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Herrn Wippchen in Bernau.
Getreu Ihrem im ersten Kaffernkriegsbericht gegebenen Versprechen, dem geehrten Leser ein arges Gemetzel zu liefern, haben Sie uns ein solches allerdings gesandt. Dasselbe schildert aber einen Sieg der Engländer über die Kaffern und war deshalb nicht zu veröffentlichen. Sie werden mittlerweile in irgend einer Zeitung von der furchtbaren Niederlage der Engländer am Tugela-Strom gelesen und uns darin Recht gegeben haben, daß wir, rasch entschlossen, Ihren Bericht nicht zum Abdruck brachten.
Angenommen aber, der Sieg der Engländer hätte sich zufällig bestätigt, so war es doch unvorsichtig von Ihnen, die Gefangennahme des Kaffernkönigs Cetewayo genau nach der Napoleons III. zu schildern, so zwar, daß dies sofort jeder Leser gemerkt und uns ausgelacht haben 119 würde. Es fehlte nur noch, daß Sie Cetewayo nach Wilhelmshöhe bringen ließen, und der südafrikanische Sedantag war fertig. Der Brief, in welchem Cetewayo seinen Degen zu Füßen seines Siegers niederlegte, die Zusammenkunft des Königs mit dem Oberbefehlshaber und dem Minister in einem kleinen Landhause, kurz, Alles war vorhanden, wovon die Chronik des deutsch-französischen Krieges vom September 1870 zu melden weiß. Wir bitten Sie, es sich doch nicht gar zu bequem zu machen.
In Erwartung eines wenigstens halbwegs glaubhaften Berichtes grüßen wir Sie
Ergebenst
Die Redaktion.
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Bernau, 20. Februar 1879.
Im Besitz Ihrer geschätzten Entrüstung über meinen jüngsten Bericht bin ich weit davon entfernt, über das pater peccavi, welches Sie erwarten, Stillschweigen zu beobachten. Im Gegentheil bitte ich Sie: Lassen Sie fünf krumm sein! Ich will gerne zugeben, daß ich den Vogel in's Blaue abgeschossen habe, und ich sehe ein, daß mir, als ich die Kaffern vernichtete, das Pech lächelte. Ich hätte mir den 120 Kopf, bevor ich mit ihm durch die Wand ging, erst reiflich überlegen und bedenken sollen, daß das Glück der Schlachten darin dem Wetter gleicht, daß es wendisch ist. Wer aber konnte ahnen, was geschehen?
Sie werden mir zugeben, daß in allen fünf Weltkugeln stündlich die Nachricht erwartet wurde, England habe das Kap dem Meeresboden gleich gemacht und sämmtliche Kaffern über die Pfanne springen lassen. Das Vorhersagen des Gegentheils wäre nichts als eine Schwarzsagung gewesen, über die man gelacht hätte, denn wenn der Glücksprophet nichts in seinem Vaterlande gilt, um wie viel weniger der Kassandrus! Wer geahnt hätte, was geschehen, der konnte ebenso die Quadratur des Steins der Weisen entdeckt haben. Jetzt freilich ist es – verzeihen Sie das harte Wort! – sehr leicht, von der Niederlage der Engländer zu erzählen, jetzt, wo ihnen nur noch der Kampf um's Dortsein bleibt, jetzt, wo es sich herausstellt, daß sie zu früh »Hahn in Unruh!« kommandirt haben, jetzt, wo sich das grausame Wort Dante's »Speranza ante portas!« so furchtbar erfüllt. Nun kommt Alles vom Rathhaus, nun übt jede Treppe ihren Witz an dem siegesgewissen Kriegskorrespondenten, und dieser kann nichts thun als sich beeilen, den Bock, den er geschossen, wieder in's Leben zurückzurufen. Mein Wahlspruch ist und bleibt: Vaut mieux moutarse après diner que jamais.
Ich lasse einen Bericht folgen, der Ihnen gefallen wird. Er ist voll Sensation. Er erklärt, wieso es ganz natürlich 121 ist, daß die Kaffern den Längeren gezogen und die Hitze des englischen Sporns gekühlt haben. Aus meinen Enthüllungen geht hervor, daß es wieder die Preußen waren, welche siegten. Mag danach kommen, was da wolle!
Noch eins. Oder besser: noch vier, ich meine Vorschuß-Sterlinge. Senden Sie sie mir, bitte, zum Course von 20.38.
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Natal, Mitte Januar 1879.
W. A1s mich das Hiobstelegramm von der Niederlage der Engländer erreichte, eilte ich wie ein Spornstreich hierher, in das Hauptquartier des Königs Cetewayo. Einige Regimenter schossen noch Victoria, andere schleuderten solche mit den Lanzen. Der Jubel war unbeschreiblich. Die Soldaten warfen den Otterfellstreifen, der ihre Mütze bildet, in die Luft und trugen weder Schuhe, noch Uniformen, wie an Sonntagen. Die Freude darüber, daß sie den für unbesiegbar gehaltenen Feind über und über rumpelt, ihn geschlagen und sogar um eine Fahne kürzer gemacht hatten, brach überall betäubend hervor. Cetewayo selbst, ein Tyrann, wie er in mehr als in einem Buche steht, warf seine Götzen vor sich in den Staub und dankte ihnen in der herablassendsten Weise, ferner ließ er alle Gefängnisse öffnen und die Gefangenen hinrichten, fütterte seine Löwen mit Sklavenkindern, kurz, beging den glorreichen Sieg in jeder ihm eigenthümlichen Weise.
Ich fragte mich: Woher mag es gekommen sein, daß diese Wilden, welche Seume unerklärlicherweise bess're 122 Menschen nannte, über die civilisirten Söhne Englands den Sieg davon trugen?
Hier die Antwort. Bei meiner Ankunft überraschte es mich, daß so viele deutsche Zungen an mein Ohr schlugen. Es waren Preußen. Schon vor Jahren haben die Zulus viele preußische Feldwebel kommen lassen, welche nicht nur die Kaffern, sondern die Hotten und die Totten militärisch schulten. Diesen verdankt das Land die allgemeine Wehrpflicht, jeder Zulu ist von zartester Pike an ein preußischer Soldat. Heute sah ich ein Regiment Landwehrzulus exerciren und hörte Redensarten, wie: »I Jötze bewahre!« »Donnerwetter, Kaffer, ick bemerke ja da eine Hautabschürfung uf Ihre Uniform!« »Sie haben heute Ihre Tonsur schlecht jeputzt!« »Nee, Aujust, wie sitzen man bloß wieder Ihre Straußfedern!« u. s. w. Bekannt ist, daß die Kaffern mit dem Geschrei »Druf!« stürmten, – Beweis genug, daß die Engländer eigentlich von den Preußen besiegt worden sind.
Das Leben ist hier trotzdem entsetzlich. Die Luft ist mit Miasmen, der Boden mit Ungeziefer geschwängert. Mein Nachtlager besteht aus Thierfellen, Vogelbälgen, Leinenfetzen, getrockneten Pflanzen &c. ich konnte auf einem solchen Quodlibet natürlich keinen Morpheus schließen. Heute Morgen sagte ich deshalb mit Hamlet zu meinem Wirth: »Eine nette Wirthschaft, Horatio!« Der schwarze Kerl, der natürlich deutsch versteht, wurde vor Schreck über und über bleich, aber helfen konnte er nicht. Wenn dies Leben noch lange dauert, so beiße ich in's Kap.