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Noch umhülle Nacht mit finsterem Schleier Goletta's Schweigende Flur; nicht sanftaufdämmerndes Roth an des Ostens Duftigem Himmelsthor, nicht Geister der lieblichen Sänger Kündigte noch das Erwachen des Tag's aus schauernden Zweigen, |
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5 | Als im erleuchteten Zelt der Kaiser mit seinen Erwählten, Doria, Guasto, und Eberstein, im wichtigen Kriegsrath Saß, und Jegliches ordnete, nun zu erstürmen die Festung. Näher gerückt war ihr das schanzende Volk, und gewahrte Jetzo gerechtes Ziel, die furchtbare Bombe zu schleudern. |
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10 | Mächtige Schlünde, den Kriegern genannt die »Mauerzertrümmrer«, Sah'n aus dem Schanzkorb schon zur Veste hinüber, und ringsum Lagen am Wall Sturmleitern gehäuft. Entlassend die Helden Aus dem Gezelt, sprach noch der erhabene Kaiser mit Nachdruck: »Segen des Himmels mit euch! Bald soll in heißeren Stunden |
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15 | Sturmdrometender Ruf vor Goletta's Mauern uns einen.« Doria eilte zum Meeresstrand, zur spähenden Vorhuth Guasto; nur Eberstein stand noch, und sagte bekümmert: »Nagender Gram erfüllet die Brust der Deutschen; sie klagen: Nur Hispaniens Söhn' und Wälschlands theilten Gefahren, |
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20 | Ruhm und Ehre mit dir; sie stünden vergessen im Lager, Minder geachtet im Heer und deines Vertrauens nicht würdig.« Lächelnden Blick's, doch sanft verweisend, entgegnete jener: »Häget des muthigen Volkes Hort den nagenden Unmuth Auch in der tapferen Brust? Nicht vorlaut tadle der Krieger, |
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25 | Was ich im ernsten Gemüth, auf Jegliches achtend, beschlossen. Spanier, Wälsch', und Deutsche, sie all' sind theuere Kinder Mir, und jen' errangen sich schon erfreuenden Siegsruhm; Aber noch höheren Muth erheischt, im Felde der Waffen, Winkend zu Thaten, das höhere Ziel. Bald sollt ihr ersehen, |
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30 | Ob ich dem Deutschen vertraut', ein Deutscher, und dankend mich ehren.« Freudigen Blick's enteilte der Held, den harrenden Brüdern Tröstend zu nah'n, und zu ordnen die Scharen zum Sturme Goletta's: Denn schon wüthete ringsumher des eh'rnen Geschützes Furchtbar donnernde Macht. Bald hier von den kreisenden Schanzen; |
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35 | Bald von dem Meerstrand dort, hinsausten die schrecklichen Kugeln. Aber nicht minder zurück vom Walle der trotzenden Festung Sausten im Donnerlaut die schmetternden hin und herüber: Bebend drönte die Erd', aufheulte der flammende Luftkreis. Hannibal sah vom Gewölk die Christen im mächtigen Vortheil; |
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40 | Sah nach Goletta hin die Donnerschlünde gewendet, Ringsum Gedräng' und Hast, das herrliche Ziel zu erringen, Und erbebte vor Zorn. Der Kampferfahrne gedachte Jetzo der List, und flog nach der Veste hinüber, wo Sinam Erst auf dem Rasen des Walls entschlummerte, sorgenermüdet: |
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45 | Denn in dem nächtlichen Grau'n vernahm er Getös' in den Schanzen, Und entsandte die Späher sogleich. Nun sah er im Traumbild Rings versinken den Wall umher, und die Mauern Goletta's Stürzen, zertrümmert, in Staub, daß furchtbar gähnte der Abgrund. Krampfhaft faßt' er den Rasen, und stöhnt', als Hannibal jetzt ihn, |
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50 | Leise genaht, aufboth mit den mutherregenden Worten: »Sinam, du ruhest dahier, ein Träumender? Schande dem Trägen! Sieh' schon wühlte der Feind, wie im nächtlichen Boden der Maulwurf, Viel verzweigte Gänge sich bahnt, Laufgraben von Neuem, Gegen die Veste sich auf; er häufte die Schanzen, und führte |
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55 | Riesenschlünde heran, zermalmenden Donner zu wecken! Schwand dir völlig die Kraft, Abwehr zu ersinnen und Kriegslist? Wie, wenn Tapfere, nur das Geschütz zu verderben, entschlossen, Hastig am Zündrohr dort einkeilten den eisernen Nagel So, daß im weicheren Erz die scharf gehämmerten Kanten |
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60 | Hafteten, und der Entschluß Errettung schaffte den Eu'ren? Auf, und erwäge die That: dem Kühnen gesellt sich das Glück nur!« Sinam entfuhr dem Rasen voll Hast, und dachte verwundert: Ob er geträumt – ob Gottes Prophete den kühnen Gedanken Ihm in die Seele gelegt? Doch als er die Späher vernommen, |
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65 | Flog er zu Giaffar hin, und sagte mit leuchtendem Antlitz: »Tapferer Aga, vernimm mit Staunen, was Gottes Prophet' erst Mir an die Seele gehaucht, im sinnebetäubenden Schlummer! Wieder gelang's, so melden die Späher, dem Feinde, Goletta's Mauern durch Schanzen zu nah'n: uns droht gewisses Verderben |
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70 | Heute noch, wo uns nicht rettet der Muth und entschlossene Kühnheit. Auf zu dem herrlichsten Sieg! In der glühenden Stunde des Mittags, Wenn, ermattet, die Fremdlinge ruh'n, bestürme die Schanzen Du mit erlesenem Volk. Das schwere Geschütz zu verderben, Hastig am Zündrohr dort einkeil' es den eisernen Nagel |
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75 | So, daß im weicheren Erz die scharfgehämmerten Kanten Haften, und uns hinfort die Vestezertrümmrer nicht schaden. Groß ist des Sieges Gewinn, und dein: unsterblicher Nachruhm!« Giaffar blickte mit Ernst dem stattlichen Schirmer Goletta's Lang' in die flammenden Augen, und sprach, als jener verstummte: |
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80 | »Nicht Unwichtiges sann, du Tapferer, jetzo dein Geist aus; Oder dir nahte der große Prophet, wie du sagtest, in Wahrheit, Sturm gebiethend, und dort das Vernageln des Donnergeschützes, Wo in den Schanzen umher unzählig die tapferen Völker Wachen! Aber, wohlan: nie bebte des Kampfes Gefahren |
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85 | Giaffar noch, und sollt' er im Sturm auch fallen, er bebt nicht!« Also enteilt' er sogleich, und rief die kühnen Gefährten, Jauchzend, zum Sturmgang auf; doch Sinam sah ihm erstaunt nach. Schon entfloh'n die Schatten der Nacht; der freundliche Morgen |
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90 | Goldenem Thor, und mit glühender Stirn' erhob sich die Sonne, Froh zu durchlaufen die Bahn in des Weltalls endlosen Räumen; Aber nicht lange, so fleugt vor ihrem Blicke Verderben, Jammer, und Tod aus den furchtbar'n Gluthgefilden der Wüsten Ueber die Christen heran: denn schon empöret der Windstoß |
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95 | Wirbelnd, den flimmernden Sand; weit gährt, und zischet die Meersfluth. Wer entflammte den Unhold dort, dem Heere der Christen Tödlich zu nah'n? Wer stand ein Rettender über dem Kriegsheer? Muhamed saß, ergrimmteren Blick's, auf dem goldenen Halbmond, Der von den Zinnen des Minarets, des wolkengethürmten, |
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100 | Ueber die mächtige Stadt hinschimmerte, Moslems zur Wonne. Wie Gewittergewölk auf das Hochgebirge sich lagert: Gährende Blitz' umröthen den Saum des finster'n, und furchtbar Droht in die Thäler herab sein bald erkrachender Donner: Also saß er erhöht auf dem Thurm. Die Schanzen gewahrend, |
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105 | Dacht' er Goletta's Sturz, und der Feind' unendlichen Sieg'sruhm – Dacht' es, und knirschte vor Wuth, und wühlte mit zuckender Rechten Dann in dem Busen; die Linke zerkrümmte die Hörner des Halbmonds. Jetzt auffuhr er in Hast. Wie aus tiefen Träumen erwachend, Starrt' er umher, und winkte den ringsumschwebenden Geistern: |
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110 | Attila selbst, mit dem wilden Gefolg, dann seinen Erwählten; Jetzt auch Hannibals Schar: denn er umschwebte Goletta's Mauern, und harrte des Kampfs im schlundeverderbenden Anfall. »Mir nach,« rief er der Geisterschar, »Aethiopiens Scheusal Beut uns schreckliche Macht zur Rach', in des Feindes Vernichtung!« |
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115 | Und sie entflogen all' im Schrei des empöreten Ingrimms.
Ueber Zender und GingirZender und Gingir, zwei große, gen Süden unterhalb des Aequators liegende Länder in Afrika, unter dem 50–55. Grad der Länge, und dem 5.–8. Grad der Breite. hinaus, wo rings um den Erdball |
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120 | Schräg' an der Sonn' umher, in des Jahrs umrollenden Tagen) Dort in Afrika's Schooß, wo im öden Gefilde nicht, schattend, Säuselt der Baum, nicht liebliches Grün entzücket die Augen, Und von dem Flammenthron, senkrecht, versengende Strahlen Schleudert die Sonn' auf den kochenden Sand, der ewig der Wüsten |
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125 | Unermeßlichen Raum in des Todes Trauergewand hüllt: Dort umstarrt, gen Himmel gethürmt, ein Felsengebirg rings Ein entsetzliches Thal, wohl hundert Meilen im Umkreis. Nicht die Gems' mit dem eisernen Muth und den ehernen Klauen, Fänd', aufklimmend, Bahn an der steilaufragenden Felswand, |
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130 | Und aus der Tiefe herauf, die gräulich, vom Donner gespalten, Gähnet, erhebt sich ein Flammenmeer, und wirbelt, und brauset Auf zu des Kessels Rand, vom kochenden Schwefel und Erdharz Unversiegend genährt. Doch weh', wenn, übergefüllet, Ihm entstürzet die Fluth! Da erbraust urplötzlich der Luftraum; |
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135 | Weit erbebet die Erd'; aufhebt sich des Windes Vermögen: Säul' an Säule gedrückt, fortstürzt er im Flug um den Erdball. Wenn er vom Mittelmeer nach Hesperiens Zaubergefilden Fleugt: da glühet sein Odem noch, und erschlaffet die Menschen, Trübumwölkten Gemüth's. Umkreist er aus Süden des Nordpols |
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140 | Eisige Stirn: da deckt der glänzende Reif ihm die Schwingen, Und er schüttelt uns Schnee und den blütheverderbenden Frost her; Aber, im schnelleren Flug durchbrausend des rosigen Aufgangs Fluren, und d'rauf, heimkehrend im Sturm, von des Abends Gefilden, Haucht er den Regen heran, den dauernden, der aus dem Weltmeer |
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145 | Dunstgeboren sich hebt, und die schimmernden Lüfte verdüstert – So wie im Gegenlauf, an des AltaisAltai, auch Belgian genannt, ein großes Gebirg Asiens in der Nord-Tartarey, und im Königreiche Montgal. Höh'n, und des UralsUral, in der tartarischen Sprache ein Gürtel, ist die beinahe 300 Meilen lange Gebirgskette, die von dem caspischen Meere beginnend, Europa von Asien scheidet, und Sibirien von dem übrigen Theile Rußlands trennt. Oestlichem Rücken erfrischt, er die Regengewölke verscheuchet So. daß lieblich und kühl die Bläue des Himmels herabglänzt. Also kehret er stets nach den grau'numhüllenden Felshöh'n |
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150 | Wieder, an welchen er ruht, und die Lüft' umschwimmen im Gleichmaß.
Dorthin, glühend vor Hast, kam Muhamed jetzt mit den Scharen |
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155 | Prasselnd, die Füß', und floh'n, und kehrten in wirbelnden Wogen. Finster blickte sein Aug', und glüht' im Glanze des Feuers Schrecklicher noch, da er laut erhob die gewaltige Stimme: »Seht, Erwählte des Ruhms, vor allen Scythia's Helden, Welchen des Südens Wundergebieth erst heute sich aufhellt, |
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160 | Hier im flammenden See den SamyelSamum von den Arabern; von den Hebräern ולעפה; von den Türken Samyel, und in Afrika Hamaddan genannt, ein heißer Wind, der in den Monathen Juni und Juli in Arabien, Persien, Babylonien, und in den Wüsten von Aegypten; aber am heftigsten, zuweilen schon im März und noch im November, in Nubien weht. Er dauert höchstens nur 7 bis 8 Minuten, aber er tödtet augenblicklich Alle, die aufrecht stehen; daher ist es nöthig, sich auf das Antlitz niederzuwerfen, die Sohlen dem Winde zuzukehren, und so wenig als möglich Athem holend, den Mund auf den Boden zu pressen. So streicht er dann unschädlich vorüber, da er zwei Schuh hoch über der Erde dahin zieht, aber dennoch ein heftiges Zittern und starken Schweiß verursacht. Die Thiere tödtet er zwar nicht, doch senken auch sie den Kopf zur Erde, und zittern am ganzen Leibe. Die Vorbothen des Samums sind, nach Brüce, röthliche Sandsäulen. die sich in die Luft erheben und stets näher schweben. Die Getödteten werden sogleich schwarz und zu Mumien gedörrt. (Brüce's Reisen &c. im Auszug Rinteln I S. 496 und S. 129 folg. &c. – Thevenot Voy. 295. – Ives II. 83. &c.) – Völker erbeben Schon dem Nahmen allein des todaushauchenden Unholds – Lauern! Er mordet, geweckt, das Leben; im sausenden Eilflug Hebt er die Wüst', und stäubt sie empor in die Lüfte: sie wandelt Hoch in dem Wolkenreich, nun schnell, nun zögernder vorwärts |
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165 | Schreitend die Bahn, und deckt, entstürzend, mit thürmenden Bergen Weit die Gefilde. O seh't, o seh't, nach Sahara hinüber! Dort in dem Sandmeer wallt, verschmachtenden Herzens, seit Monden Schon Karawanengefolg' den heimischen Fluren entgegen; Weh', und Araber sind's, mein Volk! O, nimmer erblicken |
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170 | Sie das Heimathland! Von sinkenden Hügeln begraben, Schwinden sie all': ein Schauspiel noch entfernten Geschlechtern, Wenn verweht die Hügel entflieh'n, und die Starren enthüllt sind. D'rum jetzt Rache verübt, die schrecklichste, die noch verübt ward, Dort an der christlichen Heeresmacht, der zahllose Moslems |
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175 | Schon erlagen im Kampf für den welterleuchtenden Koran, Für errungenen Ruhm, und die völkerverschlingende Herrschaft. Stürzet vereint in den Flammensee, und empört der Vernichtung Gährende Fluth noch mehr, daß selbe nach Tunis hinüber Sende den Samyel, der, verschonend die tapferen Moslems, |
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180 | Tilge sogleich die Ungläubigen dort mit erstickendem Gluthhauch.« Siehe, da stürzten sich all', empört von dem schrecklichen Herrscher, Jauchzenden Ruf's in den Flammensee. Sie tauchten hinunter Bis in des Abgrunds Nacht, und fuhren herauf, und erregten Also die Fluth, daß Wog' auf Woge geschleudert dahinsank. |
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185 | So, wie der Schilfteich braust, wenn plötzlich auf ihn des Orkans Wuth Niederstürzt vom Gewölk, und rings die umufernden Dämme Ueberfluthend, ergeußt sein dunkles Gewässer: so stürzte Von dem Felsen die feurige Fluth. Entsetzlich zu schauen! Himmel und Erd', im furchtbar'n Wuthkampf ringend; die Sandwüst' |
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190 | Wandelnd in Wolkenhöh'n, und der todaushauchende Gluthwind Prasselnd im Sturmesflug nach dem Lager der Christen hinüber, Drohten der zitternden Welt die Schrecken des letzten der Tag' an. Doch, auf Goletta's Wall stand Giaffar, herrlichgerüstet, |
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195 | Der von des Tulbans Bund herschimmerte, zierend des Reihers Schneegefieder, und gleich dem Fittig des Aars, sich entfaltend; Staunten des Säbels Gehäng', voll blitzenden Edelgeschmeides, Den Suleyman ihm both, der Prächtige, als er vor Rhodus Ruhm sich erwarb, im Sturm durchbrechend das eiserne Seethor. |
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200 | Nie gewahrt' ihn das Volk so reichgeschmückt in dem Feld noch. Jetzo mit leuchtendem Blick' erhob er die mächtige Stimme: »Hört mich, Söhne des Siegs! Schon oft erlagen im Schlachtfeld Eurem schrecklichen Arm die Ungläubigen; aber er wüthe Heute noch mehr, als dort im Süden der wilde Hamaddan, |
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205 | Der im Feuergewölk auffleugt, und mit glühendem Odem Bald das Lebende tilgt. Auch tödte sie Gram und Verzweiflung, Jetzt in dem Ueberfall ihr Geschütz vernichtet zu schauen. Auf, und erringet des Sieges Preis, nicht der sinkenden Brüder Achtend! Falle wer muß: nur mögen die Seinen ihn rächen!« |
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210 | Also entflammt' er das Volk. Da scholl, wie brandender Wogen Rauschen im Meeressturm, und das Brausen im dunkelen Eichwald, Den der heulende Nord durchtobt, des stürmischen Volkes Wuthausruf, von Goletta's geöffnetem Thore; da rannten Alle voll Hast nach der Schanze hinaus, die Ludwig, als Feldherr, |
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215 | Strahlend in Jugendglanz, mit den niederländischen Helden Und Lusitania's tapferem Volk, krieg'skundig beschirmte. Dort war lautes Getös', war Rufen. Zur muthigen Abwehr Eilte das Volk; doch unaufhaltsam, die Schanzen entlang hin– Nicht des hagelnden Donnerrohr's, nicht der sinkenden Brüder |
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220 | Achtend, drangen die Wüthenden auf, und ihr gieriger Aarblick Hing an den ehernem Schlünden allein. Ach, sieben umringten Sie, vorstürmend in Hast! Bald töneten schmetternde Hämmer An dem geflachten Kopf der eisernen Nägel: sie drangen Fest in das weichere Erz, des Zündrohrs Höhle verkeilend, |
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225 | Und zerstörend des Feldzeugs Macht mit den schneidenden Kanten.
Jetzo wäre noch mehr des schrecklichen Frevels geschehen; |
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230 | Jetzt, und hinfort, den mir der edelste Herrscher vertraute, Euch zu lenken im Waffenfeld zu Thaten des Ruhmes. Ha, willkommen der Tod, wo Schande, nicht Ruhm, mir zu Theil wird!« Alsbald stürmt' er vor, und hieb mit dem sausenden Mordstahl Ein in die Scharen, daß links und rechts die Getödteten sanken. |
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235 | Wie in dem dnnkelen Forst, im Gebell verfolgender Rüden, Schnaubend daher ein Eber fleugt: er suchet des Dickichts Rings umschattende Nacht, und mäht mit den schrecklichen Hauern Nieder die schlanken Stämme – dem Wüthenden sinket der Wald hin: Also stürzete Mann auf Mann des Heldengebiethers |
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240 | Würgendem Schwert. Sein Volk, vernehmend den schrecklichen Vorwurf – Schauend den Helden im Kampf, schnob Rache. Nicht Büchsengeschmetter, Sausen des Säbels und Speers war jetzt zu vernehmen: die Krieger Faßten den Lauf des Feuerrohres, und schlugen, und drängten, Mordend, die Feinde vom Wall. Sie floh'n, und Sterbender Röcheln |
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245 | Scholl aus dem Graben herauf. Doch bebte das Herz in dem Busen Giaffars nicht; er einte die Fliehenden schnell, und gedachte Jetzt verderbender noch in den Schanzen des spanischen Volkes, Wüthend im Ueberfall, den ehernen Schlünden zu nahen. Siehe, da schwebt' aus Wolkenhöh'n im brausenden Flug' ihm |
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250 | Attila näher, und schalt im Geistergelispel ihn also: »Trotzest du nicht auf Kraft und Stärk' in dem Heere vor allen? Aber nur eitelen Trotz, nicht Thaten gewahrte das Heer noch. Kehre zurück, und ford're die tapfersten Gegner zum Zweikampf: Ob nicht der Feldherr selbst, im glühenden Muthe der Jugend, |
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255 | Dir sich stellt, und erliegt, und zur Sonne dein Nahme sich aufschwingt?« Giaffar stand, und sann: »Heut hol' ich,« so rief er, »den Tod mir, Oder den herrlichsten Ruhm. Drometer, gebiethe den Stillstand!« Fröhlich ertönte das Erz, und Ludewig, kundig der Ritter- Sitte, horchte dem ehernen Ruf', und hemmte die Seinen. |
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260 | »Wer sich von euch,« schrie Giaffar laut, »im Heere vor allen Tapfer erwies, der trete hervor, und stehe zum Kampf mir, Einzeln dem einzelnen Mann, so wie einst in der schöneren Vorzeit, Schild auf Schild, nah' an, die muthigen Helden sich trafen, Eh' noch Pulver und Blei, o Schmach, aus der Ferne den Tapfer'n |
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265 | Tückisch zu Boden schlug, und dem Feigeren schonend vorbeiflog! Keiner besorge mir Trug und Hinterlist. Ehre gewinnen Will ich nach Ritterbrauch: deß ruf' ich Allah zum Zeugen.« Grimmig schritt Alfred, der niederländische Hauptmann, |
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270 | Stand, und führte den Streich: doch Giaffar schlug ihm das Eisen Aus der erstarrenden Faust, daß es blitzend am Sande dahinfuhr. Raubet' er jetzo vielleicht dem wehrlosen Christen das Leben? Nein: denn edeler Stolz erfüllt' ihm die Seele mit Großmuth. Schnell barg er das blitzende Schwert in die Scheid', und es faßten |
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275 | Beide Kämpfer zugleich mit festumklammernden Armen Eisern sich an, und beugten einander gleich ringenden Bären, Pressend die Brust an die Brust, zur Rechten, zur Linken, daß beiden Knirschte der Rücken, und Schweiß von den Gliedern in Strömen herabrann. Jener gedachte der List, und schlug von hinten dem Türken |
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280 | Rasch mit der Ferse die Beuge des Knie's: ihn niederzustürzen; Aber Giaffar stand wie die Eiche so fest auf dem Boden. Jetzo, der Uebermacht sich bewußt, und zürnend der Arglist, Hob er den Gegner empor, und drückte mit eisernen Sehnen Ihn stets fester zur ehernen Brust, daß er, odemberaubet, |
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285 | Dort verhauchte den Geist: aus seinen eröffneten Armen Fiel er, langgestreckt, auf den Sand. Wie im Schimmer des Abends, Lauernd, die Riesenschlang' vom Wipfel des Baums, auf den Tieger, Der ihm vorüberzieht, urplötzlichen Flugs sich hinüber Schwingt, ihn schnell umringelt, und dann zum schütternden Stamm zieht; |
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290 | Wie er auch brüllt, und sich mühet, der klemmenden Reife nur einen Fest mit den Zähnen und Klau'n zu fassen – umsonst: sie erwürget Ihn an dem Stamm', daß ihm laut zerkrachen die Knochen: so würgte Giaffars mächtiger Arm den Gegner, und streckt' ihn entseelt hin. Ganz unduldbarer Schmerz ergriff des tapferen Ludwigs |
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295 | Brust: er schrie laut auf, und stürzte dem Türken entgegen. Sieh', da nahte, gelockt von des Kampfes Getöse, der Kaiser, Und erstaunte, wie dort Lusitania's herrlicher Sprößling Kühn in die Schranken trat mit dem stärkeren Gegner! Ihm schwebte, Angstgeweckt, auf die Zung' ein Laut, der muthige Krieger |
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300 | Hätte gerufen zum Kampf und zur Rettung des trefflichen Jünglings; Aber er hemmt' auf der Zunge den Laut, daß unrühmliches Mißtrau'n Nicht mit giftigem Zahn, wie der Borkenkäfer im Hochwald Sprossende Bäume zernagt am Mark, daß sie, trauernd, verdorren, Ihn verwundete. Doch wie erblick' er den Stahl in den Busen |
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305 | Seines Lieblings versenkt, und dampfend vom Blute des Theuern? Dennoch beherrscht' er die Angst, und sah vom gehügelten Erdwall Nach dem Waffengefild', ein Sinnender, schweigend hinüber. Giaffar, stolz des sicheren Sieg's, gewahrte den Jüngling, |
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310 | Der den blühenden Fürstensohn ihm entgegengeführt hat; Doch, da er jetzt, wie ein junger Leu dem stärkeren Panther Kühn entgegen sich wirft, im schimmernden Felde der Waffen, Ueber den blanken Helm den Degen erhebend, daherkam, Und sein Blick, mit des Todes Schrecken bewaffnet, ihn faßte, |
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315 | Ha, da pocht' ihm das Herz, ergriffen von heimlichem Schauder! Nun das glühend' Aug' auf das Auge des Gegners geheftet – Vorwärts stemmend den rechten Fuß im knisternden Sandstaub, Strebten die beiden, ergrimmt, die tödlichen Streiche zu führen, Und es erbebte die Luft dem rastlos sausenden Mordstahl. |
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320 | Da von dem Helm, und dort von dem Stirnbund, Panzer, und Leibrock Wußte der Kämpe, gewandt, die Waffe des Kämpen zu fernen: Jetzt auffangend den Hieb, und jetzo vereitelnd den Herzstoß. Und so hätte die sinkende Nacht allein, in dem Dunkel, Heute die Helden getrennt, nicht des Sieg's entscheidender Vortheil; |
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325 | Doch als Giaffars Arm zum schrecklichsten Schlage den Säbel Hoch aufschwang: da kreischete Ludwigs blitzender Degen Laut, an des Säbels Kling' abgleitend; da bohrte den Mordstahl Sein nachstürmender Arm ihm tief in die pochende Brust ein. Rücklings stürzte der stattliche Held; hoch spritzte der Sand auf, |
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330 | Als er sank, von der Hand des tapferen Jünglings getödtet. Aehnlich der Fichte lag er, die erst die nächtliche Windsbraut Krachend dem Boden entriß; der Weidmann schauet am Morgen Forschend nach ihr, die rings ihm diente zum leitenden Merkmaal: Denn sie ragete hoch, vor allen Bäumen des Waldes, |
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335 | Schon Jahrhunderte lang; nun liegt sie zertrümmert am Boden: Also lag er im Staub, und erschütternde Stille war ringsum. Attila schüttelte grimmig das Haupt: denn seinem Geflister Horchte der Kühne zuvor. Er floh, umschart, in der Luft fort. Als ein lohnender Ruf den Lippen des Kaisers entfloh'n war, |
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340 | Und den Sieger umjauchzte sein Volk: da brachen die Gegner Furchtbar heran, und Gebrüll, und Fluch, und Verwünschung ertönte Schrecklicher noch als der Säbel Geklirr und Geschmetter der Büchsen. Hoch von Goletta's Wall gewahrte der tapfere Sinam, |
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345 | Dort zerstörte das eh'rne Geschütz, und er hüpfte vor Lust auf; Doch als Giaffar wich; zum Zweikampf rief der Drometer– Rief zu Giaffars Fall: da hob er die Hände vor allen, Himmelempor, und schrie den versammelten Kriegesgefährten: »Weh, unseliger Muth, der, treulosen Feinden entgegen, |
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350 | Giaffars Seele gereizt! Hinaus, durch jegliches Thor fort, Drüben aus grauser Noth den tapfersten Mann zu erretten!« Also geschah. Da brausten die Wütenden näher: so brausen Stürme vom Nord, und schleudern die schäumende Fluth zu dem Meerstrand. Zwar nicht rettet' ihr Muth den Tapferen: denn auf dem Boden |
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355 | Lag er gestreckt im Blut, von Ludwigs Rechter getödtet; Aber sie stürzten, zur Wuth entflammt, und entsetzlicher Rachgier, Eilig daher an den Wall, und gräßlich ertönte der Mordruf. |