Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
In Befell warsch, in der Schänk vun' Zȧȧmmsȧȧl, do soßen ȧȧnige Lorkenmacher aus ne Steedtel ben Bier und narrten siech mit ȧn'n Bauerschmah, mit ne krumme Adel, wie er gehissen wur. Er war ȧ weng krumb gewachsen und hahng ben Lȧȧfen immer ȧ weng nooch der rechten Seit nüber, gerod wie wenn er in der linken Händ ȧ schwere Sprengstütz ze troong hätt. Er hatt ȧ Führle Erdäpfel rei zen Zȧȧmsȧȧl gefahrn und mȧȧnet nu, aß er derfür ȧȧ wos ben verzehrn müsset, und doderbei war er nu ȧ weng länger hocken gebliem, als wie er ȧȧngtlich gewott und vun seiner Frȧȧ aus gesott hatt. 's war itze scha üm zehne und er soß noch fest und ließ siech immer noch ȧȧns neipflumpfen. Aß sei Pfeer derhȧm in' Stall stund oder dohierte, dös kunnt den eechahl sei, denkt er, 's war gu Summer und hot ȧȧ net gereengt.
Also mit den narreten siech de lusting Spießbörger rüm. Und er derziehlt vun seiner Forsche, wos er in sȧn'n Leem scha alles ausgehalten und gemacht hätt, wies ben Heekeln oder ben Ringe in' ganzen Dorf kȧȧns mit ihn aufnemme könnt, und lȧȧfen erscht, lȧȧfen könnet er wie ȧ Hos', gebȧrgah und zetolei, do käm kȧȧns mit ihn fort.
Und de annern machen lustige Eireden und Späßle derzu und narriern unnern Adel auf, aß er ganz aufgeregt werd.
»Nu,« mȧȧnt ȧȧner, »sog amol, wie lang lȧȧfst'n du naus af Feldhȧȧd – vun dorte war er her – und wieder rei?« Ȧ guter Fußgänger braucht, ober do muß er orntlich ausschreiten, su ȧ zwanzig Minuten naus, und reiwärts, wus eechahl gebargei gieht, ȧ gute Vertelstunn, also in' ganzen ȧ tüchtige halbe, ȧȧ dreivertels Stunn.
»Wos?« sogt der Adel eiferig »naus bis ze mir und wieder rei, dös lȧȧf iech in zwanzig Minuten.«
»Du sehgst asu aus, du alts Grußmaul!« sogt der ȧȧne. Er hot statts Maul noch annerschter gesogt, dös kah m'r ober be ȧn'n Menschen net gut schreim; jo, wenns ȧ Ochs wär!
»Dös möcht iech sehe!« sogt ȧ annerer. Der dritte ober mȧȧnt: »Adel, wennste dös fȧrtig brängst, do bezohl iech, und dös heit noch, ȧ Fässel Bier.«
»Mach m'r, mach m'r!« Dermiet springt der Adel vun der Bänk auf und will gleich fortlȧȧfen. »In zwanzig Minuten bie iech wieder do.«
»Halt eh, Adel!« sogt der erschte wieder. »Wos werd denn ober, wennste's net z'sammbrängst?«
»Ach, iech machs, iech machs!« sogt der Adel.
»Gibbst'n du ȧȧ ȧ Fässel, wenn de's net endierscht?« soogt der zwȧȧte.
»Jo, jo, ȧȧ!« sogt der Adel eiferig. »Also lus!« Dermiet will er wieder fort.
»Wart doch ner, Adel!« sogt der erschte wieder. »Du kahst uns viel weis machen! Do rennste naus vur de Stoodt und sogst, de wärscht derhȧm geweesen. Su giehts net, m'r müssen ȧȧ wos zen Beweis ham. Do mußte vun derhȧm wos mietbränge.«
»Nu, wos denn?« fregt der Adel in der Rahsche; er kah's net derwarten.
»Halt ne Hackstock!« sogt ȧ zwȧȧter.
»Brummochs!« zannt der Adel.
»Nu nimms ner net gleich übel! Den ȧȧnzing Wort weeng!« sogt der vurige.
»Oder de Frȧȧ!« sogt der erschte.
»Oie!« Itze lacht der Adel ȧȧ miet drüber. »Aufhucken, gelle! Do brauchets länger.«
»Iech will d'r'sch soong, wos de brängst,« sogt nu der, der'sch Bier geem will, »de hulst uns dei Gesangbuch. Dös kenn iech, dös kahste net wu annerschter herkrieng.«
»Eiverstanne!« sogt der Adel. »Itze, welle Zeit is's itze? Aß ihr ober net drah der Uhr epper rümdreht! He Wert, dös is dei Sach!«
»Ho kȧȧne Angst,« sogt der, »wenn iechs sog, es geschieht nix urechts«.
»Also,« dodermiet schaut der Adel noch amol nooch der Wanduhr, »itze is's gerod ȧ vertel af elfe, also fümf Minuten nooch halb bie iech wieder do!« Und derweile er dös sogt, lȧȧft er scha eilfȧrtig zer Tür und zer Tür naus und üms Hauseck nüm, und weg is er.
In der Stum lacht alles gerodah. »Su ȧ olbersch Paar Husen!« sogt der ȧȧne. »Iech glȧȧb, er rammelt naus!« setzt ȧ annerer derzu. »Iech möcht ner härn, wos sei Frȧȧ sogt, wenn er itze ahne sei Geschirr hȧmkimmt unds Gesangbuch hult!« mȧȧnt ȧ dritter. Und wieder lachen sie alle gerodeaus, und noochert fange se ah und papeln vun wos annern.
Der Adel ober lȧȧft und häscht und rafft alln Oten zsamm, 's gahng doch recht sauer ne alten Bȧrg nauf. »Nȧ, nohwärts giehts derfür üm su leichter,« tröst' er siech. Su kimmt er hȧm. Sei Frȧȧ is noch auf, se sitzt drah ne Tisch und strickt und lauert af ihrn Mah. Wenn er ȧȧ sinst, wenn er amol ner ze Bier gahng, oft speeter hȧmkam, ober heit, wu er mit Fuhrwȧrk draußen war? Dös war naht gepassiert.
Do vischperiert wos drah der Haustür rüm, die m'r ahne Schlüssel vun außen aufmachen kunnt, wenn ȧȧns ne Handgriff weg hatt, und gleich dernooch tritt der Adel nei de Stum. Er macht derschrockene gruße Ȧȧng, wie er sei Frȧȧ noch sitzen sieht. Dodrah hot er mit kȧn'n Oten gedacht gehatten, aß die noch munter sei könnt. Gern hätt er ihr fix alles derziehlt, wies war, ober er hatt doch kȧȧ Zeit! 's hätt doch ȧ Fässel Bier gekost'! Also lȧȧft er stracks af ne Glosschrank zu, nimmts Gesangbuch raus und sogt: »Iech muß zito noch amol fort.« Dermiet macht er wieder zer Tür naus.
De Frȧȧ wȧß net, is se verroten oder verkȧȧft. Ȧhne ȧ Wörtel ze soong hot se'n zugeseh, und erscht, wie er weg is, werd se lembig. Gott, ach Gott, wos war dös? Wie er derhitzt geweesen war? Und wos wott er itze in der finstern Nacht mit ne Gesangbuch? Do wur doch nix gepassiert sei? War er epper gar olber wur'n? »Gott, ach Gott!« schreit se auf in ihrer Angst und macht'n enooch zer Tür naus. »Adel, Adel!« rieft se, »Adel, Adel! Fehlt'n dir wos? Is'n dir wos gearreviert?« Dermiet rennt se'n in Tudesangst enooch. Se sieht'n gu noch vun weiten lȧȧfen, er muß's doch härn, wie se'n noochschreit! Ober do gibbts kȧȧ Härschte's und kȧȧ Siehste's, er lȧȧft, wos ner de Bȧȧ hergeem, de Stroß noochenanner nei. »Adel, Adel!« rieft se immer wieder und saust 'n enooch. Ober wȧtter und wȧtter verleißt se'n aus ne Ȧȧngen, er kunnt eem doch viel ferner lȧȧfen, als wie sie.
»Wenn se doch ner stiller wär! Se weckt doch de Leit aus ne Schlof auf!« denkt er. Freilich, se wußt doch net, wie se drah war und mußt ihn gerodzu fer olber halten! Doch dös half derweile alles nix, erscht mußt er sei Gewett gewinne. Und er lȧȧft und lȧȧft. Und kȧȧne Vertelsminut fehlt nimmer, wie er zer Tür neigesaust kimmt und sei Gesangbuch stolz aufweist. Reden kah er fern Ȧȧngblieck net vur Rahsche und siech kȧȧm af ne Bȧnnen halten. Ober ball derhult er sich ȧ weng, und derweile der Wert 's Fässel ahsteckt, derziehlt er, wies derhȧm war und wos sei Frȧȧ denken müsset, die ne ȧ ganz Stück noochgeloffen wär. Und nu wött er siech ober gar nimmer lang aufhalten, wött se net su lang siech ängsting loßen.
Derweile der Adel su sproocht und de annern zuhärn und siech vur Lachen ball ausschühtten wölln, is's draußen in der Hausflur laut zugange und wie der Wert, – de annern hatten gar nix weiskriegt – noochschaut, wer warsch? Ne Adel sei Frȧȧ, die ihn in ihrer Heidenangst noochgehetzt war bis rei's Steedtel, bis rei's Wertshaus, wu se wußt, aß se’n wuhl finne wür, und wu se ber Werte in der Küch deretweeng ahgefregt hatt.
Der Wert mit seiner Frȧȧ geem siech nu alle Müh, aß se de Frȧȧ beruhing wölln und derziehln ihr ne ganzen Hergang vun der Sach und aßs ner ȧ ganz uschulliger Spaß geweest wär.
»Wos? Uschulliger Spaß! Ȧȧns su in de Angst neitreim?« begehrt de Frȧȧ auf. Doch der Wert hot ȧ guts Maul und sei Frȧȧ ȧ noch bessere Plausche, ball werd de Frȧȧ ruhiger und lacht zeletzt miet über die olbern Mannsen, die scha oft amol net recht gescheit wärn und in ihrn Übermut net wüßten, wos se fer Dummhȧȧten ahgeem sötten.
Und wie der Wert zeletzt sogt: »Kumme se, genne se ȧ weng miet rei, trinken se ȧ Gleesel miet vun den Fässel, dös ihr Mah su ehrlich verdient hot,« do tut se gar net exter dumm und mȧȧnt ner, se wär net dernooch ahgezuhng. Und wie ihr de Werte dodrauf ȧ neigewaschne Scherz und ȧ Kutt vun ihrn hult, do sȧȧbelt se werklich miet nei de Stum.
Der Adel macht gruße derschrockene Ȧȧng, wie er sche weiskriegt. Wie er ober sieht, aß se lacht, aß se also scha alles wȧß, do langt er ihr de Händ entgeeng und sogt: »Alte, bie net bies! Du host wuhl gedacht, iech bie olber wurn? Nȧȧ, wenn iech ȧ Ahning dervah gehatten hätt, aß du noch auf bist, do hätt iech d'r den Schreck net gemacht, do hätt iech de Faxerei geloßen. Ober bie gut, suwos mach iech net gleich wieder.«
Und se is ȧ gute Frȧȧ – ach itze hätt iech manche sehe mühng! – se lacht und sogt nix wȧtter als wie: »Ach, ihr olbern Mannsen!« Und ze ne annerne sogt se: »Vun ȧn'n dumme Bauern kah m'r siech scha suwos versehe, ober sie wölln aus der Stoodt und vurnehme Leit sei!«
Und derweile hot ihr der Wert ȧ Gleesel eigeschänkt, und wie se ihr alle 's Glos entgeenghalten, do stießt se mit ihne ah und lacht mit ne ganzen Gesicht derzu.
Ober af ȧȧmol kriegt se ȧn'n Schreck. »Adel,« sogt se, »kumm, wöll' m'r hȧm. Iech ho in der Rahsche Haus- und Stumstür offen stiehe loßen. Uns könne se derweile alles forttroong«.
»'s sei doch de Kinner derhȧm!« sagt er.
»Jo, ober die schlofen wie Ochs; kumm!«
Nu, ȧȧns geißt der Adel noch nei, derweile sei Hampele rausgeführt und eigespannt werd. Noochert giehts hȧm.
Früh denkt der Adel drah, aß er in der Eil sei Gesangbuch net wieder miet hȧmgenumme hot und wills noochmittig huln. Ober dodraus werd nix. »Nȧȧ, nȧȧ,« sogt sei Frȧȧ, »wer wȧß, wu de m'r wieder hierammelst, af Luhmstȧȧ oder af Herschbȧrg; iech brauch Kaffee und Päckel, do bräng iechs ost miet.« Und su wursch.
Geneckt ober werd der Adel noch heit mit dere Sach, und wenn er siech in Befell sehe läßt, do fregt ball der, ball gener: »Nu, Adel, hoste's Gesangbuch ost miet, aß de net dernooch lȧȧfen mußt?«