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Heroide
Nicht von Munde zu Mund und nicht von Auge zu Auge Darf dir Liebe den Drang ihrer Gefühle gestehn: Strenge verschließest du dich in heilige, keusche Gemächer, Gibst zerstörendem Schmerz, sinnender Trauer dich hin, Wechselst allein mit dem pythischen Gotte verlorene Worte, Der undankbar dafür Jammer und Sorge verheißt. Zürne, Kassandra, mir nicht und nicht dem verwegenen Griffel, Der mir Blicke des Augs, Töne des Mundes ersetzt. Siehe, mein Land verließ ich, die blühenden Freunde, den Vater, Der, von Jahren gebeugt, kindlicher Stütze bedarf. Dich zu gewinnen mir, zog ich hieher: mit bebenden Händen Gab mir den Segen der Greis, als ich die Schwelle verließ: »Lange«, so sprach er - und könnt' ich der mahnenden Worte vergessen? - »Lange berühmt und geliebt blüht mein erhaben Geschlecht. Viele bewohnten bereits, die nun du verlässest, die Wohnung, Selbst Unsterbliche schon lebten und gasteten hier. Also erschien auch einst mit Hermes Phöbus Apollon, Und prophetischen Geists sagte der Deliergott: ›Ewig besteh' dies Haus, wenn nie ein Gebieter des Hauses Im unrechtlichen Krieg waffnet die zürnende Brust.‹ Nie begegnete dies, noch soll dies je begegnen, Und so hoff ich zu sehn Enkel der Enkel dereinst. Aber ziehe nun hin zu Phrygiens Königin, Troja, Eine von Priams Stamm wähle zur Gattin dir aus. Denn ihn haben die Götter begabt mit Knaben und Jungfraun, Während sie dich mir geschenkt, einziger Sprosse des Stamms.« Also sagte der Greis und legte die köstlichen Gaben Was betrauerst du wohl? Was fürchtet die schöne Kassandra? |