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Meister Michel.

(1899)

Eines Tages kam Papa von der Geyerpußta heim und erzählte den Leuten, er würde eine Dreschmaschine kaufen. Und er wär schon so gut wie handelseins – nur wollte er zuerst nach Wien, die Maschine sehen.

Niemand auf der Ilintzipußta hatte auch nur die blasseste Vorstellung von einer Dreschmaschine.

Michel, der alte Schmied, war vormals Handlanger in einem Sägewerk gewesen – er galt auf der Pußta als Sachverständiger in Maschinen. Bei ihm pflegten die Vornehmsten der Dienerschaft am Sonntagabend eins zu plaudern.

Auf die Nachricht von der Dreschmaschine versammelte sich die Gesellschaft auf der Beschlagbrücke so vollzählig und so neugierig wie noch nie. Ich wollte natürlich mit dabei sein.

Der Schaffner saß auf dem Amboß, der Oberknecht auf der Esse. Das waren Ehrenplätze. Der Werktisch gehörte dem gemeinen Volk der Kutscher, Knechte und Hirten. Ich hockte mit gespitzten Ohren auf dem Wasserkübel.

»Alsdann,« begann der Schaffner Eßlinger, »a Dreschmaschin hat der Herr af Wien kaaft, hör ich.«

Der alte Michel nahm die Pfeife aus dem Mund und spuckte aus in dem Bewußtsein, daß aller Blicke auf ihn gerichtet waren – jeder Zoll ein Mann der Öffentlichkeit. Dann sah er den Schaffner von der Seite an und sagte:

»Bis der Matthes kummt.«

Matthes – das war der Paradekutscher. Auch er trat bald ein, setzte sich zum Oberknecht auf die Esse, und Meister Michel begann:

»Alsdann, was a so a Dreschmaschin is, des is gor a künstliche Sochen.«

Er beschrieb nun zunächst ein Sägegatter – immer möglichst populär, um den Hörern nicht allzu hohe Wissenschaft zuzumuten. Dann leitete er das Gespräch langsam, fast unmerklich auf Maschinen im allgemeinen über – das heißt: auf Lokomotiven. Lokomotiven hatte er vor Jahren in Essegg gesehen.

Die schöne Milka war einmal der Gräfin als Stubenmädchen nach Wien gefolgt. Sie erlaubte sich bei dem Thema der Eisenbahnen einige Bemerkungen.

Meister Michel stellte sie sofort richtig. Dabei verglich er die Lokomotiven mit den grünen Wagen der umherziehenden Komödianten – nur wär der Schornstein bedeutend höher. Auch könnten die Lokomotiven sehr laut pfeifen – ein Gegensatz zu den Komödiantenwagen, der in die Augen springt.

Ich meinte füglich, Meister Michel würde nun von den Lokomotiven ohne weitres auf die Dreschmaschinen übergehen. Doch ihm lagen die Bohrmaschinen näher. Als er hartnäckig bei seinen Bohrern blieb, sandte der Schaffner einen Eilboten nach Dugamedja um ein Seidel Roten. Ich aber erinnerte den alten Onkel Michel an die bisher noch nicht erwähnten Kaffeemaschinen.

Unter allgemeiner Spannung kam Onkel Michel unvermittelt auf die Dreschmaschinen zu sprechen.

Wer da glaubt, diese Maschinen wären nach Art der Flegel eingerichtet, der sei auf dem Holzweg, sagte er. Überhaupt seien sie ganz von Eisen, nur der Körper wäre teils von Messing, teils von Stahl und Kupfer. Das Schmierloch aber sei von Zinn gemacht. Solch eine Maschine wäre auch sehr teuer und koste vielleicht mehr als ein kleines Haus.

»Unter 600 Gulden redt der Fabrikant ka Wort net.«

Einmütiges Erstaunen der aufmerksamen Gemeinde.

Michel nickte nur, spuckte aus und setzte fort:

»Jetzend, was der Körper is, in dem is der Kessel. Der is ah von Eisen – herentgegen dö Tür, was des Türl is, dö is von Stagel (Stahl). Alsdann, wanns du dreschen willst, nachher mußt a Zentrum ham. Des Zentrum, des is af die Form wia–r–a Pfosten, aus Eisen. Jetzend, um des Zentrum umadum legst 'n Waaz (Weizen) – so hoch, als daß d' dreschen willst. Nachanand haazt d' dö Maschin und bindst sö mit aner Ketten an des Zentrum, 's muß aber a duppelte englische Ketten sein, schier wie für an Büffelstier. Nachanand laßt d' Maschin aus. Jetzend rennt s' dr umadum ums Zentrum übern Waaz, grad af die Form, als wie dö Razen (Serben) 's Trad (Getreide) mit dö Pferd treten tun, und drescht dr 'n Waaz so schön aus, daß a Freud is. 's Stroh aber schmeißts naus. Wann da d' Maschin rumlaaft, mußt Leut ham, dö was in anfort frischen Waaz wieder unter d' Maschin werfen tun. Sö müssen aber wohl Achtung ham auf des, daß ihna d' Maschin net über d' Zechen (Zehen) laafen tut, sunst gibts kan Doktor net, der was ihna d' Zechen wieder ganz machet. Überhaupt was d' Leut san um dö Maschin, dö müssen a Herz ham. Denn wann d' Maschin rennt, dürfen s' net schwindlig wern, sonst falln s' unter d' Füß von der Maschin. Dö Füß aber san sechzehn Füß, auf jeder Seiten achte. – Alsdann des is von der Dreschmaschin.«

Michel schloß, und wie gebannt saßen die Zuhörer noch eine lange Minute still.

Dann fragte Milka, ob denn jemand oben auf der Maschine säße.

Meister Michel spuckte aus und sprach: das könne sein und auch nicht sein – je nachdem. Er sei auch gar nicht dessen gewiß, ob die Dreschmaschine, die der Herr in Wien gekauft hat, grade so aussehe, wie er sie beschrieben habe. Es gebe im ganzen siebenerlei Arten von Dreschmaschinen, und nicht alle seien gleich. Im übrigen brauche sich Milka am allerwenigsten darum zu kümmern: sie werde sicherlich nicht oben sitzen müssen.

Schaffner Eßlingers Roter war indessen angekommen. Er trank ihn aus und rief:

»Alsdann, Leuteln, gehen mr jetzend schlafen nachanand! Moring is auch a Tag.«


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