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XXI.

Olga Surewskis Lunch wurde ein Diner mit fast märchenhaftem Luxus. Hier war das Reich der Frau, hier liefen die Faden der Besprechungen aus den männlichen Hirnen in die geschickten Finger einer Diplomatin über, die sich ihrer Stärke bewußt war und willens war, sie zu benutzen.

Hatten im Gürzenich viele Menschen zusammengesessen, die sich jetzt in Kommissionssitzungen überall verteilten, so konnte sie mit Stolz feststellen, daß die zehn, die an ihrem Tische saßen, heute vielleicht den Willen der ganzen großen Versammlung bedeuteten.

Lautlos servierten die Diener, die Fenster waren dicht verhängt, trotzdem draußen heller Tag war. Olga liebte das matte, ihre Schönheit hebende lebendige Licht der Kerzen, die die einzige Beleuchtung des intimen Raumes bildeten.

Sie sprach mit ihrem russischen Landsmann über den ersten Leviathan. »Ideen sterben nicht, Ideen leben.« Und leise. »Warum gibt das heilige Rußland seinen Boden den Fremden frei, den Deutschen?«

»Wir brauchen die deutschen Konstrukteure, weil wir ihre Maschinen brauchen, um Rußland zu erschließen.«

»Denken Sie an das, was der Deutsche von der Hansa sagte. Damals haben fremde Kaufleute den russischen Markt beherrscht.«

»Es hat uns nicht geschadet.«

»Jetzt wird es schaden.«

Der Sowjetkommissar lächelte. »Und Sie werden uns die Engländer bringen.«

»Wenn Rußland diesen Pool hindert.«

»Das kann es nicht.«

Sie wandte ihm brüsk den Rücken und beugte sich, gewandt die Sprache wechselnd, über den Tisch zu Truckbrott. »Ich habe die deutsche Gründlichkeit bewundern gelernt. Sie konstruieren langsam. In England greift man neue Ideen rascher auf.«

Er verstand. »Wir werden unser Projekt durchführen, gnädige Frau.«

»Und Sie werden auch auf den Ozeanflug hinarbeiten?« fragte sie hastig.

»Die Großmaschinen aller luftfahrenden Staaten werden das tun.«

»Und der ›Leviathan‹ wird Ihnen den Weg weisen.«

Macmorris und Gordon saßen nebeneinander. Der Engländer sprach von andern Dingen. »Wir haben uns auf den innereuropäischen Flugstrecken geeinigt. Sie fliegen Croydon wie wir, und die Maschinen Farmans sind in Tempelhof ebenso bekannt, wie Ihre Stahlvögel in Paris.«

»Wir werden uns auch international einigen.«

»Der Pool kommt zu früh.«

»Er muß vorbereitet werden, weil keine Weltlinie ohne den Anschluß an alle andern bestehen kann.«

»Dann werden wir Subventionen verlangen, England ist reich.«

»Nicht so reich, um gegen subventionslose Linien, gegen rentable Linien bestehen zu können.«

»Warum sagen Sie das?«

»Weil der Pool kommt, bestimmt kommt«, Gordons Augen stachen.

»Auch ohne England?«

»Sie sind Kaufmann genug, Viscount Macmorris, um seine Vorteile zu erkennen.«

MacKenney kümmerte sich nicht um praktische Fragen. »Sie werden jetzt wieder fliegen, Truckbrott?«

Der wich aus. »Aber meine Tätigkeit ist noch nichts bestimmt.«

»Sie werden fliegen, und Sie werden bauen. Ihr Deutschen laßt keine Idee los, die ihr einmal an die Hand genommen habt. Ich weiß, daß eure Diplomaten in Moskau, in Peking und in Tokio nicht schlafen. Ihr bewerbt euch um Konzessionen, und ihr werdet sie bekommen. Wir haben es leichter, wir sind die Herren des Landes.«

»Und warum dann den Amerikaflug?«

Wieder das stoisch gleichmütige » For representation.«

»Ein sicherer Überlandflug mit einer Riesenmaschine wird mehr Nutzen bringen.«

»Das ist möglich.«

Nach dem Diner lehnte sich Olga Surewski kokett an den Flügel. »Ich habe nicht gewußt, daß Sie so genügsam sind, Monsieur Truckbrott. Sie hätten alles haben können – nicht nur Flieger wären Sie gewesen, auch der, nach dem das Zukunftswerk benannt wird. Wenn Sie Ihren Willen durchsetzen, werden sich viele in den Ruhm teilen. Zuerst der Geheimrat von Gordon.«

»Und wenn es mir nun genügt, das neue Flugzeug zu führen?«

»Sie sind nicht ehrgeizig.«

»Ehrgeiz kann sich auch beschränken.«

Und sie, leidenschaftlich. »Ehrgeiz ist maßlos.« –

Gordon behielt recht. Kommissionen tagten, Delegierte wurden ausgewählt und saßen zusammen. Aus einem Mosaik von Kleinarbeit entstand in Tagen rastloser Arbeit eine neue Gemeinschaft, die vorläufig jedem der luftfahrenden Staaten eine Ausbaustrecke überwies. Und die die Konkurrenz über den Ozean unverteilt zurückstellte.

»Wir haben manches erreicht,« sagte der Geheimrat zu Truckbrott, »aber der Erfolg wird doch bei dem sein, der den Ozeanflug sicher durchführen kann.«

»Ist das Frau Surewskis Einfluß?«

»Vielleicht mit. Wir werden uns dem Streben nach einer Rekordleistung nicht ganz entziehen können. Als der ›Z.R. III‹ den Ozean sicher überflog, waren die Augen der ganzen Welt auf das Luftschiff gerichtet. Man wartet auf uns, Herr Truckbrott.«

»Also werden wir bauen?«

»Ostasien ist unsere Versuchsstrecke. Wenn Ihr Riesenflieger die Wüste sicher überwindet, werden wir auch vor dem Ozean nicht zurückscheuen.«

»Und wenn MacKenney zuerst fliegt?«

»Dann werden wir ihn mit der Güte des Materials schlagen, und wir werden nicht einmal einen Rekord aufstellen, wir werden immer fliegen!«

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