Adalbert Stifter
Witiko
Adalbert Stifter

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3
Es kamen tausend Scharen.

Als sich wieder der Herbst annäherte, ritt Witiko mit einem Geleite von Friedberg gegen Prag. Er sah auf seinem Wege manche Herren mit ihrem Gefolge des nämlichen Weges ziehen, und er sah andere Menschen dahin wandern.

Da er in Prag angelangt war, zog er mit seinen Männern in eine Herberge des rechten Burgfleckens. Es waren sehr viele Menschen in Prag, insonderheit von den hohen und niederen Herren mit ihren Mannen.

Witiko ging an dem Tage nach seiner Ankunft zu dem Herzoge. Bei dem Herzoge waren Herren, die zu dem Gruße des Herzoges gekommen waren. Witiko brachte auch seinen ehrerbietigen Gruß dar, und der Gruß wurde von dem Herzoge freundlich erwidert. Der Herzog und die Herren sprachen von den mannigfaltigen Dingen, die sich in dem Lande vollendeten. Manche Herren gingen fort, andere kamen wieder. Witiko verabschiedete sich auch, und ging zu der Herzogin. Bei ihr waren hervorragende Männer, ihren ehrfurchtvollen Ankunftsgruß darzubringen. Witiko tat es ebenfalls, und er wurde von der Herzogin liebreich empfangen. Dann verabschiedete er sich, und ging wieder in seine Herberge.

In der folgenden Zeit besuchte er mehrere Herren, Männer und Freunde, mit denen er in dem ersten und in dem zweiten Kriege gewesen war.

Auf den vierten Tag nach seiner Ankunft war eine Versammlung bei dem Herzoge anberaumt.

Witiko ging in dieselbe.

In dem großen Saale des Herzoghofes saß auf einem erhöheten Stuhle Wladislaw, der Herzog von Böhmen und Mähren. Dann saß auf einem gleichfalls erhöheten Stuhle Guido, der Gesandte des Heiligen Vaters Innozenz. Dann saßen auf Stühlen Otto, der Bischof von Prag, Daniel, der Dompropst von Prag, Silvester, der ehemalige erwählte Bischof von Prag, Gezo, der Abt von Strahow, Peter, der Abt von Brewnow, dann die Äbte von Kladrau und Wilimow, und andere Äbte, Pröpste und Priester. Dann saßen auf Stühlen Diepold und Heinrich, die Brüder des Herzogs, Bolemil, der alte Leche, Wšebor, der alte Leche, Lubomir, Diwiš, Preda, Bozebor, und alle, welche in der Schlacht bei Znaim gewesen waren, und noch viele, die Witiko nicht kannte.

Da sich alle geordnet hatten, rief Wladislaw, der Herzog von Böhmen und Mähren: »Saget ihnen, die in dieser Versammlung sprechen wollen, daß sie kommen.«

Ein Mann öffnete die Flügel einer Tür, und nach kurzer Zeit kamen in reichen Gewändern durch die Tür Konrad, der Herzog von Znaim, Wratislaw, der Herzog von Brünn, Otto, der Herzog von Olmütz, dann Leopold und Spitihnew, die Söhne Boriwoys, und Wladislaw, der Sohn des verstorbenen Herzoges Sobeslaw.

»Setzet euch auf eure Stühle«, sagte der Herzog.

Die, welche herein gekommen waren, setzten sich auf Stühle, welche da standen, und von der Versammlung durch einen Raum des Saales getrennt waren.

Dann sprach Wladislaw, der Herzog von Böhmen und Mähren: »Konrad, welcher du Herzog von Znaim gewesen bist, Wratislaw, welcher du Herzog von Brünn gewesen bist, Otto, welcher du Herzog von Olmütz gewesen bist, Leopold und Spitihnew, Söhne meines Oheims Boriwoy, und Wladislaw, Sohn meines Oheimes Sobeslaw, ihr seid auf meine Kunde nach Prag gekommen, die Beschwerde zu führen, weshalb ihr die Waffen gegen mich ergriffen habet. Weil ihr eure Beschwerden durch die Waffen führen wolltet, mußte euer Aufstand niedergeworfen werden. Führet nun eure Beschwerden mit Worten. Sind die Beschwerden gerecht, so werde ich sie abstellen, und euch Genugtuung geben. Sind sie ungerecht, so kann der, welcher es will, nach Gebühr um Verzeihung bitten, der es aber nicht will, kann in das fremde Land zurückkehren, aus dem er nach Prag gekommen ist. Es wird keiner geschädigt werden, wie ich es versprochen habe. Konrad, wenn es dir genehm ist, rede.«

Konrad schwieg eine kurze Frist, dann sprach er: »Wladislaw, Sohn des ruhmreichen Herzoges Wladislaw, Neffe des letzten verstorbenen ruhmreichen Herzoges Sobeslaw, der du jetzt den Stuhl der Herzoge von Böhmen und Mähren in deiner Gewalt hast, höre mich. Du bist von den hohen und niederen Herren der Länder Böhmen und Mähren auf dem Tage in der Burg Wyšehrad zum Herzoge von Böhmen und Mähren gewählt worden, und bist nach dem Tode des ruhmreichen Herzoges Sobeslaw auf den Fürstenstuhl gesetzt worden. Die Sprossen aus dem Stamme Premysl sind nicht bei der Wahl gewesen. Dann aber sind auch die reichsten und mächtigsten und vornehmsten Lechen, welche dich wählen geholfen haben, zu mir gekommen, und haben gesagt, du erfüllest die Erwartungen nicht, welche sie zu Recht von dir als Herzog tragen mußten. Sie machten eine neue Wahl, und erkoren mich zum Herzoge von Böhmen und Mähren. Die Sprossen des Stammes Premysl stimmten bei, nur deine zwei Brüder nicht. Ich meinte, daß es meine Pflicht für die Länder fordere, und nahm die Wahl an. Du widerstrebtest, als ich nach Prag gehen, und mich auf den Fürstenstuhl setzen wollte, und es entstand der schwere Krieg, welcher sehr viel Unheil brachte, und du behieltest nach dem Kriege die Macht. Das ist meine Rede.«

Der Herzog Wladislaw antwortete: »Konrad, du bringst keine Beschwerde vor; denn wenn ein Herzog durch die Ladung aller hohen und niederen Herren der Länder zu einer Wahl von denen, die der Ladung gefolgt sind, als Herzog gewählt wird, und wenn dann von einer Zahl von Herren wieder ein Herzog gewählt wird, indes eine andere Zahl widerstrebt, und der frühere Herzog müßte dem späteren weichen, so könnte von verschiedenen Zahlen von Herren eine Reihe von Herzogen gewählt werden, die einander verdrängen, und das Herzogtum wäre kein Herzogtum, sondern ein Wettspiel. Wenn du aber keine Beschwerde gebracht hast, so hast du nur gesagt, daß du im Aufruhr gewesen bist. Wratislaw, wenn es dir genehm ist, rede.«

Wratislaw sprach: Es ist mir genehm. Du bist einst nur der Neffe des Herzoges Sobeslaw gewesen, ein Zweig des Stammes Premysl wie wir. Du warst unser Genosse und warst der Genosse der jungen Söhne der mächtigen Lechen der Länder. Du bist mit uns nach den Vergnügungen gezogen, nach denen wir und sie gezogen sind. Du hast unsern Rat in allem befolgt, und hast gesagt: Wenn ich Herzog wäre, würden wir diese Sache anders machen, jene würden wir wieder anders machen, dieses würden wir tun, dieses würden wir lassen. Du hast uns Mitwirkung eingeräumt. Und hast du sie uns, den Jungen, eingeräumt, so hast du sie um so mehr den Räten des Herzogstuhles und den alten weisen Lechen eingeräumt. In diesem Sinne bist du zum Herzoge gewählt worden. Du aber hast dann als Herzog gehandelt, wie du allein wolltest. Du hast unsere Anliegen, die Anliegen der Söhne Premysls, nicht gehört, du hast die Anliegen der alten Räte und Lechen und der mächtigsten Herren nicht gehört, du hast uns unterdrückt, und du hast die Rede und die Mitwirkung der Herren bei der Verwaltung der Länder, welche alle Herzoge seit den ältesten Zeiten geehrt haben, in die Luft gestreut. Darum wärest du kein Herzog mehr, sondern ein Eroberer, und wir haben uns unseren Herzog gewählt, und haben die Waffen erhoben, um unsere Rechte zu wahren. Du hast im Kriege deine Gewalt behalten und vermehrt. Willst du, wie du sagst, den Beschwerden abhelfen, und Genugtuung leisten, so kannst du wieder ein Herzog werden, und wir werden dir dienen, so sie dich wählen. Diese Worte habe ich geredet.«

Darauf sagte Wladislaw: »Ich werde dir später antworten, Wratislaw. Otto, sprich.«

Otto sagte: »Ich rede wie Wratislaw geredet hat.«

Dann sagte Wladislaw: »Leopold, sprich.«

Leopold antwortete: »Ich rede wie Wratislaw.«

Dann sagte Wladislaw: »Spitihnew, sprich.«

Spitihnew entgegnete: »Ich rede genau so wie Wratislaw.«

Dann sagte Wladislaw: »Wladislaw, Sohn Sobeslaws, sprich.«

Wladislaw antwortete: »Du sagst mit Recht: Sohn Sobeslaws; darin liegt meine Klage. Ich rede zuerst, wie Wratislaw geredet hat, und dann rede ich, wie ich rede. In der Rede Wratislaws sage ich: Du hast uns unterdrückt und hintangesetzt. In meiner Rede sage ich: Du hast mir den Herzogstuhl geraubt. Die hohen und niederen Herren der Länder Böhmen und Mähren haben auf dem Tage in Sadska meinem erhabenen Vater Sobeslaw angelobt, daß ich nach seinem Tode Herzog sein soll, und sie haben mich als den Nachfolger Sobeslaws mit ihrem Eide anerkannt. Dann haben sie, als mein Vater erkrankt war, ihren Eid gebrochen, und haben dich auf dem Wyšehrad zum Herzoge erkoren. Die Wahl ist nichtig gewesen. Und als mein Vater gestorben war, haben sie dich auf den Herzogstuhl gesetzt, und die heilige Feier ist nichtig gewesen. Ich bin der Herzog gewesen, du aber hast die Macht gehabt, und hast sie noch. Das ist meine Rede.«

»Habt ihr gesprochen?« fragte der Herzog Wladislaw.

Es antwortete keiner.

»Ist einer unter euch, der zu dem, was geredet worden ist, noch etwas hinzu fügen will?« fragte der Herzog Wladislaw wieder.

Es antwortete keiner von den Männern.

»So rede ich, wie folgt«, sprach der Herzog. »Es ist wahr, was du gesagt hast, Wratislaw, daß ich in der Jugend euer Genosse gewesen bin, und ich bin der Genosse der jungen Söhne der hohen und mächtigen Herren gewesen, und es hat sich auch mancher zu uns gefunden, der von keinem hohen oder mächtigen Herren der Länder stammte. Ich wollte ein guter Genosse sein, und weil ich es wollte, ließ ich euch schalten. Es ist wahr, daß ich euern Rat befolgt habe. Ihr rietet Dinge des Vergnügens an, und weil in den Dingen ein Vergnügen lag, so gingen wir nach ihnen. Es ist wahr, daß ich gesagt habe: Wenn ich Herzog wäre, so würden wir dieses oder jenes tun. Aber es ist nicht wahr, daß ich euch die Mitwirkung versagt habe, als ich Herzog geworden war, es ist nicht wahr, daß ich die Anliegen nicht gehört habe, es ist nicht wahr, daß ich euch unterdrückt habe, es ist nicht wahr, daß ich die Rede und die Mitwirkung der Herren bei der Verwaltung der Länder in die Luft gestreut habe. Es sind zu allen wichtigen Dingen der Länder die Versammlungen des Rates berufen worden, und es ist in dem Rate beschlossen worden, und es ist nach dem Beschlusse gehandelt worden. Viele der Männer unserer Länder, die in diesem Saale sitzen, sind in dem Rate gesessen. Viele sind in dem Rate gesessen, die jetzt in der Verbannung irren, mithin zu euch gestanden sind, und manche sind in dem Rate gesessen, die auf dem blutigen Felde der Waffen den Tod gefunden haben. Und wenn ich an dem heutigen Tage einen Rat halte, und euch zu sprechen erlaube, und euch antworte, da alle eure Macht und die Macht eurer Anhänger meine Macht ist, um wie viel mehr werde ich früher des Rates der Meinigen gepflogen haben. Und das habe ich in größerem Maße getan als ehemalige Herzoge, von denen du gesprochen hast, Wratislaw, und unter welchen Swatopluk mit dem Hauche seines Mundes ein ganzes Geschlecht vertilgt hat. Ihr seid aber zu dem Rate nicht gekommen. Ihr habet nicht Vorschläge an mich geschickt, die das Wohl des Landes betrafen. Ihr habet Forderungen gestellt, die eure Macht und euren Reichtum vermehren sollten, und wenn die Forderungen nicht bewilliget werden konnten, so ist auch der Grund dazu gesagt worden. Auch solche, die in dem Rate saßen, haben Forderungen außer dem Rate gemacht, denen keine Statt gegeben werden konnte. Sie wollten nicht Mitwirker des Herzoges sein, sie wollten selber der Herzog sein. Der Herzog aber ist der Vater des Landes, und darf nicht einem Manne, wie hoch er sei, Macht und Gut zu seiner Lust verleihen, und darf nicht seine Herzogsmacht in fremde Hände legen.«

»Du hast mir meinen Hof zu Chynow genommen«, rief Wratislaw.

Der Herzog antwortete: »Wratislaw, bringe nicht einzelne Dinge in deine Worte; über die einzelnen Dinge richten die Höfe, zu denen sie gehören. Du hast deinen Hof zu Chynow in dem Streite um ihn durch den Spruch des Gerichtshofes verloren.«

»Du bist der Gerichtshof gewesen«, rief Wratislaw.

»Das beantworte ich nicht«, sagte der Herzog, »oder ich müßte über dich ein Gericht halten lassen, was dem sicheren Geleite zuwider wäre, das ich euch versprochen habe.«

»Und wenn du nicht Macht und Gut in die Hände der Fürsten der Länder und in die Hände der hohen Diener der Länder legen wolltest«, rief Wratislaw, »so hast du sie in die Hände geringerer Leute gelegt. Den niederen Mann Odolen, dessen Vater nichts ist, und den Knaben Witiko, dessen Herkunft man nicht kennt, welche beide aber bei Pilsen die hohen Sprossen des Stammes Premysl gedemütigt haben, hast du zu Macht und Gut und Ehren erhöht, daß sie den alten treuen Lechen des Landes ein Widerstreit sind. Odolen wird übermütig werden, und den edeln Söhnen des Landes Ärgernis geben, und Witiko wird ein Leche werden, das Waldland, das unter der sanften Hand der Herzoge war, als seinen Hof betrachten, der ihm Nahrung gibt, und wird es drücken und berauben.«

»Odolen, rede«, sagte der Herzog.

»Ich rede nicht«, antwortete Odolen.

»Witiko, rede«, sagte der Herzog.

Witiko sprach: »Ich rede, weil ich allein bei Pilsen eigenmächtig gehandelt habe, und ich rede aus Achtung vor der Abstammung von dem hochehrwürdigen Premysl. Wratislaw, ich habe euch bei Pilsen durch einen Fehler gegen die Oberhoheit des erlauchten Herzoges die Freiheit, die ihr vor der Überzahl unserer Männer schon verloren hattet, gegeben, um Blutvergießen im Kriege und anderes Unheil zu vermeiden. Der hohe Herzog hat mir den Fehler in Gnade verziehen. Welchen Sinn die Fürsten, die ich befreit habe, fortan gegen mich tragen werden, das habe ich damals nicht bedacht. Ob ich das Waldland bedrücken werde oder nicht, wird in der Zeit bekannt werden. Die Männer des Waldes sind durch keine andere Macht mit mir in den Krieg gegangen als durch mein Wort und ihren guten Willen gegen mich. So wird es bleiben, und sie werden eine Sache nicht verlassen, wenn ein Unglück kömmt, wie sie von dem Berge Wysoka, auf dem wir euch nicht besiegen konnten, nach Prag zur Verteidigung des Herzogstuhles gegangen sind. Wer durch Zwang folgt, verläßt im Unglücke den Zwinger, wie Tausende von Männern nach der Schlacht bei Znaim von den Mährern abgefallen sind.«

»Wladislaw, du hast dem Manne zu reden erlaubt, nicht ich«, sagte Wratislaw, »ich spreche daher nur weiter zu dir. Du hast den Jüngling Welislaw als Zupan auf den heiligen Wyšehrad gesetzt, wohin ein edler gereifter Sohn des Landes gehörte.«

»Welislaw, rede«, sagte der Herzog.

Welislaw antwortete: »Wie Odolen nicht geredet hat, so rede ich auch nicht.«

»Ich aber spreche zu dir, Wratislaw«, sagte der Herzog. »Wie in allen früheren Zeiten die Herzoge die, welche im Kriege, im Rate und in anderen Angelegenheiten und Fährlichkeiten des Landes Dienste getan haben, belohnt haben, so habe ich die, welche in den schweren Jahren, die jetzt vergangen sind, ihre Taten in Blut und Gut dargebracht haben, belohnt. Es sind die Hohen und die Niederen belohnt worden. Es ist gesetzt worden, daß Beschwerden in der Sache der Belohnungen in die Kammer des Herzoges kommen dürfen, und daß den Beschwerden abgeholfen werden würde, so es möglich ist. Es sind nur wenige Einwendungen gekommen, und diese sind gehoben worden, weil auch die Belohnungen früher in dem Rate beschlossen worden sind. Du hast wieder von einzelnen Dingen gesprochen, Wratislaw. Alle einzelnen Dinge sind den Männern, die in diesem Saale sitzen, bekannt. Die Forderungen, welche die Fürsten gestellt haben, sind den Männern bekannt, und es ist vor dieser Versammlung alles, was in euern Sachen aufgeschrieben worden ist, kund gemacht worden. Du hast Beschwerden gegen den Herzog, weil er der Herzog ist, nicht gemacht. So frage darum ich: Habe ich unschuldiges Blut vergossen? Habe ich einen Pfennig aus dem Lande gepreßt? Habe ich meinem Gerichtshofe die Urteile befohlen? Habe ich das Landesgut verschleudert? Habe ich der Trägheit gepflogen? Habe ich die Diener der Kirche und des Landes geschmälert, und gekränkt?«

Alle schwiegen auf diese Worte des Herzoges.

Dann sprach der Herzog Wladislaw wieder: »Weil wir die Söhne des Stammes Premysl, welche in den Waffen gegen uns gestanden sind, eingeladen haben, zu kommen, und ihre Klage zu sprechen, und weil sie gekommen sind, und gesprochen haben: so sagen nun die hohen und die niederen Herren der Länder Böhmen und Mähren, welche in diesem Saale versammelt sind, ihre Meinung über das, was gesprochen worden ist. Otto, hochehrwürdiger Bischof von Prag, rede.«

Otto, der Bischof von Prag, erhob sich von seinem Sitze, und sprach: »Wladislaw, erlauchter Herzog der Länder Böhmen und Mähren, du hast einen andern Weg nach den Herzogskämpfen der Landeskinder gegen die Landeskinder zu wandeln beschlossen, als manche Herzoge vor dir getan haben. Die Herzoge haben ihre Sippen, welche gegen sie die Waffen erhoben hatten, um die Nachfolge zu stören, nach der Besiegung gestraft. Sie mußten oft an der Freiheit und oft an ihrem Leibe büßen. Du wolltest deinen Sippen, wenn sie eine hinreichende Beschwerde haben, Recht widerfahren lassen, und hast deine Herren der Kirche und des Landes berufen, sie zu hören. Du hast deine Sippen berufen, und hast ihnen zugesichert, daß sie unbeschädigt kommen und wieder gehen dürfen. Sie sind gekommen, und haben gesprochen. Und weil ihre Beschwerden nicht hinreichend sind, so erkenne ich, daß sie gefehlt haben, und daß sie dich in der gebührenden Art um Verzeihung bitten sollen. Du, hoher Herr, wirst ihnen gnädig sein.«

Nach diesen Worten setzte sich der Bischof wieder nieder.


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