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Ein festliches Summen drang durch die leuchtende Oeffnung des Atriums bis auf den Hof, wo die Wagen unter dem fallenden Schnee ohne Geräusch vorfuhren.
Sarkis, als Cassandra gekleidet, plauderte mit Merodach.
Schlank, in Kniehosen, in langem Rock und schwarzem Trikot, einen Valois-Mantel auf der Schulter, einen Muscheldegen an der Seite, schien der seltsame junge Mann halb Hamlet, halb Mephisto zu sein. Aus seinen Haaren, die ihm die Stirn mit schweren Locken bedeckten, drangen zwei kleine goldene Hörner.
– Sie haben die Kunst, sich Feinde zu machen, sagte Sarkis. Am Dienstag, als Sie hier waren, bin ich nach Ihrem Fortgehen in den Salon getreten … Man zerlegte Sie. Doch hatten Sie einen Advokaten: die Prinzessin. Was haben Sie ihr denn geweissagt: daß sie einen Priester lieben würde?
– Ich habe es in ihrer Hand gelesen.
– Unter uns, fragte Sarkis, Sie glauben an die Kunst, in der Hand zu lesen.
– Wie an jede Wissenschaft der Beobachtung und der Analyse.
Er nahm seine Hand.
– Sie glauben den Hafen erreicht zu haben, nachdem Sie so viel gereist sind: Sie werden noch mehr reisen.
Er überlegte.
– Das hängt mit der gotteslästerlichen Liebe der Prinzessin zusammen.
– Wenn Sie Leonora kennten, wie ich sie kenne, Herr Merodach, Sie würden den Namen der Liebe und ihren Namen nicht zusammen aussprechen!
– Für alle schlägt die Schicksalsstunde der Leidenschaft, nur nicht für die Eingeweihten.
– Ich habe Jamblichus Jamblichus, De Mysteriis Aegyptiorum, 333 nach Chr. gelesen, sagte Sarkis halb ironisch.
– Sie wissen also, begann Merodach, daß die höchste Prüfung, die 22., darin bestand, Frauen, die nur mit Schleiern bekleidet waren, zu widerstehen, nach Schmaus, Musik und Düften. Die Prüfung richtet sich nur auf den Körper. Dachten die Hierophanten, das Gefühl werde nicht versucht, wenn der Eingeweihte diese Stufe erreicht hat? Oder war der Begriff der Gefühlsliebe noch unbekannt? Der Eingeweihte von heute muß die Prüfung des Gefühls durchmachen.
– In Sachen der Sünde glaube ich dem heiligen Liguori: der Sieg ist die Flucht, bemerkte Sarkis.
– Fliehen ist fürchten; die Furcht ruft die Niederlage. Die Stirn bieten! sagt die Magie; die Stirn bieten, heißt an den Sieg glauben und ihn erzwingen.
– Das ist gefährlich! sagte Sarkis.
Sie traten ein.
In dem übergroßen Saale, der von Kronleuchtern glänzte, fand ein Feenmärchen statt. Den Lachtrillern mischten sich das Rauschen der Seiden, das Knarren der engen Schuhe zu einem Brausen von unbeschreiblichem Reiz. Die nackten Arme, die nackten Schultern, die knappen Trikots bezauberten die Lenden; die Düfte beherrschend, koste ein feiner Duft von Frauenhaut, von leicht ausdünstender Haut unmerkbar die Nasenflügel.
Die Prinzessin Este, als Pilgerin einer Abfahrt nach Kythera gekleidet, stützte sich mit der einen Hand auf den mit Bändern geschmückten Pilgerstab, mit der andern segnete sie ironisch die Ankommenden. Ihre nackten Füße zeigten sich auf hohen Sandalen dem Kuß der Augen.
– Ich habe Ihre »Orgie« gespielt, sagte sie zu Cadenet; Sie haben die Musik verdorben, Sie haben die Ausschweifung der Töne geschaffen.
Sie bemerkte Merodach.
– Gott segne den Teufel! Von Ihrer Voraussage besessen, habe ich den Pilgerstab genommen.
– An die Symbole zu rühren, ist verwegen, sagte der junge Mann.
– Düsterer Geist, hier ist etwas Rosiges, antwortete die Prinzessin, ihm die Marquise de Trinquetailles zeigend, als Amor von Grévin Grévin, Zeichner des »Journal amusant«, 1827-92., auf Brust und Rücken so nackt wie möglich.
Lachend kam die Marquise auf Merodach zu.
– Ihr Hals ist hübsch, sagte sie.
Die Prinzessin bemerkte die Form und die Blässe des Halses, während der Eingeweihte schweigsam blieb.
– Ich machte Ihnen ein Kompliment, fuhr die Marquise fort, und Sie sagen mir nicht, wie Sie mich finden?
– Unanständig, sagte der junge Mann.
– Garstiger Teufel, ich müßte dir den Kopf zurechtsetzen.
– Sprechen Sie! Ich werde zuhören, wie man den Frauen zuhört: mit den Augen.
– Und Ihr Marestan? fragte Leonore die Marquise.
– Marestan? rief Merodach lebhaft.
– Sie kennen ihn? fragte die Marquise ihrerseits.
– Ein bronzener Indo-Provenzale, ein schwärmender Dichter.
– Das ist das rechte Signalement.
– Woher kennen Sie ihn, Marquise?
– Oh, sagte die Prinzessin, sie kennt ihn in- und auswendig.
– Um so schlimmer, rief Merodach.
– Für wen?
– Für ihn! Ein Dichter soll nicht als Spender der Wollust dienen, und ich werde ihn wieder von dort erheben, wo er gefallen ist.
Die Prinzessin begann zu lachen.
– »Der Fall ist hübsch, verliebt …«
– Um so weniger wollen Sie mir ihn nehmen, wie Sie drohen, sagte die Marquise mit einem bösen Lachen. Sollten Sie der Sokrates dieses Alkibiades sein?
Merodach geruhte nicht zu antworten; er lehnte sich an eine Säule und kreuzte die Arme.
In der schönen Renaissance-Ausstattung erweckte das Gemisch von Kostümen Erinnerungen an alle Zeiten, an alle Völker. Der Prinz von Courtenay, als Ludwig XIV., spreizte sich, als ob die Nachwelt ihn sähe, umgeben von Günstlingen, Gecken, Tadlern, Soldaten, in einer Nachahmung des Hofes, wo Modenärrinnen ihren hübschen Strickbeutel trugen. Quéant als Pierrot belustigte mit seinen Grimassen eine ganze Schar Hirtinnen aus den Alpen, von Lignon Nebenfluß der Loire: d'Urfé, Asträa, 1610., von Trianon.
Ueber die Zahl der Hosenrollen erstaunte Merodach. Alle Frauen von schlanker Figur waren als Page, als kleiner Herzog, als Déjacet Virginie Déjacet, Schauspielerin, 1798-1875, glänzte in Hosenrollen. verkleidet.
Antar ging vorbei, den Dogenhut auf dem Kopfe.
– Das ist Ihnen auch aufgefallen, sagte er.
– Was denn, mein lieber Bildhauer?
– Was? Der Cherubin, der Ephebe, der Androgyn! Sehen Sie diese Ode an Bathyllos Bathyllos hieß der Liebling des Anakreon., die vorbeigeht, diese Maupin Gautier, Mlle. de Maupin.! – Ah, sagte er, da wirft Ihnen jemand einen guten Blick zu, durch all diese Schändlichkeiten: sehen Sie dort unten Fräulein von Urfé als Ophelia! Welche Schamhaftigkeit: die rosige Haut unter dem Schleier spricht zur Seele! Dagegen diese nackten Füße der Prinzessin: eine Welt von Verderbtheit in jeder Zehe. Es gibt hier viel entblößtes Fleisch, aber alles verschwindet vor der Schamlosigkeit dieser Füße … Sie sind sehr glücklich, daß Sie nicht in Sinnlichkeit beben; mich verwirrt sie, und mein Gehirn wird verdorben! Da kommt sie zu uns: wie ihr Gang wogt! Sie sehen, ich rege mich auf … Ach, dieses Verhängnis, das nicht einmal die Hand des Künstlers verschont!
– Herr Merodach, was für einen Vortrag hält der Bildhauer Ihnen? begann Leonora.
– Ueber Sie –
– Ich verstehe: sind meine Falten recht plastisch?
– Ihre Falten haben die Hörner Merodachs!
– Oh, Falten, die Hörner haben, das müssen Sie modellieren.
Sie nahm Merodachs Arm.
– Sie langweilen sich?
– Nein, ich beobachte.
Sie durchschritten die Gruppen, die zur Seite traten, sie mit Neugier betrachtend.
– Prinzessin, ich höre eben: »Da ist endlich der Mensch!«
– Wer hat das gesagt?
– Dieser Buridan.
– Herr von Chaumontel, rief die Prinzessin.
Dieser näherte sich.
– Da ist der Mensch und da ist das Tier, sagte sie und neigte ihren Pilgerstab zwei Male.
– Ich muß das Kostüm wechseln: wollen Sie mir Gesellschaft leisten?
– Gern, sagte der junge Mann.
Dies wurde mit einer unbeschreiblichen Einfachheit vorgeschlagen und angenommen. Nur wechselten sie einen Blick: »Wir werden sehen,« sagten die Augen der Prinzessin; »Sie werden sehen,« antworteten die Merodachs. Sie verließen den Salon als Gegner, die einander herausgefordert haben.
Ohne ein Wort zu sprechen, gelangten sie ins Toilettenzimmer, wo sich Kleidungsstücke auf den Möbeln ausbreiteten. Sie verabschiedete ihre Zofen mit einer Gebärde.
– Sie werden mir den Rücken drehen, um den Ansprüchen meiner Scham zu genügen, sagte sie, ihm einen Sessel hinschiebend, in den der junge Mann sich ernst setzte.
– Drehen Sie sich nicht um, sagte sie, ich entkleide mich.
Vor Merodach erhob sich ein Spiegel vom Boden bis zur Decke; darin sah er die Prinzessin, die ihn beobachtete; er senkte die Augen, herausfordernd lächelnd, auf das schon ironische Lächeln der Versucherin. Das Duell begann zwischen der müßigen Schamlosigkeit und der magischen Selbstbeherrschung.
Eine lange Viertelstunde des Schweigens führte die Prinzessin, die Augen auf den Spiegel gerichtet, eine Symphonie aus mit den tausend Noten des Körpers, der Entkleidung, ohne daß sich die Kaltblütigkeit des Eingeweihten verleugnete. Er blieb unbeweglich und starrte wie hypnotisiert auf eine Rosette des Teppichs.
Ich werde ihn schließlich doch noch bewegen, sagte sie sich, und dann werde ich durch einen einzigen Blick ihn die Mühe bezahlen lassen, die ich mir gemacht habe. Er sieht nicht auf, nicht einmal flüchtig. Er fühlt, er hört jedoch, daß hinter ihm eine Frau steht, die fast nackt ist, und welche Frau: ich!
– Sie langweilen sich? fragte sie laut.
– Nein, ich denke.
– An was denn?
– An die fünfzig Tore des Lichtes. Papus, Kabbala (deutsch erschienen).
– Ah, ich werde Ihre Marter noch verstärken; ich muß an den Spiegel gehen, und ich bin … Können Sie die Augen schließen?
– Durchaus.
Sie streifte ihn, mit Absicht an seinen Degen stoßend.
Er lächelte.
– Sie schließen also auch die Augen?
– Die schwarze Sammetscheide hebt sich nicht ab.
Das Vorspiel des Orchesters gelangte als träumerisches Gemurmel in das Zimmer, dessen Atmosphäre eine große Flasche Parfüm betäubend machte: die Prinzessin hatte sie soeben durch scheinbares Ungeschick umgestoßen.
Sie setzte ihre Toilette vor ihm fort, ihn mit unmerklichen und verwirrenden Berührungen streifend.
– Ich habe Furcht, daß Sie einschlafen, sagte sie; hier ist ein Balzac.
Er nahm den Band und blätterte darin, den Blick von der Blindheit eines Augenblicks verwirrt.
– »Die Herzogin von Langeais«, eine wunderbare Studie, sprach er; es gibt Besseres und Schlimmeres in dieser Art, aber wehe dem, der es zu malen wagte!
– In der Tat, Sie würden das Schielen bei dieser Haltung bekommen; betrachten Sie mich und sündigen Sie nicht.
Sie war im Trikot von genauem Fleischton; auf dem Oberkörper nichts als ein Ueberhemdchen; die nackten Arme gekreuzt, betrachtete sie den jungen Mann, während auf ihrer Stirn eine Falte erschien.
»Hat er das Tier in sich getötet? Vielleicht hat es nie existiert?«
Ihre verletzte Eigenliebe hätte diese Vermutung beweisen mögen.
– Jetzt raten Sie mir: das granatfarbene Kostüm oder das silbergraue?
– Das silbergraue.
– Wäre es Mißbrauch, wenn ich Sie bäte, mich zu schnüren?
Und der Ton dieser Frage spottete.
Merodach schnürte ihr Korsett, ohne sich zu übereilen, noch sich ungeschickt anzustellen.
Nun wurde sie verwirrt, daß sie nicht verwirren konnte, und sie setzte sich, damit das Auge des jungen Mannes in ihre Brüste tauchte.
Merodach reichte ihr die Jacke.
Sie erhob sich geärgert und zog die Aermel über.
– Haken Sie mich zu, bat sie.
Er vermied es, ihre Haut zu berühren.
– Nein, Sie müssen darunter fassen.
Der junge Mann erlitt am Rücken seiner Finger die kosende und feuchte Berührung.
Dann gürtete er sie mit dem Degen, legte ihr die Halskette um und reichte ihr das Barett.
Sie stand vor dem Spiegel und ordnete ihr Haar.
– Kommen Sie, damit ich den Gegensatz sehe.
– Fassen Sie mich um die Taille, sagte sie, die des Magiers umschlingend.
Merodach gehorchte, als hätte sie ihm gesagt: »Halten Sie meinen Fächer.«
Mit einer bittenden Gebärde der Hüfte und der Brüste schmiegte sie sich an ihn, den Kopf so weit auf seine Schulter neigend, daß ihre Wangen sich berührten.
Sie fixierte ihn im Spiegel, er fixierte nur den Spiegel.
– Narcissus, Sie haben nur Augen für sich. Betrachten Sie mich ein wenig, aus Höflichkeit.
Sie glaubte, er sei verwirrt. Merodachs Augen hatten etwas von einem Schusse und sein Blick schoß so heftig hervor, daß sie ein »Ah!« ausstieß, wie bei einer Erschütterung.
Er fixierte sie jetzt, mit einem Lächeln der Kraft auf den Lippen.
– Aber Sie magnetisieren mich, glaube ich? fragte sie, da ihr plötzlich das Blut zu Kopfe stieg.
Sie machte eine Bewegung, um sich von Merodach loszulösen, ohne daß dieser die Gebärde machte, die sie erwartete, um sie zurückzuhalten.
Dann durchlief sie das Zimmer mit schnellem Schritte, kam zurück und trat vor ihn hin:
– Wer sind Sie denn? rief sie.
– Ich bin ein Magier.
– Was denken Sie von mir? fragte sie, ohne sich bei dieser seltsamen Bezeichnung aufzuhalten.
– Ich denke, daß Ihr Stolz nur Ihrer Verderbtheit gleichkommt. Gewohnt, die Begierde zu entzünden, sind Sie durch meine Gleichgültigkeit empfindlich getroffen worden, und Ihre Verderbtheit sparte keine Mühe, wenn sie die auch verloren hat.
Die Prinzessin verbarg ihre Befangenheit nicht.
– Ich muß mich wieder zu meinen Gästen gesellen; Sie werden durch die Bibliothek zum Balle zurückkehren.
– Das gleicht einem Liebeshandel, sagte er, spöttisch, aber immer ernst.
– Sie glauben nicht an die Liebe? fragte sie.
– Nein.
– Sie werden jedoch sehr geliebt.
– Ja, weil ich nicht lieben werde.
Sie hatten das Toilettenzimmer verlassen und stiegen die große Treppe hinunter.
– Glauben Sie an die körperliche Lust? fragte sie noch.
– Nein.
Sie sah ihm voll ins Gesicht und sprach in drohendem Tone:
– Ich hebe Ihnen einen Walzer auf.
– Ich tanze niemals; ich habe zu viel Ideen im Kopfe, und meine Achtung vor ihnen hält mich ab, sie hüpfen zu lassen.
– Sie werden sich ändern.
– Der Engel, der sechs Flügel hat, ändert sich niemals Peladan, Geist der Liebe: »Dieser Engel, der sechs Flügel hat und sich niemals ändert, von dem uns die Kabbala spricht, ist das gesegnete Paar, das seine dreifache Harmonie hat verwirklichen können: ›zwei Körper und dieselbe Begierde, zwei Herzen und derselbe Schlag, zwei Geister und derselbe Gedanke‹.«, antwortete er.
»Unbesiegbar,« sagte sich die Prinzessin, als sie auf den Ball zurückkehrte; aber habe ich selbst nicht den Augenblick erlebt, als ich versucht wurde durch die Versuchung, die ihn gleichgültig ließ?«
»Mein Augenlid hat mir gehorcht, dachte Merodach, aber meine Finger haben gezögert, als ich ihre Haut berührte.«
Und sein Sieg erschien ihm nicht vollständig. Was ihn indessen befriedigte, war die Szene vor dem Spiegel: da hatte er sie in ihrer Falle gefangen.
Er durchschritt die Bibliothek. Kleine Salons, verschwiegen und einsam, folgten sich in einer Flucht. Im letzten warf er sich auf einen Diwan.
Ein Rauschen von Seide ließ ihn den Kopf heben: es war Corysandre.
– Sie sind höflich, Merodach, sagte sie mit veränderter Stimme, das mit den Blumen des Irrsinns vermengte Stroh Ophelias auf ein Tischchen werfend. Sie sind nicht einmal gekommen, um mich zu begrüßen.
– Ich habe Sie um zehn Uhr gesehen.
– Gestern, sagte sie vorwurfsvoll.
Sie setzte sich neben ihn und stammelte:
– Sie werden sagen, das sind nicht meine Angelegenheiten: aber was haben Sie während einer Stunde mit der Prinzessin sprechen können?
Merodach runzelte die Augenbrauen vor dieser Eifersucht, die bereit war zu weinen, und ergriff ihre Hand:
– Man muß Ihnen einen großen Kummer angetan haben, Corysandre?
Sie blickte ihn an, die Augen von zurückgehaltenen Tränen getrübt; eine Regung der Furcht drängte sie gegen Merodach: jetzt weinte sie.
Das Gesicht des Magiers bedeckte sich mit Traurigkeit.
Sie weinte lange, den Kopf an seine Schulter lehnend.
– Wenn man Sie beleidigt hat, Corysandre, werde ich Sie rächen.
Sie sagte sehr leise:
– Immer, das ganze Leben, werden Sie da sein, um mich zu trösten.
– Das Leben ist unsicher, aber soweit es von mir abhängen wird, werde ich immer Ihr Ritter sein.
Sie erhob den Kopf wieder und ihr Gesicht klärte sich auf. Sie wurde noch von diesem Schluchzen geschüttelt, das den Tränen folgt, und ihre Brust schlug gegen die Seide ihres Mieders.
– Was hat man Ihnen getan, Corysandre? Sagen Sie es mir.
– Es ist der Marquis Donnereux. Er ist hinter mir hergekommen und hat mir ins Ohr geflüstert: »Ihr Liebhaber ist im Zimmer der Prinzessin.« Ich habe den Platz gewechselt, er hat mich mit ähnlichen Worten verfolgt. Meinem Vormund habe ich es nicht gesagt: er hätte ihn geohrfeigt.
– Ich werde ihn bestrafen, ohne Ohrfeige, und zwar sofort. Was seine Zuflüsterung angeht, so ist das eine Verleumdung. Die Prinzessin ist mir gleichgültig; und wir beide sind nur Bruder und Schwester.
– Ah! machte Corysandre und erbleichte.
– Kehren Sie in den Saal zurück, Corysandre: ich werde Sie dort rächen.
– Oh, Sie sind gut, sagte sie.
Und mit einer errötenden Verlegenheit hielt sie ihre Stirn hin, die Merodach kaum berührte.
– Ich gehorche Ihnen, mein Ritter.
Und sie ging, anmutig den Kopf zurückwendend.
Merodach runzelte die Augenbrauen.
Nichts fehlt, dachte er; nach der Prüfung des Körpers die Prüfung des Gefühls. Man trägt sein Leid, aber es einem Andern antun! … Sie wird daran sterben, daß sie mich … Courtenay hat nicht richtig gehandelt, als er uns täglich mit einander verkehren ließ … Sein Plan ist, daß ich sie heirate! … Heiratet Hamlet Ophelia? … Ich werde also diese Lilie zerbrechen! …
Sein Auge traf einen Spiegel: er erstaunte über seine Blässe.