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Stets erschütternder scholl ob Sarno's Tod in dem Lager Lärm aufjammernden Volks: denn erst nur ein leises Geflister, Dann der Rache Geschrei flog schnell vom Zelt zum Gezelt hin Brausend. Wie der nahende Sturm das Laub in dem Hochwald |
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5 | Erst nur leise bewegt; dann bald, empörteren Grimmes, Schüttelt, und wüthender, Zweig' auf Zweig', und Wipfel auf Wipfel Schleudert, daß zwei, zur Reise gesellt, hineilende Wand'rer, In dem Gebraus', auch schreiend, nicht hören das eigene Wort mehr: Also erscholl Wehklag' und Lärm umher in dem Lager, |
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10 | Bis er erreichte des Herrschers Ohr, der, stehend am Eingang Seines Gezelts, dem nahenden Guasto voll Ungeduld zurief: »Haben die Feinde gesiegt? Uns irgend Verderben bereitet?« »Unser die Schuld!« sprach jener. »Vom Feind, in die Falle gelockt, starb Sarno den selbsterkorenen Tod; der tapfersten Krieger |
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15 | Fünfzig fielen mit ihm; Verwundete zählen wir hundert.« Und er kehrte zurück mit trauerndem Herzen. Des Helden Jammergeschick, den er im eifernden Zorne der Feigheit Zieh, schmolz nun sein starrendes Herz, und ihm thauten die Wimpern. Aber der Kaiser schwang sich rasch in den Sattel, und jagte |
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20 | Brausend zur Schanze hinaus, wo Sarno erhöht auf dem Schildbett Lag. Nicht erkühnte sich jetzt sein Volk, das, trauererfüllet, Ihn umgab, zum Herrscher den düsteren Blick zu erheben: Denn es erbebte der Schmach, den Lorber verwelket zu schauen, Der ihm die Fahn' umwand zum Lohn errungenen Sieges. |
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25 | Innig bewegt ersah der edelste Kaiser des Volkes Trauer; er lächelte mild, und rief mit ermunternden Blicken: »Wandelbar ist der Schlachten Geschick. Wer schildert den Unhold, Der es beherrscht, und oft von dem früheren Günstling das Antlitz, Schön und furchtbar zugleich, zu dem Letzterkorenen wendet? |
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30 | Aber ihn halte der muthige nur mit eisernen Sehnen Fest: er kehrt, und jauchzt mit donnerndem Schlund ihm den Sieg zu. Soll euch schmäh'n der Tapf're, daß ihr, gedrängt von der Mehrzahl, Und des Gebiethers beraubt, mit zögerndem Schritte gewichen? Ferne sey's! Doch jetzt versenket die Leiche des Feldherrn |
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35 | Schnell in das Grab; verhüllt es mit grünenden Zweigen und häuft dann Erde darauf, bis wir ihm erhöh'n ein dauerndes Denkmaal.« Eiliger ritt er zurück: da priesen die Krieger des Kaisers Unbegrenzte Huld, der statt verwundenden Tadels Worte des Trostes sprach, und den Tapferen Ehre gewährte. |
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40 | Und sie bestellten die Leich' alsbald, dem Herrscher gehorchend.
Aber es wüthete fort und fort des schweren Geschützes |
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45 | Sausten im Donnersturm die schrecklichen her nach den beiden. Stets verderbender warf die Macht der entsetzlichen Mörser Mauern und Schanzen in Schutt, und häufte zermalmend die Leichen. Dort in dem grausen Getös' umhagelnder Donnergeschosse Sprengte der Kaiser den Wall entlang, und erweckte die Völker, |
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50 | Ruh' ausstrahlenden Blick's, zu freudigem Muth in Gefahren. D'rauf, zu Guasto gekehrt, aufboth er ihn, scheidend, noch also: »Sieh', bald dämmert die Nacht: dann strebe, noch ehe der Vollmond Ueber die schlummernde Welt sein Strahlenantlitz heraufhebt, Durch LaufgräbenLaufgräben (tranchée's) sind drei bis sechs Fuß tiefe, zehn und zwölf Fuß breite, in verschiedener Richtung gegrabene Wege, welche mit der zum Wall, gegen eine belagerte Festung aufgeworfenen Erde, die Belagerer in den Stand setzt, sich ihr mit Sicherheit nähern zu können. und Schanzenbau Goletta zu nahen, |
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55 | Daß sie uns neige das Haupt, erstürmt am kommenden Morgen!« Sieh', und als er jetzt zu dem Grab, das eben die Kriegen Sarno erhöheten, kam, da däucht' ihn: ein Stöhnen und Aechzen Komm' aus dem schattenden Laub! Er sprang aus den stählernen Bügeln, Innigbewegt: denn einen verwundeten Krieger zu schauen, |
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60 | Wähnt' er, und, ach, ihm kroch, aufheulend, der treue Amino Sarno's entgegen, und leckt' ihm die Hand! Er streichelt' ihm freundlich Rücken und Haupt, und lockt' ihn fort, enteilend, und kehrend; Doch er schleppte sich langsam zurück, und senkt' auf die Pfoten Hin sein müdes Haupt; dann winselt' er sterbend am Grab noch |
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65 | Seines getödteten Herrn. Heiß rann an den Wangen des Kaisers Jetzo die Thräne herab; er kehrte beklommen in's Lager. Abendlich zitterten schon die riesigen Schatten der Krieger |
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70 | Ueber der Flammenbahn endloser Fluthen herüber – Nickt', und sank in ihr Wogenbett im rosigen Westen. Aber sie hauchte noch lang, mit sanftverglühendem Antlitz, Purpurröthlichen Duft nach Osten: des kommenden Morgens Heitre verkündend, und, sieh' in langen Zügen der Hochlust, |
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75 | Sog ein jeglicher Mann im Heere die liebliche Kühlung Ein, und jubelte laut: denn schnell versiegte der Schweiß ihm Jetzt an seinen, vom Abendwind umsäuselten Gliedern! Diese besorgten das Mahl, unzählige Flammen empörend; Jene gruben die blitznachahmenden Weg' in dem Zickzack, |
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80 | Sonst Laufgräben genannt, die Erde zur schirmenden Brustwehr Gegen die Vest' aufdämmend, und dort, dem Ziele genahet, Gruben sie auch die Schanzen umher, und führten Geschütz ein. Furchtbarer drönte die Erd'; aufheulte der flammende Luftkreis; Denn von neuem begann der vestenzertrümmernde Donner. |
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85 |
Jetzt umhüllte die Nacht mit dunkelem Schleier die Gegend: |
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90 | Der an des See's Gestad', von thürmenden Mauern umfangen, Lag, lustwandelte sie in des Abends heiliger Stille Täglich umher! Sie erzählete dort lautweinend den Bäumen All ihr Wehe: sie säuselten Trost, und den Blumen ihr Unglück: Ihr erglänzte die Zähr' aus dem duftenden Kelch, und ihr Wehruf |
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95 | Scholl, dem klagenden Laut der Nachtigall ähnlich im Lenzmond. Keiner der Männer betrat, die Straf' urplötzlichen Todes Scheuend, den Laubengang am dämmernden Abend; nur Hugo Durfte der Einsamen nah'n, dem Dragut vertraute vor allen. Aber es hatt' erst jüngst ein Fischer die dürftige Hütte |
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100 | Nahe der furchtbar'n Mauer erbaut aus duftendem Schilfrohr; Zog im Grauen der Nacht das weitumschwimmende Fangnetz Nach dem gleitenden Kahn, und both den kärglichen Vorrath Morgens, am Strande des See's dann feil, laut rufend, und rühmend. Nicht verdächtig erschien dort Kurd, der trauernde Fremdling. |
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105 | Emsig trocknet' er heute sein Netz am heimlichen Pförtchen, Das im dunkeln Gebüsch, in der Mauer der spähende Hugo Fand, und harrte mit Angst der Stunde der Flucht und Errettung; Doch von dem Minaret verkündete jetzt die ersehnte, Heiseren Ruf's, der finstere, stundausrufende Iman. |
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110 | Heftig bebte Mathild', als Hugo's eilender Fußtritt Näher erscholl. »Was pocht dieß trauernde Herz so gewaltig?« Sprach sie, und hielt sich die Brust, und schritt nun hin- und herüber Eilend, als sollte sie flieh'n. Dann rief ihr flehender Blick noch: »Lass' an des Gatten Brust es brechen, o ewige Vorsicht!« |
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115 | Hugo ergriff Mathilden am Arm, und führte sie schweigend Durch verschlung'nes Gesträuch zu dem leis' eröffneten Pförtchen, Sank auf die Knie', und drückte mit langem, mit innigem Kusse, Seinen Mund auf den Saum von ihrem wehenden Kleid noch. Aber sie stand todbleich, und faßte mit zitternden Händen |
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120 | Hugo's grauendes Haupt, und weint', und konnte nicht sprechen. Nun geboth er die Flucht, und eilte zurück in den Hofraum: Keiner gewahrte die Thrän' an seinen zuckenden Wangen. Siehe, der Vollmond hob sein silbernstrahlendes Antlitz |
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125 | Spornte sein schnaubendes Roß; im Klirren des Waffengeschmeides Sprang er vom Sattel, und schrie, daß rings erbebten die Hallen: »Hugo, weilt die Gebietherinn noch lustwandelnd im Schatten? Wehe dir, thörichter Arzt, wenn, kühlumschwärmend, des Lüftchens Hauch ihr Leiden erregt, und nagender Gram mir zu Theil wird!« |
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130 | Schweigend winkt' ihm der Greis, und lang' umirrend, mit Absicht, Durch des laubigen Hains verschlungene Pfade, nur spät erst, Kam er zum Pförtchen im Busch, und sprach: »Die erbarmende Vorsicht Zeigte den Ausweg mir zur Rettung der edelsten Gattinn Meines Gebiethers: sie floh im gleitenden Kahn, und Toledo |
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135 | Trägt auf den Armen sie heim, wo im seligen Bunde der Herzen Sie vergesse des Raubs, und der schrecklichen Nähe des Räubers. Wüthe nach Willkühr jetzt: hier liegt dein williges Opfer.« Sagt' es, und both, auf beide Kniee gesunken, das Haupt ihm Lächelnd zum Tode dar. Im himmlischen Siege der Großmuth |
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140 | Schwelgte sein edeles Herz auf jener geheiligten Stelle, Wo er des scheidenden Engels Kleid an die Lippen gepreßt hielt. Leblos stand, und starrt', an jeglicher Miene verzerret, Dragut nach Hugo hinab; nur langsam löste der Wuthkrampf Seiner Glieder sich auf: sie bebten, vernehmlich den Ohren, |
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145 | Und das Knirschen der Zähn' erscholl in dem Laubengewölb' dort. Endlich begann er – nicht mit des Zorns zermalmenden Lauten, Dennoch schrecklicher: kalt, und grimmig, so vor dem Alten: »Elender, wie, durch Draguts Hände zu sterben, verlangst du? Keiner ersann noch den Tod, der dir, Verruchter, zu Theil wird!« |
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150 | Schnaubend floh er von ihm; bald klirrten die lastenden Ketten Näher. Mit lächelndem Blick darboth er den Knechten des Wüthrichs, Die ihm nur schüchtern genaht, die Händ' und die Füße zur Fess'lung, Und sie schleppten ihn fort in die Todeshöhlen der Hochburg. Aber die sanfte Dulderinn lag im eilenden Fahrzeug |
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155 | Dicht mit Netzen verhüllt, und starrte hinauf in des Vollmonds Liebliche Helle: der Gegenwart zermalmende Leiden Schwanden vor ihrem Blick. Wie, fern verschlagen, der Schiffer Freudig den Hafen schaut durch schwindende Nebel des Morgens, Sah sie entzückt des Friedens Gefild', und hörte mit Wonne |
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160 | Sanft verhüllen im Sternenzelt Harmonieen des Himmels. Jetzt, entronnen des Wüthrichs Macht, am seligen Ufer Landend, hob sie sich auf aus der Tiefe des schwankenden Kahnes. Kurd erschrack: denn ein' Unsterbliche wähnt' er zu schauen: Also erhaben an Huld ihn dünkte die Gattinn Toledo's. |
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165 | Doch an der schroffen Bahn aufwärts zur Höhle der Felswand Klimmend, ruhte sie oft, gestützt auf den redlichen Führer, Der mit heiliger Scheu an der Seite der Hehren emporstieg. »Hier,« so sprach er, »im stillen Schooß der räumigen Felskluft, Mögest du ruh'n; bald kommt, auf Flügeln der Liebe getragen, |
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170 | Dein erlauchter Gemahl; du folgst ihm zur Wonne der Zukunft.« Aber die Augen, von Thränen schwer, erhob sie noch einmal, Dankend, zum Himmel, und stieg in die schaurige Höhle hinunter. Jener häufte den Schutt und die Felsentrümmer mit Vorsicht Auf an dem gähnenden Schlund, und bog das Laub mit den Zweigen |
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175 | Ueber ihn hin, daß kein umspähendes Aug' ihn gewahre. D'rauf durchflog er im eilenden Lauf des schauernden Oehlwalds Schattenpfad, und kam Toledo die Rettung zu künden. Nicht erfreute die Nacht mit holdem Schlummer die Augen |
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180 | Grau'n umschwebte sein Haupt, wie donnerschwangere Wolken Schwimmen des Alpbergs Höh'n umher. Auf schwellenden Pfühlen Saß er, und starrt' in die leuchtende Flamme, welch' in dem Prunksaal, Duftend von Rosenöhl aus der goldenen Lampe sich aufhob. Muhamed war ihm genaht, und sucht' ihm Muth und Vertrauen |
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185 | Einzuhauchen – umsonst. Er dachte des falschen Numiden Schlangenlist, den Haß des Mauren, des Arabers Feigheit, Und die erlesene Schar, so klein im Gedränge der Feldschlacht, Wenn nicht Hülfe erschien, die er jüngst entbothen aus Algier. Aber der stürmische Geist entschwebte dem Saal, in der Burg dort |
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190 | Memi, des Harems Hort, und Hairaddins Lieblingsverschnittnen Suchend. Er saß in der Hall', und ballte mir sinnenden Blicken Grimmig die Faust: er wußte nicht, wie zu verscheuchen des Unmuths Dauernde Wolkennacht von Hairaddins finsterem Antlitz! Als ihn der Geist umflog, da hob sein wehendes Kleid sich |
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195 | Ihm an der Brust: er sah im nächtlichen Dunkel der Halle Lange, verstört, umher; doch Muhamed schalt ihn ergrimmt so: »Wie, nicht Hülfe, nicht Rath ersinnest du, heilloser Schwächling, Daß entschwinde der Gram aus der Seele des Völkergebiethers? Wurde das Thor der WonneThor der Glückseligkeit, heißt der Eingang zu dem Harem des Großherrn, der dem Aga der Verschnittenen anvertraut ist. (Siehe Hrn. Joseph von Hammers Verfassung des osmanischen Reichs, Band II. Seite 9.) nicht jüngst, vor allen Erwählten, |
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200 | Dir zur Sorge vertraut, und schlummern nicht rosige Mägdlein, Die der Handelsmann aus Cirkassia'sCircassien, eine große Landschaft in Asien, welche sich von dem schwarzen bis zum caspischen Meere erstrebt, und nördlich von dem Caucasus begränzt wird. Ihre Bewohner, sowohl männlichen als weiblichen Geschlechts, sind sehr wohlgestaltet, und die Letzteren werden vorzüglich für die türkischen Harems gesucht. Ihre Männer sind treffliche Reiter, ungemein tapfer im Felde, und daheim Verehrer des Gastrechts. Der größte Theil ihres Landes ist dermalen unter russischer Bothmäßigkeit. Thälern gesendet, Hier in dem Harem, so hold und schön, wie liebliche Houris, Die sich Muhamed einst in himmlischen Fluren erträumte, Ach, und erwachend, nicht fand? Wem red' ich die Worte vergeblich? |
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205 | Gehe, verstümmelter Sclav', und heiße die zartesten Jungfrau'n Eilig durch Tänz' und Spiele der bergumschlossenen Heimath, Holdem Getöne vereint, erfreuen die Seele des Herrschers!« Dem gleich, welcher um Mitternacht vom leuchtenden Blitzstrahl Aus dem Schlummer geweckt, in Hast auffährt von dem Lager, |
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210 | Fuhr auch Memi vom Stuhl, und, eilig die Pforte des Harems Oeffnend, schritt er, die Hallen entlang, zur entlegensten Kammer, Wo die erlesenen Drei, auf schwellende Pfühle gesunken, Schlummerten; sah, wie dort des Mondes lieblicher Schimmer Zart die Holden umfing, die Welle des schneeigen Busens |
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215 | Rastlos stieg, und sank; er hörte, hinübergebogen, Ihres Odems melodisches Weh'n, und erdrückte, vor Ingrimm Aechzend, die Thrän', die empor aus seinem zerrissenen Herzen Drang, und im eilenden Lauf' dem trüberen Auge genaht war. Jetzo weckt' er sie, sanft an der Schulter berührend, mit leisem, |
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220 | Lispelndem Ruf. So folgten sie, die Gefährtinnen scheuend, Die, an der Zahl zweihundert, und mehr noch, in räumigen Kammern Ruheten: all' erwählt des Herrschers Lüsten zu fröhnen. Sclavinnen nur, nicht Frau'n. Nicht im Worte des Heiles geschlossen Ward ihr Bund, wo die Einzige treu verharret dem Einen |
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225 | Bis in den Tod, und treu die Bürde des Lebens ihm tragen Hilft, als Mutter der holdaufblühenden Kinder, als Gattinn, Und als Freundinn zugleich, in seliger Einung der Herzen. Eilen hieß er sie erst zur badumwölbenden Halle Unten im Schooße der Burg. Sie tauchten die reizenden Glieder |
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230 | Dort in die liebliche Fluth, und salbten mit duftendem Oel sie. Dann aufschloß er mit lächelndem Blick den Schrank in der Mauer, Weisend die Pracht der Edelstein' und der festlichen Kleider. Freudige Röth' umzog die Wangen der Mädchen, als Memi Jetzo das Tuch darboth, gewebt von dem emsigen Hindou |
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235 | Aus der Wolle des Baums. So zart und duftig wie Nebel, Die in dem Morgenroth umfließen die blühenden Rosen, Hüllet' ihr Unterkleid das zarte Geweb', und er both dann, Lächelnd, den Gürtel dar, der unter dem schwebenden Busen, Schimmernd von Gold, den Leib umfing; den wallenden Kaftan |
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240 | Von blaßrother Seide, verbrämt mit bräunlichem Zobel, Auch die Saffianschuh', des Hauptes Zierde, den Kalpack, Dem des Reihers Gefieder entstieg, und die köstlichen Perlen Für den Lilienhals – für die Ohren Gehänge von Demant. Also geschmückt nachfolgten sie jetzt dem winkenden Aga. |
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245 |
Leise die Pfort' eröffnend, und erst mit spähenden Augen, |
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250 | Die an dem Strand Amalfi's jüngst erbeutete Dragut, Plündernd die fürstliche Burg, und Hairaddin dann zum Geschenk gab. Auch stand, Wunder zu schau'n, auf dem Schrank ein goldener Käfich, D'rinnen ein Vögelchen saß, ein Hänfling, wie lebend gestaltet. Als nun Orgelgetön im Schooße des zierlichen Schrankes |
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255 | Weckte die Uhr: da sang das Vögelchen zart, wie im Lenzmond Flötet der Hänfling im Busch; die tönende Kehle bewegend, Wandt' es den Kopf nun links, nun rechts, und breitete fächelnd Oft die Flügelchen aus, und wühlt' in der Brust mit dem Schnabel. Weder des Hänflings Sang, noch Getöne der künstlichen Orgel |
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260 | Traf nun Hairaddins Ohr: er starrte noch immer vor sich hin; Doch, als jetzt, verschlungen im Kreis', die Mädchen ihm nahten, Ihm zu erheitern das Herz mit Tänzen der Heimath, und Memi Schon aufhüpfte vor Lust: da fuhr er vom Lager, und schrie laut: »Fort, ich zertret' euch!« Und sie entfloh'n, wie schüchterne Tauben |
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265 | Flieh'n vom Feld, wenn Geiers Geschrei aus den Lüften herabtönt.
Schnaubend ging er umher: ihm scholl von dem fernem Goletta |
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270 | »Führer der Völker, die zu Fuß, und auf feurigen Rossen Mächtige Heere zerstreu'n, vernehmt es, was ich gebiethe: Ehe des Morgens Dämmerlicht den östlichen Himmel Röthet, stürmst du, Tobukes, gewohnt im heimlichen Anfall Sieger zu seyn, mit zwanzigtausend Erwählten des Feindes |
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275 | Mittlere Schanz', und ich, von den schrecklichen Kriegern umgeben, Dringe durch das Olivengehölz, wenn, schimmernd, des Meeres Fluthen die Sonn' entsteigt, und dort auch Muhamed Temtes Von Goletta heran, zu erstürmen des Lagers Umwallung, Während uns Abu-Sa-id, Arabia's treffliche Reiter |
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280 | Führend, gleich dem Orkan, dem sinkende Wälder erkrachen, Rasch nachdringt, und den fliehenden Feind vernichtet auf einmal. Also gewahrt ihr im Sieg den Segen des großen Propheten!« Jene, entflammt in der Brust von den Worten des furchtbaren Herrschers, Eilten zum Kampf. Entlang Medscherda's Ufern (BagradaBagrada, h. z. T. Medscherdah, ein Fluß, der in der Nähe von Buschatter (Utika) sich in das Mittelmeer ergießt. |
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285 | Hieß der mächtige Strom in Karthago's verschollenen Tagen) Wogten des Arabers bräunliche Zelt' im Hauche des Windes Weit umher. Er bauet sein Zelt, dem höckrigen Lastthier Gleich an Gestalt, das fort, ein lebendes Schiff, in des Sandmeers Wüsten wandelt: ihr Sohn, so fromm und so duldend. Es ruhte |
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290 | Noch entschlummert das Volk, und die losgebundenen Rosse Weideten frei im Gefild. Doch als nun die ehernen Becken Abu-Sa-ids erschollen; als laut ertönte der Schlachtruf: Da fuhr jeglicher Mann gerüstet vom Lager, und rief dann Vor dem Gezelt sein edeles Roß bei'm Namen. Sie flogen |
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295 | Wiehernd herbei, und bothen dem wolligen Sattel den Rücken – Bothen die Zunge dem Zaum, und bäumten sich hoch mit dem Reiter. Aber Afrika's bräunliche Söhn' erweckte Drometen- Schall, und Barda's Höh'n entströmten die lärmenden Scharen, Wie im thauenden Lenz von der schimmernden Kuppe der Alpen |
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300 | Schneefluth kommt, und laut herrauscht in die Thäler. Sie führte Muhamed Temtes zum Kampf, des Fußvolks kühner Gebiether. Scheidend senkte der Mond im Westen sein blässeres Antlitz Jetzt in Nebelgewölk, und dämmernd erhob sich der Morgen. Hairaddin hielt am Olivengehölz mit den Schrecklichen. Allen |
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305 | Kam er zuvor, und hieß, des Kampfs wohlkundig, die Schanzen Eilig erbau'n auf den Höhn des ragenden Felsengebirges, Das Mathilden im Schooß der schaurigen Höhle, seit gestern Barg. Dort lag die unglückliche Frau (der nahen Entbindung Wehen durchzuckten ihr Mark und Gebein) unsägliche Qualen |
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310 | Duldend, und harrend mit Angst des heißersehneten Gatten.
Eilenden Laufs war Kurd dem Lager der Christen genahet. |
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315 | Wieder vereint! Schon harrt in traulicher Felsenumhüllung Dein die Gattinn mit Angst: o trage sie jetzt auf den Armen, Freudigerrettend, heim zu nimmer versiegender Wonne – Heim in das Vaterland! Ein liebender Vater den Waisen Hugo's mögest du seyn, der dich in der hülflosen Kindheit |
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320 | Oft auf den Armen trug, dich fröhliche Spiele gelehret, Und die Treue dir stets in dem redlichen Herzen bewahrt hat.« »Kurd,« so jauchzte Toledo ihm zu, »Kurd, waffne dich eilig, Du mein Freund fortan, mein Bruder und Waffengefährt' jetzt; Säume nicht, schnell geleite mich hin zur Höhle des Waldes!« |
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325 | Hastig reicht' er die Waffen ihm dar. Die finsteren Augen Kurd's entflammten sich hell, und des Kummers tiefere Furchen Schwanden von seiner Stirn' und Wange: nur Jauchzen des Sieges Scholl um ihn her aus den Tagen des Ruhms erretteter Heimath, Und, im versöhnten Gemüth gedacht' er nicht seines Geschicks mehr. |
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330 | Jetzo, im Waffenschmuck auf feurige Rosse sich schwingend, Jagten die Helden hinaus, entgegen der Höhle des Waldes. Lauter säuselte schon aus Osten der schaurige Frühwind; |
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335 | Sah die wirbelnde Lerche zuerst erwachen die Sonne, Und, jungfräulichverschämt, mit höherer Gluth auf den Wangen, Dort dem rosigen Lager entflieh'n: als schauernde Wälder, Noch in Dunkel gehüllt, mit leisem Zwitschern und Flistern Ihr anstimmten den Morgengruß, und die Wellen des Meeres, |
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340 | Hocherhebend das Haupt, sich sehnten, die Holde zu schauen; Aber nur Blut, nur Mord, nur sterbender Menschen Geröchel Wallt' ihr zum Morgengruß aus Goletta's Fluren entgegen. Eilender stürmte Tobukes heran. Wie ein reißender Bergstrom In der Gewitternacht anschwillt, und des Landes Bewohner |
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345 | Schnell vom lieblichen Schlaf erwecket zur Angst und Verzweiflung: Denn sie vernahmen es nicht, daß fern im finsteren Waldthal Sausend die Wolke zerbarst, und Fluth entstürzte dem Abhang: So, von Tobukes geführt, herströmten die Scharen, und stürzten Auf Hispania's Macht. Da gaben die spähenden Wachen, |
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350 | Staub gewahrend, und Volk in dem Staub, durch Büchsengeschmetter Zeichen der Noth und Gefahr: aufrafften sich eilig die Krieger, Und sie folgten beherzt dem trefflichen Führer Alarkon. »Brüder,« so rief er laut, »nun vorwärts! Eiserngeschlossen Haltet die Reih'n, und dränget den Feind vom Rande des Grabens |
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355 | Muthig zurück; besiegt entflieh' er vor unseren Augen. Denket der Wälschen, die erst vorschnell, nur flammender Kühnheit, Nicht vorschauendem Muth gehorchend, im Felde der Waffen Bluteten. Auf, Hispania's Volk: du stehe, dem Felsen Gleich im Sturme der Schlacht, des sicheren Sieges gewärtig!« |
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360 | Und er führte die Reih'n zum schanzumkreisenden Wall hin. Aber wie dort an dem Mohrenstrand, hoch über der Meersfluth, Schwebt die schreckliche Wassertrompet', ein winzig Gewölk erst; Dann urplötzlich mit Donnerschall auf die Fluthen herabfährt, Wirbelnd sie faßt, in die Luft aufhebt, und brausend im Jähsturz, |
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365 | Hier die Schiffe zerschellt auf dem Meer, und dort an dem Ufer Wüthend, unseliges Volk, und Hütten, und Saaten vernichtet: Also erstiegen die Feinde den Wall im schrecklichen Anlauf. Allah-Geschrei und Gekrach der stürzenden Pfähl' an dem Graben Brauste vor ihnen daher; geschwungener Säbel Gezisch scholl; |
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370 | Staub flog auf. Schon wandten sich eilig die Christen: die Vorschar Stürzt' auf die folgende, wie, vom wüthenden Sturme gehoben, Wog' auf Woge sich stürzt, und trennte die Ordnungen weithin. Jetzt vom Schrecken betäubt, nicht hörend die Stimme des Führers, Wichen sie all'. Er stand, und bohrte den Flüchtenden links, rechts, |
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375 | Zürnend, das Schwert in die Brust, und ging, und wär' er allein nur, Rühmlichen Kampf und Tod im Sinn, den Feinden entgegen. Aber, glühend vor Scham, gewahrten die Krieger sich alle Fortgerissen zu schmählicher Flucht. Sie kehrten im Sturmschritt Wieder zurück; dann schnell die Gewehr' an die Wange sich pressend, |
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380 | Hielten, und drückten sie los, und Stein und Stahl an dem Schlosse Schleuderte Blitz'; aufflammt' an der Pfanne das Pulver: hinausfuhr Krachend die Kugel – sie flog in die stürmenden Haufen, und Volk sank. Dann mit glühendem Muth, stets unaufhaltsamer, jauchzend, Drangen die Tapferen vor, und warfen die stürmenden Haufen |
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385 | Wieder zurück auf den Wall. Dort stand Alarkon vor allen. Sieh', ihm nahte, beherzt, der einzige Sohn Abdul Hamids, Des zu Tripoli herrschenden Dey's! Ihn sandte der Vater, Daß er in Hairaddins Heer', erringend die Kränze des Sieges, Kehre zur Freud' ihm heim, und zum Trost im grauenden Alter. |
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390 | Aber er freue sich nicht, den Tag der fröhlichen Heimkehr Seines Erzeugten zu seh'n: ihn hüllet die Erde vor Tunis. Weitvorhaltend den Speer, eindrang er mit Wuth auf Alarkon, Daß ihm der Schaft in der Faust erzitterte; dennoch, dem Kampf schon Lange geübt, vermied im Sprung', Alarkon des Speeres |
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395 | Tödlichen Stoß. Er hieb, mit kräftiger Rechte den Degen Schwingend, den Schaft entzwei, und rannte den blitzenden Stahl ihm Jetzt so tief in die Brust, daß er, scharfgeschliffen, ihm alsbald Auch die Schulter durchfuhr. er sank, und stöhnt' in dem Tod noch. D'rauf, entreißend den Stahl, zerschlug er dem Bascha von Tarsus, |
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400 | Ahmet, die ratende Stirn': er taumelt' am Rande des Walles Nieder, und fiel, die Händ' ausbreitend, hinab in den Graben. Wie der flüchtige Hirsch, den heiß verfolget der Schweißhund, Nah' an des schwindligen Abgrunds Rand, erlegt von dem Weidmann, Jählings entstürzt: dumpf kracht sein Geweih an dem Felsen hinunter: |
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405 | Ahmet entstürzte so schnell: ihm krachten im Falle die Glieder. Aber da schlich Tobukes, ergrimmt, an den Rücken Alarkons; Jauchzt', und bohrt' ihm, weitausholend, den Dolch in den Nacken. Sterbend lag er am Wall, doch winkt' er dem kühnen Sarmento, Führer zu seyn des Volk's in entsetzlicher Stunde des Wuthkampfs. |
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410 | Zärtliche Freundschaft wand die Blüthen der fröhlichen Jugend Immer noch frisch und duftend um beider Herzen: sie wallten, Innigvereint, des Ruhmes Pfad im Leben und Tod noch. Ob des Freundes Geschick aufstöhnend, brauste Sarmento Vor, und schrie, und erweckte den Muth der zagenden Krieger, |
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415 | Und von neuem begann auf dem Walle das grause Gemetzel. Warf Sarmento den Feind, vordringend, zurück in den Graben, Stürmte Tobukes ergrimmter herauf, nicht achtend der Haufen Seines getödteten Volks: denn viele der Christen erlegt' er. Gleich dem Nebelgewölk das hoch in den bläulichen Luftraum |
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420 | Aufschwebt; dann von zween sich bekämpfenden Winden ergriffen, Hier und dorthin treibt: so schwankte des Kampfes Entscheidung. Einst Germania's Hort, und im Kampf: Legionenzertrümm'rer, |
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425 | Einsam saß, und erregt' ihn so mit den muthigen Worten: »Säume nicht: heiß bestürmet der Feind Hispania's Krieger; Eile hinaus: dein Blick gebiethe den Sieg in dem Schlachtfeld.« Hastig entfuhr er dem Stuhl', und blickte, verwundert, um sich her. »Ahnt mir Gefahr?« so dacht' er, dem Zelt enteilend. Er schwang sich |
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430 | Draußen auf's feurige Roß, und flog nach der Schanze hinüber. Ihm nachjagte Gefolg', und unter den stampfenden Hufen Drönte der Boden umher; aufquoll der flimmernde Sandstaub. Jetzo der Schanze genaht, begann der zürnende Kaiser: »Wie, Hispania's Volk, dich nannte die staunende Mitwelt, |
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435 | Rühmend, das Erst' im Feld, und du weichest dem feindlichen Andrang? Auf, und rette den heimischen Ruhm! Ein glänzender Leitstern Sey er dem Krieger im Kampf: nur mit ihm verlösche sein Leben!« Lodernden Flammen gleich, ergriff die Herzen des Kaisers Zornausruf: da brannt' auch der schwächere Mann in den Reihen, |
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440 | Gegen die Feinde des Kriegs vernichtende Schrecken zu tragen, Und sie kehrten sogleich. Wie ein bergabtaumelnder Felsblock, Dem die Wälder erkrachen, Geröll' und Erde zerstäubt weicht; Oder vom dauernden Regen geschwellt hinbrauset ein Bergstrom Durch die Fluren, und Hain' und blühende Saaten zerstöret: |
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445 | So in des Feindes Reih'n umwütheten jetzo die Krieger, Rächend des Rückzugs Schmach. Doch wehe, da stürbe Sarmento, Von Tobukes durchbohrt, und haucht' an dem Busen des Freundes, Der auf dem Walle getödtet lag, den muthigen Geist aus! Glückliches Los, das so die liebenden Freunde vereinte! |
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450 | Ueber ihn hin (betrübt zwar, doch des eisernen Krieges Stimme geboth's) und über die Hügel erschlagenen Volkes, Eilten die Reihen auf Reih'n jetzt vor, und warfen die Gegner Von dem Wall' in den Graben – aus ihm hinüber in's Blachfeld, Raschverfolgend. Nicht half das Schrei'n des Führers Tobukes, |
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455 | Nicht die knirschende Wuth des Volks: denn, Hagelgewittern Aehnlich, folgte der Sieger ihm nach, und grause Vertilgung. Unter den Letzteren floh Tobukes, und stöhnte vor Ingrimm. Furchtbar war sein Arm in dem Kampf, und, glühend vor Sehnsucht, Gohr ihm die Brust, daß Hairaddin bald vom Olivengehölz her |
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460 | Nahend, ihm eine die Macht, zu vernichten die feindlichen Scharen. Aber er harrt' umsonst, und jetzo, von Wunden ermattet, Sann, und erwog er im finstern Gemüth': ob Hairaddins Rach' ihn, Da er ihn haßte, vielleicht dem sicheren Tode hier preisgab? Unerträglich erschien dem Zweifler des nächtlichen Irrwahns |
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465 | Täuschendes Licht; er riß ergrimmt von der Seite den Mordstahl, Stieß ihn tief in die Brust, und fiel, und röchelte sterbend. Aber, vor Schrecken erstarrt, gewahrten die Krieger des Feldherrn Blutige That, und floh'n jetzt eilender fort nach Goletta. Hairaddin hörte des Kampf's grau'nvolles Getös' in dem Waldthal; |
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470 | Doch ihm scholl's erfreuender, als in dem silbernen Mondlicht Liebenden tönt Harmonikaklang und Harfengelispel. Vorwärts drängt' ihn der Muth und die Blutgier; aber er hielt noch, Bis er die Schanz', erbaut auf den Felsenhöhen, gewahrte, Und das eh'rne Geschütz, das weit in die Ferne hinüber |
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475 | Schleudert den Ball (Feldschlange genannt), in jene geschafft war. D'rauf begann er so, vor dem Meister des schweren Geschützes: »Bujukdur, Sohn Hafis, horch! wenn außer dem Oehlwald Schimmert die Fahne des Vorderzugs: dann feu're, verderbend, Nach dem Lager hinaus. Abdallah, der muthige Feldherr, |
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480 | Sey dir schirmend gesellt mit tausend erlesenen Kriegern.« Und nun führt' er das Heer, ihm tiefere Stille gebiethend, Durch den Olivenwald, dem Lager der Christen entgegen. Siehe, da jagte mit Kurd, auf schnaubendem Rosse, Toledo Näher. Es hing sein thränendes Aug' an den Höhen der Felswand, |
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485 | Welche die Gattinn ihm barg, und im rosigen Morgen die Scheitel Glühend erhob. Wie dort dem leidenerfahrenen Jüngling, Den ein feindlich' Geschick aus den Armen der liebenden Aeltern Riß, das Herz erpocht, so nach Jahren der schmerzlichen Trennung, Er, heimkehrend im Schiff von Amerika's wüsten Gestaden, |
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490 | Jetzo die Thürme der Vaterstadt in der Ferne gewahret, Jetzt sein väterlich Haus, und jetzo den Hügel und Anger Wieder erkennet, wo ihm die seligen Jahre der Kindheit Schimmernd entfloh'n: nur vorwärts strebt er, und weiter entfernet Däucht ihn das Ziel, als einst von des Meer's endlosen Gewässern: |
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495 | Also pocht' ihm die Brust, und eilender jagt' er das Roß hin: Schauend den Fels, der hell vom Morgenschimmer ihm winkte. Plötzlich hemmt' er das Roß, und starrte mit tiefem Entsetzen Vor sich hin, da er nun die raschvordringenden Scharen Nahe der Höhl' ersah. Kurd rief mit leisem Gelispel: |
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500 | »Kehr' in Eile zurück: dort nah'n unzählige Feind' uns!« »Kurd,« entgegnet er sanft, »ich sehe die Feind' an dem Felsen: Hin ist die Hoffnung – Mathild' ist todt! Nun will ich im Kampf hier Sterben, dem Schicksal zum Hohn, den Tod des tapferen Kriegers.« Schnell entblößt' er den blinkenden Stahl, und flog auf das Blachfeld |
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505 | Muthig hinaus: da erfaßte noch Kurd das Roß an dem Zügel, Riß es gewaltig zurück, und rief dem Tobenden also: »Soll die unglückliche Frau vergehen in schrecklichem Jammer, Deiner beraubt? Sie ruht in der dunkeln Höhle geborgen. Lass' uns, des Ueberfalls Verkündiger, eilen in's Lager; |
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510 | Wecken die Brüder zum Kampf', und erretten im Sieg' auch Mathilden!« Hastig trieb er sein Roß, und mit diesem den Renner Toledo's Wieder zurück, der, tiefverstummend, die Augen zuweilen Gegen den Himmel erhob, und laut aufseufzte vor Herzleid. Aber in stürmischer Hast hinflogen die schnaubenden Rosse; |
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515 | Staub quoll auf in die Lüfte, der Wald, die Berg' und die Hügel Wichen im Fluge zurück, und die Helden durchbrausten das Lager. Dort des Ueberfalls, des nächtlichen, denkend mit Unmuth, |
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520 | Wirbelten dumpf, und riefen verständliche Laute den Kriegern. Wie das unzählige Volk der Schwalben im sonnigen Spätherbst Rings mit lautem Geschrei, vorahnend die Stürme des Winters, Sich anschickt, entgegen zu zieh'n besonnten Gefilden: Meng' an Menge gedrängt, versammeln sich eilig die Scharen: |
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525 | Also vereinten sich hier die tapferen Krieger zur Heerschau. Ernsten, musternden Blicks, hinritt an den Reihen der Kaiser. Jegliche Fahne sank; die Feldherrn all', und die Führer, Hielten den Degen gesenkt zum ehrenden Gruße; das Fußvolk Schwenkte die Lanz' und das blanke Gewehr, und der Reiter den Säbel. |
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530 | Aber die Trommel scholl, und Drometengeschmetter ertönte. Jetzo hätt' er dem Heer gewichtige Worte gesprochen, Ruhm den Tapfern gezollt, und gerügt Verblendung und Saumsal; Aber da flog mit Kurd, im eilenden Laufe, Toledo Näher, und hielt, kampfdürstenden Blicks, an der Spitze der Seinen. |
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535 | Jener, dem Herrscher genaht, erhob tiefathmend die Stimme: »Herr, wie die Fluthen des Meer's im Hauch des stürmischen Nordwinds, Wahllos, Wog' an Woge gereiht, zum Strande sich wälzen, So vom Olivengehölz dir nahen die feindlichen Scharen!« Noch entfloh den Lippen nicht ganz die unfreudige Nachricht, |
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540 | Als von den Felsenhöh'n mit Donnergetös' und Gebrülle, Lastende Kugeln heran, in des Lagers Mitte geschleudert, Flogen: da sank in Reih'n und Gliedern, Jammer dem Anblick, Häufig der tapferste Mann! Schnell riß die zischende Kugel Diesem die Füße vom Leib, und warf sie, zerschmettert, zum Boden, |
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545 | Jenem den Arm, und dem Dritten das Haupt, entsetzlich und furchtbar Von dem taumelnden Rumpf', und es wälzten sich treffliche Rosse Dort mit dem Reiter, verwundet, im Blut. Unsichtbaren Fluges, Treffen des Todes Geschoss' aus den lautumdonnernden Schlünden: Weder Kraft, noch Muth errettet von grauser Vertilgung, |
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550 | Die aus der Fern' urplötzlich Bewehrt' und Wehrlose hinstreckt. Jetzo gebothen sogleich des Krieg's wohlkundige Führer Wechselnde Stellung, und vor- und rückwärts, schief, und gerad' hin, Wogte das Heer: das Ziel zu entrücken der feindlichen Obmacht. Aber der Kaiser sann. Er winkt'. Ihm nahte der Feldherr |
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555 | Lichtstein: denn er gewahrte den Blitz in dem Auge des Fürsten. »Lichtstein,« also sprach er, »du ziehst den engeren Thalweg Hinter dem Salzthurm fort, zu erstürmen die Schanze der Felshöh'n: Weder Medscherda's reißende Fluth, noch die schroffe Gebirgswand Hemme des Siegers Lauf! Vier tausend muthige Schützen, |
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560 | Tausend Reitern gesellt, genügen dir. Ist es gelungen: Dann bedrohe den Feind, nicht achtlos Unser, im Rücken.« Jener entschwand: ihm hob die Heldenseele des Herrschers Ehrender Ruf, und erkor in Eile die tapfern Gefährten: Oestreichs Reiter und Ungerns, die den tyrolischen Schützen |
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565 | Folgten im munteren Schritt, und des Spessarts Kriegern, und Hessens. Auch entboth er den Troß der fährschiffführenden Wägen, Rossebespannt zu folgen der Schar werkkundiger Brückner. Wieder begann der Herrscher, und rief mit leuchtendem Antlitz: »Fort in den Kampf! Voraus die Reisigen, welche Mendoza |
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570 | Heut' in dem Vortrab lenkt, zum Ruhme der hohen Cortezza. Ihnen folg' in gemessenem Schritt, im Trommelgewirbel, Und die Fahn' im Blick, Neapels muthiges Kriegsvolk, Jenem gesellt, das uns die erlauchte Roma gesendet. Ueber sie heischt Toledo's Blick die Leitung – sie werd' ihm: |
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575 | Denn ihm winket des Sieges Preis in der Stille der Felsnacht. Aber die Ritter-Schar führt Garzia Lasso, und Alba, Flammenden Muth's, der Spanier schwergeharnischte Reiter Gegen den Feind; nur Eberstein verharr' in dem Lager, Ihm ein schirmender Hort, mit den treuverlässigen Deutschen.« |
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580 | Also geordnet, eilte das Heer in die stürmende Feldschlacht. |