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Philippine; Vorige
Philippine (zur Mitte eintretend) Madame, die Frau von Fischer is da, sie will aber nicht herein, weil Herren da sind.
Christopherl (für sich) Jetzt geht's z'samm'!-
Weinberl (ganz verblüfft) Wer is da –?
Madame Knorr Ihre liebe Frau. (Zu Philippine.) Sie soll nur hereinkommen, es is ja ihr Gemahl –
Weinberl (verlegen) Nein, sagen Sie ihr –
Madame Knorr Zu was diese Sachen? (Zu Philippine.) Sie soll kommen, ihr Gemahl, ihr lieber Geist is da.
(Philippine geht zur Mitte ab.)
Weinberl (in großer Verlegenheit, für sich) Ich wollt', ich wär' ein Geist, daß ich verschwinden könnt'.
Madame Knorr Ich begreif' nicht – wozu diese Zurückhaltung, dieses geheimnisvolle Wesen –?
Weinberl Meine Frau, die hat das, Sie werden sehn, sie wird jetzt noch tun, als ob ich ihr ein fremder Mensch wär'.
Christopherl (für sich) Ja, sie wird so dergleichen tun.
Madame Knorr Am End' is sie obstinat und bleibt draußten.
Weinberl (für sich) Das wär' a Glück! –
Madame Knorr Da muß ich gleich – wär' nicht übel! – (Geht zur Mitteltüre.)
Weinberl (zu Christopherl) Ich bin sehr gespannt auf meine Frau.
Madame Knorr (Frau von Fischer unter der Türe empfangend) Nur her da, komm' in meine offenen Arme, du Verschlossene!
Frau von Fischer (tritt befremdet zur Mitte ein); Die Vorigen
Philippine (zu Frau von Fischer) Jetzt sehn Sie, daß ich kein' Spaß hab' g'macht.
Madame Knorr Nein, es is Ernst, da steht er, dein Gemahl, der Herr von Geist –
Frau von Fischer Mein Gemahl –? Und er hat dir selbst gesagt –?
Madame Knorr Daß du seit drei Tagen die Seinige bist – jetzt nutzt keine Verstellung mehr. – (Zu Philippine.) Philippine, lassen Sie g'schwind Kaffee machen und dann soll – (gibt ihr leise mehrere Aufträge.)
(Frau von Fischer betrachtet Weinberl scharf. Weinberl zieht sich verlegen immer mehr links zur Seite.)
Frau von Fischer (nach einer Pause vortretend, für sich) Das ist entweder eine exzentrische Art, den Anbeter machen zu wollen, oder der Mensch erlaubt sich einen Scherz mit mir; im ersten Fall verdient die Sache nähere Erwägung, im zweiten Fall verdient die Keckheit Strafe; in jedem Fall aber muß ich ins klare kommen, und das kann ich am besten, wenn ich in seine Idee einzugehen scheine, vor meiner Freundin seine Frau spiele und die Gelegenheit abwarte, ihn in die Enge zu treiben.
Philippine (zu Madame Knorr) Schon recht, Madame! – (Geht zur Mitte ab.)
Madame Knorr (zu Frau von Fischer) Und jetzt zu dir, du garstige Freundin –
Weinberl (leise zu Christopherl) Die garstige Freundin ist eigentlich sehr sauber.
Christopherl (leise zu Weinberl) Was nützt das, wir kommen doch in eine wilde G'schicht'. –
Madame Knorr (zu Frau von Fischer) Wie hast du das übers Herz bringen können, zu heiraten, ohne daß ich was weiß?
Frau von Fischer Es war ein Grund – den dir mein lieber Mann sagen wird.
Weinberl (verblüfft für sich) Sie sagt »lieber Mann« – sie tut richtig so –
Madame Knorr Nun, Herr von Geist?
Weinberl (verlegen) O, den Grund, den kann Ihnen meine liebe Frau ebensogut sagen.
Frau von Fischer Nein, lieber Mann, sag' du es nur.
Weinberl (wie oben) Ah, geh, liebe Frau, sag' du's!
Frau von Fischer Es war eine Laune von meinem lieben Mann –
Weinberl (sich mehr und mehr fassend) Und zugleich auch eine Laune von meiner lieben Frau –
Madame Knorr Es is aber unerklärbar –
Weinberl Daß zwei Leut' wie wir bei Laune sind, das is gar nicht unerklärbar.
Madame Knorr Die Bekanntschaft muß aber doch schon viel länger –
Frau von Fischer Ach, das nicht, wir kennen uns erst sehr kurze Zeit.
Weinberl Unglaublich kurz! Die G'schicht' war so über Hals und Kopf.
Christopherl (leise zu Weinberl) Jawohl is s' uns über 'n Hals kommen, den Kopf aber heißt's jetzt aus der Schlinge ziehn.
Madame Knorr Da kann man sehen, die Ehen werden im Himmel geschlossen.
Weinberl Richtig bemerkt, im Himmel werden s' geschlossen, darum erfordert dieser Stand auch meistens eine überirdische Geduld.
Frau von Fischer Sehr unrichtig bemerkt, denn du hast dich hoffentlich nicht über mich zu beklagen.
Weinberl O nein! –
Frau von Fischer Hab' ich dir schon ein einziges Mal widersprochen?
Weinberl Nein, das is wahr.
Frau von Fischer (mit Beziehung) Suche ich nicht in deine Ideen einzugehn – selbst wenn ich keinen stichhaltigen Grund herausfinde?
Weinberl Das ist auch wahr! –
Christopherl (leise zu Weinberl) Das is a feine Kundschaft, fahr'n wir ab!
Weinberl (zu Frau von Fischer) Weil du mir nie widersprichst, so wirst du auch nix dagegen haben, wenn ich dich jetzt bei deiner Freundin lass' und meinen Geschäften nachgehe.
Frau von Fischer O, da würd' ich sehr viel dagegen haben. Du hast für heute kein Geschäft mehr, als für unser Vergnügen zu sorgen! Zum ersten Male muß es jetzt nach meinem Willen gehen.
Weinberl Aber ich muß –
Frau von Fischer (imponierend) Für diesmal unbedingt den Befehlen der Frau gehorchen!
Weinberl (verblüfft) Ja, ja, gehorchen, sag' nur, was du eigentlich schaffst?
Christopherl (leise zu Weinberl) Aber was treiben S' denn?
Weinberl (leise zu Christopherl) Ich trau' mich nicht zu widersprechen.
Christopherl (wie zuvor) Zwei Minuten stellen S' jetzt ein' Ehmann vor und sind schon Simandl, Sie haben eine großartige Anlag'.
Madame Knorr (welche leise mit Frau von Fischer gesprochen) Scharmant, dort fahren wir hin, der Garten is prächtig, die Bedienung ist einzig –
Frau von Fischer Mein Mann soll uns dort traktieren.
Madame Knorr Da hinaus eine Partie zu machen, das ist eine Idee von dir, die wirklich einen Kuß verdient, den dir dein Mann auch allsogleich –
Weinberl (zu Madame Knorr) Glauben Sie? Ja, ich bin der Mann, der niemandem sein Verdienst abstreiten will. Wenn Sie also der Meinung sind, daß sie ein' Kuß verdient –
Madame Knorr Ohne weiteres! (Zu Frau von Fischer.) Nur keine Umständ' g'macht vor einer Freundin!
Weinberl So geh, Gemahlin! (Küßt Frau von Fischer, welche verlegen zögert.)
Madame Knorr So seh' ich's gern von junge Eheleut'.
Weinberl (für sich) Das is ein Götterweib. (Zu Frau von Fischer.) Gemahlin, wenn du recht bald wieder eine Idee hast, die einen Kuß verdient, so gibt ich dir gleich ein paar à conto auf deine nächsten Ideen.
Madame Knorr Ein Schalerl Kaffee müssen wir aber noch trinken, eh' wir ausfahren. Der Herr Cousin kann gleich um ein Wagen gehen, und Sie (zu Weinberl) spazieren indessen (nach rechts zeigend) in mein Zimmer hinein, ich muß Ihrer Frau im Atelier draußen eine neue Form von Hauberln zeig'n, von Hauberln –! Wir werden Ihnen nicht zu lang warten lassen, Sie verliebter Gemahl, Sie. (Geht mit Frau von Fischer und Christopherl durch die Mitte ab.)
Weinberl
Weinberl Ich muß sagen, ich und die Meinige, wir leben sehr gut miteinand'. Es rentiert sich kurios, wenn man a verfluchter Kerl is. – Den Wagen wird wohl die Madame Knorr zahlen – ah, freilich, sie hat ja drum g'schickt. Übrigens, daß ich jetzt da so aus dem Stegreif einen Gemahl vorstell', das is a verruckte Idee! – Macht nix, ich bin ja nicht der einzige, es gibt mehr Leut', die verruckte Ideen haben.
1. | |
A Mann führt sein' Frau 's ganze Jahr nirgends hin, Unterhalt't sich auf andre Art, ganz nach sein' Sinn, Prätendiert aber, wenn er geht, soll s' freundlich sein, Weil s' ihm sonst den Humor verdirbt im vorhinein, Wenn er heimkommt, soll s' lächeln, recht heiter und mild, Er wird Flegel, sobald sie sich unglücklich fühlt, Sie soll höchst zufrieden sein in dieser Eh': Das is a verruckte Idee! |
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2. | |
Ein' eitle Mama hat a Tochter wie a Perl', Der Tochter ihr Amant ist a pfiffiger Kerl. So wie 'n Haushund der Dieb mit Savlati besticht, Wer'n von ihm an d' Mama a paar Flatusen gericht't, Und d' Alte is selig, die Aug'n tun ihr funkeln, »Ach Gott«, denkt s', »ich tu' meine Tochter verdunkeln, Für mich tut sein Herz nur schlagen unterm Gilet«: Das is a verruckte Idee! |
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3. | |
»Den Herrn seh' ich täglich zu Ihrer Frau gehn!« Ja wissen S', das macht nix, es is ihr Cousin.« »In der Dämmrung, da sieht man s' oft beieinand' stehn!« »Was schad't denn die Dämmrung, 's is ja ihr Cousin!« »Sie tut ihm die Hand drucken und tut ihm schön.« »Warum soll s' ihn nit drucken, 's ja ihr Cousin! Wär er nit ihr Cousin, ließ' ich ihr 'n g'wiß nit in d' Näh'« Das is a verruckte Idee! |
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4. | |
's is jetzt fast Auszeichnung, wenn man sagen kann dahier. »Mein Sohn is zwölf Jahr' und spielt gar nicht Klavier!« Wer nicht ferm Doktor-Faust-Stückeln jetzt machen kann, Sondern nur Virtuos is, den hört man kaum an, Und doch liest man »Klavierkonzert« fast alle Tag' An allen Ecken, aber im Preis geben s' dem Liszt nit viel nach, Drei Gulden Münz' für ein'n Sperrsitz, zwei Gulden Entree: Das is a verruckte Idee! |
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5. | |
's hat einer ein'n kleinen Gehalt, kommt nicht draus, Verliebt sich romantisch und rechnet sich's aus: Als a Lediger kommt mich 's Kaffeehaus hoch, Da kommt mich ja d' Frau etwas billiger noch! Denn 's Kinderernähren, meint er, wird sich schon finden. Das Rechnungsexempel is schön g'fehlt vorn und hinten, A Familie und sechshundert Gulden W. W.: Das is a verruckte Idee! |
(In die Seitentüre rechts ab.)
Eleganter Gartensalon in einem Gasthausetablissement außer der Stadt. Im Prospekt ist ein großes Fenster, links eine große Glastüre, beide nehmen beinahe den ganzen Prospekt ein, so daß man durch selbe die Aussicht in den Garten hat, wo man an mehreren Tischen Gäste sitzen sieht. Von außen, ganz nahe an dem Fenster am Prospekte, sieht man einen geschlossenen Wagen stehen, dessen Pferde in der Kulisse angenommen werden. Im Gartensalon rechts und links ein Tisch und Stuhle, links ein Fenster
Zangler, Melchior
Zangler (erzürnt in den Salon mit Melchior eintretend) Das also hier is der Ort? –
Melchior Wenn Euer Gnaden recht verstanden hab'n, was der Herr dem Kutscher zug'ruft hat –
Zangler Ob ich ihn verstanden hab'! Es war grad in dem Moment, wie er 's Wagentürl zugeschlagen hat, ich schrei': »Halt!« –
Melchior Aber man war nicht so dumm, Ihnen zu gehorchen.
Zangler Ich stürz' in mein Gasthaus –
Melchior Ich stürz' Ihnen entgegen, und nach kurzer Erklärung stürzen wir all' zwei fort, stürzen in ein' Wagen, und wenn der Wagen auch g'stürzt wär', wären wir noch nicht da. Jetzt denken Euer Gnaden, wenn Sie mich nicht hätten –
Zangler So wär' ein anderer mit mir heraus.
Melchior Es ist ein wahres Glück, daß Euer Gnaden mich haben.
Zangler Das Frauenzimmer war offenbar sie.
Melchior Und der Mann war offenbar er.
Zangler Durchgehen!
Melchior Das is klassisch!
Zangler Schändlich is es, aber ich will ihr zeigen –
Melchior Wenn eine Mündel so den Mündelgehorsam verletzt, wenn eine Nichte so die nichtigen Pflichten vergißt, da muß man –
Zangler Da muß man nicht viel reden, sondern schaun, daß man sie kriegt.
Melchior Nur kein Aufsehen! Es is ein wahres Glück, daß Euer Gnaden mich haben.
Zangler Meine Mündel will ich haben, Tölpel!
Melchior Gut, aber was täten Euer Gnaden, wenn Sie mich nicht hätten?
Zangler Einen G'scheiteren tät' ich schicken, daß er augenblicklich jeden Saal, jedes Salettel, jeden Salon, jede Salaterie durchsucht und mir die Überzeugung bringt, daß sie da sind.
Melchior Aber nur kein Aufsehen! Wir müssen zuerst –
Zangler (den Wagen vor dem Salonfester erblickend) Ha, das is der Wagen – jetzt haben wir s', sie sind da!
Melchior Das is klassisch! 's ist ein wahres Glück, daß Euer Gnaden mich haben.
Zangler (ruft) He, Kutscher! He! (Will ab.)
Melchior (ihn zurückhaltend) Schreien Sie nit so – bleib'n Sie!
Zangler Lass' Er mich, oder ich schlag' mein spanisches Rohr an Ihm ab!
Melchior Vermeiden Sie das Aufsehen! Sie entkommen uns ja nicht. Die Pferd' nehmen hier Erfrischungen zu sich, das dauert a Weil'.
Zangler (ruft noch lauter) He, Kutscher! He!
Kutscher (von außen) Was schaffen S'?
Melchior Na sehn S', er kommt schon, es is ein wahres Glück, daß Euer Gnaden mich –
Zangler (grimmig) Halt' Er 's Maul oder –
Melchior Kein Aufsehen! –