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Reinlichkeit gilt noch immer als eine nicht ganz wertlose, jedoch mehr fakultative Tugend, die man allenfalls auch durch Treue und Redlichkeit ersetzen könne. Die Betten sind zwar sehr sauber und gut gehalten, aber die Tischtücher in der Woche öfter als einmal zu wechseln, ist auf dem Lande noch unversucht. Selten wird man auch in der Bratenbrühe eine geschmorte Fliege, noch seltener im Salat jenes Würmlein vermissen, welches uns bedeutsam an unsere Vergänglichkeit erinnert und auf das Jenseits hinweist. Noch immer werden auch die ›Krügeln‹ nicht in laufendem Wasser, sondern in ehernem Kessel, eines in der Jauche des andern, gespült. Die wunderliche Sitte, aus den verschmähten Tropfen, die etwa heikle Zecher zurückgelassen, einen neuen Trank zusammenzuschütten für den arglosen Nachfolger, und ein anderes Herkommen, kraft dessen das getrübte Naß, welches vorne vom Hahn abläuft, samt dem Schmutz, der von den Krügen und den rauhen Händen des Schenken sich löst, wieder oben als heimliche Nachspende in das Faß gegossen wird, diese beiden Stammeseigentümlichkeiten fristen auf dem Lande immer noch ihr Leben, obgleich die Obrigkeit in der Stadt ihnen schon vor mehreren Jahren ihr blaues Auge zugewendet hat.
Damit sich aber niemand überhebe, wollen wir gleich bemerken, daß nach den verlässigsten Nachrichten die Wirtshäuser in Ober- und Unterfranken, ja, in den meisten andern Gegenden Deutschlands durchschnittlich weit hinter den altbayerischen zurückstehen. Den größten Schmutz habe ich immerhin im romanischen Graubünden gefunden; sowohl in reformierten Tälern als in katholischen, obwohl sonst unreiner Glaube und reine Wäsche in einer gewissen Wahlverwandtschaft zueinander stehen.