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In der Bibliothek plauderten Drouhin und Spicq, in venetianische Mäntel gekleidet.
– Es gibt keine Urzeugung, nichts entsteht aus eigenem Antrieb; die Daten sind die ganze Geschichte der Kunst; Pietro della Francesca verkündet Leonardo da Vinci.
– Wie Rotrou Corneille, erwiderte Drouhin. Das steht fest! »Urzeugung« ist dummes Zeug. Giorgione hat Tizian erzeugt, der Van Dyck, der wieder Velasquez …
– Da ist der Leonardo, sagte Antar zu Marestan, der als Majo gekleidet war, und ließ ihn vor das Gemälde treten, während er Spicq die Hand drückte.
Bis zum Gürtel, eine Dame mit roten Haaren, mit phantastischen Augen, mit diabolischem Lächeln, fast steif in ihrem Kleid von tiefem Rot, kreuzte ihre schmalen Hände auf ihrer Brust in der ironischen Betrachtung einer Sphinx.
Marestan, durch dieses Meisterwerk gefesselt, zog ein Notizbuch heraus und begann lebhaft zu schreiben, das Gemälde mit kurzen Blicken betrachtend, als ob er zeichnete.
– Ihr Freund, sagte Spicq zu Antar, glaubt, es sei ein Vinci, aber es ist ein Salaïno.
– Ein Luini, oder vielmehr ein Boltraffio.
Und sie stritten um die Herkunft.
– Während wir als elende Kritiker uns um den wahrscheinlichen Urheber und das Thema des Werkes zanken, hat der Dichter dessen Geist erfaßt, sagte Antar. Er hat Poesie gesehen, wo wir nur Farbe bemerkten: das Meisterwerk hat sich dadurch erwiesen, daß es ihm eine Ode einflößt.
– Lesen Sie das vor, Marestan.
– Diese Herren verstehen sicher nicht das Provenzalische, bemerkte dieser.
– Wir verstehen italienisch, sagte Drouhin.
– Das Italienische ist gut, aber das Provenzalische ist besser, betonte Marestan kühn. Dante wollte seine »Göttliche Komödie« zuerst provenzalisch schreiben: nur aus Liebe zur Heimat wählte er die toskanische Sprache … Uebrigens, ich werde übersetzen.
Frauenbildnis
I
Bleicher als der Wintermorgen,
bleicher als das Wachs der Kerzen,
sind ihre beiden Hände,
die sie auf der flachen Brust gekreuzt hat.
Sie hält sich gerad in ihrem Kleide,
das rot vom Blut der Herzen ist,
die, für sie verblutend, starben.
Verderbtheit nistet in den Winkeln ihres Mundes;
ihr Lächeln ist mit Verachtung befiedert;
in ihren schwarzblauen Augen,
blauen Diamanten gleich,
die sich auf ferne Chimären heften,
spinnt ihr Gedanke das Rad der Unmöglichkeiten.
II
Die Granate auf ihren Wangen erblühen lassen,
ihre Lippen für den Kuß öffnen,
ihre Augen von den Visionen abwenden:
viele haben es versucht.
Die sind gestorben als Verdammte;
sie ist bleich geblieben,
die Lippen verschlossen ihr Geheimnis.
Die Liebe, die nur die Liebe ist,
die Tugend ohne das Verbrechen:
sie hat nichts davon gewollt.
Cesare Borgia, vereint
mit dem heiligen Franz von Assisi,
den hätte sie geliebt;
aber das Ungeheuer ist nicht erschienen,
und ihr Gedanke hat fortgefahren,
das Rad der Unmöglichkeiten zu spinnen.
III
Den Geliebten erwartend,
hat sie keine Liebhaber gehabt.
Sie hätte ihn erdrückt, vielleicht erstickt,
an ihrer flachen Brust.
Die Granate hätte auf ihren Wangen geblüht,
ihre Lippe hätte sich dem Kuß geöffnet,
wenn der heilige Michael auch Satan hätte sein können,
wenn Satan der heilige Michael gewesen wäre.
Leonardo, der feine Meister,
hat sie auf dieser Platte verewigt.
Und bis die dauerhafte Malerei abbröckelt,
wie eine Schlange, die ihre Haut verliert,
wird man sie ebenso lebendig sehen,
als ob sie lebte.
In ihren Meeresaugen,
die groß und klar, kalt und ruhig bleiben,
wird ihr Gedanke immer spinnen
das Rad der Unmöglichkeiten.
IV
Du hast deine Lippe dem profanen Kuß geweigert,
du hast ihn zurückgestoßen,
den schlammigen Becher der Leidenschaft;
du bist enthaltsam geblieben wie eine Heilige,
getreu deinem frevelhaften Laster,
o Tochter des Vinci, o Muse,
du verdirbst die Kunst durch das Böse –
dein Lächeln mag auf dem Bilde erlöschen,
in meinem Herzen ist es wiedergegeben:
wie der in den Strudel geworfene Stein
beschreibt es dort kreisrunde Wirbel,
die sich vergrößern und erweitern,
bis deine Begierde nach unmöglicher Liebe
bei meinem Tode auch meine Begierde wird!
Chimäre, dein Anblick erregt in mir
diesen Durst nach dem Schönen und Bösen:
du bist gestorben, ohne ihn zu stillen.
O Schwester der Jocunda,
o verderbte Sphinx,
ich liebe dich!
– Das ist von einem modernen auserlesenen verfeinerten Gefühl; man möchte sagen, von dem Petrarca einer Poesie, von der Baudelaire Dante wäre, urteilte Drouhin.
– Schade um den Dichter; schade um seine Zeit, rief Antar. Ich bin dekadent wie Sie, wie alle, aber ich sehe, wohin wir gehen … Es ist das Ende der Poesie einer Rasse. Die lateinische Leier dreht ihre Saiten unter der Eingebung des Wahnsinns: wenn ihre Akkorde so durchdringend sind, so kommt das daher, daß die Hälfte, das Beste des abendländischen Gehirns sich spaltet und sich verwirrt.
– Das ist wahr! rief Marestan; so habe ich nicht in Arles empfunden! In Paris habe ich dies in der Luft aufgegriffen.
– Sie auch, sagte Antar, ihm die Hand auf die Schulter legend, Sie waren für die reine Kunst geboren, aber die Dekadenz hat Sie in ihren Hexentanz gerissen. Oh, die heutige Phantasie spricht die schwarze Messe …
Und ungestüm nahm er von einem Pult ein großes in blauen Sammet gebundenes Album und öffnete es auf einem Tische:
– Schreiben Sie Ihre Verse mit der Uebertragung: die Prinzessin wird sie schätzen.
Marestan schrieb, während sein Gedanke weit fort schwebte.
Als er unterzeichnet hatte, erhob er den Kopf wieder: er war allein in der Bibliothek mit der Täfelung aus Ebenholz und wurde traurig.
Er fühlte sich nicht wohl in dieser großen Welt, deren Funkeln sein Auge ermüdete; darin zu atmen, zu denken, machte Mühe; die Düfte betäubten ihn, die feinen Laster, die er wahrnahm, entnervten ihn. Das Geräusch des Balles erreichte ihn wie das verworrene Summen eines freudig erregten Bienenkorbes. Er überraschte sich dabei, daß er sein geräumiges Haus in Arles vermißte: die Ruhe der großen Säle mit den hohen Decken und die schweigende Straße mit dem groben Pflaster, das mit Gras bewachsen war; diese Heiterkeit des Geistes, die aus der Ruhe des Herzens und der Gewohnheit schöner Gedanken kommt.
Er hatte in die verbotene Frucht gebissen und schon faltete ihm die Bitterkeit die Lippe.
Er bereute es beinahe, in die »Hauptstadt« gekommen zu sein, wie man dort unten sagte. Die freie Luft, die volle Sonne, der weite Himmel fehlten ihm. Er betrachtete sein braunes Handgelenk und legte die weißen Handschuhe ab, die er kalt fand.
Mit den Crescendi des Orchesters erregte ihn eine andere Musik von leiser Gewalt: für die Lenden machten sie die Füße in den knarrenden Halbschuhen, die Brüste im Ausschnitt des Mieders, der Arm bei der Bewegung des Fächers, die lebhafte und zurückgehaltene Atmung der schweigenden Begierde … Ach, das waren nicht mehr die Tänze auf freiem Felde, beim Klang der kleinen Flöte mit drei Löchern, noch die Mädchen von Arles mit dem geraden Oberkörper, der kein Korsett trug, die man mit vollen Lippen im Sonnenschein küßte: in einer traumhaften Farandole Farandole, ein provenzalischer Tanz im 6/8-Takt, von Gounod in »Mireille« und Bizet in die »Arlesierin« aufgenommen. zog die Poesie seiner lieben Provence an ihm vorbei.
Hatte er sich zu beklagen? Ein Brief von Mistral öffnete ihm alle Türen. Von der Prinzessin Este empfangen, wurde er der Geliebte der Marquise Trinquetailles. Diese Frau war die Ursache, daß er in die Vergangenheit zurückkehrte; von dem pariser Wirbel ergriffen, tat er den ersten Blick rückwärts, einen Blick des Bedauerns … Er liebte sie nicht! Er hatte sich an einer Illusion berauscht, die er aus dem Süden mitgebracht, der »Pariserin«; aber diese Vereinigung der Körper, ohne die der Seelen, ekelte ihn. Er hatte eingewilligt, eine wollüstige Frau zu befriedigen, denn seine Sinne waren erwacht, als der traurige Morgen dieser sündigen Liebschaft anbrach … War es seine Schuld? Als Cadenet ihn vorstellte, war er von der Marquise zum Abendessen zurückgehalten worden, und vor dem Kamin, auf dem schmalen Plaudersofa, hatte er seine erste Todsünde begangen: groteske Einzelheiten dieser Stunde zogen ihm durch die Erinnerung. Er erstaunte, daß ein Entkleiden so verwickelt sein konnte: in den Schnürbändern waren Knoten, die Haken blieben an den Spitzen hängen. Wie zog er die über einander gelegten Busentücher der Arlesierinnen vor, die Falten schlagende Nadeln festhalten: wenn die abgenommen wurden, die eine nach der andern, entblößten sie nach und nach die Büste einer Statue.
Bevor die Marquise de Trinquetailles ihn verführte, hätte er antworten können, wie Silvio
Musset, Wovon die jungen Mädchen träumen:
Sie lebten ohne Leidenschaft bisher?
Sind Sie … mit einem Wort … noch keusch?
Silvio
Von Kopf zu Füßen, mit Gemüt und Fleisch! auf die Frage des Herzogs Laertes, ohne daß sein Leben in Arles das eines Klostermönches gewesen wäre; an den Sommerabenden sah man ihn in Alyscamps, in der Mitte eines Kreises von »chattes« und »calinaïrés«, Verse improvisieren, die der Wind mit den Akkorden seiner Gitarre davontrug.
Marestan, »lou réï déï félibré,« sagte man in Arles. Seine Weihnachtslieder und Kanzonen waren auf aller Lippen; und die war stolz, die ihn bei den Festen zum Kavalier hatte. Die »Katzen« hätten den gekratzt, der von »Moussu Marestan« etwas Schlechtes gesagt; sie liebten ihn mit einer respektvollen Vertraulichkeit, ihn »nostro poèto« nennend. Die alten Frauen, die vor ihrer Tür kauerten, suchten ein Lächeln in ihren Runzeln, wenn er vorbeiging.
An einem Sommerabend, als er nach Alyscamps kam, wo ein großer Kreis ihn auf dem Grase erwartete, bemerkte er ein junges Mädchen, das weinte:
– Chatounetto, was hast du? fragte er.
– Constantin will nichts mehr von mir wissen, er findet mich häßlich.
Marestan wurde von diesem kleinen Kobold gerührt. »Komm,« sagte er zu ihr. Als er die Zuhörer erreicht hatte, ließ er sich Constantin zeigen, der lebhaft einem schönen Mädchen den Hof machte. Dann nahm er die Verschmähte bei der Hand, führte sie in die Mitte des Kreises, ergriff seine Gitarre und improvisierte eine Ode, die in Arles ebenso berühmt ist, wie das »Intermezzo« in der Welt:
Vos aïmé, ô poulido laïdo,
ich liebe dich, o schöne Häßliche.
Das Lied Marestans hielt sich zwischen dem Absingen von Psalmen und dem rhythmischen Vortrag.
Als die erste Strophe in den Pizzicati verklang, beschäftigte sich Konstantin nicht mehr mit seiner Nachbarin.
Man strebte nach der Ehre, in die Mitte des Kreises zu kommen, um so die Rolle der begeisternden Muse zu spielen.
Marestan übertraf sich selbst. Die arme Verschmähte war wirklich häßlich, aber sie war hochherzig, und wie durch Zauber verwandelte sie sich bei den Tönen des Sängers.
Beim letzten Refrain: »ich liebe dich, du schöne Häßliche«, weinten alle. Constantin stürzte sich auf seine Verlobte und umarmte sie.
Marestan sprach die Zunge von Arles göttlich; aber in Arles sprach niemand die seinige: er fand sich allein.
Eines Nachmittags im August berauschte er sich an dem Zirpen der Grillen, sich die Verse hersagend, die er machte, als hinter ihm eine Stimme skandierte:
– »Tityre …« Virgil, Hirtengedichte I, i.
– »Tu patulae,« antwortete Marestan, sich erhebend.
Er sah einen jungen Mann, ganz weiß gekleidet, von orientalischem Aussehen.
– Wer lateinisch kann, kann französisch, sagte der Unbekannte. Wenn wir plauderten?
Marestan zeigte auf das Gras an seiner Seite, mit der Gebärde, mit der er einen Stuhl angeboten hätte.
– Sie sind Marestan; ich kenne von Ihnen Meisterwerke, sagte der Unbekannte.
– Und Sie sind auch Dichter? fragte der Provenzale.
– Ja, aber ohne Leier, wie eine Nachtigall, welche die Zeit mit ihrer Liebe verbracht hat.
– Ihr Name?
– Merodach, Ihr Schüler im Provenzalischen, wenn Sie wollen.
Merodach verlebte den Sommer mit dem Arlesier, dann sagte er zu ihm:
– Ich kehre nach Paris zurück, um für einen großen Plan zu arbeiten, an dem ich dich später teilnehmen lassen werde.
– Nimm mich mit, sagte Marestan.
– Nein, später! Warte, bis ich dein Mentor sein kann. Du hast Talent: das verbietet dir, an dem höllischen Feuer von Paris deine Flügel zu verbrennen.
– Das Schöne wird mich führen, bestand Marestan.
– Das Schöne ist ein Leuchtfeuer, das sich unter dem unbeständigen Wehen eines Zeitalters dreht und nur von Minute zu Minute aufleuchtet. Die Minute Schatten genügt, um zu kentern. Warte!
Die Briefe Merodachs ermahnten Marestan, in Arles zu bleiben, aber diese Warnungen erregten seinen Wunsch, die »Hauptstadt« zu sehen, aufs Aeußerste, und er reiste ab.
Merodach war in diesem Augenblick gerade umgezogen, ohne seine Adresse anzugeben. Seit einem Jahre suchte der Provenzale seinen Freund; er hörte Antar von ihm sprechen, aber niemand konnte ihm dessen Wohnung angeben: Monate lang schien dieser junge Mann zu verschwinden.
Den Kopf in seinen Händen, die Augen auf dem Album, dachte der arlesische Dichter: »Ach, wenn Merodach da wäre!« als sich eine Hand auf seine Schulter legte. Er drehte sich um, zögerte einen Augenblick, stieß ein großes »Ach!« des Glückes aus und warf sich seinem Freunde um den Hals.
– Trotzkopf, rief Merodach, erinnerst du dich unserer ersten Begegnung? Die Grillen zirpten, du lagest der Länge nach auf dem Grase! Jetzt finde ich dich wieder, wie du deine Verse ins Album der Prinzessin Este schreibst.
Und er las sie durch.
– Damit kann sie sich die Idee in den Kopf setzen, dich deinen Kopf verlieren zu lassen. Vertraue dieser Frau nicht mehr als einem Tiger.
Die Prinzessin erschien plötzlich auf der Schwelle:
»Etwas Barmherzigkeit,
wenn nicht, so wenigstens die Höflichkeit.«
– Sie sind eine Gefahr für Marestan, sagte der Magier einfach. Ich warne ihn. Das Talent ist kein Spielzeug für eine Prinzessin.
– Und wenn die Prinzessin wollte?
– Der Magier würde es nicht erlauben.
Die Prinzessin begann zu lachen.
– Ein Eingeweihter erniedrigt sich nicht dazu, seine Kraft zu beweisen; aber ich will Ihr italienisches Lächeln töten. Sie kennen die Fechtkunst, ich habe den Fechtboden nicht betreten. Ziehen Sie Ihren Degen, ich fordere Sie heraus.
– Ich will nicht den Tod eines Magiers.
– Ich, ich will die Verwirrung einer Prinzessin. Nicht einen Waffengang schlage ich Ihnen vor: ich biete Ihnen meine Brust, um »eine Mauer zu bilden«, denn ich werde nicht parieren.
– Das wollen wir sehen, sagte die Prinzessin, von dieser Herausforderung beleidigt.
Sie zog ihren feinen Degen.
Merodach zog seinen aus der Scheide, stützte den Degenknopf auf die Herzgrube und richtete die Spitze auf die linke Hand seiner Gegnerin.
– Wenn Sie wollen, Hoheit.
– Blut hier, nein, sagte sie.
– Sie sind naiv, rief der Magier.
Dann streckte sie den Arm aus und fühlte etwas wie einen unsichtbaren Wind, der ihre Klinge beiseite schob; sie machte einen Ausfall ins Leere; ihre Ohren wurden rot; sie stach vergebens nach der Brust. Merodach schien zu lachen. Wütend, griff sie ihn an; aber ihr Arm wurde schwach, zitterte, zögerte, erstarrte nach und nach und fiel leblos zurück, den Degen schleppen lassend.
Merodach richtete die Spitze seines Degens auf die Hand der Prinzessin, die sich über dem Griff zusammenzog.
– Legen Sie doch Ihren Flamberg fort, schöner Page.
Sie konnte mit ihrer freien Hand ihre geschlossene Hand nicht öffnen.
– Ich muß Sie um etwas bitten: deshalb begnadige ich Sie.
Er nahm ihre Hand und entmagnetisierte sie mit einigen Strichen: sie konnte den Degen loslassen, während der Arm noch einige Augenblicke wie abgestorben blieb.
Voller Wut schwieg sie, um plötzlich zu fragen:
– Um welchen Preis es auch sei: wollen Sie mich Ihre Zauberkünste lehren?
– Diese Zauberkunst ist nur der tierische Magnetismus: ich habe Ihnen den Arm starr gemacht und die Hand zusammengezogen. Ich werde Sie nichts lehren, weil der Eingeweihte den Einweihenden tötet.
Marestan, den beide vergessen hatten, trat vor.
– Das ist also die Frucht dieser geheimnisvollen Studien, die du mir nicht erklären wolltest?
Die Prinzessin warf dem Provenzalen einen eigentümlichen Seitenblick zu.
– Ich bin immer für Sie zu sprechen, Herr Marestan.
– Mein Freund, geh auf den Ball, ich treffe dich dort; ich werde dir erklären …
– Haben Sie Angst, daß ich ihn magnetisiere? fragte die Prinzessin, als der Dichter gegangen war.
– Es handelt sich um Corysandre.
– Die, welche Sie lieben, oder die, welche Sie liebt? Welche?
Merodach fuhr fort, als habe er nicht gehört.
– Der Marquis von Donnereux verfolgt Corysandre mit infamen Aeußerungen, welche sie leiden lassen. »Ihr Liebhaber ist bei der Prinzessin«, hat er ihr gesagt.
– Das Vieh! rief sie aus.
– Sie sollten ihn vor die Türe setzen, und zwar sofort.
– Ja, unter einer Bedingung: Sie werden mir einen Nachmittag widmen, um auf alle Fragen zu antworten, die ich Ihnen über die Magie stellen werde. Sie versprechen es mir? Gut! Ueberwachen Sie den Marquis, ertappen Sie ihn auf frischer Tat, dann jage ich ihn auf der Stelle hinaus.
– Der Handel ist abgeschlossen, erwiderte Merodach.
Er bot ihr seinen Arm, den die Prinzessin nahm, mit einem Blick von unten, der so übersetzt werden konnte: »Ich würde Sie gern mit Füßen treten.«