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Ein ander Lied vom ewigen Leben, im Ton des Morgensegens: Aus meines Herzens Grunde.

Jeremias Nicolai.

1.

Herr Christ, thu mir verleihen,
Zu singen Deinen Geist;
Mich thut herzlich erfreuen.
Was himmlisch ist und heißt.
Ein himmlisch Paradeis,
Darin von allem Bösen
Der Herr mich wird erlösen.
Bereitet ich mir weiß.

2.

Ein Tag ist angesetzet
Vor Gott dem Herren mein –
Mein Herz sich sehr ergötzet,
Wenn ich gedenk dahin –:
Den jüngsten Tag ich mein',
Da mich der Herr erwecken
Und fröhlich wird erquicken
Mit Seinen Gütern rein.

3.

Tod, Sünd, Noth, Krankheit, Schmerzen,
Angst, Jammer und Elend,
Und was betrübt die Herzen,
Im Himmel hat ein End.
Fahr hin, all Traurigkeit!
Mein Gott, dem ich getrauet,
Ein'n Freudensaal gebauet
Hat mir in Ewigkeit.

4.

Er wird freundlich umfangen
Und trösten meine Seel.
Danach steht mein Verlangen,
Das ist mein Trost und Heil!
Da wird sein lieber Sohn
Abwischen alle Thränen
Von denen, die hie weinen
Und leiden Schmach und Hohn.

5.

Mein Leib, mein Seel verkläret,
Soll leuchten wie die Sonn:
Und was mein Herz begehret,
Wird kommen ihm zum Lohn.
Denn dort in jenem Reich
An Schönheit und Gebehrden
Wir alle sollen werden
Den lieben Engeln gleich.

6.

Da werden wir mit Freuden
Den Heiland schauen an.
Der durch Sein Blut und Leiden
Den Himmel aufgethan.
Da wird vor Augen klar
Gott Vater sammt dem Sohne,
Dazu die dritt Persone
Uns werden offenbar.

7.

Hier müssen wir noch lallen.
Gleich wie die Kinder klein:
Dort aber alles in allem
Der HErr wird selber sein.
In jener Sommerzeit
Wird Gott mit Freud und Wonne
Erscheinen wie die Sonne
Der ganzen Christenheit.

8.

Da findet sich beisammen.
Was hie zerreißt der Tod:
Die nur auf Christi Namen
Entschlafen sind in Gott:
Der Eh'mann sein Gemahl,
Söhn, Töchter und Bekannte,
Freund', Brüder und Verwandte,
Die Lieben allzumal.

9.

Dazu viel tausend Menschen,
So wir niemals gesehn:
Die alten Patriarchen,
Propheten, groß und klein.
Der zwölf Apostel Zahl,
Die Märt'rer mit den Kronen,
Viel Manns- und Weibspersonen
Die Gott gedienet all'.

10.

Die werden uns annehmen
Als ihre Brüderlein;
Auch werden sich nicht schämen
Die Engel hierbei zu sein.
Die frommen Geisterlein
Uns werden mit Verlangen
Ganz brüderlich umfangen
Und mengen mitten ein.

11.

Da dürfen wir nicht fragen:
Wer ist der oder die?
Was unsre Augen sehen,
Das alles kennen sie.
Das Stückwerk höret auf,
Wir werden uns wohl kennen,
Von rechter Liebe brennen,
Die nimmer höret auf.

12.

Da wird man hören klingen
Das himmlisch Saitenspiel.
Des Himmels Chor wird bringen
In Gott der Freuden viel.
Das liebe Jesulein
Inmittelst uns fein drücken
Und freundlich wird anblicken
Mit seinen Aeugelein.

13.

Mit den Engeln ganz fröhlich
Wir singen werden Gott:
Heilig, Heilig ist, Heilig
Der HErre Zebaoth!
Ein neues Freudenlied:
Glori, Lob, Ehr und Weisheit,
Kraft, Reichthum, Heil und Klarheit
Sei Gott in Ewigkeit!

14.

Kein Ohr hat nie gehöret,
Es hat kein Aug gesehn
Die Freud, so denen bescheret.
Die Gottes Erben sein.
Wenn ich solch's nehm in Acht,
Thut sich mein Herz hoch schwingen
Und geht in vollen Sprüngen,
Daß ich die Welt veracht.

15.

Drum woll'n wir nicht verzagen,
Die jetzt in Trübsal sind.
Ob schon die Welt thut plagen
Und ist uns spinnefeind.
Es währt ein kleine Zeit:
Der Held wird bald hertraben
Und ewiglich uns laben:
Sein Hülf ist g'wiß nicht weit. –

Man sieht, der liebe Verfasser hat auch mit Freuden in den Freudenspiegel gesehen. Es ist aber Jeremias Nicolai Philipps Bruder, der nach des Vaters Tode Pastor zu Mengeringhausen ward. Derselbe, von dem das prächtige Lied: Zieht hin, ihr lieben Kinder, zieht! Wollt Gott, ich sollt auch wandern mit u. s. w.; zu finden im alten Breslauer, im alten Dresdner, im alten Sorauer Gesangbuch. Es heißt darin weiterhin: Euch ist zwar gar sehr wohl geschehn, dürft keine Noth, wie ich, ausstehn – das holdseligste Jesulein Setzt euch nun auf ein Kränzelein. – Die lieben Englein ohne Zahl Umfassen euch ins Himmels Saal: Kein Ohr hat jemals angehört, Was für Freud euch dort widerfährt. – Wohlan! zu solcher Himmelsfreud Werd ich auch kommen zu rechter Zeit; Indeß will ich Gott halten still, Weils so gewesen ist Sein Will. – Ich will mit herzlicher Begier Zum Herren schreien für und für, Daß er verkürz mein Lebenszeit, Darin nichts ist als Herzeleid. – Auch Wetzel entscheidet sich für Jeremias als Vers, »des Liedes: Herr Christ, thu mir verleihen etc. »im Coburgischen raren Gesangbuch v. 1655 und Quirsfelds geistl. Harfenklang v. 1679, wiewohl daselbst Johannes Nicolai, der Pastor zu Lübeck gewesen und besage des gel. Lexic. p. 1463 auch viele carmina geschrieben, im Coburgischen v. 1621 aber ... Philippus Nicolai darüber steht.« Es ist dies schöne Lied vom ewigen Leben leider recht rar geworden. Auch im Unverfälschten Liedersegen des gesegneten Ev. Büchervereins steht es nicht.

Schließlich kann ich nicht unerwähnt lassen, daß ich die litterarischen Hülfsmittel zu dieser meiner Arbeit zumeist der liebreichen Handreichung des Herrn Consistorialraths Dr. Tholuck, meines alten hochverehrten hallischen Lehrers, meines Retters aus den rationalistischen Banden und treuen Wegweisers zu Christo verdanke. Derselbe hat mir auch freundlichst gestattet, ihm diese Arbeit als ein kleines Zeichen meiner großen, unveränderlichen Dankbarkeit zueignen zu dürfen.

Ich bete zu Ihm, meinem Herrn und meinem Gott, Er wolle, wie an dem seligen Nicolai, so auch an diesem theuren Manne reichlich erfüllen, was Dan. am 12. geschrieben steht:

Die Lehrer werden leuchten wie des Himmels Glanz; und die, so viele zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne immer und ewiglich! –

*


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