Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Bis daher habe ich von der Freude und Herrlichkeit des ewigen Lebens, wie auch von dem seligen Nutz und Gebrauch dieses edlen hohen Geheimnisses Erinnerung gethan. Will nun zum andern Theil fortgehen und anzeigen, von wem es herkommt, und wie wir dazu bereitet werden.
*
Es rühret das ewige Leben ursprünglich nicht von Engeln noch Menschen, sondern von Gott dem Allmächtigen her, wie die Schrift ausdrücklich meldet und spricht: »Der uns zu demselbigen bereitet, das ist Gott, der uns das Pfand, den Geist, gegeben hat« (2 Cor. 8, 5). »Wir rühmen uns der Hoffnung der zukünftigen Herrlichkeit, die Gott geben soll« (Röm. 8, 2). »Gott hat uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung, durch die Auferstehung Jesu Christi von den Todten; zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das behalten wird im Himmel« (1 Petr. 1, 3. 4). Das sollen wir wissen und fleißig merken, damit wir auch Gott allein die Ehre geben, den Himmel für sein Gnadengeschenk halten, und die ewige Seligkeit nicht unserem Verdienst noch Würdigkeit, sondern allein der grundlosen Güte Gottes und seiner unaussprechlichen Leutseligkeit zuschreiben.
Freilich aber muß es eine sehr große Wunderliebe sein, und ein Geheimnis, dessen Höhe, Tiefe, Breite und Länge wir Adams-Kinder in dieser Welt nimmer ausforschen noch ausgründen können, daß Gott die Menschen allen sichtbaren Creaturen, dem Himmel, der Erde, der Sonne, dem Monde, den Sternen und allem was in der Luft und auf Erden, wie auch im Wasser und in der Erde lebt, so weit vorziehet, und machet sie des ewigen Lebens theilhaftig. Solches widerfahret keiner andern Creatur; und mögen wir deswegen wohl ein Mal über das andere voll Verwunderung ausrufen: »Wie hat doch Gott die Leute so lieb! HErr, was ist der Mensch, daß Du Dich seiner so annimmst, und des Menschen Kind, daß Du ihn so achtest?« (5 Mos. 33, 3; Ps. 144, 3).
Willst Du nun wissen, mein Lieber, auf welche Weise wir von Gott zum ewigen Leben bereitet werden: so ist dies die kurze, summarische Antwort der heiligen Schrift, daß Gott der Vater anfänglich den Menschen zum ewigen Leben geschaffen habe. Unsere ersten Eltern aber, Adam und Eva, wichen durch ihren sündlichen Fall von Gott ab, und verloren das ewige Leben durch des Teufels Antrieb, Betrug, List und Neid; nicht ihnen selbst allein, sondern auch allen ihren Kindern und Nachkömmlingen. Da erbarmte sich Gott der Vater unseres Elends, sandte seinen eingebornen Sohn aus großer Liebe in unser Fleisch und Blut, und ließ denselben für unsere Sünde sterben, daß wir von Sünde, Tod, Teufel und Hölle zum ewigen Leben wieder erlöset würden. Giebt auch seinen heiligen Geist zu diesem Ende, daß er uns durchs Evangelium zum ewigen Leben sammle, erleuchte, regiere und erhalte. Und wer nun Christum im Wort durch den Glauben ergreift, den hält er für sein liebes Kind, läßt ihn durch den zeitlichen Tod zum ewigen Leben hinein bringen, und wird auch desselbigen Leib am jüngsten Tage zur ewigen Freude und Herrlichkeit wieder auferwecken.
In dieser summarischen Anzeige, wie uns der liebe Gott zum ewigen Leben bereite, werden uns, die alleredelsten Werke und Wohlthaten Gottes vorgehalten, welche voll sind seiner grundlosen Liebe und Treue gegen das menschliche Geschlecht.
Denn siehe, was thut Gott? Aus großer Liebe hat er uns nach seinem Bilde geschaffen. Aus großer Liebe hat er sich unseres Jammers und Elends erbarmt. Aus großer Liebe ist er vom Himmel gekommen, und ist nicht ein Engel, nicht eine Sonne, noch sonst ein Stern, sondern aus großer Menschenliebe ein Mensch geworden. Aus großer Liebe stirbt er für uns, und erlöset uns vom Tode, vom Teufel, und von der Hölle. Aus großer Liebe giebt er uns im heiligen hochwürdigen Abendmahl seinen Leib zu essen und sein Blut zu trinken, daß er in uns wohne, und wir in ihm. Aus großer Liebe ist er mit seinen heiligen Engeln bei uns gegenwärtig, und beschirmet uns gegen den Teufel und seinen Anhang. Aus großer Liebe schenkt er uns seinen heiligen Geist. Aus großer Liebe läßt er uns rufen zur himmlischen Hochzeit, und aus großer Liebe macht er uns selig.
»Das hat Er Alles uns gethan, sein' groß Lieb' zu zeigen an,« und das ewige Leben unter uns zu bringen, welches ist ein Leben der inbrünstigen feurigen Liebe, daß wir mit ihm und allen heiligen Engeln im Himmelreich sollen leben in eitel heiliger Liebe, ewiger Liebes-Freude, Liebes-Wonne, Liebes-Klarheit und Liebes-Herrlichkeit. Es ist also das ewige Leben ein Geschenk und Gabe der großen Liebe Gottes. Es quillt und fließt her aus ewiger Liebe, es bestehet in eitel reiner Liebe, und es wird bleiben in alle Ewigkeit ein Leben der Liebe. Und es ist die große, unermeßliche Menschen-Liebe, Freundlichkeit und Leutseligkeit unseres Gottes an keinem Dinge so prächtig und mächtig zu erkennen noch zu spüren, als an dem ewigen Leben, dazu er uns aus großer Liebe geschaffen, aus großer Liebe erlöset und aus großer Liebe wiedergeboren hat, und läßt es sein ein Leben der ewigen Liebe. –