Autoren

∞

Werke

∞

Neu

∞

Information

∞

Shop

∞

Lesetips

∞

Textquelle

∞

Die Kraftmaschine

Sie ist sehr alt, und vielen ist seitdem der Atem ausgegangen, die in all den Jahren ihre übermütige Kraft an ihr versuchten. Ein hoch aufragender Mast mit vielen Ziffern und Strichen, wie ein riesiges Thermometer. Wenn man mit der schweren Holzkeule auf den Pflock schlägt, springt ein Eisenstift in der Rinne den Mast hinauf, so hoch man ihn eben zu treiben vermag. Den Vorübergehenden kommt der Ausrufer höflich entgegen und beginnt diskret seine Einladung zu deklamieren. Er sagt immer dasselbe, und er preßt die Worte aus seiner Brust, als müsse er in sich tobende Kräfte bändigen, damit ihm die Wucht seiner Rede nicht die Kiefer sprenge: »Mmeene Hearn! Hhier is zu seh'n die bbbreißgegrennte Hhiakuleßgrafftmaschine (tiefer und eindringlich, das »Sch« sehr weich): Einne Maschine, (langsam und feierlich) bei dea jedarr Hear seine Kiapa- oder Muschkelgrafft (rasch) bemess'n kann. (Sehr gedehnt.) Waaas (sehr rasch) man hept! (ebenso) waaas – man stemmt, (ebenso) waaas – man taucht und was man schläckt (schreiend)! Drrrei Grreizza! (verächtlich, hochdeutsch) ene Paakatelle für daas, waas gebott'n würd.«

Bei Tage hat der Mann wenig Erfolg. Aber des Nachts, wenn der Wein die Gemüter erhitzt hat, und die Burschen vom Trunk und Tanz, von der Musik und den Weibern mit glühendem Schädel aus den Wirtshäusern gehen, dann saust der Hammer unaufhörlich nieder auf den Pflock. Und wer weiß, wie mancher, dem sich die Fäuste ballten, und dem es in den Armen zuckte, nur weil es Nacht war und er getrunken hatte, kühlte sein heißes Blut an der Kraftmaschine und entging so einem blauen Auge, am Ende gar dem Arrest. Man sollte draußen in der Vorstadt, wo zu später Nacht so oft der Schrei »Jesus, i bin g'stochen!« ertönt, solche Kraftmaschinen vor den Schänken errichten: »Drrei Grrreizza – ene Packatelle für daas, waas gebotten würd.«