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[Zum Reprint aus dem Jahr 1991]
Karl Söhle wurde am 1. März 1861 in Uelzen geboren und verlebte seine Kindheit in Hankensbüttel. Sein Vater war Rentmeister der Isenhagener Domäne und von seiner Veranlagung her sehr naturverbunden. Schon in früher Jugend förderte der Vater die Liebe des Sohnes zur Natur, indem er ihm die Tiere, Kräuter, Blumen und Bäume zeigte und erklärte. Von der Mutter erbte er nach seinen eigenen Worten die Neigung zum Phantasten und Romantiker.
Söhles schulische Ausbildung scheint unter keinem guten Stern gestanden zu haben. Seinen Eltern und seinen Lehrern hat er das Leben recht schwergemacht. Die Beschäftigung mit dem Wissen, das ihm die Schulen boten, erschien ihm als zu trocken und zu langweilig. Er strich lieber in der freien Wildbahn umher und beobachtete die Tiere und insbesondere die Vögel. – Schon in jungen Jahren hat er sich für die Bücher von Fritz Reuter begeistert. Das hat ihn inspiriert, schon recht früh seine ländliche Umgebung genau zu beobachten und zu skizzieren.
Mehr einem Machtwort seines Vaters als den eigenen Neigungen folgend besuchte Söhle ein Seminar in Wunstorf und wurde Lehrer. Zunächst hat er diesen Beruf in einem kleinen Dorfe ausgeübt und kam 1883 nach Wittingen. Seinen Erzählungen ist zu entnehmen, daß er als Lehrer viel Folterqualen ausgestanden hat und viel Angstschweiß trocknen mußte. Für die Pädagogik im allgemeinen und für die Methodik im besonderen vermochte er nicht viel Sinn aufzubringen. Seine Freizeit gehörte der Musik, nachdem er anläßlich eines Besuches in Nordhausen zum ersten Male ein »richtiges« Konzert gehört hatte. Er übte mit Feuereifer Violine, Klavier, Orgel, Flöte und später auch noch Violoncello. Das alles aber autodidaktisch und planlos.
Mit 24 Jahren fand Söhle in dem musisch veranlagten Hankensbüttler Amtsrichter Töpel einen Gönner, der ihm den Besuch des Konservatoriums in Dresden ermöglichte und finanzierte. Mit Freuden hängte er den Schuldienst an den Nagel. Die ihm gewährten Mittel flossen aber unregelmäßig, und sowohl eine Krankheit als auch ein Zerwürfnis mit seinem Gönner vereitelten letztlich den Abschluß der Ausbildung am Konservatorium. – In späteren Jahren erwarb Söhle die Würde eines Musikprofessors und bezeichnete sich selbst gelegentlich humorvoll als verdorbenen Schulmeister und verdorbenen Musikanten.
Nach der Aufgabe der Ausbildung am Konservatorium wurde er aus Not Schriftsteller. Er begann natürlich mit Musikkritiken. In seinem literarischen Werk hat er Episoden aus dem Isenhagener Land verarbeitet und die damalige ländliche Idylle beschrieben. Außerdem befaßte er sich noch mit historischen Stoffen. – Sicherlich um seine noch lebenden Zeitgenossen nicht allzusehr zu treffen, verwandte er teilweise Pseudonyme. Taucht in seinen Büchern der Name Berkebusch auf, so verbirgt sich dahinter der Name Söhle. Der Name Krahnold steht für seinen einstigen Gönner Amtsgerichtsrat Töpel. Hinter den Ortsbezeichnungen Fichtenhagen verbirgt sich Hankensbüttel und hinter Strulleborn Wittingen.
Söhle ist nach seiner Heirat mit einer bekannten Hochschullehrerin für Sologesang in Dresden seßhaft geworden. Das Schicksal traf den ernsthaft erkrankten Witwer im Alter schwer. Er hatte als Ausgebombter und Hungernder mit den Nöten der Nachkriegsjahre zu kämpfen. Am 13. Dezember 1947 starb er.
Karl Söhles Bücher wurden um die Jahrhundertwende gedruckt. Diese alten Bücher sind seit Jahrzehnten nur mit viel Glück antiquarisch zu erhalten. Wir möchten die wunderbaren Erzählungen aus der Vergangenheit unserer engeren Heimat einem größeren Kreis zugänglich machen und auch verhindern, daß sie vielleicht im Laufe der Jahre in Vergessenheit geraten. Nachdem wir im Jahre 1981 einen Reprint der »Schummerstunde« und im Jahre 1982 einen Reprint der »Musikantengeschichten« herausgaben, haben wir nun das Buch »Der verdorbene Musikant« nachdrucken lassen.
Hankensbüttel, im September 1991