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München, 24. Nov. 1849 (an Schädel)
Liebster Freund Schädel! Es ist heute gerade wieder so ein nebliges Sauwetter wie voriges Jahr in den angenehmen Tagen Deines Hierseins, so verschaffe ich mir denn schreibend ein Surrogat des Geschwätzes, das mir, Du darfst es glauben, sehr abgeht. Familie ist Gott sei Dank wohlauf, und die Freundschaft um meinen alten Kameraden Thäter, den wir als Kupferstich-Professor an die Akademie bekommen haben, vermehrt.
Die vielbesprochene Zeichnung mit dem Beethovischen Musikstück ist schon längere Zeit fertig. Obwohl ich sie nicht öffentlich ausstellte, brachte sie mir gewaltigen Beifall ein, und ich wünschte nur, es bestellte sie jemand in einem etwas größeren Maßstab auszuführen. Ich schreibe Dir ein Programm ab, das ich dem König zustellte, um ihn etwas vorzubereiten: Zur Probe eines der anmutigsten Werke Beethovens »Fantasie für Klavier, Orchester und Chor«, dem einzigen, das in dieser Weise instrumentiert und dadurch im Bilde zu erkennen ist, hat sich die bunte musikalische Welt eines Badeorts in dem zur festlichen Aufführung geschmückten Theatersaal versammelt. Die Sängerin eines kleinen Solos erweckt bei dieser Gelegenheit die Aufmerksamkeit eines jungen Mannes. Dieses Paares harmlose Liebesgeschichte entwickelt sich in weiteren drei Bildern, die im Charakter mit den weiteren drei Stücken eines Quartetto – Andante, Scherzo, Allegro – Schritt halten; ein Begegnen ohne Annäherung, – der Mutwille eines Balls, auf dem man seine Gefühle laut werden läßt, und ein heiterer Moment der Hochzeitsreise, als man das Schlößchen des beglückten Gatten zuerst erblickt.
Im Einklang mit dem Chor des Beethovischen Musikstücks, der ein Lobgesang auf die Freuden des Naturgenusses ist, sind in der Umfassung dieser Bilder Wald und Lust, letztere durch die vier Winde, vorgestellt, sowie in den verbindenden Arabesken die Tageszeiten, die Erfrischung des Reisens, der Heilquelle &c. angebracht.
Ich schicke dieses opus, das natürlich niemand brauchen kann, weil noch niemand eines hat, dem das meine nachhinkt, der Erbgroßherzogin von Weimar zu, die ich diesen Herbst auf einer Reise nach Thüringen kennen gelernt habe. Es scheint möglich, daß mit dem jungen Hofe sich eine sehr erfreuliche Verbindung anknüpfe. Wenn die Zeichnung wieder flott wird, hätte ich nicht übel Lust, sie nach Frankfurt wandern zu lassen, und zwar an das Haus Brentano, unter eidlicher Versicherung, daß sie nicht im Institut ausgestellt wird. Die mögen erst schätzen lernen, was sie von mir haben.
Die Montags-Musiken sind wieder im Gang, leider ohne die Donna Elvira. Ihre Stelle muß ein junges Mädchen vertreten, die wenigstens eine wunderschöne Stimme hat. Lachners Oper erleidet der Anfechtungen genug. Sicherlich ist es ein reiches Sujet, das nutzt aber alles nichts, wenn nicht eine Dosis Lüge und Niederträchtigkeit dabei ist, so schmeckt es nicht nach dem Brei, den die Welt täglich zu fressen gewohnt ist, und das wird nicht verziehen. Konzerte sind wieder trefflich. Theater sage Oper hinkt. Bei mir sind nebst den erwerblichen Arbeiten das zweite Blatt von den sieben Raben in der Arbeit, ein Märchen in achtzehn Kompositionen aus sieben Blättern. Leb recht wohl und schreibe bald. Was macht Blittersdorf? Schöne Grüße zu Haus und überall von Deinem alten Freund Schwind.