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Am oberen Laufe der Donau liegt die Stadt Passau. Der Strom war eben nur aus Schwaben und Bayern gekommen, und netzt an dieser Stadt einen der mittäglichen Ausgänge des bayerischen und böhmischen Waldes. Dieser Ausgang ist ein starkes und steiles Geklippe. Die Bischöfe von Passau haben auf ihm eine feste Burg gebaut, das Oberhaus, um gelegentlich ihren Untertanen Trotz bieten zu können. Gegen Morgen von dem Oberhause liegt ein anderer Steinbühel, auf dem ein kleines Häuslein steht, welches einst den Nonnen gehörte, und daher das Nonngütlein heißt. Zwischen beiden Bergen ist eine Schlucht, durch welche ein Wasser hervorkömmt, das von oben gesehen so schwarz wie Tinte ist. Es ist die Ilz, es kömmt von dem böhmisch-bayerischen Walde, der überall die braunen und schwarzen Wässer gegen die Donau sendet, und vereinigt sich hier mit der Donau, deren mitternächtliches Ufer es weithin mit einem dunkeln Bande säumt. Das Oberhaus und das Nonngütlein sehen gegen Mittag auf die Stadt Passau hinab, die jenseits der Donau auf einem breiten Erdrücken liegt. Weiter hinter der Stadt ist wieder ein Wasser, das aus den fernen mittäglichen Hochgebirgen kömmt. Es ist der Inn, der hier ebenfalls in die Donau geht, und sie auch an ihrer Mittagsseite mit einem Bande einfaßt, das aber eine sanftgrüne Farbe hat. Die verstärkte Donau geht nun in der Richtung zwischen Morgen und Mittag fort, und hat an ihren Gestaden, vorzüglich an ihrem mitternächtigen, starke waldige Berge, welche bis an das Wasser reichende Ausgänge des böhmischen Waldes sind. Mitternachtwärts von der Gegend, die hier angeführt worden ist, steigt das Land staffelartig gegen jenen Wald empor, der der böhmisch-bayerische genannt wird. Es besteht aus vielen Berghalden, langgestreckten Rücken, manchen tiefen Rinnen und Kesseln, und obwohl es jetzt zum größten Teile mit Wiesen, Feldern und Wohnungen bedeckt ist, so gehört es doch dem Hauptwalde an, mit dem es vielleicht vor Jahren ununterbrochen überkleidet gewesen war. Es ist, je höher hinauf, immer mehr mit den Bäumen des Waldes geziert, es ist immer mehr von dem reinen Granitwasser durchrauscht, und von klareren und kühleren Lüften durchweht, bis es im Arber, im Lusen, im Hohensteine, im Berge der drei Sessel und im Blöckensteine die höchste Stelle und den dichtesten und an mehreren Orten undurchdringlichen Waldstand erreicht. Dieser auch jetzt noch große Wald hat in seinen Niederungen vornehmlich die Buche, höher hinauf das Reich der Tanne und des ganzen Geschlechtes der Nadelhölzer, und endlich auf dem Grate der Berge auch oft Knieholz, nicht der Berghöhe, sondern der kalten Winde wegen, die gerne und frei hier herrschen. Von der Schneide des Waldes sieht man in das Tal der Moldau hinab, welche in vielen Windungen und im moorigen Boden, der sich aus dem Walde herausgelöst hat, in die ferneren Gelände hinaus geht. Gegen sie steigt der Wald in breiten dichten Wogen ab, nimmt sie nicht selten in seine Schatten, und läßt sie wieder in Wiesen und Hutweiden hinaus. Und so geht er von ihr in vielen Wellen in mitternächtlicher gegen Morgen geneigter Richtung in das Land Böhmen hinein, bis er nach vielen Stunden, die ein Mann zu wandern hätte, mit der letzten der Wellen, die den Namen Blansko führt, an der Ebene steht, in welcher die Stadt Budweis liegt. Und wenn er in den Talrinnen und tellerartigen Ausbuchtungen auch viele Wiesen Felder und Ortschaften hat, so geht in der Mitte doch der ungeschwächte Waldwuchs von dem Blöckensteine in gerader morgenlicher Richtung über das Hochficht die Schönebene und den Schloßwald hinaus, und in ihm ist keine Lichtung und keine Wohnung. Die Richtung der Moldau ist auch gegen Morgen. Sie ist ganz in dem böhmischen Lande. Ihr Fließen ist in dem Tale des großen Waldes sehr langsam. Unterhalb des Jesuitenwaldes kömmt sie in die Kienberge, die an ihrer linken Seite stehen. Hinter ihnen begegnet sie dem Fels der Teufelsmauer, und ihr Lauf wird an ihm ein rauschender und tosender. Hierauf geht sie noch um schöne Waldhöhen, und noch ein Weilchen gegen Morgen. Dann ändert sie ihre Richtung, wendet sich gegen Mitternacht, und beginnt das Waldland zu verlassen. Ihr Fall bleibt da fortan ein lebendigerer und schnellerer, als er in der moorigen Talsohle des oberen Waldes gewesen war. Sie begegnet noch manchem dichten Fels, dann manchem Waldhaupte, das sie in Schlangen zu umgehen gezwungen ist, und manchem langgedehnten Hange, an dem sie in gerader Richtung hinstreichen muß, bis die Berge immer kleiner werden, die sie leichter umspringt, bis sie nach mehreren Meilen gleich dem Blansko in die Ebene kömmt, in der Budweis liegt. Die bedeutendsten Orte, denen sie in dem Laufe, der genannt worden ist, in den heutigen Tagen begegnet, sind die Flecken Oberplan und Friedberg, die Abtei Hohenfurt und die Städte Rosenberg und Krumau.
Zur Zeit, da in Deutschland der dritte Konrad, der erste aus dem Geschlechte der Hohenstaufen, herrschte, da Bayern der stolze Heinrich inne hatte, da Leopold der Freigebige Markgraf in Österreich war, da Sobeslaw der Erste auf dem Herzogstuhle der Böhmen saß, und da man das Jahr des Heiles 1138 schrieb: ritt in der Schlucht zwischen dem Berge des Oberhauses und dem des Nonngütleins – welche Berge aber damals wild verwachsen waren – auf einem grauen Pferde, dessen Farbe fast wie der frische Bruch eines Eisenstückes anzuschauen war, ein Mann von der Donau gegen das mitternächtige Hügelland hinaus. Der Mann war noch in jugendlichem Alter. Ein leichter Bart, welcher eher gelb als braun war, zierte die Oberlippe, und umzog das Kinn. Die Wangen waren fast rosenrot, die Augen blau. Das Haupthaar konnte nicht angegeben werden; denn es war ganz und gar von einer ledernen Kappe bedeckt, welche wie ein Becken von sehr festem und dickem Stoffe gebildet, so daß ein ziemlich starker Schwerthieb kaum durchzudringen vermochte, dergestalt auf dem Kopfe saß, daß sie alles Haar in ihrem Innern faßte, und an beiden Ohren so gegen den Rücken mit einer Verlängerung hinabging, daß sie auch einen Hieb auf den Nacken unwirksam zu machen geeignet schien. Diese Verlängerung der Hauptbedeckung aber hing nicht lose auf den Nacken herab, sondern lag ihm vielmehr dicht an, und wurde unter dem Wamse geborgen, welches von gleichem Leder den ganzen Oberkörper knapp umhüllte. In den Achselhöhlen war ein Schnitt, daß der Mann den Arm hoch heben konnte, und daß man dann das Linnen seiner innern Kleidung zu sehen vermochte. Von dem nämlichen Leder schien auch die Beinbekleidung des Reiters. All dieses Leder war ursprünglich mattgelb gewesen, und wiewohl man nicht verkennen konnte, daß große Sorgfalt auf seine Erhaltung und Reinigung angewendet worden sei, so mußte man doch zugeben, daß es nicht mehr neu sei, und Spuren von Wetterschäden und ausgetilgten Flecken zeigte. An der Hüfte hing ein Schwert. Eine Art Mantel oder Oberkleid von Tuch oder überhaupt einem Wollstoffe war zusammengeschnürt an den Sattel geschnallt, weshalb man die Gestalt und das Wesen dieses Dinges nicht zu ergründen vermochte. Nur die Farbe schien grau zu sein. Der Reiter hatte keine Feder auf dem Haupte und nirgends ein Abzeichen an sich. Die Hände waren bloß, die rechte war frei, die linke führte die Zügel. Das Pferd hatte größere Hufe und stärkere Lenden, als Kriegs- oder Reitpferde gewöhnlich zu haben pflegen. Da der Reiter die Schlucht hinaus ritt, sah er weder rechts noch links, noch nach der Stadt zurück. Es war eine frühe Stunde eines Tages des Spätsommers, der schon gegen den Herbst neigte. Der Tag war heiter, und die Sonne schien warm hernieder. Das Pferd ging durch die Schlucht in langsamem Schritte. Als es über sie hinausgekommen war, ging es wohl schneller, aber immer nur im Tritte. Es ging einen langen Berg hinan, dann eben, dann einen Berg hinab, eine Lehne empor, eine Lehne hinunter, ein Wäldchen hinein, ein Wäldchen hinaus, bis es beinahe Mittag geworden war. In dieser Zeit langte der Reiter unter einigen hölzernen Häusern an, die den Namen des Hauzenberges führten. Die Häuser lagen in Unordnung zerstreut, und der Grund, auf dem sie standen, war ungleich. Es war hier schon kühler als an der Donau; denn da in Passau viele Obstbäume standen, ragte hier nur der Waldkirschbaum empor, er stand vereinzelt, und stand in einer Gestalt, die in manchen Teilen zerstückt war, und bewies, daß viele harte Stürme in den Wintern an ihm vorübergegangen waren. In sehr schöner Bildung dagegen stand die Eberesche umher, sie stand bei vielen Häusern, und mischte das Grün ihres Laubes und das beginnende Rot ihrer Trauben zu dem Grau der Dächer. Die Herberge war ein Steinhaus, stand auch neben Ebereschen, und hatte ein flaches, weit vorspringendes Dach, auf dem große Granitstücke lagen. Die Tragebalken gingen weit hervor, und waren zierlich geschnitzt und rot bemalt. In der Gassenmauer war eine Tür, deren Pfosten rot angestrichen waren. Sie führte in die Schenkstube. Nicht weit von ihr war ein Tor, das in den Hof ging. Auf der Gasse standen mehrere steinerne Tische. Weiter zurück waren Pflöcke, die in die Erde eingerammt waren, und dazu dienten, daß man Pferde an sie anhängen konnte. Wieder weiter von diesen Pflöcken entfernt waren auch noch ein paar offene Schoppen, um Pferde unter ihr Dach führen zu können. Hinter den Schoppen stand Waldwuchs.
Der Reiter ritt, da er bei diesen Häusern angekommen war, auf dem schmalen Weglein gegen das Wirtshaus, dort hielt er an, und stieg ab. Er führte sein Pferd zu einem der Pflöcke, nahm ihm die Gebißstangen aus dem Munde, zog eine Halfter aus der Satteltasche, und band es mit derselben an den Pflock. Da dies geschehen war, nahm er Wollappen von der Größe starker Männerhände aus dem Sattel, und strich mit den Lappen wechselnd die Seiten und andere Teile des Tieres. Als er damit fertig war, und die Lappen ausgeschüttelt hatte, leitete er noch seine bloße flache Hand an den Weichen und dem Rücken des Tieres hin, welches ihn dabei anblickte. Dann breitete er den Mantel über dasselbe. Als er diesen auseinander gefaltet hatte, sah man, daß er ein sehr einfaches kunstloses Stück Stoff von grober Wolle und grauer Farbe sei. Dem Pferde gab er weder Nahrung noch Getränke, sondern ließ es stehen, und ging zu einem der steinernen Tische, an dem niemand war, und setzte sich vor demselben nieder.
Auf der Bank, die vor dem Hause hinlief, saß ein Mann, von dem Halse bis zur Sohle in das gleiche Stück groben braunen Tuches gekleidet. Das Tuch lag fest an seiner schlanken Gestalt. Um die Schultern hatte er ein sehr kurzes Mäntelchen mit Ärmeln, das von grauer Farbe war, und noch gröberes Tuch zeigte als die andere Bekleidung. Schwere Schuhe hüllten die Füße ein. Sonst hatte er nichts auf seinem Körper. Der Kopf war ohne Bedeckung, und wucherte mit dem dichtesten kurzen und so krausem schwarzen Haare, als wäre jedes einzelne Fädchen desselben zu einem Ringe gebogen worden. Um das Kinn, auf der Oberlippe und an den Seiten des Angesichtes war dasselbe kurze Haar, aber wo möglich noch krauser. Aus diesem Schwarz sah ein rotes junges Angesicht mit sehr großen schwarzen Augen heraus. Der Mann band mit seinen Händen einen festen Eisendraht gitterartig um einen geklüfteten irdenen Topf. Der Reiter saß mit seinem Angesichte dem Manne gegenüber.
Seitwärts des Reiters, etwa zehn Schritte von ihm entfernt, saßen an einem Brettertische zwei andere Männer. Sie hatten sehr beschmutzte Lederkoller an. Die untere Bekleidung konnte man der sehr breiten Tischplatte willen nicht sehen. Ihre Lederhauben lagen auf dem Tische. Der eine hatte rotbraune Haare und einen roten Bart, der andere war schwarzhaarig; aber in das Schwarz war schon sehr viel Weiß gemischt. Der Rotbart schien um die dreißig Jahre zu sein, der Graubart um die fünfzig. Beider Angesichter waren stark gebräunt. Vor ihnen stand ein großer grauer Steinkrug mit blauen Blumen. An der Bank neben dem Tische lehnte eine Armbrust, auf der Bank aber lag ein eisenspitziger Stock, den man auch einen Speer nennen konnte.
Sonst war kein Gast auf der Gasse, als an dem entferntesten kleinsten Tische ein Kärrner, der seinen Karren mit Ware, die vielleicht Töpfergeschirr sein konnte, neben sich hatte.
Ob in der Schenkstube jemand war, konnte man nicht sehen.
Nur das Federvieh des Wirtes ging in der Sonne herum, und pickte zu Zeiten ein Körnchen vom verstreuten Pferdefutter.
Da sich der Reiter an dem Tische niedergesetzt hatte, kam auch der Wirt im Bocklederwamse dunkeln Unterbeinkleidern und platter Haube aus der Tür mit den roten Pfosten. Er näherte sich dem Tische, an welchem der junge Reiter saß, und sagte: »Werdet Ihr etwas bedürfen, was unser Haus geben kann?«
»Wohl, wenn Ihr mir zu Diensten seid«, entgegnete der Reiter, »es ist nur wenig. Sendet mir ein Stückchen Fleisch, ein Brot und einen Trunk Bier. Und wenn ich gegessen habe, dann schickt mir einen Knecht heraus, daß ich ihm sage, was ich für mein Pferd brauche.«
»Ich werde nur selber Euer Pferd betreuen«, antwortete der Wirt.
»Es wäre mir lieber, wenn Ihr gerade so tätet, wie ich Euch gebeten habe«, entgegnete der Reiter.
»Es ist auch gut«, sagte der Wirt, und entfernte sich.
Sogleich kam ein Mädchen aus dem Hause, das rote Wangen hatte, und dem zwei lichtgelbe Zöpfe von dem Nacken über den roten Latz und das wollene schwarze Untergewand herab hingen. Das Mädchen deckte frisches Linnen auf den rauhen Stein des Tisches, und stellte Schüsselchen, und legte Messer und Gabel auf das Linnen. Dann brachte es dem Reiter in einem grauen Kruge, der auch blaue Blumen hatte, Bier und endlich ein Stück gebratener Rindschnitte und ein Laiblein Brot. Der Reitersmann zerschnitt das Fleisch und das Brot, verzehrte beides, und trank das Bier. Als er fertig war, kam der Wirt, und wollte den Krug wieder füllen; der Reiter aber legte die Hand auf den Rand des Gefäßes, und sagte: »Es ist genug, ich habe meinen Durst gestillt. Sendet mir jetzt den Knecht, daß mein Pferd sein Obsorge erhalte.«
Von dem Nebentische streckte der Rotbart dem Wirte den blaugeblümten Krug hin, daß er ihn wieder fülle. Der Wirt ging mit dem Kruge in das Haus.
Als der Knecht zu dem Tische des Reiters gekommen war, und nach seinem Begehr gefragt hatte, sagte dieser: »Mache, daß eine Magd mit Wasser Stroh und Sand ein wenig eine Pferdekufe reinige.«
Da der Knecht den Reitersmann ansah, als habe er ihn nicht recht verstanden, sprach dieser neuerdings: »Ich muß meinem Pferde Reinlichkeit geben, darum lasse mir eine Kufe auswaschen.«
Der Knecht holte nun eine Magd, welche in einem Kübel Wasser, dann Stroh und Sand brachte, um damit eine der hölzernen Kufen zu scheuern, die als Pferdefuttertrog vor dem Hause standen. Der Reiter war von seinem Tische aufgestanden, sah der Arbeit zu, und leitete sie. Als sie fertig war, wurde die Kufe vor sein Pferd gestellt. Der Reiter nahm nun selber den flachen länglich runden Korb, in dem der Knecht Haber gebracht hatte, in seine Hände, schüttelte den Haber, und gab dann einen Teil davon, mit seinen Händen abgemessen, dem Pferde in die Kufe. Als dieses davon fraß, und in seinem Fressen fortfuhr, ging der Reiter wieder zu seinem Tische, setzte sich dort nieder, und sah vor sich hin.
Nachdem eine gehörige Zeit vergangen war, stand der Reiter wieder auf, und ging zu seinem Pferde. Er ordnete ihm neuerdings sein Futter, und gab ihm jetzt auch Heu, welches der Knecht gebracht hatte. Er blieb nun bei dem Pferde stehen.
Da näherte sich einer der zwei Männer, welche nicht weit von dem Reiter gesessen waren. Es war der ältere, der mit den grauen Haaren. Als er nahe genug war, sagte er zu dem jungen Manne: »Das ist ein schönes Tier, ein starkes Tier, es wird auch gewiß sehr schnell sein.«
»Ja es ist ein gutes Tier, und für mich reicht seine Schnelligkeit hin«, sagte der junge Reiter.
Der andere fuhr nach einer Weile fort: »Ihr müßt es den Leuten hier nicht übel nehmen, wenn sie den Umgang mit Euch nicht verstehen, sie haben keinen Unterricht. Es kommen selten hier angesehene Reiter herauf; denn da ist kein ordnungsmäßiger Heerweg, es sind keine Orte hier, die einen vielfältigen Wandel mit einander hätten, und die Hügel und die Schluchten des Bodens sind auch nicht geeignet, daß hier Fehden ausgetragen würden. Der Gastherr ist schier nur ein Bauer, und weiter hinauf sind gar lauter Wälder, in denen kein Mensch ist. Aber dahin seid Ihr gewiß nicht gekommen, und werdet nicht kommen.«
»Ich bin mit der Nahrung, die ich in diesem Hause erhalten habe, zufrieden«, antwortete der Reiter, »der Haber ist für mein Pferd gut, und das Heu auch.«
»Ja, ja«, antwortete der andere, »aber wie man mit vornehmen Leuten auf eine höfliche Art umgehen soll, das wissen sie hier nicht.«
»Ich bin nicht vornehm«, sagte der Reiter.
»Es kann sich jetzt in diesen Kriegen viel begeben«, fing der andere wieder an, »es können Boten und Reisige unterwegs sein und Wege und Pfade einschlagen, auf die man gar nicht dächte.«
»Mir sind nur Landbewohner begegnet«, antwortete der junge Reiter.
»Dann müßt Ihr von Passau herauf gekommen sein«, sagte der andere.
»Es vereinigen sich mehrere Wege unterhalb dieser Häuser«, erwiderte der Reiter.
»Das ist wahr«, entgegnete der andere. »Es gibt schlechte Menschen, die einem Boten auflauern könnten, um Lohn zu erhalten. Da ist der Herzog Heinrich, ein edler Mann, ein reicher Mann, ein mächtiger Mann, der Schwiegersohn unsers seligen Kaisers – Gott segne den Kaiser in der Ewigkeit – der Herzog hat die Kleinode, und wird sie nicht herausgeben. Dann ist der König Konrad, der erlauchte Herr aus dem Hause der Staufen. Dann ist der heilige Herr, der Erzbischof von Trier, dann der Markgraf Leopold von Österreich, ein junger Herr. Er ist der Stiefbruder des neuen Königs, und wird zu ihm stehen. Der Herzog Sobeslaw in Böhmen ist schon älter, und hat Erfahrung.«
»Ich habe noch keinen dieser Herren gesehen«, antwortete der Reiter.
»Ja, Ihr seid noch jung«, sagte der andere, »und könnt Euer Glück in der Welt schon finden. Es wird Gnaden und Ehren geben. Ich bin schon alt, und kann nichts tun, als für die hohen Häupter beten. Ich wünsche Euch, daß Ihr recht viel Glück habt, junger Herr, und bringt es vorwärts.«
»Nun, da Ihr mir Gutes wollt, so werde ich Euch schon auch einmal einen Dienst erweisen, so Ihr einen von mir braucht«, erwiderte der Reiter.
»Gutes, nur lauter Gutes«, sagte der andere, und begab sich wieder zu seinem Gefährten an den Tisch.