Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Zwei Soireen der Eremitage.

Die Eremitage, das reizende Asyl der Zarin Katharina II. und ihrer verliebten Launen, war hell erleuchtet, ein Zeichen, daß die allmächtige Frau, Despotin in der Liebe wie in ihrem Reiche, ihre Günstlinge zu sich befohlen hatte, um ihr die Zeit zu vertreiben.

»Es wird dort oben wieder einmal einen ausgelassenen Abend geben,« sagte der eine der wachestehenden Grenadiere, ein alter Soldat Suwarows, zu seinem jungen Kameraden, indem er das eine Auge scherzhaft schloß und zu den blinkenden Scheiben emporzwinkerle.

»Welches Glück, der Kaiserin zu gefallen,« erwiderte der zweite Grenadier, »ist es wahr, daß sie nicht selten aus den Reihen der Soldaten einen ausgewählt hat, der Gnade fand vor ihren Augen, und ihn aus niederem Stande und Armut emporhob zu Würde und Reichtum?«

»Gewiß ist dies wahr,« bestätigte der alte Soldat, »aber ebenso wahr ist es, daß Du keine Ursache hast, jene zu beneiden, welche gegenwärtig in ihrer Gunst stehen. Ja, vor Jahren, da war unser Mütterchen Katharina ein Weib zum Niederknieen, zum Anbeten sag' ich Dir, so wahr ich den Pulverdampf von Ismail noch in der Nase habe, aber jetzt –« er machte eine sehr verdächtige Bewegung mit der Hand – »es gehört ein gesegneter Appetit dazu.«

»Aber sie sieht doch immer gut aus, was man so beurteilen kann,« meinte der junge Grenadier.

»Was kannst Du denn beurteilen,« schnaubte der Veteran, »ein Weib mit siebenundsechzig Jahren ist unter allen Umständen ein altes Weib, und von einem alten Weibe, das eine Krone trägt, begünstigt werden, ist ein großes Glück, das einem großen Unglück auf ein Haar ähnlich sieht.«

»Aber das gute Essen und der Wein,« meinte der Verehrer Katharinas, »es muß da oben sehr lustig zugehen.«

»Gewiß,« bekräftigte der alte Soldat, »sie nennen das die Soireen der Eremitage.«

»Was soll das wieder heißen?«

»Dummkopf! Wenn Du nicht französisch verstehst, so thue wenigstens dergleichen, es ist nobel, und ein Grenadier muß etwas auf sich halten.«

»Ich möchte aber trotzdem wissen, um was es sich handelt,« sagte der junge Soldat.

»Es handelt sich darum, daß, wenn ein Weib den Teufel im Leibe hat, ein altes Weib deren drei beherbergt, und folglich läßt sich die Kaiserin jetzt von drei so jungen Burschen den Hof machen. Begreifst Du?«

»Vollkommen.«

Während sich die Schildwachen unten in dieser harmlosen Weise unterhielten, lagen oben in dem kleinen Vorsaal drei junge Leute in ebensoviel Fauteuils ausgestreckt und gähnten um die Wette.

»Die Pest,« begann der eine, der schönste und anmutigste von den dreien, es war Platow Zoubow, »sie läßt uns noch warten, dieser übelriechende Fettkoloß.«

»Ich habe einen artigen Scherz ausgedacht,« erwiderte Peter Soltykow, ein junger Athlet mit groben, gemeinen Zügen, »in Italien soll es Sitte sein, im Karneval die Damen mit Parfüm zu bespritzen, wir wollen dasselbe thun, die Kaiserin wird es für eine jener Neckereien ansehen, welche ihren Beifall finden, wenn sie hübsch und graziös ausgeführt wird, und herzlich lachen, während wir uns Erleichterung verschaffen.«

»Wenn ich denke, daß dieses Weib einst vergöttert wurde!« seufzte Valerian Zoubow, der minder schöne aber kräftige Bruder Platows.

»Daß sie mit Recht vergöttert wurde,« schrie Platow, »das eben ist zum Rasendwerden, daß sie einst in der That wie eine Göttin war, alle Welt sagt es, und ihre Bilder bezeugen es, die anderen durften sie damals anbeten, wir aber, wir sollen vor einem Misthaufen knieen, weil ihn ein Purpurmantel deckt.«

»Schweig, ich höre die Maschine rasseln,« murmelte Soltykow.

In der That, es klang ein eigentümliches Geräusch in der Tiefe, ähnlich dem Aufziehen eines schweren Brunneneimers, im Parkett sprang eine viereckige Thür auf, eine verbesserte Theaterversenkung, und auf einem Fauteuil sitzend, stieg Katharina II. langsam aus dem Boden herauf.

Die einst so elastische bewegliche Amazone voll Energie und Anmut war im vollsten Sinne des Wortes zu einem Fettklumpen, einem Monstrum geworden, das nicht mehr fähig war, eine Treppe zu ersteigen, und mit Hilfe einer Maschine aus einem Stockwerke in das andere aufgezogen werden mußte. Als der Stuhl, in dem die Kaiserin ruhte, still stand und die Oeffnung im Parkett sich lärmend geschlossen hatte, seufzte die erstere tief auf. »Nun, das wäre wieder überstanden,« sagte sie, »man will mir nicht glauben, aber es macht mir Mühe, ebensoviel Mühe wie Euch das Gehen. Ich möchte aufstehen, helft mir doch, Ihr braven Jungen.«

Platow Zoubow, der erklärte Favorit, schlang die Arme um die Despotin und hob sie auf, während sein Bruder und der athletische Soltykow sie an den Händen emporzerrten.

»Es geht schon, es geht vortrefflich,« murmelte Katharina. Als sie endlich auf den Füßen stand, küßte sie Platow mit mütterlicher Zärtlichkeit auf die Stirn, streichelte seinem Bruder mit einem liebenswürdigen Lächeln die Wange und reichte Soltykow die Hand zum Kusse. »Ich bin mit Euch zufrieden,« nickte sie dazwischen, »dafür wollen wir uns auch heute unterhalten, lustig sein, lachen, ich lache so gern.«

Auf Platows Arm gestützt, schwankte die alternde Despotin durch eine Reihe prunkvoller Gemächer in das kleine Boudoir, in welchem sie mit ihren Günstlingen die Ausgelassenheiten, die Orgien und Mysterien einer Agrippina und Messalina zu erneuern pflegte, die beiden anderen von ihr Erwählten folgten langsam, nicht eben sehr vergnügt. In dem mit ausgesuchtem Luxus möblierten kleinen Raume angelangt, ließ sich die Kaiserin schwerfällig in einem bequemen Fauteuil nieder und lehnte sich mit einem Seufzer zurück, genau so, wie wenn sie von einer langen Promenade oder einem scharfen Ritt ermüdet heimgekehrt wäre. Platow setzte sich neben sie auf einen Stuhl, Valerian Zoubow beugte sich über die Lehne, und Soltykow hatte auf einem Schemel Platz genommen, so daß sie die Füße in seinen Schoß setzen konnte.

Unförmig, eine kupferige Röte auf den Wangen, saß Katharina II. doch mit aller Pracht, die der Monarchin, und aller Koketterie, die der vielerfahrenen Frau zu Gebote stand, geschmückt da, ein leuchtendes Diadem über der von zahllosen kleinen Runzeln bedeckten Stirn. Ihre einst in ganz Europa berühmten, von mehr als einem Künstler in Marmor nachgebildeten Füße bildeten mit den angeschwollenen Beinen nur noch eine formlose Masse. Der Blick des einst so geistsprühenden gebietenden Auges war matt und erloschen, und alle Wohlgerüche, welche sie in ihre reichen Kleider goß, waren nicht imstande, den grauenhaften Grabgeruch zu verbergen, den sie ausströmte. Es war nichts mehr an diesem Weibe, was dem Manne Liebe einflößen, oder ihn nur reizen konnte aber Katharina II. hing bis zuletzt mit dämonischer Lust am Leben, am Genuß, und als ihre Anbeter fehlten, befahl sie mit dem Cynismus der Macht Sklaven zum Dienste ihrer Lüste. Während ihre Soldaten in den Kriegen gegen die Türken, Schweden, Polen bluteten, ihre Unterthanen Hungers starben, feierte sie hier jene schamlosen Feste der Willkür und Ausschweifung, welche die Welt artig die »Soireen der Eremitage« nannte.

Das Alter schien die Leidenschaften ihrer Jugend zu erneuern. Seit den Tagen der beiden Orlows hatte der russische Hof nichts Ähnliches mehr gesehen, als sie jetzt in Gesellschaft der drei jungen Leute, die sie sich zu Genossen erwählt hatte, an bestialischer Genußsucht darbot.

Ihre Zärtlichkeit erregte den Widerwillen, ja, die Furcht der Beglückten, ohne daß sie selbst es nur im geringsten geahnt hätte; sie wäre das Weib gewesen, den Mann, der kein Vergnügen in ihren Armen empfand, dafür auf das Schaffot zu senden, wenn sie nicht vielleicht einen grausameren Reiz darin gefunden hätte, ihn noch mehr durch ihre Liebkosungen zu strafen.

Sie sprach noch immer mit einer gewiß ungeheuchelten Bewunderung von ihrem Genie wie von ihrer Schönheit, und in dem damaligen Rußland hätte man gewiß vergebens den Menschen gesucht, der es gewagt hätte, diesem weiblichen Caligula die Wahrheit zu sagen, so ungeschminkt und frischweg zu sagen, wie etwa der redliche Sonnenfels in Wien der stolzen, aber edlen Kaiserin Maria Theresia. Das ganze Leben der großen Katharina war nichts als eine lange Krimreise. Wie dort Potemkin eine entvölkerte Wüste für das forschende Auge der gewaltigen Frau in blühende Ländereien verwandelt und in derselben für die Dauer eines Tages Städte, Dörfer, Paläste, ein frohes wohlhabendes Volk hineingezaubert hatte, Phantasmagorien, die sofort wieder verschwanden, wenn die Gebieterin, vor der sogar er Furcht empfand, ihnen den Rücken kehrte, so war sie auch während ihrer ganzen Regierungszeit, auf dem Throne, vor der Front ihrer Truppen, im Cirkel des Hofes und in ihrem wollustatmenden Boudoir von der Lüge begleitet und geschmeichelt, sie war stolz auf die Thaten, welche sie als Herrscherin vollbracht hatte, ohne von dem entsetzlichen Elend zu wissen, das unablässig ihren Fußtapfen folgte, sie schwelgte in allen Genüssen des Lebens und sah dabei immer nur Marionetten um sich, welche lachten, wenn sie es befahl, und ebenso gut auf Kommando liebten und glücklich waren.

Das Boudoir der Eremitage, in welchem sie ihre letzten Orgien feierte, war seltsam und bezeichnend genug geschmückt. Zwei große Gemälde hingen an der einen Wand, das war alles, aber es war genug, um die Abgründe dieser dämonischen Frauenseele wie durch einen Blitz zu erhellen.

Das eine derselben stellte den Brand der türkischen Flotte in der Bai von Tschnesme dar, das andere die Niedermetzlung der unglücklichen Polen in dem erstürmten Praga. An diesen beiden furchtbaren Scenen hing ihr Blick oft minutenlang mit einem Ausdruck von tiefer Sättigung, der mehr als einen ihrer Günstlinge erschreckt hatte.

Auch jetzt mitten in dem halb kindischen, halb lasciven Geplauder mit den drei Adonisen, die den Lüsten dieser alternden Venus dienten, blieb ihr Auge an den beiden schrecklichen Bildern haften, und endlich befahl sie Valerian Zoubow, dieselben mit einem der großen Armleuchter von getriebenem Silber besser zu beleuchten. Während er, den Ausdruck tierischer Gleichgültigkeit in dem schönen Gesichte, schweigend gehorchte, sprang Soltykow lebhaft auf, so daß die Füße der Despotin etwas unsanft gegen den Fußschemel stießen.

»Was thust Du, Dummkopf,« schrie sie zornig auf, »Du thust mir weh.«

»Ich mag diese verdammten Schlächtereien nicht sehen,« fluchte Soltykow, den Bildern den Rücken kehrend.

»Was? Du magst nicht sehen, was mir Freude macht?« rief Katharina, »Du bist also ein Verräter?«

»Wie soll es ihn entzücken, Blut fließen zu sehen, Blut, das so natürlich gemalt ist,« suchte Platow die Tyrannin zu beschwichtigen.

»O! hätte ich es nur rauchen gesehen, als es in Strömen die Straßen von Praga durchfloß,« rief Katharina, »es hätte mir wohl gethan, unsäglich wohl. Wie haben sie mich geschmäht, diese Polen, wie haben sie mir getrotzt! Und endlich kam doch der Tag der Rache, als mein herrlicher Suwarow sie schlug, wo er Praga mit Sturm nahm und zwanzigtausend Polen niedermetzelte, Soldaten, Edelleute, Bürger, Frauen, Kinder. Ei! wie ich jubelte, als man mich mitten in der Nacht mit der süßen Botschaft weckte, ich sprang aus dem Bette, wie ich war, und lief im Hemde, mit bloßen Füßen zu meinen Frauen. »Steht auf,« schrie ich, »ich bin gerächt, die Polen sind ausgerottet! Suwarows Arrieregarde marschierte durch Praga bis an die Knöchel im Blut.«

Soltykow, der bis jetzt mühsam an sich gehalten, brach jetzt mit einem Male in ein schallendes Gelächter aus.

»Was lachst Du?« herrschte ihm Katharina II. zu.

»Ich habe mir,« antwortete Soltykow, noch immer vom Lachen halb erstickt – »gar so lebhaft – vorgestellt – wie komisch das wäre – wenn – wenn heute Nacht – so eine Nachricht käme – und Du wolltest – aus dem Bette springen – Ha! Ha! Ha!«

»Ich glaube, er will sich über mich lustig machen, dieser Tölpel,« sagte die Zarin mehr erstaunt als zornig.

Die beiden Zoubows begannen nun gleichfalls zu lachen, und dies brachte die Despotin erst recht in Hitze. »Er soll auf der Stelle gezüchtigt werden, der Elende,« gebot sie, nachdem ein Versuch, sich zu erheben, mißglückt war, »komm zu mir, komm nur, fürchte Dich nicht, mein Engelchen.«

Soltykow rührte sich nicht.

»Bringt ihn mir her,« kreischte Katharina, »auf der Stelle bringt ihn mir.«

»Was ist das für ein Unsinn,« rief jetzt Soltykow, »ich freue mich schon auf das Essen und kann das verwünschte Bild ebensowenig ansehen, wie ich in eine Fleischbank gehen mag, es verdirbt mir den Appetit.«

»Warte nur, ich will Dich schon treffen, empfindlich treffen,« gab die Zarin ruhiger zurück, dann drückte sie an einer verborgenen Feder, die mit einer Glocke unten in Verbindung war und das Signal gab, das Souper zu servieren. Wie alles in der Eremitage für die Intimität eingerichtet war, so geschah auch dies in so märchenhafter Weise, wie in tausend und einer Nacht, kein Diener betrat den der Liebe und ihren Freuden geweihten Raum, sondern der Boden öffnete sich, und beim Klange einer süßen Musik stieg die Tafel eines Lucullus empor.

»Nun wollen wir trefflich speisen,« entschied Katharina, »ich, Platow und Valerian, und Du, Tier von einem Menschen, Du wirst auf allen Vieren unter dem Tisch herumkriechen und vielleicht da oder dort einen Bissen bekommen, wenn Du recht hübsch darum bittest.«

»Das fällt mir wohl nicht ein,« sagte Soltykow, sich breit an den Tisch setzend.

»Wirst Du gehorchen?« schrie Katharina, »unter den Tisch mit ihm, ich sende ihn nach Sibirien, ich lasse ihn auf die Folter spannen, in einen Käfig sperre ich ihn, wie den Rebellen Pagatschuw, sobald er nicht unter den Tisch kriecht.«

»Nun meinetwegen,« brummte Soltykow, brachte rasch, während Katharina auf Platow gestützt um die Tafel herum zu dem für sie bestimmten Sitze ging, hinter ihrem Rücken ein Rebhuhn bei Seite und kroch unter den Tisch, um dasselbe gleich einem Hunde mit den Zähnen zu zerreißen.

Indes tafelten die anderen so köstlich, wie es nur aus der Feenküche der Eremitage möglich war, scherzten und lachten. Katharina schien Soltykow vergessen zu haben.

»Nun, bekomme ich garnichts zu trinken?« meldete sich plötzlich seine Stimme aus der Unterwelt.

»Gieb ihm ein Glas Wein,« sagte Katharina.

Platow Zoubow reichte es ihm unter den Tisch.

»Noch eins,« rief Soltykow nach kurzer Zeit, »oder besser gleich eine ganze Flasche.«

»Ja, gieb sie ihm,« entschied die Zarin, »aber er muß sie auf einen Zug auf meine Gesundheit leeren.«

Als Soltykow die Flasche glücklich errungen hatte, rief er laut: »Es lebe die Kaiserin aller Reußen, Katharina II.! Der Himmel schenke ihr noch viele Jahre und lasse sie Jahr für Jahr zunehmen an Fett vor Gott und den Menschen.«

»Soll ich Dich um einen Kopf kürzer machen lassen, Soltykow?« fragte die Kaiserin, von neuem aufgebracht.

Eine unheimliche Stille entstand an der Tafel.

»Das thut wohl, Ihr Knaben,« fuhr die Despotin fort, »zu wissen, daß man so und so viel Millionen Menschen beherrscht wie eine Herde Lämmer, alle, die mein Scepter erreichen kann, sind meine Sklaven, ich kann sie foltern, ich kann sie töten, wenn es mir beliebt. Gott hat mir diese Macht gegeben, und kein Mensch kann sie mir nehmen. –«

Wieder begann Soltykow zu lachen.

»Was hat denn der Tölpel heute?« fragte Katharina.

»Ich denke –« brüllte er unter dem Tisch – »ach! der Gedanke ist zu komisch –«

»Nun, was denkst Du?«

»Wenn sie Dich, Katharinchen, so an das Brett der Guillotine geschnallt hätten, wie den dicken König Ludwig XVI. in Paris, wäre das nicht komisch?«

Die Kaiserin wurde bis in die Lippen bleich und ließ die Gabel fallen. »Was für ein abscheulicher Einfall,« murmelte sie, »woran erinnert mich der Tölpel! Diese französische Revolution wächst von Tag zu Tag wie die Sündfluth und droht alle Throne zu verschlingen. Ob wir es erleben werden, daß auch hier in St. Petersburg – nein! nein! ich will nichts davon hören. Noch leben wir und genießen unser Leben, und wenn wir fallen sollen, so sei es wie Sardanapal. Wein her! Trinkt, Ihr Burschen, trinkt und singt.« Sie erhob das Glas und stieß mit Platow an.

Valerian trat dem Bruder unter dem Tische auf den Fuß und sah ihn zugleich bedeutungsvoll an. »Die Gelegenheit wäre günstig,« sagte er leise.

»Was meint er?« fragte die Zarin.

»Er meint, daß die Gelegenheit günstig wäre, der Herrschaft der Republik in Frankreich mit einem Male ein Ende zu machen,« sagte Platow.

»Wie das?«

»Oesterreich und England suchen Dein Bündnis.«

»Habe ich ihnen nicht zwölf Schiffe geschickt?«

»Das ist es eben, Du mußtest ein Heer absenden.«

»Wer hat Dich bezahlt, Platow?«

»Niemand.«

»Lord Whitwouth, nicht?«

»Aus mir spricht nur die Liebe zu Dir,« erwiderte Platow.

»Wirklich,« sagte Katharina, »was verlangst Du also?«

»Ich bitte Dich, morgen Abend den englischen und österreichischen Gesandten hier zu empfangen.«

»Warum nicht,« spottete Katharina, »aber Esterhazy ist ein hübscher Mann, wenn er mir gefallen sollte, würdest Du wohl vor Eifersucht sterben?«

»Er wird nicht sterben,« schrie Soltykow unter dem Tisch, »meinen Kopf zum Pfande, er wird am Leben bleiben.«


Einige Tage später, an dem Abende des 5. November 1796, näherten sich durch den vom winterlichen Schnee bedeckten Park drei Männer der Eremitage, alle drei zu Fuß, in kostbare Mäntel gehüllt. Sie beeilten sich in keiner Weise, sondern blieben im Gegenteil von Zeit zu Zeit stehen und unterhielten sich leise.

»Ich finde es ganz natürlich,« sagte der eine, ein noch junger, schlanker Mann von hübschen Zügen, dessen schwarzer, aufgedrehter Schnurrbart mit dem weißen Toupet auffallend kontrastierte, »ganz natürlich, daß Sie für einen Dienst von solcher Wichtigkeit und Tragweite auch einen entsprechenden Lohn verlangen, aber ich denke, derselbe müßte sich nach dem Erfolge unserer Mission richten.«

»Ganz meine Ansicht, Graf Esterhazy,« stimmte der zweite bei, der wohlbeleibt und etwas kurzatmig war.

»Ihre Auslegung hat etwas für sich,« erwiderte der dritte, der Favorite Katharinas, Platow Zoubow, »und ich handle gewiß gegen mein Interesse, wenn ich dieselbe höflichst ablehne, aber nach meinem Dafürhalten ist es die vollkommen ungestörte vertrauliche Zusammenkunft mit der Kaiserin, für die ich Ihre Erkenntlichkeit beanspruche, Lord Whitwouth, und nicht für das Resultat, das Sie erzielen, denn dieses ist Ihre Sache, mein Verdienst aber, daß ich Sie beide hier einführe.«

»Verstehe vollkommen,« sprach der Lord.

»Ich denke also, wir machen die Sache in dieser Weise ab,« fuhr Platow Zoubow fort; »Sie bezahlen mir zweitausend Pfund, und zwar auf der Stelle, denn wenn wir uns noch lange hier unterhalten wollten, so könnte dies nur auf Kosten Ihrer Nase geschehen.« Er bückte sich, füllte Schnee in seine hohle Hand und reichte ihn dem englischen Gesandten.

»Bei Gott,« rief dieser, indem er erschreckt sein Gesicht betastete, »ich bin nahe daran, zu erfrieren.«

»Erlauben Sie,« lächelte Platow und begann die Nase des Lord heftig mit Schnee zu reiben.

»O! Sie verbrennen mich.«

»Es scheint Ihnen nur.«

»Retten wir uns doch in die Eremitage,« rief Esterhazy, dessen Ohren gleichfalls zu brennen begannen.

»Da ist die Pforte,« fügte Lord Whitwouth hinzu, »haben Sie den Schlüssel?«

»Den goldenen Schlüssel zu dieser Pforte haben Sie, Excellenz,« gab Platow Zoubow mit einer leichten Verbeugung zur Antwort.

»Es bleibt uns nichts übrig,« seufzte der englische Gesandte, »dieser Barbar hier läßt uns nur die Wahl, zu erfrieren oder uns loszukaufen.«

»O, es giebt auch ein Drittes,« sagte der Günstling stolz.

»Und das wäre?«

»Sie kehren um.«

»Wer denkt daran!«

»Haben Sie die Summe bei sich Amice,« flüsterte Esterhazy, seine Ohren in Schnee badend.

»Hier ist sie,« entgegnete der Brite, zog eine große Brieftasche hervor und überreichte Zoubow einen Wechsel.

»Alles in Ordnung,« sagte dieser, nachdem er das Papier überflogen.

»Wir können eintreten.«

»Endlich,« sprach Esterhazy aufatmend.

Zoubow schloß die geheime Pforte auf, ließ die beiden Gesandten ein und sperrte hinter ihnen wieder ab, dann führte er sie durch einen Korridor und über eine teppichbelegte Treppe in das erste Stockwerk, wo sie in einem behaglich erwärmten Kabinett sich ihrer schweren Winterhüllen entledigen und aufatmen konnten.

»Nun stehe ich vollkommen zu Ihren Befehlen, meine Herren,« begann Zoubow, »verfügen Sie also, ob Sie zugleich oder einzeln und in welcher Ordnung und Weise Sie der Zarin vorgeführt sein wollen.«

Nach kurzem Besinnen gab der englische Gesandte seine Meinung dahin ab, daß es besser sei, die Kaiserin wiederholt in dieser Angelegenheit zu bestürmen und äußerst unklug wäre, sein Pulver auf einmal zu verschießen. Es wurde also beschlossen, daß die beiden Diplomaten, jeder für sich, ihr Glück bei der ebenso eigenwilligen als launenhaften Frau, die das Scepter Rußlands führte, versuchen sollten.

»Wer soll zuerst eintreten?« fragte Esterhazy.

»Wir werden losen,« entschied Whitwouth.

»Ich stelle Ihnen zu diesem Zwecke meine Würfel zur Verfügung,« rief Zoubow, dieselben aus der tiefen Tasche seiner galonierten Seidenweste hervorholend.

Der englische Gesandte nahm sie mit einer steifen Reverenz, holte tief Atem, schüttelte sie heftig in seiner großen Faust und ließ sie dann auf einen kleinen kostbaren Tisch mit einer herrlichen Malachitplatte fallen.

»Sieben,« zählte Platow Zoubow.

Nun warf der österreichische Botschafter.

»Elf,« riefen alle drei zugleich.

»Ich habe also den Vortritt,« sagte Esterhazy.

»Verzeihen Sie, Excellenz,« fiel der Brite ein, »aber wir haben ja noch gar nicht festgesetzt, ob jener den Vorrang hat, der mehr Augen wirft oder umgekehrt?«

»Sehr richtig,« stimmte Zoubow ein.

»Wir müssen also nochmals würfeln,« sprach Esterhazy.

»Ja, und derjenige, welcher weniger Augen wirft, geht voran,« bestimmte Whitwouth. Er bemächtigte sich der Würfel, schüttelte sie geraume Zeit und warf endlich zwei.

Esterhazy erklärte sich für besiegt und streckte sich behaglich auf dem Sofa aus, während der englische Gesandte dem Günstling Katharinas durch einen langen Korridor und eine Flucht der reizendsten kleinen Kabinette folgte. Zuletzt rauschte noch ein schwerer Vorhang, und jetzt stand er in dem Boudoir der Zarin, welche mit überladener Pracht gekleidet neben Valerian Zoubow auf einem Ruhebett saß, während Soltykow das Feuer im Kamin schürte.

»Hier bringe ich Seine Excellenz, Lord Whitwouth,« begann Zoubow.

»Willkommen,« sagte Katharina, hielt die goldene Lorgnette vor die müden, erloschenen Augen und betrachtete den beleibten Diplomaten mit impertinenter Neugier. »Er ist um nichts hübscher geworden, seit ich ihn nicht gesehen habe,« sagte sie dann leise zu Platow. »Geht jetzt, meine Kinder, aber bleibt in der Nähe,« fügte sie laut hinzu. Die beiden Zoubow verneigten sich tief und verließen das Gemach, Soltykow folgte ihnen, die Hände in den Hosentaschen, einen Gassenhauer pfeifend.

»Setzen Sie sich, Lord,« sprach Katharina, »und vergessen Sie, daß Sie sich der Herrscherin des größten europäischen Reiches, der genialsten Frau Ihres Jahrhunderts gegenüber befinden.«

»Ich werde mich bemühen –«

»Wir wollen recht vertraulich plaudern.«

»Ich bin sehr glücklich, Majestät.«

Katharina II. nickte lebhaft. »Ich glaube Ihnen, und es läge allerdings nur bei mir, Sie vollends zu bedürfen, aber ich ziehe es vor, wenn wir bei den Staatsaffairen bleiben, lieber Lord, sprechen wir also von Politik und nur von Politik.«

Der Lord, welcher mit einem Male begriff, welche Deutung sein nächtlicher Besuch in der Höhle der kaiserlichen Dido erfahren hatte, beeilte sich in dem Momente, wo die Gefahr für ihn vorüber schien, die selbstgefällige Frau durch eine Schmeichelei für sich zu gewinnen.

»Es ist allerdings eine äußerst schwierige Aufgabe eine Herkulesarbeit, möchte ich sagen, der schönsten und vollkommensten Dame der Erde gegenüber nur von Geschäften zu sprechen, aber ich werde alles aufbieten, um mein Herz zum Schweigen zu bringen.«

»Sie, oder vielmehr die englischen Minister wünschen, daß ich mich energischer an dem Kriege gegen Frankreich beteilige,« unterbrach ihn Katharina II.

»So ist es, Majestät, darf ich die Gründe entwickeln?«

»Wozu?« lächelte die Zarin, »wenn ich dieses republikanische Frankreich, wenn ich den Abenteurer, der sich Bonaparte nennt und alle Regeln der Kriegskunst in so plebejischer Weise vernichtet, nicht so sehr verabscheuen würde, könnten Sie noch so viel Gründe für die Allianz mit England und Oesterreich anführen, ich würde mich doch nicht überzeugen lassen. Aber ich hasse diese Bewegung, diese Ideen und Phrasen, welche von Frankreich aus die Welt zu ergreifen und alle Verhältnisse umzustürzen drohen. Ich muß Ihnen gestehen, mein lieber Lord,« – ihre Stimme sank zum leisen geisterhaften Flüstern herab – »daß ich nachts von bösen Träumen, von entsetzlichen Visionen geplagt werde, ja, sogar bei Tage sehe ich Dinge – – o, es ist entsetzlich!« Sie legte die Hände vor das Gesicht und schwieg geraume Zeit. »Ja, was wollte ich sagen? Richtig, ich entsinne mich, ich will die Franzosen ausrotten,« fuhr sie fort, »wie ich die Polen ausgerottet habe, und mit ihnen diese Ideen und diese furchtbaren Gesichte. Sehen Sie doch dies Bild, es stellt die Erstürmung Pragas durch meinen braven Suwarow dar, ich werde diesen braven Suwarow nach Frankreich senden, und er wird mir dieses abscheuliche Paris erstürmen und die Republikaner über die Klinge springen lassen wie dort die Polen. Es ist eine Lüge, die von den Menschenrechten, die Menschen sind geboren, um zu dienen und zu gehorchen, und ich, ich bin da, um zu gebieten, und so lange ich lebe, werde ich meinen Fuß auf den Nacken dieser Sklaven setzen, die von Freiheit träumen und von Herrschaft des Volkes.«

»Wer zweifelt daran, Majestät,« beeilte sich Lord Whitwouth zu erklären, »wenn Sie in Frankreich regiert hätten, wäre es nie zu diesen Scenen einer neu hereinbrechenden Barbarei gekommen.«

»Gewiß nicht,« sagte die Zarin, »und doch sind wir alle nicht ganz freizusprechen, ich ebensowenig wie der König Friedrich II. von Preußen und der Kaiser Joseph. Wir alle haben diesen Philosophen, diesen Poeten geschmeichelt, die mit süßen Worten von Genialität zu uns kamen und diese verderblichen Grundsätze wie Dolche heimlich verborgen hielten. Wir selbst haben diese Ideen genährt und groß gezogen, die sich jetzt gegen uns kehren und unsere Macht bedrohen. Ich habe wenigstens die Genugthuung, daß ich einen dieser Heroen unter meiner Peitsche gehabt habe, man hätte sie alle nach Sibirien senden oder auspeitschen sollen.«

»Sie sprechen mir aus der Seele, Majestät,« sprach der englische Gesandte, »und wir dürfen also darauf rechnen, daß Sie eine Armee unter Suwarow nach Frankreich entsenden?«

»So ist es.«

»Wieviel Mann, Majestät?«

»Achtzigtausend Mann.«

»Das läßt sich hören,« fuhr der Lord fort, »es ist dies jedenfalls ein ganz anderer Beistand als jener, den Sie uns durch Ihre zwölf alten Schiffe –«

»Was wollen Sie,« fiel Katharina lebhaft ein »Sie haben mir eine Million Sterling Subsidien bewilligt, dafür konnten Sie auch nicht mehr verlangen.«

»Und was hätte England zu leisten, wenn Sie diese Armee unter Suwarow abschicken?«

»England müßte mir drei Millionen Sterling zahlen.«

»Angenommen.«

»Und dann –,« die Zarin zögerte es auszusprechen, weil sie auf Widerspruch gefaßt war.

»Noch eine Bedingung?«

»Die entscheidende,« sagte Katharina II. stolz. »Sie wissen, daß es ein Lieblingsgedanke von mir ist, die Türken aus Europa zu vertreiben. Ich helfe Ihnen, die neuen Barbaren an der Seine vernichten, und dafür lassen wir England und Oesterreich fechten gegen die alten Feinde der Civilisation an der Donau.«

»Ueber diesen Punkt vermag ich allein in keiner Weise zu entscheiden,« erwiderte der Lord, »ich muß es dem österreichischen Gesandten überlassen.«

»Er soll kommen,« rief Katharina, »ich sehe Esterhazy gern, er ist ein hübscher, ein edler Mann, ist er in der Nähe?«

»Es bedarf nur eines Winkes Eurer Majestät, und er liegt zu Ihren Füßen,« antwortete Whitwouth, dann erhob er sich, führte die Hand, die ihm die Zarin reichte, respektvoll an die Lippen und entfernte sich.

Wenige Augenblicke später trat Esterhazy in das Boudoir der Despotin.

»Ah? gut, daß Sie kommen,« rief ihm Katharina II. entgegen, »ich bin Ihnen sehr geneigt, Graf, sehr geneigt, hat Ihnen der Lord gesagt, um was es sich handelt? Aber lassen wir die Politik bei Seite –«

»Ich muß im Gegenteil dringend bitten, Majestät –«

»Gut, nehmen Sie also meine Bedingungen an?«

»Oesterreich wird gern bereit sein, Eure Majestät bei einem neuen entscheidenden Kriege gegen die Pforte zu unterstützen,« erwiderte Esterhazy, »wenn es darauf rechnen kann, wie bei der Teilung Polens –«

»Ich verstehe,« fiel die Kaiserin ein, »Oesterreich will eine Vergrößerung Rußlands nur dann zugeben und sogar unterstützen, wenn es sich selbst vergrößert. Dagegen wüßte ich nichts einzuwenden. Sie werden mich bereit finden, jene serbischen Provinzen, welche an Ungarn grenzen, abzutreten. Wir werden morgen vor der Karte das Nähere ausmachen. In der Hauptsache sind wir jetzt einig, nicht wahr, lieber Esterhazy?«

»Es ist leicht, sich mit Eurer Majestät zu verständigen,« gab Esterhazy zur Antwort.

»Das kommt daher, mon ami, weil ich eine große Regentin bin,« sprach Katharina II. stolz, »aber ich bin nicht allein eine große Frau, sondern auch eine schöne Frau, was meinen Sie?«

»O! gewiß.«

» Eh bon, nicht allein die Vernunft, auch das Herz hat seine Rechte, vous comprenez,« fuhr die alternde Despotin fort, indem sie Esterhazy mit dem süßesten Lächeln ihrer welken Lippen zu stacheln suchte, »wir haben für heute genug von Politik gesprochen die Kaiserin von Rußland entläßt den österreichischen Botschafter, aber Katharina behält den Grafen Esterhazy bei sich, denn sie liebt die schönen und liebenswürdigen Männer, und Esterhazy besitzt beide Eigenschaften in hohem Grade.«

»O! Majestät sind zu gütig,« stammelte Esterhazy, der erschreckt zwei Schritte zurückgewichen war.

»Sie sind zu bescheiden, mon ami, kommen Sie nur näher, Sie gefallen mir gut, ja, sehr gut, nur näher.«

Esterhazy ergab sich mit einer Armensündermiene in sein Schicksal und that wieder ein paar Schritte vorwärts.

»Noch näher,« flüsterte Katharina von Gnade strahlend, »ganz nahe,« und als er ihr endlich nicht mehr entweichen konnte, ergriff sie mit einer Lebhaftigkeit, welche im lächerlichsten Kontraste zu ihrer Monstrosität stand, seine Hand und zwang ihn, sich neben ihr auf dem Ruhebette niederzulassen, dann drückte sie an der verborgenen Feder, und der Tisch aus der Unterwelt stieg reich gedeckt empor.

»Wir wollen zusammen soupieren,« sagte die Zarin, »und dann –« sie blickte Esterhazy durch die halbgeschlossenen Lider kokett an – »dann sollen Sie die schönste Stunde Ihres Lebens feiern.«

Esterhazy beugte sich galant über die Hand Katharinas und hauchte einen zärtlichen Kuß auf dieselbe. »Ich bin doch der größte Patriot, den es je gegeben hat,« sagte er zu sich selbst.

»Mucius Scävola und Regulus sind wahre Kinder an Aufopferung gegen mich.«


Als die beiden, von dem glücklichsten Erfolge gekrönten Diplomaten sich am Morgen des 6. Novembers 1796 in aller Frühe trafen, um zusammen den Allianztraktat mit Rußland zu entwerfen, seufzte Lord Whitwouth tief aus und sagte: »Wir haben 80 000 Mann und den großen General Suwarow erobert, das ist richtig, aber drei Millionen Sterling! Die Sache kommt uns teuer zu stehen.«

»Mich noch teurer,« fiel Esterhazy ein.

»Wie das?«

»Denken Sie, diese alte Messaline hat mir die Gnade erwiesen, ihr die Zeit vertreiben zu dürfen, wissen Sie, was das heißt, einer Katharina die Zeit vertreiben?«

»Ich verlange nicht, es zu wissen,« erwiderte der Lord mit dem Lächeln eines Satyr.


Katharina II. stand dagegen in der besten Laune von der Welt auf und unterhielt sich, während sie aus einer echt chinesischen Tasse den Kaffee schlürfte, heiter und unbefangen mit ihren Frauen.

»Ich freue mich darauf, Platow Zoubows Gesicht zu sehen,« sagte sie, »er wird heute etwas böse dreinschauen, aber ich sage Euch, so muß man die Männer behandeln, genau so. Wie er mich wieder lieben wird, jetzt, wo ich das Gift der Eifersucht in seine Seele gegossen, wie ein Narr wird er sich gebärden.«

Die alternde Despotin lachte bei dem Gedanken, der sie wollüstig berührte, laut auf, erhob sich mühsam und schwankte, noch immer lachend, in ihr Kabinett.

Plötzlich hörten ihre Frauen einen gellenden Schrei, sie eilten ihr nach und fanden sie, mit dem Gesicht zur Erde, wie von einer entsetzlichen Vision niedergeschmettert, tot auf dem Boden liegen.

So endete die schönste und genialste Frau des achtzehnten Jahrhunderts nach einem Leben voll neronischer Lust und neronischer Thaten.


 << zurück weiter >>