Artur Fürst / Alexander Moszkowski
Meister Robinson
Artur Fürst / Alexander Moszkowski

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Sechsundzwanzigster Nachmittag

Dietrich: Was ist denn mit euch los, Johannes und Peter? Ihr werft euch doch so zornige Blicke zu? Was habt ihr denn?

Vater: Ja, und ihr sitzt gar nicht nebeneinander, wie wir es schon die ganze Zeit über gewöhnt sind, sondern habt die ganze Breite des Tischs zwischen euch gelegt? Da muß doch etwas vorgefallen sein!

Johannes: Das ist es auch. Wir haben uns gezankt.

Peter: Wir haben uns sogar gehauen!

Dietrich: Ach du lieber Gott, warum denn?

Johannes: Wegen Robinson und Freitag. Peter sagte . . .

Peter: Nein, Johannes hat gesagt, Robinson sei häßlich, weil er nicht mit Freitag mitfahren will, wo der doch solches Heimweh hat, und ich habe gesagt, daß er recht hat, wenn er nicht unter die Wilden gehen will. Ich habe den Robinson viel zu lieb, ich will nicht, daß Johannes so über ihn denkt!

Johannes: Aber es ist doch auch nicht richtig, daß durch seine Schuld Freitags Eltern sich noch länger Sorge um ihren Sohn machen müssen.

Peter: Er hätte ja allein fahren können!

Johannes: Das wollte er doch eben nicht, weil er sich dann von Robinson hätte trennen müssen.

Peter: Wenn er fahren wollte, und Robinson ihm die Erlaubnis gegeben hatte, so mußte er es eben ohne ihn tun . . .

Vater: Um Gottes willen, Kinder, wir wollen dieses Gespräch lieber nicht weiterführen, sonst fängt die Prügelei noch einmal an, und das möchte ich doch hier vor unser aller Augen nicht gern haben. Daß ihr euch überhaupt gehauen habt, 283 will ich euch nicht allzusehr übelnehmen, denn ihr seid ja in dem Alter, wo derartige Leibesübungen wohl nicht immer zu vermeiden sind. Ich wäre sehr böse gewesen, wenn es sich bei eurem Kampf um den Besitz eines Gegenstands oder etwas Ähnliches gehandelt hätte. Diesen Streit aber um ein sittliches Motiv will ich nicht allzu tragisch nehmen und entscheiden mag ich ihn auch nicht.

Dietrich: Jedenfalls ist eure »Symbiose« vorübergehend in Stücke gegangen. Das ist sicher bei dem Zusammenleben von Robinson und Freitag niemals vorgekommen.

Vater: Um die Wahrheit zu sagen: sie waren auch nur Menschen. Gezankt haben sie sich natürlich nie, dafür stand Robinson zu sehr über Freitag, und dieser war ein Mensch mit einer guten und reinen Seele, der anbetend zu seinem Herrn aufschaute und gar nichts daran dachte, es ihm übelzunehmen, daß er den schon einmal gefaßten Plan, mit zur Wildeninsel zu fahren, nach dem Erlebnis im Boot wieder aufgegeben hatte. Dennoch möchte ich Freitag nicht als einen Engel hinstellen, und ein einziges Mal während ihres Zusammenlebens ereignete es sich wirklich, daß die beiden Insulaner böse miteinander waren.

Peter: Ach, das ist aber furchtbar interessant, Vater! Davon mußt du uns erzählen!

Vater: Das soll gern geschehen, zumal Robinson das Ereignis benutzte, um Freitag über etwas zu belehren, das diesen im höchsten Maß überraschte, und das auch für euch etwas Neues sein wird.

Peter: Ist der Freitag frech zu Robinson gewesen?

Dietrich: Das kann ich mir nicht gut denken, denn er verdankte ihm doch das Leben und all sein Wissen.

Vater: Wirklich war auch so etwas nicht die Ursache jenes Vorkommnisses, den Anlaß gab vielmehr nur eine Nachlässigkeit Freitags, die Robinson in große Aufregung versetzte. Er war nämlich eines frühen Morgens allein fortgegangen, um Apfelsinen und Salz aus dem ziemlich weit entfernten Teil der Insel zu holen, den wir ja von unseres Freundes erstem Spaziergang bereits kennen. Da er erst gegen Abend zurück sein konnte, befahl er Freitag, sorgfältig acht auf das Feuer zu geben und es ja nicht ausgehen zu lassen. Reich beladen kehrte 284 Robinson heim, und als er über die Hecke gestiegen war, fand er seinen Genossen fest schlafend vor dem Höhleneingang liegen. Mit Wohlgefallen betrachtete Robinson den schönen, schlanken Körper des jungen Manns, seine Gesichtszüge, die fast edel zu nennen waren, und dachte in seinem Innern, wieviel Glück und Freude dieser Gefährte ihm bereits gebracht, wie er niemals Anlaß zu einem Ärgernis gegeben.

Doch seine Stimmung schlug jäh um, als er die Höhle betrat. Er fand den Herd kalt, das Feuer erloschen. Welch ein Unglück! Robinson war entsetzt und fühlte einen Groll gegen Freitag in sich aufsteigen, der seine Pflicht so arg vernachlässigt hatte. Das Feuer war aus, und es wieder zu beschaffen, schien, wenn auch nicht unmöglich, so doch eine schwere Arbeit und noch dazu mit recht unsicherem Ergebnis. Denn unser Freund konnte keinesfalls darauf bauen, daß das Drachenexperiment zum zweitenmal gleich gut gelingen würde.

Peter: Na, da hat er den Freitag wohl tüchtig angeschnauzt.

Vater: Diese Form der Meinungsäußerung wendete Robinson nicht an. Ein Mensch, der so viel nachgedacht und gelernt hat wie er, pflegt bedächtiger vorzugehen. Er weckte Freitag, fragte ihn, allerdings nicht ohne Erregung, indem er auf den kalten Herd wies: »Wie konnte das geschehen? Oh Freitag, wie konntest du mir das antun!« Der Gefährte erschrak, neigte sich und sprach: »Verzeih' mir, Herr, ich wollte nur ein paar Minuten schlafen, weil ich gar zu müde war, dann bin ich aber doch nicht zur rechten Zeit aufgewacht, und da ist das Feuer ausgegangen. Sei mir nicht böse, oh Herr!« »Es ist sehr schlimm, was du da getan hast,« sprach Robinson, »nun haben wir das Feuer verloren, und wer weiß, wann wir wieder eine Flamme bekommen!« Aber Freitag zeigte sich gar nicht trostlos. »Daß ich meinen Auftrag nicht richtig erfüllt habe, Herr, ist sehr schlecht von mir, doch das Feuer wieder zu entzünden, soll mir nicht schwer fallen!« »Nun,« meinte Robinson, »wenn du das glaubst, so schaffe eine neue Flamme. Ich kann es nicht!« Da lief Freitag davon und ließ sich wohl eine Viertelstunde lang nicht sehen. Robinson war bereits ängstlich, weil er fürchtete, jener könne aus Verzweiflung 285 irgendeinen unüberlegten Schritt unternommen haben. Um so größer waren seine innere Freude und sein Erstaunen, als er den Gefährten mit einem brennenden Zweig in der Hand zurückkehren sah, den er an den frisch auf den Herd gelegten Vorrat hielt, so daß alsbald eine neue Herdflamme lustig emporflackerte.

»Wie hast du denn das angestellt, Freitag?« fragte Robinson. »Das kann jeder von uns, Herr, drüben auf der Insel. Ich habe mir einen Bohrer aus hartem Holz gemacht und durch Drehen in weichem Holz mit Zunder Feuer gemacht.« Robinson bezwang sich, seine Bewunderung darüber nicht zu äußern, daß dem einfachen Mann etwas gelungen war, worum er sich früher lange Zeit mit Schmerzen vergeblich bemüht hatte. Ihr hier wundert euch wohl nicht über Freitags glückliches Schaffen, denn ihr erinnert euch sicher dessen, was ich euch über das Feuerbohren bei den Wilden früher erzählt habe.

Johannes: Ja, das wissen wir noch ganz genau. Und nun wurde Robinson wohl wieder gut mit Freitag?

Vater: Nein, das tat er nicht. Er fühlte sich zwar nach wie vor zu dem Gefährten aufs engste hingezogen, aber er glaubte ihn doch ein wenig für seine Nachlässigkeit strafen zu müssen, weil er verhindern wollte, daß diese in einem anderen Fall bleibenden Schaden stiftete. Robinson wendete sich also ab und begab sich bald darauf zu seinem Schlaflager, ohne die übliche Abendunterhaltung mit Freitag gepflogen zu haben.

Am nächsten Morgen umgab der Malaie seinen Herrn mit noch innigerer Sorgfalt, als er es sonst zu tun pflegte. Aber Robinson blieb stumm und abgekehrt. Um die Mittagszeit konnte Freitag diesen Zustand nicht mehr ertragen. Er warf sich vor Robinsons Füßen nieder, hob die Hände zu ihm empor und sprach: »Oh Herr, du hast wohl recht, mich nicht anzuschauen! Aber sprich, was kann ich tun, um dich wieder zu versöhnen?« Auf eine solche Frage hatte Robinson gewartet und etwas ganz Besonderes als Antwort ausgesonnen. Der Vormittag war regnerisch gewesen, gerade jetzt brach die Sonne wieder ein wenig aus den Wolken, und ein prächtig leuchtender Regenbogen stand am Himmel. Auf diesen wies Robinson hin und sprach zu Freitag: »Nicht eher werde ich mit dir wieder versöhnt sein, als bis du den Regenbogen von dort oben in 286 unsere Höhle gebracht hast.« »Ach, Herr,« stammelte der Gefährte, »du willst also niemals wieder gut mit mir werden, denn du verlangst ja etwas Unmögliches!« Robinson zuckte die Achseln und ging an sein Tagewerk. Ein sorgfältiger Beobachter aber hätte sehen können, wie es schalkhaft um seine Mundwinkel zuckte.

Johannes: Siehst du, Peter, ich hatte also doch recht, daß der Robinson zum Freitag recht eklig sein kann; das ist ja ein schönes Verlangen, den Regenbogen in die Höhle zu bringen.

Dietrich: Ja, ich muß auch sagen, daß der Freitag ein bißchen schwer gestraft wird, nachdem er so schön seinen Fehler wieder gutgemacht hatte.

Peter: Na, wartet nur ab! Bei Robinson kommt's ja immer anders, als man sich denkt. Und Vater hat sicher das mit dem Zucken um die Mundwinkel nicht umsonst gesagt.

Vater: Wir wollen einmal sehen, was Robinson im Sinn hatte. Es verging der ganze Nachmittag und auch ein großer Teil des nächsten Tages, ohne daß zwischen ihm und Freitag ein Wort gewechselt wurde. Jener hatte schon ganz seine gewohnte Munterkeit eingebüßt; wie ein Schatten schlich er umher und starrte immer zum Himmel empor, als suche er wirklich ein Mittel, den Regenbogen herunterzuholen, der doch längst verschwunden war. Am späten Nachmittag machte sich Robinson in der Höhle zu schaffen, während Freitag draußen arbeitete. Schließlich rief er den Gefährten hinein. »Nimm hier den Drachen,« befahl Robinson und gab ihm jenes Gerät, das er vor Jahren zum Herabholen des Feuers benutzt hatte. »Stelle ihn vor den Eingang zur Höhle!« Freitag tat es, und es war nun fast ganz dunkel darin. Nur durch die Schornsteinöffnung fiel geringe Helligkeit, ein scharfer Lichtstrahl aber kam durch einen kleinen, schmalen Spalt, der sich seit dem Erdbeben in der einen Höhlenwand gebildet hatte. »Reiche mir jenes Glas,« befahl Robinson weiter dem Freitag, der ihn erstaunt ansah, weil er gar nicht wußte, was sich nun begeben sollte. Gehorsam nahm er das dreikantige Glasstück, auf das Robinson gewiesen hatte. »Stelle es hierher auf diesen Pfosten. So, nun kehre dich um, Freitag, blicke dorthin.« Der junge Malaie stieß einen Jubelruf aus. »Herr,« stammelte er, »Herr, welch ein Wunder!« »Was siehst du denn dort an der Höhlenwand, 287 Freitag?« fragte Robinson. »Einen . . . einen Regenbogen!« »Ja, Freitag, aber wie ist er dort hingekommen?« »Ich weiß es nicht!« »Du hast ihn selbst hingebracht, als du das Glas auf den Pfosten stelltest. Meine Forderung an dich ist also erfüllt, ich verzeihe dir nun deine Nachlässigkeit.«

Johannes: Nein, dieser Robinson! Ein größerer Zauberer ist noch nicht dagewesen!

Peter: Der Regenbogen war jetzt in der Höhle? Ja, was soll denn das bloß heißen?

Dietrich: Ich kann's mir schon denken: Freitag hatte das Prisma aus der Kiste des Ingenieurs zwischen den Lichtspalt und die Wand gestellt. Da mußte natürlich auf der Wand ein regenbogenfarbiges Spektrum entstehen.

Peter: Was für ein Ding?

Vater: Robinson war dem Freitag eine ebensolche Erklärung schuldig, wie ich sie euch wohl jetzt über den Vorgang geben muß. Er wies auf das schmale, farbenschillernde Band, das wirklich auf die dunkle Höhlenwand gezaubert war, und setzte dem Gefährten auseinander, daß jetzt in der Höhle nichts anderes vorginge als in der Natur, wenn ein Regenbogen am Himmel entsteht, nämlich eine Brechung und Zerlegung der Sonnenstrahlen. Wie im Freien durch die Regentropfen, so war auch hier durch das Prisma das weiße Sonnenlicht in die sieben prächtigen Spektralfarben Rot, Orange, Gelb, Grün, Hellblau, Dunkelblau, Violett zerlegt worden.

Johannes: All die Farben im Regenbogen entstehen aus dem Sonnenlicht? Ja, wie kann denn das sein? Das Sonnenlicht ist doch bloß weiß? Da sind die Farben doch gar nicht drin?

Vater: Das glaubte man früher auch und suchte immerfort danach, woher denn bloß die Farben in den bunten Bändern kämen, die man am Himmel und auf der Erde hinter sonnenbeschienenen Gläsern nicht selten bemerkte. Und als ein großer Mann, nämlich Newton, dessen Namen ich euch schon öfter genannt habe, nachwies, daß die Farben nicht von irgendwoher angeflogen kämen, sondern schon in den weißen Sonnenstrahlen enthalten seien, da wollte man es ihm nicht glauben. Aber die Tatsache ist nicht zu bestreiten, und ich werde sie euch nachher durch ein kleines Experiment, allerdings vom anderen Ende der 288 Sache her, beweisen. Wir wollen nämlich eine runde Pappscheibe nehmen und auf diese mit Tusche die sieben Regenbogenfarben in schmalen Abschnitten nebeneinander auftragen. Darauf werde ich die Scheibe an die Stelle der Flügel bei dem Ventilator auf meinem Schreibtisch setzen und sie rasch umlaufen lassen.

Dietrich: Ach ja, das habe ich schon in der Schule gesehen, dann sieht die Scheibe weiß aus!

Vater: Ja. Die Mischung aller Farben miteinander ergibt Weiß. Und wer das einmal gesehen hat, der wird auch leicht glauben, daß man aus einem weißen Sonnenstrahl durch Zerlegung alle Farben gewinnen kann. Er ist nämlich bloß deshalb weiß, weil eben alle Farben darin sind.

Johannes: Aber warum sieht man sie manchmal einzeln nebeneinander wie beim Regenbogen?

Vater: Das geschieht immer dann, wenn das Licht in eigentümlicher Weise gebrochen wird. Am Himmel findet diese Zerstreuung statt, wenn die Strahlen der Sonne an einer Stelle bereits durch die Wand der Regenwolken hindurchbrechen, während an einem entfernten Ort eine Wolke sich gerade in Tropfenform auflöst. Jeder einzelne Tropfen ist dann ein Strahlenbrecher, und er bricht jeden der Strahlen verschiedener Farben im Sonnenlicht anders, weil die Schwingungseigenschaften der Strahlen verschiedener Farben ungleich sind. So rückt, was sonst im Sonnenlicht zusammenliegt, nebeneinander, und statt des ursprünglichen Weiß erscheinen nebeneinanderliegende Einzelfarben.

Peter: Oh, das ist aber fein, daß wir nun wissen, wie der Regenbogen zustandekommt. Aber wie der kleine Regenbogen in Robinsons Höhle kam, das ist mir immer noch nicht ganz klar!

Dietrich: Ich kann's dir rasch erklären. Was die Regentropfen am Himmel machen, das machte da drinnen das Prisma, ein Stück Glas, das dreikantig ist und wie ein kurzer Keil aussieht. Das Licht, das durch den engen Spalt in der Höhlenwand fiel, ging hindurch, wurde gebrochen, und Freitag sah an der Wand die Spektralfarben wie beim Regenbogen.

Vater: Er schüttelte nicht wenig den Kopf vor Erstaunen, als Robinson ihm den Vorgang auseinandersetzte, und da er sehr aufmerksam zuhörte und recht gescheite Fragen stellte, 289 so dachte Robinson, er könne ihm auch noch etwas anderes klarmachen, das im Spektrum zu sehen ist. Ob Freitag diese Auseinandersetzungen Robinsons wirklich verstanden hat, scheint mir allerdings zweifelhaft, aber ihr Kinder, die ihr europäisch geschult seid und Robinsons Forschungen länger mitgemacht habt als Freitag, werdet diese Dinge leichter begreifen. Ich muß euch davon erzählen, weil es sich hier um eine der allerwunderbarsten und für die Wissenschaft wertvollsten Entdeckungen handelt, die der Menschheit jemals gelungen ist.

Worauf Robinson den Freitag hinwies, war etwas an sich wirklich herzlich Unbedeutendes. Er zeigte ihm nämlich in dem farbigen Lichtband, in dem Spektrum, ein paar dunkle Linien, acht an der Zahl, die unregelmäßig verteilt vom Beginn des Rot bis gegen das Ende des Violett zu sehen waren. »Wir haben schon oft zusammen den Sternenhimmel betrachtet, Freitag,» sagte er. »Du weißt, wie unendlich weit all die Fixsterne von uns entfernt sind. Wir können auch durch unsere besten Fernrohre nichts auf ihnen erkennen, da wir sie immer nur als leuchtende Punkte sehen. Aber nun staune, Freitag: trotzdem ist es uns ganz genau bekannt, welches die Stoffe sind, aus denen sich diese Sterne zusammensetzen. Diese dunkeln Linien im Spektrum haben es uns gelehrt.«

Johannes: Das klingt ja geradezu märchenhaft!

Vater: Und ist es auch, obgleich es der Wirklichkeit entspricht. Fraunhofer hieß der Mann, der zum erstenmal auf diese dunkeln Linien im Spektrum aufmerksam wurde. Aber erst den großen, unsterblichen Gelehrten Kirchhoff und Bunsen gelang es, in einem bescheidenen Häuschen zu Heidelberg die Brücke zwischen dem unscheinbaren Spektrum und dem gewaltigen Himmelsraum zu schlagen. Sie haben uns gelehrt, daß die Fixsterne sowohl wie die Sonne und ihre Planeten aus genau denselben Stoffen aufgebaut sind wie unsere Erde, und haben damit das große Gesetz der Einheit im Weltall bewiesen.

Johannes: Aber wie gelang das, Vater?

Vater: Sie beobachteten, daß jeder Stoff, zum Beispiel Kochsalz oder Eisen, wenn man ihn so erhitzt, daß er verdampft, eine oder mehrere bestimmte dunkle Linien im Spektrum hervorbringt, wenn man weißes Licht durch diesen Dampf fallen läßt. 290 Das gleiche ist auch bei Durchleuchtung von Gasen der Fall. Die Gelehrten versuchten nun, ob sie wohl die Stoffe herausfinden könnten, die jene acht dunkeln Linien im Sonnenspektrum hervorbringen. Und das gelang ihnen. Diese Stoffe mußten also auch auf der Sonne vorhanden sein. Später, als sie das Spektrum nicht mehr nur mit dem bloßen Auge, sondern unter dem Mikroskop betrachteten, fanden sie, daß es nicht acht, sondern viele hundert dunkle Linien enthält. Und die Erzeuger aller dieser dunkeln Linien, die Stoffe, durch welche sie hervorgebracht werden, sind allmählich sämtlich durch mühevolle Experimente auf Erden festgestellt worden. Alles, was auf der Sonne glüht, ist also in keiner Weise von dem verschieden, was wir auf der Erde besitzen. Als man dann die Spektren verschiedener Fixsterne entwarf, fand man wieder dieselben Fraunhoferschen Linien und war so imstande, auch auf jenen fernen Weltenraumseglern das Eisen und den Wasserstoff, den Schwefel und das Quecksilber nachzuweisen. Auf der Universität werdet ihr noch viel mehr über die Leistungen der Spektralanalyse hören, wie man diese Wissenschaft nennt, ich glaube aber, daß ihre Ergebnisse euch auch schon jetzt recht erstaunenswert erscheinen werden.

Peter: Ich hätte an Freitags Stelle bald wieder einmal was Nichtsnutziges gemacht!

Johannes: Wieso denn bloß?

Peter: Ja, wenn er so etwas Herrliches dadurch erfährt, da lohnt es sich schon, sich mit etwas Feuerbohren abzuquälen!

Dietrich: Na, im allgemeinen dürfte Nachlässigkeit doch wohl nicht der richtige Weg zur Belehrung gewesen sein! Besser war's doch, er bat einfach seinen Herrn, ihn zu unterrichten. Wenn er Robinson häufig geärgert hätte, würde dieser ihm wohl bald nichts mehr erzählt haben.

Vater: Ja, gerade wie ich mit meiner Erzählung aufhören würde, falls meine Herren Söhne öfter die Neigung zeigen sollten, sich zu prügeln. 291


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