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I. Kapitel.
Großherzog Karl Alexander und Großherzogin Sophie.

Karl Alexander war vierzehn Jahre, als Goethe starb; so stand seine Kindheit, seine Erziehung unter dem Einfluß dieses Beraters der Großherzoglichen Familie. Fast symbolisch will es erscheinen, daß Goethe am Weihnachtsabend 1822, unter dem Christbaum, den kleinen Prinzen zum Überbringer eines Buches an Karl August wählte – es enthielt zweiunddreißig geschriebene Gedichte, welche die Jugend dem Begründer der Bürgerschule dankend widmete; der Dichter machte das Fürstenkind zum Abgesandten der Bürgerkinder Weimars.

Goethe hatte schon die beiden Prinzessinnen mit seiner Fürsorge umgeben; wie viel mehr mußte ihm an der richtigen Bildung des Erbprinzen liegen, auf dem die Zukunft Weimars beruhte! Maria Paulowna tat auch nichts ohne seinen Rat. Die Anstellung Frédéric Sorets als Erzieher fand seinen vollen Beifall. In Rußland als Sohn des Hofmalers der Kaiserin geboren, hatte dieser in der Schweiz, wohin seine Eltern bald zurückkehrten, eine vortreffliche Erziehung erhalten, Theologie und später Naturwissenschaften studiert. Er war als freisinnig, als Republikaner bekannt, aber das war für die großdenkenden Menschen in Weimar kein Hindernis, im Gegenteil. – Für die Elementarfächer bekam der Prinz einen Lehrer Schmidt, der schon bei Goethes Enkeln erprobt worden war; den Zeichenunterricht übernahm Heinrich Meyer, und Eckermann lehrte die englische Sprache, deutsche Literatur und Stilistik. – Die französische Sprache war wirklich die Muttersprache Karl Alexanders, denn durch die Großherzogin war sie am Hofe ganz zur Gewohnheit geworden. Er besaß aber so viel Talent für Sprachen, daß er später noch Russisch, Italienisch und Spanisch lesen und sich darin verständigen konnte.

Goethes Enkel, Walther und Wolf, wurden die Spielgefährten des Prinzen, so daß sie sich oft unter Goethes Augen vergnügten. Auch der Enkel Herders, Theodor Stichling, gehörte zu den Kameraden Karl Alexanders, wie er später selbst erzählen wird. – Soret gab sich große Mühe, den poetischen Hang seines Zöglings durch »positive Ideen und Tatsachen« auszugleichen, aber die Naturanlage trug den Sieg davon, denn den praktischen Forderungen des äußeren Lebens hat Karl Alexander immer fremder gegenübergestanden als allem, was mit Kunst und Wissenschaft zusammenhing. Der Umgang mit Geld ist ihm nie geläufig geworden, er mußte oft zu seinem Leidwesen gewahr werden, daß viele ideale Pläne nur auf sehr realem Boden, der mit Geld geschaffen ist, gedeihen können.

Oft durfte der Prinz am Sonntagmorgen das Goethehaus aufsuchen, wo Goethe ihm Bilder, Mineralien, Fossilien oder interessante Stücke aus seinen Kunstsammlungen zeigte und erklärte; kurz, der Knabe wuchs noch ganz in dem Duft der Goethezeit auf, und sie blieb seine innerliche Heimat. Er lebte immer in diesen Erinnerungen und in Goethes Schriften, versuchte nach dessen Lehren zu schaffen und sagte noch in den letzten Tagen seines Lebens: »Ich könnte alles entbehren, Goethe nicht!«

Der Geburtstag des Prinzen, der 24. Juni, wurde immer festlich begangen, und Goethe veranlaßte oft, daß besondere Ereignisse auf diesen Tag verlegt wurden, so 1829 die Begründung der freien Gewerkschule, die er mit Maria Paulowna gemeinschaftlich geschaffen hatte. Dessen gedenkt man, wenn Karl Alexander später feierlich-wichtige Ereignisse auf den 28. August, Goethes Geburtstag, verlegt, und des für ihn so bezeichnenden Wortes: »Man darf mich nicht von der Atmosphäre trennen, in der ich aufgewachsen bin.«

Karl Alexander hing mit großer Liebe an seinen Eltern und Schwestern; mit seiner Mutter und Prinzeß Auguste verband ihn verstehende Freundschaft; auch seine Großeltern konnten dem Kinde noch ihre Liebe zeigen, so daß er in der denkbar harmonischsten Umgebung aufwuchs. Man hätte glauben sollen, daß eine so ungetrübte Jugend jede Befangenheit, der Welt gegenüber, ausschließen müsse, aber eine gewisse Verlegenheit, die sich in leichter Unnatur zeigte, haftete dem Wesen des groß und schlank gebauten, hübschen und gewandten Prinzen an, ebenso wie seiner Schwester Augusta, und beiden hat diese Eigenschaft, zu der sie nichts konnten, ihr lebelang geschadet. Menschen, die Karl Alexander in seinem ganzen, seltenen Wert erkannten und ihn liebten, konnten es nicht lassen, seine manierierte Sprache nachzumachen, wenn sie von ihm erzählten. Wie wenig der Kern seines Wesens seine hohen, idealen Gedanken und Ziele zu diesen Äußerlichkeiten paßten, wissen alle, die ernsthaft mit ihm verkehrt haben, – und dazu gehören die besten, hochstehendsten Männer und Frauen seiner Zeit.

Durch seine vielen Reisen – man nannte ihn hier oft »Karl Alexander der Auswärtige« – und den vielseitigen Umgang mit bedeutenden Menschen, bekam Karl Alexander einen weiten Blick; er kannte Länder, Menschen, fremde Sprachen und deren Literatur, aber sein kleines Weimar blieb ihm immer der Mittelpunkt, und sein höchstes Sehnen war, Weimar groß zu machen, zu ersetzen, was es verloren, die Stagnation zu überwinden, die nach Goethes Tode eingetreten war, zu dem Zweck wieder bedeutende Leute herzuziehen und ein reges geistiges Leben um sich zu entwickeln. Es war fast eine Manie von ihm geworden, jeden Menschen, dessen Name anfing bekannt zu werden, nach Weimar ziehen zu wollen, einerlei, ob er ihm etwas bieten konnte oder nicht. Freilich gelang es nicht immer, oder es war nicht von langer Dauer, weil die Berufenen hier nicht fanden, was sie erwarteten, oder was ihnen in Aussicht gestellt worden war; aber viele, die für Weimars Leben von großer Wichtigkeit geworden und zeitlebens hier geblieben, sind durch Karl Alexander hierher gekommen. Also muß man bezeugen, daß das geistige Leben Weimars im 19. Jahrhundert, nach Maria Paulowna, fast durchweg ihrem Sohne zu danken ist. Mit dem Bestreben geistige Kräfte hierher zu ziehen hing es auch zusammen, daß er nicht vertragen konnte, jemand wieder ziehen lassen zu müssen,– er zögerte manchmal monatelang, ehe er ein Abschiedsgesuch unterschrieb, und trug es dem Scheidenden nach. Wenn ein Posten hier frei wurde, suchte er immer erst lange nach einer fremden, passenden Persönlichkeit; erst wenn das aussichtslos wurde, kam ein schon hier Lebender in Betracht.

In der Jugend war Karl Alexander im großen Kreise oft befangen, unter Bekannten aber sehr vergnügt. In späteren Jahren konnte er durch Erzählungen aus alter Zeit oder Gespräche mit ihm sympathischen Menschen eine intime Gesellschaft fast allein unterhalten. Er zeigte sich dann von seiner besten Seite; man lernte in ihm einen gebildeten, denkenden, guten und sehr pflichttreuen Menschen schätzen. Treue und Pflichttreue gehören zu den schönsten Eigenschaften des Menschen; sie sind durch Generationen hindurch bei den Gliedern des weimarischen Fürstenhauses in hohem Maße zu finden gewesen. Auch Karl Alexander besaß sie: Pflichttreue in erster Linie für Weimar, Treue für die Menschen, die er einmal in sein Herz geschlossen hatte.

Bei einer Schilderung seines Charakters dürfen auch die weniger idealen Seiten nicht übergangen werden; ein Bild ohne Schatten wirkt nicht plastisch und daher nicht wahr. Er war der Enkel des Kaisers Paul und Karl Augusts; kein Wunder, daß aufbrausende, manchmal sogar verletzende Heftigkeit zu den Erbschaften gehörte, die er zu tragen hatte. Meist fand er aber bald das heilende Wort für die Gekränkten. – Auch in seiner Leidenschaft für Weimar ging er oft zu weit; er verlockte geradezu die Menschen, die er hierher ziehen wollte, mit sonderbar vagen Versprechungen, die er dann nicht erfüllen konnte, und kam dadurch in den Ruf der Unzuverlässigkeit. Er lebte aber in dem guten Glauben, daß allein schon das pure Dasein an diesem Orte voller Erinnerungen, der jedem Gebildeten heilig sein müsse, für alles Fehlende entschädigen könne. So haben manche grollend die Stadt verlassen, in der sie anderes gefunden, als sie gesucht; ideale Werte entschädigen nicht immer für den Mangel an irdischen Gütern – und die fehlten oft in Weimar! In dem feinsinnigen Nachruf, den P. v. Bojanowski über Karl Alexander geschrieben »Großherzog Karl Alexander von Sachsen.« Von Paul v. Bojanowski. München 1901.)
Notizen sind außer aus diesem Nachruf noch aus folgenden Schriften entnommen:
»Goethe und Karl Alexander« von Karl Muthesius. (Weimar 1910.)
»Im Dienste des Großherzogs Karl Alexander« von Hermann Freiherrn v. Egloffstein. (Berlin 1911.)
, heißt es nach Besprechung derartiger Konflikte:

»Schmerzliche Enttäuschungen blieben da für ihn nicht aus. In solchem Zusammenstoß der Gegensätze zwischen der realen Welt und der Welt der Vorstellungen, die den Großherzog erfüllten, lag das tragische Moment, das keinem, auch dem reinsten Leben nicht vorenthalten bleibt. Aber Enttäuschungen haben weder den guten Willen des Fürsten noch seine Kraft zu mindern vermocht. Seine Ziele standen ihm fest, und unentwegt ist er die Bahn vorwärts geschritten, die er sich vorgezeichnet hatte.«

Im Sommer 1837 erhielt der Erbgroßherzog einen Adjutanten, Friedrich Hermann Graf v. Beust, der aus der sächsischen Kavallerie hierher berufen wurde. In ihm hatte Karl Alexander einen treu ergebenen Freund und Berater, dessen Wahlspruch war: »Ich dien'!« Ja, er diente, mit Herz und Seele, mit allen Kräften, bis an seinen Tod!

Graf Beust trat seinen Dienst in Wilhelmsthal an, wo er den Hof versammelt fand. Er kam aus fröhlichem Reiterleben in den schöngeistigen Kreis Maria Paulownas, von dem schon die Rede war, in dem viel gelesen und gedichtet wurde, um die Jugend in Weimars Geist zu bilden. Beust mit seiner liebenswürdigen, witzigen und schlagfertigen Natur, lebte sich bald ein und fand an den drei jungen Hoffräulein gute Kameradinnen. Da war die bildschöne Melanie v. Spiegel, die muntere und originelle Henriette v. Stein, und die reizende und geistvolle Jenny v. Pappenheim, die wohl die bedeutendste des anmutigen Kleeblattes war. – In Weimar traten zu dem engsten Hofkreis noch einige Männer, denen Graf Beust sich eng anschloß, und die auch dem Prinzen nahe standen, so Karl v. Gersdorf, – der Sohn aus der ersten Ehe des Staatsministers – ein eminent gescheiter und sehr origineller Herr; der spätere Theaterintendant Ferdinand v. Ziegesar; Karl v. Schwendler, nachmals Bezirksdirektor in Eisenach und zuletzt Staatsminister in Coburg; Hauptmann v. Watzdorf, Adjutant des Großherzogs Karl Friedrich; zwei Herren v. Seebach und Bernhard v. Arnswald, der für alles Mittelalterliche schwärmte, zeichnete, dichtete und zur Zither sang; er war wie gemacht zum Kommandanten der Wartburg, zu dem er 1841 ernannt wurde.

In den nächsten Jahren ging der Erbgroßherzog mit seinem Adjutanten auf Reisen. Im Frühjahr 1839 besuchten sie Wien und Ungarn, wo Karl Alexander sich mit dem Erzherzog Stephan befreundete, der später fast jedes Jahr nach Weimar kam. Gleich nach der Rückkehr von dieser Reise brachen die Herren nach London auf, wo sie die season mitmachten. Graf Beust berichtete »Friedrich Hermann Graf v. Beust, ein Lebensbild.« (Von seiner Tochter, Marie Gräfin v. Wedel, in 50 Exemplaren für die Familie herausgegeben.), wie sein Prinz überall durch seine Vornehmheit und Liebenswürdigkeit gefalle. Karl Alexander hatte eine so gute Natur, daß ihn die ärgsten gesellschaftlichen- und Reisestrapazen kaum ermüdeten; er konnte in der unbequemsten Stellung und zu jeder Zeit schlafen, ließ sich nach fünf Minuten wecken und war ausgeruht und erfrischt. Er verbrauchte die Kräfte von zwei oder drei Adjutanten, um das alles abwechselnd mitzumachen, was er vornahm. So blieb er in England gesund, aber Graf Beust bekam ein typhöses Fieber und sollte in London liegen bleiben, als der Prinz die Reise in das innere Land antrat. Da Herr v. Wegner, der früher zeitweise Gouverneur bei dem Prinzen gewesen, auch keine zuverlässige Gesundheit hatte, so setzte der Kranke es mit seiner großen Energie durch, die Fahrt mitzumachen. In einem Reisewagen mit Betten fuhr er mit seinem Diener dem Prinzen nach, – oft halb bewußtlos – genas aber durch die frische Luft schneller, als man es für möglich gehalten hatte. – Auf der Heimreise wurde Holland und die Königin Anna Paulowna, Schwester Maria Paulownas, besucht, wo Karl Alexander seine Cousine, die fünfzehnjährige Prinzessin Sophie, wiedersah, die schon 1834 mit ihrer Mutter bei den Verwandten in Weimar gewesen war.

Im Herbst 1839 trat der Erbgroßherzog auf zwei Jahre in das 1. Kürassierregiment zu Breslau ein und fuhr von da im Frühjahr 1841 nach Petersburg, um der am 28. April stattfindenden Hochzeit seines Vetters, des Thronfolgers – nachmaligen Kaisers Alexander II. – mit der Prinzessin Marie von Hessen-Darmstadt beizuwohnen. Der Prinz blieb noch fast den ganzen Sommer mit Graf Beust in Rußland, um Land und Leute gründlich kennen zu lernen, was für letzteren nicht ganz leicht war, denn er hatte sich im Winter 1840 mit Cécile v. Gersdorf, der Tochter des Ministers in Weimar, verlobt und litt nun sehr unter der beständigen Trennung von seiner Braut. Desto beglückender für das Brautpaar kam der Entschluß des Großherzogs Karl Friedrich und seiner Gemahlin, nach Petersburg zu reisen. Am 23. Juni trafen sie in Kronstadt ein, und in ihrer Begleitung war das Hoffräulein Fräulein v. Gersdorf, welche an die Stelle ihrer nunmehr mit Herrn v. Gustedt verheirateten Stiefschwester, Jenny v. Pappenheim, getreten war.

Schon auf dem Schiff kam ihnen der Kaiser mit seiner Familie und Gefolge entgegen; unter ihnen befand sich der Erbgroßherzog mit Graf Beust. Nach der ersten Begrüßung teilte die Großherzogin ihrem Bruder, Kaiser Nikolaus, die Verlobung des Adjutanten und der Hofdame mit und sprach den Wunsch aus, daß sie während der Reise noch nicht veröffentlicht werden solle. Da flog ein schalkhaftes Lächeln über das schöne Gesicht des Kaisers, er schritt rasch an Graf Beust heran, hob ihn mit seinen starken Armen in die Höhe, trug ihn bis an den Platz, wo Fräulein v. Gersdorf stand, und legte ihn zu ihren Füßen nieder. Die Verlegenheit der Braut, das Gelächter der Umstehenden kann man sich vorstellen. Dem Geheimnis hatte der Kaiser damit ein Ende gemacht, und nun wachte er in der ganzen Zeit des Besuches über dem Brautpaar, damit sie, trotz der strengen Etikette, sich manchmal allein sprechen konnten. Er ließ es Beust sagen, wenn die Großherzogin mit ihrer gestrengen Oberhofmeisterin, Gräfin Fritsch, ausgefahren war, damit er seine Braut besuche, und gab den Befehl, sie bei Tafel immer nebeneinander zu setzen. – Dieser genußreiche Aufenthalt dauerte bis Mitte August; dann kehrten die jungen Herren in die Garnison und das Großherzogliche Paar nach Weimar zurück.

Im Oktober 1841 reiste der Erbgroßherzog wieder zu einem kurzen Aufenthalt nach Holland, aber erst im März 1842 wurde dort die Verlobung gefeiert, die dem weimarischen Lande eine Landesmutter im wahrsten Sinne zuführen sollte. Am 10. März schreibt Graf Beust aus dem Haag an seine Braut:

Das hohe Brautpaar erfreut alle Welt durch sein glückliches, heiteres und vergnügtes Wesen, nur sind alle Menschen außer sich, die Prinzeß, die hier angebetet wird, zu verlieren. Sie ist aber auch so liebenswürdig, gescheit, heiter und wohlwollend, daß man sie lieb haben muß.

Am 31. März: Ich freue mich complet darauf, wie schnell die Prinzeß in Weimar im höchsten Grad beliebt und geliebt sein wird. Sie ist zu charmant! Ich bin überzeugt, mein Prinz hätte keine bessere Wahl treffen können.

Nach der Vermählung – am 8. Oktober nachmittags 3 Uhr – erzählt der treue Freund:

Das Brautpaar sah wirklich reizend aus. Während der Ceremonie war alle Welt sehr ergriffen, aber kaum brachten wir die Neuvermählten in ihr Zimmer zurück, als der Prinz und die Prinzeß in Jubel und Heiterkeit ausbrachen, was so natürlich herauskam, daß es mich ganz glückselig gemacht hat. Ich bin überzeugt, sie werden glücklich. Ich habe den Prinzen lange nicht so heiter gesehen.

Am 19. Oktober fuhren der Großherzog und seine Gemahlin nach Eisenach, um das junge Paar zu empfangen, das von der Landesgrenze an wie in einem Triumphzug, den ihm die Liebe des Volkes bereitet, daherfuhr. Der Eintritt des Burgherrn mit seiner jungen Landgräfin in die Wartburg, während von Posaunen und Menschenstimmen das hehre Lied »Nun danket alle Gott« über Berge und Wälder schallte, blieb den Beteiligten eine feierliche Erinnerung.

Vor Weimar, in Neuwallendorf, in dem einsamen Gasthof an der Erfurter Chaussee, dem einzigen Überbleibsel eines ganzen – im Dreißigjährigen Kriege zerstörten – Dorfes, machte das junge Paar Halt, um die Reisekleider mit den Festgewändern zu vertauschen. Das alte Haus war lange Zeit das Absteigequartier der ankommenden Fürstlichkeiten und hat viele gekrönte Häupter in seinen kleinen Räumen gesehen. Dann bestieg die Frau Erbgroßherzogin einen schönen offenen Wagen, den die Bürger Weimars als Geschenk darbrachten; zwanzig junge Mädchen in holländischer Tracht, Deputationen usw. begrüßten sie; dann setzte sich der Wagen – mit dem Erbgroßherzog zu Pferd am Wagenschlag – als Mittelpunkt eines Festzuges, unter Glockenläuten aus Dorf und Stadt, mit Musik voran, in Bewegung. Am Erfurter Tor wurden sie von der Bürgerschaft empfangen, und Stadtdirektor Hase hielt eine Ansprache, deren Schluß an die Erbgroßherzogin gerichtet war:

»Sie heißt Wilhelmine, der Name Wilhelm hat schon von frühen Zeiten einen guten Klang im Lande, viele wohltätige Stiftungen tragen diesen Namen. Sie heißt Marie, und Marie heißt auch der schöne Stern, dessen wohltätige Strahlen das ganze Land beglücken. Sie heißt Luise, und eine Luise war es, deren heldensinniges, großartiges Benehmen jenem welschen Zwingherrn zuerst Achtung vor deutschem Frauenwert abnötigte. Sie heißt Sophie, und eine Sophie, vermählt mit dem hoffnungsvollen Erben einer großen Vergangenheit, vermählt mit dem geistvollen, rüstigen, tätigen Zeugen einer schönen, glücklichen Gegenwart, wird uns auch eine Zukunft hervorrufen, wo alle bürgerlichen Tugenden Anerkennung finden werden.«

Durch die geschmückten Straßen und die glücklichen Menschen führte der Weg nach dem Schloß, wo die Eltern, die von Eisenach aus vorausgeeilt waren, das junge Paar empfingen. Ein großer Familienkreis hatte sich um sie versammelt: Herzog Bernhard und Herzogin Ida mit ihren Kindern; Prinz Wilhelm und Prinzeß Augusta von Preußen mit Sohn und Tochter; Prinz Karl mit Gemahlin und zwei Kindern; alle Gesandte und viele Freunde und Eingeladene gruppierten sich mit dem Hofstaat, den Staatsbehörden und Deputationen um die Großherzogliche Familie.

Der Kirchgang am Sonntag den 23. Oktober war der erste Ausgang der Frau Erbgroßherzogin im neuen Vaterlande. Von da an reihte sich eine Festlichkeit an die andere, die vom Hofe und den verschiedenen Vereinen in der Stadt dem jungen Paare gegeben wurden. Ich erwähne nur den Festzug »Eine Bauernhochzeit«, von der Gesellschaft Harmonie am 26. veranstaltet und den Tanz und Freitrunk für jedermann auf dem Karlsplatz, sowie das Hofkonzert, das deshalb von besonderer Bedeutung war, weil Franz Liszt darin spielte. Der berühmte Rubini sang, und Vater und Sohn Fürstenau bliesen Flötenduette.

Als Gegengabe für alle Einzugsfeierlichkeiten gaben die Herrschaften am 3. Februar 1843 ein großes Kostümfest im Schloß, von dem die Teilnehmer noch jahrelang schwärmten. Der Grundgedanke war: »Galerie deutscher Dichtungen von der ältesten bis auf unsere Zeit.« Der Erbgroßherzog erschien als Kaiser Maximilian I., seine Gemahlin als Maria von Burgund.

Über dieses Fest und die ganze Zeit schrieb Amalie v. Groß Ungedruckt. Im Besitz des Enkels der Verfasserin, Baron Siegfried v. Groß an ihre Freundin Rosalie Falk (die Tochter von Johannes Falk):

... Ich habe in der letzten Zeit nichts wie Gold- und Silbersinkel in dem Kopf gehabt, wegen der großen Maskerade, bei welcher ich als Aventure – die Muse des Nibelungenliedes – erschien. Wir stellten die Literaturgeschichte dar, mit siebzig Stanzen von Riemer, welche recht fließend und sehr gelehrt waren. Wunderschöne Masken waren zu sehen und die Leute hatten es sich etwas kosten lassen ... Es war ein wirkliches Volksfest. Auf dem rothsammt Kanapee des Audienzzimmers unter dem Baldachin fand die Hoheit ein Liebespärchen, Butterbrot essend. Bürgermädchen mit ihren Mützen, Schauspieler, Musiker, Kaufleute, Kalkulatoren, alles begegnete man. Bei den zahlreichen Buvets entfalteten sich die Eigenthümlichkeiten ganz besonders. Unter den fremden Masken gab es ganz wunderliche. Zwei Damen aus Jena stellten Liebe und Unschuld vor – mit bis ans Knie gehenden Kleidern, die eine ganz rosa, die andere weiß ... Bei uns ist der Winter recht animirt. Das war die dritte Maskerade welche wir hatten. – Auch fängt man an hier musikalisch zu werden; die Prinzeß (Sophie) singt hübsch und hat ein Singkränzchen arrangirt ...

*

In der Erbgroßherzogin Sophie war eine sehr bedeutende Natur in das weimarische Fürstenhaus eingezogen. Zuerst bezauberte sie ihre Umgebung durch ihr liebliches Wesen, ihre Munterkeit und Liebenswürdigkeit; wenn sie auch nicht schön war, so verband sie mit großer Grazie, die sich besonders beim Tanzen zeigte, eine solche Vornehmheit, daß sie – trotz ihrer kleinen Gestalt – etwas sehr Imponierendes hatte. Das verstärkte sich natürlich mit den Jahren, die sie ruhiger, würdevoller und ernster machten; in der Jugend wird sie von ihrer heimatlichen Umgebung schon als überlegend und pflichttreu, aber auch als zu Heiterkeit und Scherz neigend, geschildert. Erschien sie – in späteren Jahren besonders – oft kühl, zurückhaltend, scharf wägend und beurteilend, so brauchte ihr nur jemand, der Unglück erfahren hatte, nahezutreten, um ihre ganze Wärme des Gefühls erwachen und sich betätigen zu lassen. In solchen Momenten ging sie aus sich heraus, daß man sie eben erst kennen zu lernen meinte, und manche glaubten, nun zu ihren intimen Freunden zu zählen. Aber darin hatten sie sich meist getäuscht, an die Stelle der warmen Aussprache trat dann wieder die kühle Ruhe, die Freundin ward wieder zur Fürstin.

Daß Karl Alexanders Anlagen mehr nach der idealen Seite gingen, ist schon gesagt; seine Gemahlin teilte bis zu einem gewissen Grade ferne Neigungen und Bestrebungen, aber ihre stärksten Gaben waren die praktischen. Sie verwaltete ihr großes Vermögen selbst, mit Hilfe ihres Schatullverwalters, Hofrat Marshall, und bildete sich mit den Jahren zu einer der tätigsten, umsichtigsten und im großen Sinne wohltätigsten Frauen aus, die beständig für das Wohl des Landes, für den sozialen Fortschritt bedacht war. Auch ihre Liebe zur Kunst und deren Förderung hing in gewisser Weise mit ihren praktischen Grundsätzen zusammen. Wenn sie glaubte, die späteren Ansprüche nicht genügend erfüllen zu können, hütete sie sich vor dem Anfang. Sie versprach nie etwas, von dem sie nicht ganz sicher war, es halten zu können, und war in dieser wie in jeder anderen Beziehung wahr bis zur Schroffheit. So bildete sie zu der Natur ihres Gatten den denkbar glücklichsten Gegensatz und hat ihm gewiß oft den Halt gegeben, der seinen manchmal etwas phantastischen Anschauungen gegenüber nötig war.

Um den Charakter dieser ausgezeichneten Frau gleich hier von allen Seiten zu beleuchten, entnehme ich eine Stelle – wenn sie auch mehr auf spätere Jahre paßt – wörtlich dem Nachruf aus der Feder eines ihrer bewährten Mitarbeiter an den sozialen Werken, aus dem auch viele Notizen über ihr Leben stammen: »Sophie, Großherzogin von Sachsen.« Von P. v. Bojanowski. (Braunschweig 1898.)

»Wie wenige hatte die Großherzogin einen weiten Blick für das, was richtig und gut in den Ideen der Zeit war; sie erfaßte stets die höchsten Ziele, aber sie hatte auch, was sich noch seltener findet: die Fähigkeit, geduldig und stetig die langsame Entwickelung abzuwarten und nicht das Große allein, sondern auch das Kleine m seiner aufbauenden und erhaltenden Bedeutung zu würdigen. Der Wahlspruch ihres Hauses: › Je maintiendrai‹ war auch der ihre: was sie zu tun entschlossen war, führte sie mit einer mustergültigen Energie aus, unbekümmert um Schwierigkeiten und Hindernisse. Für jeden, der mit ihr in geschäftlichen Dingen zu verhandeln hatte, war es neben dem Scharfblick für das Ganze und dem eisernen Fleiß, mit dem sie sich mit den Einzelheiten vertraut machte, überaus charakteristisch, wie sie auch scheinbar untergeordneten, aber in der Tatsächlichkeit des Lebens recht wichtigen Angelegenheiten stets im rechten Augenblick und in der rechten Form ihre Aufmerksamkeit zuwendete. Das ist jene höchste Konsequenz, die nach dem Worte Goethes engen Verhältnissen die Gestalt eines großen Haushalts gibt und sie dadurch interessant macht. Aber weit über solche Verhältnisse hinaus wachsen in der Wertschätzung die Charaktere, die in so einsichtsvoller Beherrschung des Gegebenen ihre Schöpfungen leiten.«

In den ersten zehn Jahren der Ehe konnte das Erbgroßherzogliche Paar noch ganz seinen Neigungen leben, ohne die Pflichten und Sorgen des Regierens zu fühlen. Sie machten Reisen nach Rußland, England und Italien, lebten im Winter im Schloß zu Weimar und im Sommer in Ettersburg, wo sie in dem ungebundeneren Landleben viele Besuche aus den verschiedensten Kreisen bei sich sahen. Wie oft lesen wir jetzt in Briefen und Tagebüchern berühmter Leute, daß sie in Weimar waren, in Belvedere, Ettersburg oder Wilhelmsthal mit großer Liebenswürdigkeit empfangen wurden und von der jungen Erbgroßherzogin in einfach hausfraulicher Weise den Tee gereicht bekamen, während das Gespräch sich meist um Kunst und Wissenschaft drehte! Die deutsche Sprache war der geborenen Holländerin im Anfang noch nicht sehr geläufig, so daß französisch gesprochen wurde, wenn es allen Anwesenden bequem war; aber sie sprach mit jedem deutsch, dem sie anmerkte, daß er sich in einer fremden Sprache nicht frei aussprechen konnte.

Karl Alexander hatte sich mit dem dänischen Märchendichter Andersen befreundet, der ihm – nachdem er einige Tage in Ettersburg zugebracht – schrieb: Emil Jonas: H. C. Andersen's Briefwechsel mit Großherzog Carl Alexander. (Berlin 1887.)

Als ein schönes Kapitel aus dem Märchen meines Lebens stehen für mich die Abende in Ettersburg; ich erinnere so lebendig den klugen gesegneten Ausdruck in Euren und Eurer milden Gemahlin Augen; ich erinnere das Volksfest zur Freude des 24. Juni, die Bauern die nach den Bändern kletterten auf den Schlaraffenstangen, die duftenden Linden mit den bunten Laternen, unsre Wanderung, mein edler Herzog, durch den Wald, nach dem Baume, wo Zeus mit seinem Blitze auch seinen Nahmen neben Goethe's und Schiller's schreiben wollte.

Auch aus den militärischen Kreisen der Umgegend kamen Gäste, so aus Erfurt der Hauptmann v. Moltke, der nachherige Feldmarschall: er hinterließ – trotz seinem stillen, schlichten Wesen – durch seine geistvollen Erzählungen aus der Türkei, wo er sich mehrere Jahre aufgehalten, einen bedeutenden Eindruck.

Wie es einst in Wilhelmsthal Sitte gewesen, anonym eingesandte Gedichte und Aufsätze vorzulesen, so wurde es auch hier eingeführt. Sekretär der Ettersburger Chronik war der russische Gesandte, Apollonius v. Maltitz, durch dessen Hände alle eingelaufenen Schriften gingen. Er selbst – ein deutsch erzogener Livländer, von dem schon früher die Rede war – trug oft seine satirischen Dichtungen und humoristischen Arbeiten in Prosa mit unerschütterlichem Ernst, im tiefsten Brustton vor und versetzte die Gesellschaft in die größte Heiterkeit.

Daß Karl Alexander mit Herz und Sinn an allem festhielt, was ihn an die klassische Zeit Weimars erinnerte, ersehen wir aus einem seiner Briefe Aus den ungedruckten Briefen Karl Alexanders an Emilie v. Gleichen, die mir von ihrem Enkel, Freiherrn Alexander v. Gleichen-Rußwurm, zur Benutzung übergeben wurden. an Schillers jüngste Tochter Emilie Freifrau v. Gleichen-Rußwurm, mit der ihn treue Freundschaft verband:

Weimar, Dienstag Nachts 21. Dec. 46.

... Könnten Sie in meinem Herzen lesen, so würden Sie erkennen, daß je mehr ich lebe ich mich begeistere, durchglüht von unserer großen, gewaltigen Vergangenheit. Kann ich nun bei solchen Empfindungen anders als mich hingezogen fühlen zu dem Kinde desjenigen, den ich als Deutscher, als Weimaraner und namentlich als Enkel meines Großvaters zu jenen Geschöpfen rechne, welche das gütige Geschick von dem Himmel gesendet hat um zu beweißen daß noch Wunder geschehen? – Sie waren so gütig, so freundschaftlich für mich, gnädige Frau, daß mir in Ihrer Umgebung wohl ums Herz ward! Sie schienen mir zugleich die Gegenwart und die Vergangenheit zu umfassen, das Jetzt und das Einst, das Reich meiner Träume, in das ich so gern mich versenke. Auch der Zukunft gedachte ich bei Ihnen froh und meiner heiligen Pflicht, fortzugehen auf dem Pfad, den die Vergangenheit mir gezeichnet! –

Grüßen Sie Ihre Tante Reinwald Schillers Schwester, die in Meiningen lebte. von mir. Ich kann nicht sagen, welch' tiefen, ich möchte sagen gewaltigen Eindruck sie auf mich gemacht hat. Sie hat mich wahrhaft erbaut. Sie ist ein lebendes glorreiches Beispiel für einen jungen Wanderer wie ich.

Leben Sie wohl, meine gnädige Frau, gedenken Sie der Vergangenheit, so erinnern Sie sich, daß Jemand in Weimar mit Ihnen tief das Entschwundene empfindet, gedenken Sie der Gegenwart so verbannen Sie nicht ganz aus Ihrer Seele das Bild

Ihres
ergebensten Dieners
Carl Alexanders
Erbgroßherzog von Sachsen.

*

Die Geburt dreier Kinder fiel noch in die Jahre vor dem Regierungsantritt Karl Alexanders. Prinz Karl August, der nachmalige Erbgroßherzog, wurde am 31. Juli 1844 geboren, Prinzessin Marie Alexandrine 1849, Prinzessin Sophie 1851; nur Prinzessin Elisabeth kam nach dem Tode Karl Friedrichs, 1854, zur Welt. Daß die Erziehung ihrer Kinder der Mutter sehr am Herzen lag, ist bei ihrem ernsten, pflichttreuen Charakter nicht anders zu denken. Als erste treue Pflegerin derselben stand ihr Frau Töpfer zur Seite; später wurde Fräulein Emma Froriep Erzieherin der Tochter.

Nach dem Ableben des Großherzogs Karl Friedrich, – am 7. Juli 1853 – von dem am Ende des 1. Bandes berichtet wurde, mußte das junge Paar die Regierungssorgen auf seine Schultern nehmen, und damit wich die freiere, bewegliche Jugend dem gemessenen und reiferen Alter.

Die Empfindungen des jungen Großherzogs beim Antritt der Regierung wurden von Ottilie v. Goethe vortrefflich verstanden und wiedergegeben. Sie schrieb ihm am 14. August aus Albano Entnommen aus: »Ottilie v. Goethe und ihre Söhne Walther und Wolf«, in Briefen und persönlichen Erinnerungen von Jenny v. Gerstenberg. (Stuttgart 1901.):

... Walther hat im Namen Ew. Kgl. Hoheit die erhebende Nachricht gegeben, daß der 28. August zur Huldigungsfeier von Ew. Kgl. Hoheit gewählt wurde, und mit Rührung, Stolz und Hoffnung für die Regierung Ew. Kgl. Hoheit hat mich diese Wahl erfüllt. Es ist ein symbolisches Zeichen, daß Sie, gnädigster Herr, die große Vergangenheit Weimars anerkennen und auf dem alten Grund, den Ihre Ahnen und die größten Männer Deutschlands im Reich des Gedankens gelegt haben, nun auch die Neuzeit aufbauen wollen. Es ist nicht der Bruch zwischen alt und neu, was, vergeben Ew. Hoheit, wenn ich es sage, so oft der Fehler bei einem Regierungsantritt ist, sondern die harmonische Vermittlung von dem, was war und nun sein wird, was sich Kgl. Hoheit zur Aufgabe gestellt ... Sie haben durch die Wahl des 28. August Ihre Regierung zu einer Regierung des Geistes erklärt ... Gott gebe Ihnen Beharrlichkeit in der Ausführung und treue Freunde und Diener.

Offiziell war also Karl Alexanders Thronbesteigung erst am 28. August, an Goethes Geburtstag. Er hatte damit die Huldigung des Landtags und die sonstigen Zeremonien gleichsam in der Erinnerung an Goethe entgegengenommen und ihnen damit eine besondere Weihe gegeben.

Auch die Tätigkeit der Großherzogin Sophie erweiterte sich jetzt, aber da die von ihrer Schwiegermutter geschaffenen Institute – z. B. der »Frauenverein« – noch in deren Direktion blieben, so trat sie diesen Teil der Regierung gewissermaßen erst nach dem Tode derselben – am 23. Juni 1859 – an; man wußte aber längst, daß sie die würdige Nachfolgerin der Großfürstin war.

Ihre erste Schöpfung trat schon früher, zu Ostern 1854, ins Leben, das »Sophienstift«, eine Schule für die Töchter der wohlhabenden Klassen, die in dem Mittelhaus der Froriepschen Besitzung eröffnet wurde. Zum Direktor ernannte sie Hofrat Hergt, den Reisebegleiter des Herzogs Bernhard. Ostern 1879 siedelte die Schule in das schöne Gebäude über, das die Stifterin hinter dem Theater errichtet hatte. Durch dieses Institut wurde Weimar von Jahr zu Jahr mehr die Stadt der Pensionats, denn nicht nur aus der Umgegend, sondern auch aus andern Ländern werden junge Mädchen zur Erziehung hierher geschickt, die den Unterricht meist im Sophienstift erhalten.

Eine ganz besondere Aufmerksamkeit widmete die Großherzogin den Handarbeits- und Haushaltungsschulen, und ihr ist es größtenteils zu danken, daß die Volksschulen den Handarbeitsunterricht in den Lehrplan ausgenommen haben. Sie war auf jedem Gebiete darauf bedacht, die Kräfte der Frauen und Mädchen an den richtigen Stellen zu gebrauchen und ihr Können und Wissen auf einen hohen Standpunkt zu bringen, ohne die Bahnen zu verlassen, die der Weiblichkeit angewiesen sind. Besonders der Armen- und Krankenpflege sollten sich die Frauen annehmen, und zu dem Zwecke gliederte sie dem »Frauenverein« im Jahr 1875 einen Verband für Krankenpflegerinnen an, der mit einer Oberin und fünf Schwestern, die in gemieteten Räumen wohnten, anfing. 1886 war das »Sophienhaus« fertig, das die Stifterin in der Luisenstraße – mitten in einem großen Garten – gebaut hatte, und konnte von Schwestern und Kranken bezogen werden. Wie es seit der Zeit gewachsen ist, ersieht man mit Erstaunen, wenn man jetzt das von einer Mauer umgebene kleine Reich betritt, in dem das zuerst errichtete Krankenhaus nur von den Schwestern bewohnt wird und hinter dem Isolierhaus sich noch ein großes Spital erhebt, in dem mustergültige Operationsräume eingebaut sind. – Aber nicht nur für dieses Haus hatte die Großherzogin die Krankenpflegerinnen bestimmt, ihre Stationen sollten sich wie ein Netz über das ganze Land ausbreiten und überall Hilfe, Rat und Trost spenden. Bei Lebzeiten der Stifterin sind diese Stationen auf 31 gestiegen, und außerdem hat sie das Kinderheilbad in Sulza und das Sanatorium für Lungenkranke bei Berka errichtet, die beide von dem Mutterhaus aus geführt werden. Jetzt gibt es bereits 51 Stationen, und außerdem werden die Kliniken in Jena, die städtischen Krankenhäuser, Irrenanstalten, Invaliden- und Siechenheime, Kinderbewahranstalten usw. von den Schwestern besorgt. Die Satzungen für die Krankenpflegerinnen hat die Stifterin selbst verfaßt, sie sind knapp in der Form, tief in der Empfindung und verlangen Selbsterkenntnis und Selbstbeherrschung, Nächstenliebe und höchste Pflichttreue, alles das auf der Grundlage eines gefestigten Glaubens, auf dem sie selbst ihr Leben aufgebaut hatte.

Wenn die Großherzogin Sophie weiter nichts für das weimarische Land getan hätte, als daß sie ihm diese Institution geschenkt, so wäre man ihr schon heißen Dank schuldig, aber es ist ja nicht möglich, alles aufzuzählen: Schulen, Universität, Bibliotheken, Stiftungen sind durch ihre Hilfe gewachsen, von den einzelnen Menschen, denen sie geholfen, gar nicht zu reden. Vor langen Jahren hat ein Landtagsabgeordneter während einer Sitzung gesagt: »In Weimar läßt sich niemand einen Rock machen, zu dem die Großherzogin nicht wenigstens die Knöpfe gibt.« Darob große Entrüstung in den Zeitungen! Aber es war viel Wahres daran.

Am 26. Mai 1859 – kurz vor dem Tode der Großfürstin – starb die kleine Prinzeß Sophie an einem Gehirnleiden. Das war der erste schwere Verlust, der die Familie nach dem Tode Karl Friedrichs traf. Die drei anderen Kinder wuchsen gesund und fröhlich auf, nicht nur zur Freude ihrer Eltern, sondern der ganzen Umgebung, der Stadt und des Landes. Der Erbgroßherzog Karl August hatte seit 1855 einen Holsteiner als Erzieher erhalten, Freiherrn v. Wardenburg, dessen mildem, freundlichem Wesen der Knabe gleich sein ganzes weiches Herz entgegenbrachte, nachdem er seit 1849 unter dem strengen, militärischen Regiment des Majors Kämpfer gestanden hatte. Wardenburg war eine feine, gebildete, edle Natur und ein sehr liebenswürdiger Mensch, der am Hofe und in der Geselligkeit bald eine Rolle spielte. Den Prinzen in seiner Obhut zu wissen, war eine Freude für alle, die ihn liebten, denn er war ein schüchternes Kind, klein für sein Alter, körperlich nicht sehr gewandt und dadurch ohne Sicherheit. Aber wie liebte man ihn, wenn man die Klarheit dieses Charakters, seine Wahrhaftigkeit und Treue und besonders sein Pflichtgefühl erkannt hatte! Sein Lehrer wurde Dr. Moritz Vermehren aus Jena, der dem Prinzen mit derselben Liebe ergeben war, wie alle, die ihm nahekamen und unter dem unscheinbaren Äußeren den vortrefflichen Kern zu erkennen vermochten.

Am 12. April 1862 wurde die Konfirmation des Erbgroßherzogs begangen. Königin Augusta und Prinz Karl von Preußen waren dazu gekommen. Die Prüfung hielt Kirchenrat Professor Dr. Schwarz aus Jena, die heilige Handlung in der Schloßkapelle vollzog Oberhofprediger Dr. Dittenberger unter der Assistenz von vier Hof- und Stadtgeistlichen. Der Konfirmand las mit bewegter Stimme sein selbstverfaßtes Glaubensbekenntnis; der Konfirmationsspruch lautete: »Sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben.«

Diese Worte sind »in der Tat die Richtschnur gewesen für sein Leben, das durch die seltene Treue, die er immer und unter allen Umständen allem hielt, was er für wahr erkannt hatte, einen Hellen Glanz empfangen hat«. Aus: »Carl August, Erbgroßherzog von Sachsen.« Ein Lebensbild. Von P. v. Bojanowski, aber ohne seinen Namen erschienen. (Weimar 1895.) Auch manche Notizen stammen daraus.

Die Juristenfakultät in Jena ernannte an diesem Tage den Gouverneur des Prinzen, Kammerherrn v. Wardenburg, zum Ehrendoktor beider Rechte, um ihm ihre Hochachtung und Dankbarkeit auszudrücken. – Wardenburg trat 1865 von dem Posten zurück und erhielt den Titel Staatsrat, aber die Freundschaft mit seinem Zögling blieb bestehen bis zu seinem Tode. Zum militärischen Begleiter des Erbgroßherzogs wurde Leutnant Freiherr v. Bodmann ernannt.

Ich habe »unser Prinzchen« natürlich von klein auf gekannt; da ich drei Jahre älter war als er, so betrachtete er mich teils als Spielgefährtin, teils als Beschützerin. Das begann beim Schlittschuhlaufen auf dem Froriepschen Teich, wo er sich bemühte, sich ebenso sicher und flott zu bewegen wie die anderen. Wenn er müde war oder sich besonders gut zeigen wollte, z. B. vor seinen Eltern, so kam er zu mir: »Bitte, laufen Sie mit mir, ich sehe meine Mutter kommen.« Dieses vertrauende Verhältnis hat sich fortgesetzt bis zu seinem Tode, durch alle Bälle und Jugendfreuden hindurch, in denen er nie eine anführende Rolle spielte, wenn er auch vergnügt war und herzlich lachen konnte. Ernsthaftigkeit, Pflicht, Schwere dem äußeren Leben gegenüber waren vorherrschend. Seinem Vater stand er nicht nahe; beider Wesen und Charaktere waren zu verschieden, um sich verstehen zu können. Schon der weimarische Dialekt, den der Sohn von klein auf sprach, und die Unmöglichkeit, höfische Phrasen zu machen, waren dem Großherzog unsympathisch.

Der Knabe schlug in der Gestalt seinem Urgroßvater Karl August nach, in der Begabung seiner Mutter, – der er auch sehr nahe stand – denn er interessierte sich mehr für die praktischen und wissenschaftlichen Bedürfnisse des Landes als für die Künste, die er als angenehm, aber erst in zweiter Linie stehend betrachtete. Nichts diente ihm zu einer nur oberflächlichen Beschäftigung und Unterhaltung, er ging allem auf den Grund und bemühte sich so lange darum, bis er es richtig verstand.

Leider fehlte ihm das musikalische Gehör vollständig, er sagte von der Musik: »Sie krabbelt mir wohl um die Ohren, allein zum Herzen dringt sie nicht,« und es war ihm peinlich, wenn er Musikern etwas über ihr Spiel sagen mußte. Auch hier fehlte ihm die höfische Phrase, aber er sprach dann so bescheiden und herzlich mit ihnen, daß sie von seiner Anrede meist ganz besonders beglückt waren – wie ich es mit Joachim selbst erlebt habe.

Der Prinz litt an Mangel an Selbstbewußtsein; oft hat er es mir geklagt, daß er sich so unzulänglich fühle, und ich konnte nicht Worte genug finden, um es ihm auszureden, ihn zu stärken, ihm Lebensmut zu geben. Ich sah ihn nur selten, in Gesellschaft oder auf der Straße und im Park, wo er sich mir bei jeder Begegnung anschloß; wir wußten gegenseitig, daß wir gute, treue Freunde waren und uns verstanden. In späteren Jahren, als ich fast nicht mehr in die Welt ging, traf ich ihn manchmal bei musikalischen Matineen, wo er erscheinen mußte, obgleich es ihm ein Opfer war; dann setzte er sich meist mit mir in ein zweites Zimmer, um reden zu können, oder – wo das nicht ging, wie bei Liszt in den kleinen Räumen der Hofgärtnerei – da verschanzte er sich hinter mir, damit er nicht mit allen Künstlern reden müsse: »Was soll ich ihnen sagen? ich verstehe ja nichts von Musik. Beschützen Sie mich!«

Die Prinzessinnen Marie und Elisabeth wuchsen, zur Freude der ihnen Nahestehenden, als allerliebste, gescheite Kinder auf. Die Älteste widmete sich später der Malerei, die Zweite der Musik. Prinzeß Elisabeth hatte Klavierstunden bei Müller-Hartung und studierte den Gesang mit Frau v. Milde. Auch Liszt beaufsichtigte ihre musikalischen Fortschritte und lobte ihr Talent und ihren Fleiß. Beide Töchter wurden die stetigen Begleiterinnen des Großherzogs, da die Frau Großherzogin sich mit den Jahren, ihrer Gesundheit und der Arbeit wegen, immer mehr von der Außenwelt zurückzog.

Der Erbgroßherzog verlebte schon vor der Konfirmation einige Jahre in Jena, mußte aber auch, zur Kräftigung seiner schwachen Gesundheit, die Bäder in Reichenhall und Blankenberghe brauchen und einen Winter in Montreux zubringen. Von 1863 an besuchte er die Universitäten Heidelberg, Leipzig und Jena, benutzte aber auch diese Zeit, um mit den bedeutendsten Professoren zu verkehren. In Jena war Kuno Fischer sein Lehrer und Berater, dem der Prinz sehr ergeben war. Reisen durch Deutschland, Frankreich und Italien, Kuren in Scheveningen und Biarritz unterbrachen die Studien. Den Winter 1865 auf 66 verbrachte er – in Begleitung von Kuno Fischer – in Rom, Neapel und Sizilien. Das Jahr 1866 verbrachte Karl August in der Heimat; im nächsten Jahre trat er in die preußische Armee ein, wurde im März zum Rittmeister à la suite bei dem hannöverschen Husarenregiment in Düsseldorf ernannt und tat dort seinen Dienst eifrig und pflichttreu – wie alles, was er trieb.

*

Es ist nicht möglich, die Restaurierung der Wartburg außer acht zu lassen, wenn man von dem Leben Karl Alexanders erzählt, denn schon von früher Jugend an – seit seine Mutter ihm davon, als von einem Lebenswerk, gesprochen – war der Gedanke ihm zur Herzensache geworden. Wie eindrucksvoll der Enthusiasmus des 20jährigen Prinzen auf Künstler war, zeigt ein Brief des Malers Simon, der in den Dichterzimmern des Schlosses arbeitete und sich zugleich mit Untersuchungen und Ausgrabungen auf der Wartburg beschäftigte. Er schickte Zeichnungen an Schorn, um klarzumachen, wie die alten Gebäude gewesen, und wie er sich die Rekonstruktionen denke. Schorn schrieb darüber am 4. September 1838 an Karl Alexander Ungedruckt. Nach dem Brouillon.:

Ew. Kgl. Hoheit habe ich die Ehre hierbey die zweite Zeichnung des Herrn Simon, den Giebel der Wartburg darstellend, zu übersenden. Wenn auch der jetzige Anbau verhindert, an dessen Wiederherstellung zu denken, so ist es doch interessant zu wissen, wie dieser Theil ausgesehen und sich an noch vorhandenen Spuren zu überzeugen, daß er mit der vorderen Façade ein schönes Ganzes gebildet. Auch dienen einige Wahrnehmungen an demselben, die Annahmen über die ursprüngliche Höhe der Hauptfaçaden, und des Ahnensaales, zu bestätigen.

In einem Briefe Simons an Schorn vom 1. Dezember 1838 heißt es Ungedruckt.:

Ich würde mich schämen, Ew. Wohlgeboren eine solche Zeichnung vorzulegen, wenn ich nicht wüßte, daß das künstlerische und einsichtsvolle Urtheil Seiner Königlichen Hoheit des Erbgroßherzogs, wie ich es neulich vor dem Studienbuche Carstens' mit anzuhören die Ehre hatte, über die mangelhafte Ausführung hinweggehen wird ... Wenn einst die Sonne über nichts wandeln wird als Saatfelder und Fabriken, dann wird sie keinen wahrhaft Glücklichen mehr bescheinen. Die Wahrheit vergessen die, welche Völker führen. Daher wird Kirche und Kunst für sie ein Narrenhaus. Und daher [um ans Ziel zu kommen] wird auch die Wartburg nie mehr sich erheben, wenn ihre eigentlichen Pfeiler, die Brüste ihres Lebens, ihre Felsengründe, ihre Wälder verschwinden. Möchten Sie daher diese Sorge mit an das Herz des Prinzen legen, dessen Sinn geöffnet ist für jeden schönen und edlen Eindruck. Ich setze alles auf ihn. Seine erste Erscheinung war für mich eine Bürgschaft für das Gelingen dieser guten Sache. Sein Feuer, seine Begeisterung verriethen den inwendigen Herd, auf welchem Kunst und Alterthum eine neue Bildung erhalten werden. Von dem Augenblicke an, da er Protektor der Wartburg wurde, war ihr Grundstein gelegt, und alle unsre Ideen fangen an sich zu gestalten.

Nach diesen Anfängen dauerte es noch Jahre, ehe die Arbeit begonnen wurde, denn man schwankte lange, wen man mit der höchst wichtigen, große Kenntnisse erfordernden Leitung betrauen solle. Friedrich Preller, der in Kunstsachen oft zu Rate gezogen wurde, empfahl den Architekten Ziebland in München. Auch Joh. Gottlob v. Quandt in Dresden wurde befragt, mit Ziebland aber schon Unterhandlungen gepflogen. Da lernte Bernhard v. Arnswald, der 1841 Kommandant der Burg geworden war, den jungen Architekten v. Ritgen aus Gießen kennen, und als er ihn dem Erbgroßherzog nannte, konnten auch schon die Zeichnungen und Entwürfe desselben dem Protektor vorgelegt werden. Ritgen bekam den Auftrag, denn seine reichen Ausschmückungen gefielen dem Bauherrn, und die Verhandlungen mit Ziebland wurden ziemlich plötzlich abgebrochen. Preller war nicht erbaut davon und verhehlte das, in seiner derben, wahrhaftigen Art, keineswegs. Mit Arnswald war er darüber jahrelang verfeindet. Ritgen machte er bei einem Besuch auf der Burg derbe Vorwürfe und wies ihm Fehler nach, die er begangen, und die Ritgen auch eingestand. Friedrich Preller der Jüngere erzählt in seinen »Tagebüchern und Erinnerungen« Herausgegeben von Max Jordan. (München 1904.), daß sein Vater ihn auf dieser Reise mitgenommen habe, augenscheinlich um sich selbst – durch die Gegenwart des Knaben – besser im Zügel zu halten. Ruhig, aber sehr fest habe er Ritgen seine Meinung gesagt und ihn bewogen, den Hauptturm um die Hälfte des beabsichtigten Maßes zu erhöhen.

Auch wegen eines Malers, der die Burg mit Fresken schmücken sollte, wandte sich Karl Alexander an Preller, und dieser nannte – »in großer Selbstverleugnung«, wie der Sohn schreibt – Moritz v. Schwind in München. Eines Tages kam dieser, ein kleiner, dicker, jovialer Mann, zu Preller ins Zimmer gestürzt und rief, ihn umarmend, aus: »Schau, dir dank' ich den schönsten Auftrag meines Lebens!«

Der Grundstein zu dem Turme, dessen jetzige Höhe wir Preller verdanken, wurde am 10. Dezember 1854 gelegt. Es hatte früher schon ein Turm hier gestanden, aber wegen der Baufälligkeit hatten seine letzten Reste im 18. Jahrhundert abgetragen werden müssen. Um die Mittagsstunde versammelte sich eine erlauchte Gesellschaft auf der Wartburg. Neben dem Großherzog Karl Alexander und der Großherzogin Sophie stand die Herzogin von Orléans mit ihren beiden Söhnen, die damals im Eisenacher Schlosse lebten, sowie die Landgräfin von Hessen-Philippsthal, ebenfalls mit zwei Söhnen. Anwesend waren noch, neben Kirchenrat Trautvetter, der die Rede hielt, Bezirksdirektor v. Schwendler und Oberbürgermeister Röse aus Eisenach, Major v. Arnswald und Professor v. Ritgen, die sämtlich das Dokument über die Grundsteinlegung unterschrieben. In den Grundstein wurden die Porträts der Großfürstin, des Großherzogs und der Großherzogin sowie eine silberne Gedenktafel von der Herzogin von Orleans und einige Münzen eingelassen.

Um einen kurzen Überblick über die Arbeiten an der Burg zu geben, nehme ich die Notizen aus Ritgens »Führer«. »Der Führer auf der Wartburg. Ein Wegweiser für Fremde und ein Beitrag zur Kunde der Vorzeit«, von Dr. H. v. Ritgen. (Leipzig 1868.)

Großherzog Karl Alexander sprach seine Absichten darin in folgenden Worten aus:

»Die Wartburg soll wiederhergestellt werden, möglichst treu in ihrer früheren Gestalt, damit sie ein treues Bild gebe, zunächst von ihrer Glanzperiode im 12. Jahrhundert als Sitz mächtiger kunstliebender Landgrafen und als Kampfplatz der größten deutschen Dichter des Mittelalters; und dann später, im Anfang des 16. Jahrhunderts, als Asyl Dr. Martin Luthers und als die Stelle, von der der große Glaubenskampf ausging.«

Aus der ersten Glanzperiode war das Landgrafenhaus, in edlen romanischen Formen, größtenteils erhalten. Nun galt es zunächst, die Hofburg im Stile und den Einrichtungen des 12. Jahrhunderts wiederherzustellen. »Die bescheidene Wohnung Dr. Martin Luthers in dem Ritterhause der Vorburg hat sich zum Glück unverändert vom Jahre 1521 bis auf den heutigen Tag erhalten und muß wie ein Heiligtum unverändert bewahrt werden. Auch das Ritterhaus selbst und die ganze Vorburg tragen noch durchweg den Stil und die Einrichtungen des 16. Jahrhunderts, es gibt also hier weniger zu restaurieren als zu erhalten, um den Schauplatz, von welchem die Reformation ausging, treu für die Nachwelt aufzubewahren.«

Zunächst wurden nun die alten Teile der Burg untersucht und vor weiterem Verfall geschützt; bei dem Landgrafenhaus wurden so glückliche Entdeckungen gemacht, daß es treu wieder so hergestellt werden konnte, wie es zu Landgraf Hermanns I. Zeiten gewesen sein muß. Der poetische Sinn des obersten Bauherrn verlangte aber nicht nur die Herstellung der Hauptformen, es mußten Architekten, Maler und Bildhauer zusammenwirken, um die Verherrlichung der Landgrafen, der Sänger und der heiligen Elisabeth zu erreichen. Nicht zuletzt ist als kunstsinniger Helfer der Kommandant der Burg, Bernhard v. Arnswald, zu nennen, welcher sich mit rührendem Eifer und viel Verständnis der Pflege der Burg widmete. Professor Moritz v. Schwind schmückte zuerst das Landgrafenzimmer mit acht Freskogemälden, Szenen aus dem Leben des ersten Landgrafen. Nach und nach entstand der Sängersaal, die Elisabethengalerie, die Kapelle und endlich der große Festsaal, alles mit Malerei – meist von Schwind – geschmückt.

Die Absicht Karl Alexanders war, das Landgrafenhaus in seiner ganzen Schönheit als historisches Denkmal zu bewahren, nicht zu bewohnen, sondern nur bei festlichen Gelegenheiten zu benutzen. »Die Kemenate dagegen, das ehemalige Wohngebäude für die Landgräfinnen, welches auf den ursprünglichen Fundamenten und, insoweit dieses möglich war, auch in der ursprünglichen Anordnung größtenteils neu erbaut worden ist, also keineswegs den Anspruch eines alten Monumentes der Baukunst machen kann und machen soll, wird von Zeit zu Zeit durch die Großherzogliche Familie bewohnt.«

Der Rüstsaal war unter Friedrich dem Gebissenen wohl Fest- und Speisesaal, wurde aber jetzt für die Sammlung der Waffen und Rüstungen bestimmt, die Karl August aus dem Zeughaus in Weimar auf die Wartburg hatte schaffen lassen. Arnswald besorgte die Anordnung mit Kenntnis und Geschmack. Der Saal mußte ganz neu, auf nur teilweise vorhandenen alten Fundamenten, aufgebaut werden, nach den Vorbildern der Dirnitz auf anderen Burgen und dem einfachen Spitzbogenbau an dem Predigerkloster in Eisenach.

Die Kapelle, welche bei Anlage der Burg gebaut wurde, war zur Zeit Friedrichs des Gebissenen schon zerstört. Nur zwei Altäre waren noch vorhanden, welche Friedrich in das Landgrafenhaus verlegen ließ, als er die jetzige Kapelle dort einrichtete. Am 3. Oktober 1319 gab der Erzbischof von Mainz die Erlaubnis dazu und gestattete, daß noch zwei Altäre errichtet würden. Die Eile, mit der der Bau damals betrieben wurde, rächte sich jetzt, denn es mußten große Sicherheitsmaßregeln an den geborstenen Mauern angebracht werden. – Die Kapelle wurde damals auch mit Wandgemälden, mit gemalten und mit wirklichen Teppichen geschmückt. Großherzog Karl Friedrich erinnerte sich, als Kind auf der nördlichen Wand ein Gemälde gesehen zu haben. Am 5. August 1849 nahm Karl Alexander die Untersuchung der Mauer vor; er schalte – teilweise eigenhändig – die Tünche ab und enthüllte ein noch ziemlich gut erhaltenes Wandgemälde, dessen strenger Stil und einfache Behandlung die Zeit Friedrichs des Gebissenen erkennen ließen. Die lebensgroßen Figuren, Maria mit den zwölf Aposteln, nahmen die ganze, vom Gewölbe freigelassene, obere Fläche der Wand, links vom jetzigen Altare, ein. Das Bild war nicht mehr zu restaurieren, es wurde also eine genaue Kopie auf Leinwand gemacht und davor aufgehängt. Unter demselben läuft eine breite farbige Borte hin und ein gemalter Teppich; beides konnte wiederhergestellt werden.

Ritgens sorgfältige Nachforschungen haben ergeben, daß die Kapelle, seit der Einrichtung durch Friedrich den Gebissenen, im wesentlichen unverändert blieb bis zu ihrer Erneuerung –1625 bis 1628 – durch Herzog Johann Ernst. »Sie war also zur Zeit von Dr. Martin Luthers Aufenthalt auf der Wartburg, vom 4. Mai 1521 bis 2. März 1522, noch so, wie sie Friedrich eingerichtet hatte.« Leider ist nicht festzustellen, wann der protestantische Ritus eingeführt wurde. Daß Luther dort gepredigt hat, schreibt er selbst an Spalatin. Daher glaubt das Volk, daß Luther auf der jetzigen Kanzel gestanden habe, sie ist aber erst 1625 angefertigt worden. Um dem Glauben der Menge nicht zu nahe zu treten, ist diese Kanzel denn auch auf den Wunsch Karl Alexanders, welcher jede Erinnerung an Luther im Volke erhalten wollte, unverändert geblieben.

Die Erneuerer der Kapelle hatten im Jahre 1625 die alten Malereien übertüncht, die Gewölbe in dem Stile des 17. Jahrhunderts neu bemalt und die Kanzel an die Stelle des Hauptaltars gesetzt; eine kleine Orgel, Kirchenbänke und eine fürstliche Empore wurden angebracht. So blieb es bis auf unsere Tage »und war allen Eisenachern wohlbekannt und von ihnen geliebt; auch mochten viele wohl irrtümlich glauben, es sei dieses noch die Einrichtung der Kapelle aus Luthers Zeit. Die gegenwärtige Restaurierung mußte diesen Irrtum beseitigen, und ihre Ausgabe war es, die ursprüngliche Einrichtung ganz so wiederherzustellen, wie sie Friedrich der Gebissene angeordnet hatte, gerade weil diese Einrichtung auch noch zu Dr. M. Luthers Zeit bestand.« Am 7. Juni 1855 wurde die Kapelle feierlich eingeweiht.

Der südliche Turm der Wartburg ist noch erhalten, nur hatte er im 16. bis Ende des 18. Jahrhunderts eine Spitzhaube. Herzog Karl August ließ sie abnehmen und die Plattform mit Zinnen umgeben, auch die hölzerne Treppe anlegen und ermöglichte so den Tausenden von Menschen, die alljährlich die Burg besuchen, die herrliche Rundsicht von da oben zu genießen.

Großherzog Karl Alexander ließ 1866 und 67 die Dirnitz auf der alten Stelle wieder aufbauen, teils um die Vollständigkeit des burglichen Charakters wiederherzustellen, teils um die nötigen Wohnräume für die Mitglieder seiner Familie zu erlangen. Zu unterst liegt der Rüstsaal, der die Höhe zweier Etagen einnimmt; »durch die Galerie auf der halben Höhe in demselben wird die Verbindung zwischen der Torhalle und dem Margarethengange hergestellt und zugleich ein besonderer Ausgang nach dem Burggärtchen erlangt.« In der Etage über dem Saal befindet sich ein merkwürdiges getäfeltes Zimmer aus dem Schlosse Cruche in der Schweiz, welches Karl Alexander von den Herren v. Salis-Soglio kaufte und in die Wartburg einfügen ließ. An Stelle des Burggartens standen einst wohl noch Gebäude, aber es blieb keine Spur davon übrig. Der Erker an der jetzigen Laube wurde 1850 gebaut; zwei alte Tragsteine in der Mauer gaben die Veranlassung dazu.

Die Zisterne im hinteren Hofe ist wohl schon bei Gründung der Burg als Wasserbehälter in den Felsen gehauen worden. Sie war gänzlich verschüttet und wurde erst von Ritgen ausgeräumt. Bei den Aufräumungsarbeiten im Haupthof fand man u. a. dreizehn zusammengepackte Schwertklingen von der ältesten Form.

Als Ritgen seinen »Führer« schrieb, hatte er das Bad, wie es jetzt steht, noch nicht gebaut. Die alten Fundamente dienten einem Baren als Wohnung, den Herr v. Donop – einer der Besitzer des, der Wartburg gegenüberliegenden Waldgutes, Klausberg – von seinen Reisen mitgebracht und dem Großherzog geschenkt hatte.

Außer Moritz v. Schwind, der die hauptsächlichsten Wandmalereien auf der Wartburg ausgeführt, sind noch die Maler Rudolph Hofmann aus Darmstadt und Welter aus Köln zu nennen.

Bernhard v. Arnswald war lange Jahre Kommandant der Wartburg, nach seinem Tode erhielt sein Bruder die Stelle, und seit 1894 verwaltet Hans v. Cranach, der Nachkomme des großen Malers, als Oberburghauptmann dieses Amt.

*

Von den Bemühungen des Großherzoglichen Paares, das künstlerische Leben Weimars zu heben, ist aus den ersten Regierungsjahren manches zu berichten. Schon im August 1853 erfuhr man die Berufung Schwinds nach der Wartburg. Die Kartons sollte er in München zeichnen und sie im Herbst ausführen. – Fast um dieselbe Zeit hörte man, daß der Maler Wislicenus aus Eisenach sich auf Kosten Karl Alexanders nach Rom begeben würde, um seine Studien dort zu beenden. – Am 16. Oktober, dem 300jährigen Todestag Cranachs d. Ä., wurden dessen Werke aus Privatbesitz gesammelt und zu einer Ausstellung im Bernhardsaale des Rathauses vereinigt.

Bei der Reise nach Italien, die Karl Alexander mit seiner Gemahlin im Jahre 1852 machte, fanden sie den Bildhauer Steinhäuser in Rom an der Arbeit einer sitzenden Goethestatue mit der Psyche, die Bettina v. Arnim entworfen und bei ihm bestellt hatte. Bettinas Zeichnung ist in der alten Ausgabe des Buches »Goethes Briefwechsel mit einem Kinde« zu sehen und zeigt die Statue auf einem hohen Sockel, der mit Reliefs geschmückt ist. Steinhäuser hatte den Auftrag übernommen, aber es zeigte sich, daß Bettina nicht wußte, womit sie die Zahlung leisten solle. Das war den Herrschaften durch Vermittelung der Malerin Luise Seidler, die mit Frau Steinhäuser befreundet war, mitgeteilt worden, und die Erbgroßherzogin kaufte die Statue an; freilich ohne Sockel, denn den hatte Steinhäuser weggelassen, der großen Kosten wegen, die allein schon der Marmorblock machte.

Ende Oktober 1853 kam die Nachricht, daß die Kolossalstatue zu Wasser bis Magdeburg gereist und dort angekommen sei. Der damals in Weimar wohnende und arbeitende Bildhauer Hoyer wurde nach Magdeburg geschickt, um den Transport zu leiten. Da das Museum, für das dieses Kunstwerk bestimmt war, noch nicht existierte, so wurde das Tempelherrenhaus im Park zu seiner Aufnahme bestimmt. Erst am 16. Dezember meldete die »Weimarische Zeitung«, daß die Statue an ihrem Platz stehe und dem Publikum zugänglich sei. Der Transport vom Bahnhof durch die Stadt hatte mehrere Tage gedauert und die Gemüter sehr erregt. Holzschienen wurden durch die Straßen gelegt, und sechs Ochsen zogen das hölzerne Haus im langsamsten Schritte vorwärts. Im Park sank stellenweise der Boden ein; die unterirdischen Gewölbe, die ihn durchziehen, konnten die Last nicht tragen. Kurz, es war eine aufregende Sache; man kann sich denken, wie da geguckt und geschwatzt, wie viele Ratschläge erteilt wurden.

Bald darauf kam Bettina, um sich ihre Statue anzusehen. Sie hatte schon 1852 mehrere Wochen hier zugebracht und einen jugendlichen Künstlerkreis um sich versammelt, zu dem namentlich Joseph Joachim und Herman Grimm – ihr nachheriger Schwiegersohn – gehörten. Sie war damals sehr bekannt mit meiner Mutter geworden und forderte diese jetzt auf, mit ihr ins Tempelherrenhaus zu gehen. Welche Töchter sie mit hier hatte, weiß ich nicht mehr; ich erinnere mich auf diesem Wege nur an Gisela, die jüngste, die ihre Mutter zu beruhigen suchte, als diese einen Wutanfall vor der Statue bekam. Zuerst erschraken wir, aber dann siegte die Komik, denn die kleine Frau sprang wie besessen umher und rief: »Das soll mein Goethe sein? – das meine Psyche? Schäme dich, Steinhäuser, und komme mir nicht unter die Augen – solch ein Monstrum und solch einen Knirps soll ich erdacht haben?!« Auch daß der Sockel fehlte, ärgerte sie sehr. – Die Ausdrücke über Steinhäuser wurden immer derber, so daß der Parkwächter hinausstürzte, um sich ungesehen zu winden vor Lachen, und wir uns kaum zusammennehmen konnten. Das schlimme war, daß der arme Steinhäuser noch in derselben Nacht ankommen sollte und man ihm die Kränkung ersparen mußte, so empfangen zu werden. Meine Mutter ging zu Hofrat Schöll und bat den stets Hilfsbereiten, Bettina Näheres über Bettina in »Zwei Menschenalter« Erinnerungen und Briefe aus Weimar und Rom, herausgegeben von Adelheid v. Schorn. (2. Auflage bei Greiner u. Pfeiffer, Stuttgart 1912.) zu beruhigen, was ihm auch gelang.

*

Von der Förderung, die der Großherzog in den ersten Jahren seiner Regierung der Literatur angedeihen ließ, soll hier kurz die Rede sein; über das musikalische Leben wird in einem eigenen Kapitel berichtet werden.

Hoffmann-Fallersleben, der feinsinnige Dichter und Gelehrte, der seine Professur der deutschen Sprache in Breslau wegen freisinniger Ansichten verloren hatte, war dem Großherzog durch Bettina empfohlen und daraufhin hierher berufen worden. Hoffmanns große, etwas plumpe Gestalt und sein breites, gutmütiges Gesicht ließen nicht gleich auf den poesievollen, geistreichen Feuerkopf schließen, der er war. Wer diese Eigenschaften an ihm erkannt, der ließ sich auch nicht von seinem etwas derben, burschikosen, aber sehr originellen Wesen abschrecken. Er verkehrte mit seiner Frau – die vierzig Jahre jünger war als er – oft auf der Altenburg, wo er seine gesellschaftlichen Talente, die schönsten Blumensträuße zu binden, sowie die witzigsten und gefühlvollsten Gelegenheitsgedichte zu machen, häufig glänzen ließ. Sein einziger Sohn Franz wurde in Weimar geboren, und Liszt stand zu Gevatter.

Durch Hoffmann wollte der Großherzog eine Zeitschrift für deutsche Sprache und Literatur gründen lassen; auch ein »historisches Taschenbuch« und ein »Musenalmanach« wurden geplant, kamen aber nicht zustande. Hoffmann trat mit Oskar Schade in Unterhandlung und veranlaßte ihn, nach Weimar überzusiedeln, um gemeinschaftlich mit ihm die Zeitschrift herauszugeben. Schade – der Theologie und Philologie studiert und sich 1848 in Berlin dem bewaffneten Studentenkorps angeschlossen hatte – ging darauf ein. Am 28. August 1854 erschien das erste Heft der Zeitschrift, die den Titel »Weimarische Jahrbücher« trug, und für die Karl Alexander einen Zuschuß von 1000 Talern jährlich bewilligt hatte.

Beide Herren verkehrten in den literarischen und künstlerischen Kreisen Weimars und wurden freundlichst ausgenommen, die Zeitschrift konnten sie aber doch nur bis zum Jahre 1857 halten. Nach den sechs ersten Bänden nahmen die Abonnenten ab, der Großherzog zog eine Subvention zurück und die Sache verlief im Sande, trotzdem Liszt helfend eingriff. Er verlangte schriftlich vom Großherzog die fälligen 500 Taler, »weil sonst nicht weitergearbeitet werden kann«.

Hoffmann und Schade wohnten noch bis 1860 hier. Ersterer erhielt dann die Stelle eines Bibliothekars beim Fürsten v. Ratibor in Corvey, durch Vermittelung der mit ihm und seiner Frau befreundeten Fürstin Marie zu Hohenlohe, geb. Prinzessin Wittgenstein, der Schwägerin des Herzogs von Ratibor. – Dr. Schade beschäftigte sich hier mit verschiedenen literarischen Arbeiten; u. a. schrieb er über das weimarische Theater für die Zeitung »Minerva«. Kritiker und Schauspieler sind manchmal verschiedener Meinung; so hatte der vorzügliche Komiker Hettstedt in einem Lustspiel einen Witz gemacht, der nicht in seiner Rolle stand. Das Publikum lachte, aber Schade zischte, und gerade deswegen wurde Hettstedt nochmals herausgerufen. Er trat vor und sagte:

»Euer Beifall hat mich baß erfrischt,
Mein Witz fand vor euch Gnade:
Einer freilich hat gezischt,
Und das war – Schade.«

Schade ließ das nicht ungerügt hingehen; auf seine Beschwerde beim Intendanten wurde über Hettstedt eine Geldstrafe von 10 Talern verhängt. Als das Lustspiel wiederholt wurde, erwartete man sich beim Hervorruf von Hettstedt einen neuen Scherz; er erschien mit einem großen Schloß vor dem Munde und einer Tafel um den Hals gehängt, auf der mit dicken Buchstaben geschrieben stand: »Durch Schaden wird man klug.« – Dr. Oskar Schade wurde dann Privatdozent für deutsche Sprache und Literatur in Halle und später Professor in Königsberg.


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