohnte sonst noch die Krieger, und sie zogen wieder zu den Ihrigen.
Witiko und die Waldleute wurden mit noch mehr Freude, mit noch mehr Zusammenlauf des Volkes und mit noch mehr Zuruf empfangen als sonst, weil sie so lange entfernt gewesen waren. Die Kriegsmänner gingen mit Freuden zu ihren Angehörigen. Sie zeigten Dinge, die man nie gesehen hatte, deren Preiswürdigkeit man gar nicht kannte, und deren Menge so groß war, wie man nie ein Gleiches erfahren hatte. Und die Dankesfeier an der Moldau und die Austeilung war auch größer als jede frühere. Die Krieger teilten von dem, was sie hatten, an ihre Sippen, an ihre Freunde, an ihre Bekannten und an ihre Heimatgenossen mit, und machten Opfer in die Kirchen.
Sie erzählten jetzt noch mehr von dem Lande Italien, als das erste Mal, weil sie es nun viel besser kannten als früher.
Der Schmied von Plan erzählte von der außerordentlichen und weitgestreuten Stadt Mailand, die sie zertrümmert haben. Sie sind jetzt in ihr gewesen, und da sind wunderbare Kirchen und seltsame Türme und alte Bogen und unerhörte Heiligengestalten. Er erzählte auch von anderen großen Städten, in denen sie gewesen sind. Da sind auch wundersame Kirchen und Steinbauwerke und Burgen der Vornehmen, die mitten unter den Häusern stehen, und Dinge aus den Heidenzeiten. Da sind uralte zerfallene Kirchen, so groß, wie ein ausgerundeter Berg, oben offen, daß der Himmel hinein schaut, und viele tausend Steinbänke sind über einander, und da haben sie vor mehreren tausend Jahren gespielt, wie sie im Walde die Geburt Christi und die Engel und die Hirten und die heilige Jungfrau Maria spielen. In dem Lande sind ungeheure Schätze; weil es heiß ist, wächst dort das Gold. Und es sind Früchte da, die niemand gesehen hat, und die sich niemand vorstellen kann.
Und die andern Männer erzählten auch. Sie sagten, sie haben reden gehört, daß Diepold viele Säcke auf Saumrosse geladen habe, und daß lauter Goldmünzen in den Säcken gewesen seien. Und die Gebeine der Heiligen Drei Könige, der makkabäischen Brüder und ihrer Mutter, des heiligen Celsus und anderer Heiligen sind von Mailand fortgebracht worden. Und Diepold hat einen kirchlichen Leuchter nach Prag gebracht, auf dem Wunder und Gestalten gearbeitet sind, die die uralten Juden abgegossen haben, weil der Leuchter in der frühen Zeit in dem Tempel des Königs Salomon gestanden ist.
Tom Johannes redete darüber, was er getan hätte, wenn er in dem Lande Italien gewesen wäre, und was der Kaiser und der König und die Erzbischöfe und die andern Herren hätten tun sollen.
Wolf sagte, sie wären alle gestorben, wenn Witiko nicht gesorgt hätte. Die goldenen Äpfel mit dem süßen goldenen Safte und die rosenroten Feigen und die Johannishörner und andere Dinge schaden sehr, wenn man zu viel ißt. Witiko hat sie davor bewahrt.
Und aus diesem neuen Dinge, welches durch die Kriegsmänner in den Wald gekommen war, entstanden bald Lieder, die gesungen und oft gesungen wurden.
Witiko ging nun wieder an seine heimatlichen Geschäfte. Insbesonders suchte er sein neues Waldland mit dem alten in eine immer gleichere Gebarung zu bringen.
Benno führte einen jungen Priester zu Witiko, welcher der Kapellan der Burg wurde. Er selber war oft im Witikohause, oft in Pric, oft irgend wo anders, wie er es für die Abfassung der Schicksale der deutschen Kaiser ersprießlich erachtete.
Die Base Hiltrut ging nach dem zweiten italienischen Zuge wieder nach Landshut. Witiko kam mit den Seinigen zuweilen zu ihr. Als sie einmal auf dem Wege dahin im Hauzenberge ihr Mittagmahl einnahmen, erkannte der nunmehr sehr alte Wirt Witiko wieder, und rief seine Freude über dessen Gedeihen und Ansehen aus.
Huldrik war in dem Witikohause sehr rührig, und predigte seinen Jubel über das, was geschehen war. Seine Gattin hatte ihm ein Söhnlein geboren, und dasselbe durfte mit Witikos Söhnen reiten und Waffen führen lernen.
Witiko wuchs in der Liebe und Neigung der Seinigen immer höher, er wurde oft zu dem Könige gerufen, um bei seinem Rate und bei seinen Taten zu sein, er war mit Bertha und seiner Mutter dabei, als die steinerne Brücke, welche die Königin Judith in Prag über die Moldau hatte bauen lassen, die feierliche kirchliche Weihe erhielt, er wurde von Rowno, von Diet, von Osel, von Hermann, von Witislaw und andern geachtet, Lubomir, der sehr alt wurde, achtete ihn sehr hoch, es achteten ihn die Söhne Lubomirs, es achteten ihn Ctibor, Nemoy und alle, die in der Nähe wohnten, und er war eine Ehre für den Stamm Jugelbach, für den Stamm Aschach, für den Stamm Schauenberg, für den Stamm Dornberg und für den Stamm Stauf.
Er begann nicht weit von dem Witikohause eine Kirche in der deutschen Art durch Eppo bauen zu lassen, und er gedachte der Mittel, ein Kloster in dem Walde zu gründen.
In den Zeiten, die nun nach und nach über die Wipfel des grünen Waldes dahin gingen, wie Gutes und Schweres sie auch brachten, da sich manche teure Häupter in die Grube legten, wurde er Zupan von Prachem, Heerführer, Gesandter und oberster Truchseß des Königreiches Böhmen. Und wenn er in dem Witikohause verweilte, kamen oft des Abends Männer in Lammspelzen zu ihm, und er saß mit ihnen in Gesprächen in der Burgstube, wie er einst an der Leuchte des Häuschens in Plan oder im Wangetschlage gesessen war.
Bertha sagte oft freundlich zu ihm: »Witiko, jetzt ist dir keiner gleich.«
Er antwortete freundlich: »Es sind viele über mir; dir aber gleicht keine.«
In dem Jahre 1184 beschloß der Kaiser Friedrich einen sehr großen Reichstag abzuhalten. Er wollte ein Fest feiern, weil der Streit im Reiche, der mit der Kirche, und der in Italien geendet war. Er berief alle, die kommen wollten, auf Pfingsten nach Mainz.
Witiko faßte den Entschluß, diesen Reichstag zu besuchen. Er lud den alten Benno ein, mit ihm zu gehen, daß er den Glanz des Kaisers schaue.
Er zog mit Benno, Bertha, seinen Söhnen und einem schön geschmückten Geleite von Pric gegen Mainz.
Erzbischöfe, Bischöfe, Äbte, Priester, Herzoge, Fürsten, Grafen, Ritter waren da versammelt, es waren die fremden Gesandten da, die sich an dem Kaiserhofe befanden, es waren Herren und Ritter aus den Ländern England, Frankreich, Italien, Spanien, Ungarn, Illyrien da. Die Zahl der Ritter, welche in Geleiten oder für sich selber gekommen waren, war siebenzigtausend. Und ungemein große Scharen des Volkes hatten sich eingefunden. Auf der Ebene an dem Rheinstrome war eine schöne Pfalz für den Kaiser und eine Kirche erbaut worden. Ringsherum standen die Wohnungen der Fürsten, die in Schmuck und Zierde einander zu übertreffen suchten, und dann waren weithin die andern bunten Gezelte. Die Nahrungsmittel wurden durch eine Menge von Schiffen auf dem Rheine gebracht, und es waren eigene Häuser für sie errichtet. Alle, die gekommen waren, wurden von dem Kaiser bewirtet.
An dem ersten Pfingsttage war der Kirchenzug, es war das kirchliche Fest, und es war ein Mahl. Man erschaute da die Erhabenheit des Kaisers, die Holdseligkeit der Kaiserin, die Schönheit der Frauen, den Schimmer der Fürsten, die Herrlichkeit der Ritter, den Strahlenglanz der Gewänder, der Waffen und der Pferdeverzierungen. Bei der Kirchenfeier war die Heiligkeit und Pracht der kirchlichen Geräte und Gewänder. Bei dem Mahle taten Herzoge und Markgrafen Dienste bei dem Kaiser.
Am andern Tage waren die ritterlichen Spiele. Der Kaiser nahm selber daran Teil. Fürsten und Herren und Ritter in großer Zahl zeigten ihre Geschicklichkeit. Die Söhne des Kaisers, Heinrich und Friedrich, die schon an Macht und Ehren reich waren, taten ihre ritterlichen Tugenden kund, und wurden mit jeder gebührenden Feier zu Rittern geschlagen.
In den folgenden Tagen waren auch noch andere Spiele und andere Ergötzungen.
Die auf der Fiedel oder in Tönen des Erzes oder der Pfeifen erfahren waren, ließen ihre Kunst vor dem Kaiser, vor der Kaiserin, vor den Frauen, vor den Fürsten und Rittern erschallen, und ernteten den Dank. Die Männer aus dem Geleite des Kaisers oder der Kirchenfürsten oder anderer Herren, welche schon große heilige Bauwerke zum Dienste Gottes errichtet hatten, stellten Vorbilder zu neuen Bauwerken auf, und wurden geehrt. Dann waren die Sänger, Ritter und andere, die einzeln und abwechselnd ihre Worte und Weisen, oder zusammen singend oder einzeln die Worte und Weisen früherer Dichter in die Herzen der Männer und Frauen senkten. Sie wurden mit besonderen Ehren und Freuden geziert.
Es sagten damals einige, es werde ein großes Lied kommen, in welchem die Treue der Männer gegen ihren König und die Treue des Königs gegen seine Männer gepriesen werden wird.
Heinrich von Oftering, der noch die blonden Haare trug, sprach: »Es kann schon ein solches Lied kommen, das uns von alten Mären, von Helden voll der Ehren, von Müh und Festlichkeiten, von kühner Ritter Streiten, von Weinen und von Klagen, viel Wunders möge sagen.«
Dann waren die, welche in Erz oder Stein oder Holz bilden konnten, oder die Farbenwerke der Kirchen auf Glas oder auf Tafeln verstanden. Sie wiesen Gestalten Gottes, des Heilandes, der Jungfrau, der Engel, der Heiligen oder andere Weihedinge vor, und wurden mit hohen Ehren begabt.
Und viele, die irgend ein Schauding hervorgebracht hatten, waren gekommen, es vor die Augen zu stellen.
Und was sich sonst an Tugend der Leibesübungen und der Waffen und der Tänze und anderer Erlustigungen zeigte, wurde auch noch in Zierde und Sitte und Anmut ausgeführt.
Witiko kam mit manchen Fürsten und Herren zusammen, und gelangte auch vor das Angesicht des Kaisers. Bertha wurde von der Kaiserin in dem Kranze der Frauen, die um sie waren, geehrt.
Witiko und Bertha kamen auf dem Reichstage zu ihren Sippen, und ihre Sippen kamen zu ihnen.
Der Ritter vom Kürenberge und Heinrich von Oftering und andere kamen zu Witiko, und saßen in dem Gezelte bei dem Becher, und sagten und sangen von einer noch größern Vergangenheit, wie die Helden unverzagt in dem brennenden Saale gekämpft hatten
Witiko ging auch wieder zu ihnen.
Es kamen auch seine andern Freunde aus Böhmen und Mähren, aus dem Lande Österreich und aus andern deutschen Ländern zu ihm, und er kam zu ihnen.
Witiko sah auf diesem Reichstage auch Sifrid von Milnet der ein Reiterführer geworden war. Er hatte den goldenen Gürtel und die Reigerfeder.
Als der Reichstag geschlossen worden war, zogen Hohe und Niedere erfreuten Herzens über das, was sie erlebt hatten, von dannen. Weithin wurde von den außerordentlichen Festen in Mainz erzählt, und es entstanden Lieder darüber, die in Deutschland gesungen wurden.
Witiko zog mit den Seinigen und Benno zuerst in die Burg Schauenberg, und dann in seine Waldburg.
Er hatte in späteren Jahren noch eine große Freude, als sein Sohn Witiko auf dem Fels der krummen Au, die nun zu Witikos Stamme gehörte, eine Burg zu bauen begann.