Dmitri Mereschkowski
Peter und Alexej
Dmitri Mereschkowski

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II.

Auf der Newa lag neben den Flößen des Zarewitsch eine große Barke aus Archangelsk mit einer Ladung Cholmogorer Töpferwaren. Der Besitzer dieser Barke, der reiche Kaufmann Puschnikow, ein Angehöriger der Pomoren-Richtung der Raskolniki-Sekte, pflegte bei sich flüchtige Anhänger des alten Glaubens zu verbergen. Im Hinterteile der Barke befanden sich unter dem Verdeck winzige Kammern. In einer dieser Kammern wohnte Alena Jefimowna.

Alena war Bäuerin, die Frau des Moskauer Münzmeisters Maxim Jeremejew, eines geheimen Bilderstürmers. Nachdem man Fomka den Barbier, den Hauptlehrer der Bilderstürmer, verbrannt hatte, war Jeremejew nach dem unteren Wolgagebiet geflohen und hatte seine Frau verlassen. Sie selbst war halb Sektiererin und halb Rechtgläubige; sie bekreuzigte sich mit zwei Fingern, nachdem ihr ein geheimnisvoller Greis erschienen war und gesagt hatte, daß das mit drei Fingern gemachte Zeichen des Kreuzes von Gott nicht beachtet werde; aber sie besuchte rechtgläubige Kirchen und ging bei rechtgläubigen Priestern zur Beichte. Trotz der schrecklichen Gerüchte, die über Peter verbreitet wurden, glaubte sie doch, daß er ein wahrhaft russischer Zar sei, und sie liebte ihn. Sie flehte immer Gott an, daß er ihr vergönnen möchte, das Antlitz der zarischen Majestät zu schauen. Sie war auch nur zu diesem Zwecke nach Petersburg gekommen. Sie war ständig von dem einen Gedanken erfüllt: Gott um Gnade für den Zaren Peter Alexejewitsch anzuflehen, daß er Buße tue, sich zum Glauben seiner Väter bekehre und die Leute des alten Glaubens nicht mehr verfolge und daß auch diese ihrerseits sich mit der rechtgläubigen Kirche vereinigten. Alena verfaßte ein eigenes Gebet um die Vereinigung der beiden Kirchen, das sie sogar ihrem Beichtvater vorlegen wollte. Sie wagte es aber nicht zu tun, weil es »gar zu schlecht geschrieben war«. Sie zog von einem Kloster zum andern; sie mietete im Himmelfahrtskloster eine Nonne, daß sie sechs Wochen lang in der Kirche der Kasanschen Muttergottes Gebete für den Zaren lese; sie selbst verbeugte sich für ihn Tag für Tag zwei- bis dreitausendmal. Das alles schien ihr aber noch zu wenig, und sie erfand ein letztes verzweifeltes Mittel: sie ließ das von ihr verfaßte Gebet für den Zaren Peter Alexejewitsch und um die Vereinigung der beiden Kirchen von ihrem Neffen, dem vierzehnjährigen Knaben Wassja abschreiben, fertigte eine Decke für ein Heiligenbild an, nähte das Gebet in das Futter ein und übergab die Decke einem Popen der Mariä-Himmelfahrts-Kathedrale, ohne ihm etwas von dem verborgenen Schriftstück zu sagen.

Nach dem Gespräch auf dem Floße kehrte Alena in ihre Zelle auf der Puschnikowschen Barke zurück. Und als sie sich erinnerte, was sie in dieser Nacht über den Zaren gehört hatte, überfielen sie zum erstenmal in ihrem Leben Zweifel: ob das, was man sich über den Zaren erzählte, nicht doch wahr sei, und ob man für einen solchen Zaren von Gott Gnade erflehen könne.

Lange lag sie mit weit geöffneten Augen, in kaltem Schweiß gebadet, unbeweglich im schwülen Dunkel ihrer Kammer, schließlich stand sie auf, zündete einen kleinen Wachslichtstumpf an, stellte ihn vor das Bild der Muttergottes »Aller Leidenden Freude«, das an der Bretterwand in der Ecke ihrer Kammer hing und dem Bilde glich, das Zar Peter am Sockel der Venusstatue seinen Gästen gezeigt hatte; sie kniete nieder, machte dreihundert Verbeugungen und begann unter Tränen und Seufzern zu beten; es war dasselbe verzweifelte Gebet, das sie in die Decke für die Mariä-Himmelfahrts-Kathedrale eingenäht hatte:

»Erhöre mich, heilige Weltkirche, mit allen Cherubim und Seraphim, mit allen Propheten und Erzvätern, mit allen Heiligen und Märtyrern, mit dem Evangelium und allen heiligen Worten des Evangeliums – gedenket alle unseres Zaren Peter Alexejewitsch! Höre mich, heilige apostolische Kirche mit den allerorten verehrten Ikonen und allen kleineren Heiligenbildern, mit allen apostolischen Büchern und Lampen, und Weihrauchfässern, und Kerzen, und heiligen Decken, und geweihten Meßgewändern, und steinernen Mauern, und eisernen Grabplatten, mit allen fruchttragenden Bäumen und Blüten! Auch zu dir bete ich, du herrliche Sonne: bete zum himmlischen Zaren für den Zaren Peter Alexejewitsch! Oh du junger Mond mit den Sternen! Oh du Himmel mit den Wolken! Oh ihr Gewitterwolken mit den wilden Winden und Stürmen! Oh ihr Vögel des Himmels! Oh du blaues Meer mit den großen Strömen und den seichten Bächen und den kleinen Seen! Betet alle zum himmlischen Zaren für den Zaren Peter Alexejewitsch! Auch ihr Fische des Meeres, Vieh des Feldes, Tiere des Waldes, ihr Felder, Wälder, Berge und alles Erdgeschaffene, betet alle zum himmlischen Zaren für den Zaren Peter Alexejewitsch!«

Eine Bretterwand trennte die Kammer Alenas von einer geräumigeren Zelle, in der der alte Kornilij mit seinem Jünger Tichon lebte. Tichon hatte während des Gesprächs auf dem Floße kein einziges Wort fallen lassen, hatte aber in größerer Erregung als irgend jemand zugehört. Als alle auseinandergegangen waren, ließ sich der Alte auf einem Nachen ans Land setzen, wo er eine Besprechung mit anderen Raskolniki hatte; es handelte sich um die beabsichtigte große Selbstverbrennung vieler Tausender verfolgter Anhänger des alten Glaubens in den Wäldern von Kershenez jenseits der Wolga. Tichon kehrte allein in seine schwimmende Zelle zurück, legte sich hin, konnte aber, ebenso wie Alena in der benachbarten Kammer, nicht einschlafen und dachte über die Dinge nach, die er diese Nacht gehört hatte. Er fühlte, daß von diesen Gedanken seine Zukunft abhinge, daß ein Augenblick bevorstehe, der sein ganzes Leben wie mit einem Messer in zwei Teile trennen werde. »Ich stehe jetzt auf des Messers Schneide,« sagte er sich, »auf welche Seite ich falle, auf der bleibe ich.«

Zugleich mit der Zukunft trat vor ihn auch die Vergangenheit.

Tichon war der einzige Sohn, der letzte Sproß des einst berühmten, aber längst in Ungnade gefallenen und heruntergekommenen Geschlechtes der Fürsten Sapolskij. Seine Mutter war an seiner Geburt gestorben, sein Vater, ein Hauptmann der Strelitzen, hatte am Aufstand dieser letzteren teilgenommen und war für die Miloslawskijs, für das alte Rußland und den alten Glauben gegen Peter eingetreten. Bei dem Prozeß im Jahre 1698 war er verurteilt, in den Folterkammern des Dorfes Preobrashenskoje gefoltert und auf dem Roten Platze im Kreml hingerichtet worden. Auch alle seine Verwandten und Freunde wurden zum Teil hingerichtet und zum Teil verbrannt. Der achtjährige Tichon blieb als Waisenknabe unter der Obhut seines alten Erziehers Jemeljan Pachomytsch zurück. Der Knabe war schwach und kränklich; er litt an Anfällen, die denen der Fallsucht glichen; am Vater hing er mit leidenschaftlicher, zarter Liebe. Der Erzieher war um die Gesundheit des Knaben besorgt und verheimlichte vor ihm daher den Tod des Vaters; er sagte ihm, der Vater sei geschäftlich auf sein fernes Erbgut im Ssaratowschen verreist. Aber der Knabe weinte und grämte sich, schlich wie ein Schatten in dem großen öden Hause umher und witterte Unheil. Endlich hielt er es nicht aus. Als er sah, daß alle seine Fragen vergebens waren, floh er eines Tages aus dem Hause, um in dem Kreml, wo ein Onkel von ihm lebte, zu gelangen und ihn über den Vater zu befragen. Der Onkel war aber nicht mehr am Leben: er war zugleich mit Tichons Vater hingerichtet worden.

Am Spasskij-Tore des Kremls begegnete der Knabe einem Zuge großer Leiterwagen, die mit den halbnackten Leichen der hingerichteten Strelitzen vollbeladen waren. Gleich geschlachtetem Vieh, das man vom Schlachthause führt, wurden sie zu einem Massengrab, einer Schindergrube gefahren, wo man sie zusammen mit allerlei Aas und Unflat ablud: so hatte es der Zar befohlen. Aus den Schießscharten der Kremlmauern ragten Balken hervor, an denen zahllose Leichen hingen, »wie die Polti«: so heißt ein gesalzener Astrachaner Fisch, den man bündelweise in der Sonne dörrt.

Das Volk stand tagelang stumm auf dem Roten Platze und wagte es nicht, der Hinrichtungsstätte nahezukommen; es sah nur von weitem zu. Tichon drängte sich durch die Menge und sah auf der Richtstätte in Blutlachen lange dicke Balken liegen, die als Richtblöcke dienten. Die Verurteilten knieten, eng aneinander gedrängt, manchmal dreißig Mann auf einmal, nieder und legten die Köpfe auf die Balken. Während der Zar in den Gemächern zechte, aus deren Fenster er das blutige Schauspiel sehen konnte, waren seine vertrauten Bojaren, Hofnarren und Günstlinge damit beschäftigt, die Strelitzen zu köpfen. Mit ihrer Arbeit unzufrieden – die Hände der ungeübten Henker zitterten allzu sehr –, ließ der Zar einmal an den Tisch, an dem er zechte, zwanzig Verurteilte bringen und köpfte sie mit eigener Hand unter den Hochrufen der Zechgenossen und zu den Klängen der Musik: er leerte ein Glas und hieb einen Kopf ab; Glas auf Glas, Hieb auf Hieb; der Wein und das Blut flossen zusammen, der Wein vermengte sich mit dem Blute.

Tichon sah auch den in Form eines Kreuzes erbauten Galgen, der für die aufrührerischen Strelitzen-Popen bestimmt war; mit ihrer Hinrichtung war der Narrenpatriarch Nikita Sotow in eigener Person beschäftigt. Er sah eine Menge Folterräder mit den an sie gebundenen zerfetzten Gliedern der Geräderten; eiserne Spieße und Pfähle, an denen halbverweste Köpfe steckten: Peter hatte befohlen, sie nicht eher zu entfernen, als bis sie ganz verwest waren. Ein fürchterlicher Gestank füllte die Luft. Raben kreisten in Schwärmen über dem Platz.

Der Knabe sah sich genauer einen der Köpfe an. Er hob sich dunkel und deutlich vom durchsichtigen blauen Himmel mit den zarten goldenen und rosa Wolken ab; im Hintergrunde leuchteten blendend die Kuppeln der Kathedralen des Kremls; man hörte die Abendglocken. Und plötzlich war es Tichon, als ob alles – der Himmel, die Kuppeln der Kathedralen und selbst die Erde unter ihm wankte und als ob er selbst versänke. In dem Totenkopf mit den schwarzen Löchern an Stelle der ausgelaufenen Augen, der an einem der Spieße steckte, erkannte er den Kopf seines Vaters. In diesem Augenblick erklang Trommelwirbel. Um die Ecke zog eine Kompagnie des Preobrashenskij-Regiments, die Leiterwagen mit neuen Opfern eskortierte. Die Verurteilten saßen in weißen Hemden, brennende Kerzen in der Hand, mit ruhigen Gesichtern da. An der Spitze ritt ein Mann von Riesenwuchs. Auch sein Gesicht war ruhig, aber erschreckend. Es war Peter. Tichon hatte ihn vorher niemals gesehen: jetzt erkannte er ihn aber sofort. Und dem Knaben kam es vor, als ob der tote Kopf seines Vaters mit den leeren Augenhöhlen dem Zaren gerade in die Augen blickte. Im gleichen Augenblick verlor er die Besinnung. Die vom Schreck ergriffene, zurückflutende Menschenmenge hätte den Knaben erdrückt, wenn ihn nicht ein Greis, ein gewisser Grigorij Talitzkij, ein alter Freund Pachomytschs, bemerkt hätte. Er hob ihn auf und trug ihn nach Hause. In dieser Nacht hatte Tichon einen so heftigen Anfall von Fallsucht, wie nie zuvor. Es war noch ein Wunder, daß er am Leben blieb.

Grigorij Talitzkij, ein unbekannter und armer Mensch, verdiente sich sein Brot durch Abschreiben alter Bücher und Handschriften; er war einer der ersten, die die Ansicht vertraten, daß Zar Peter der Antichrist sei. Er wurde später beim Prozeß angeklagt, »in seinem großen Eifer gegen den Antichrist und in seiner wahnsinnigen Angst dem Volke böse Worte zur Beschimpfung und Schmähung des Zaren zugerufen« zu haben. Er verfaßte eine Schrift »von der Ankunft des Antichrist in die Welt und vom Jüngsten Tag« und hatte die Absicht, sie drucken zu lassen und »unentgeltlich ins Volk zu werfen«, um es gegen den Zaren aufzuwiegeln. Grigorij besuchte häufig Pachomytsch und sprach mit ihm über den Zar-Antichrist und über die letzten Zeiten. Auch der alte Kornilij, der damals in Moskau lebte, nahm an diesen Gesprächen teil. Der kleine Tichon lauschte den Gesprächen der drei Greise, die in der Dämmerung im verödeten Hause zusammenkamen und wie drei unheildrohende Raben krächzten: »Es naht das Ende, böse Zeiten sind angebrochen, schwere Jahre haben begonnen; es gibt keinen wahren Glauben mehr, es gibt keine steinerne Mauern, keine festen Säulen mehr, der christliche Glaube ist zugrunde gerichtet. Und am letzten Tage wird der Antichrist kommen, die Erde wird sich entzünden und unserer großen Sünden wegen sechzig Ellen tief ausbrennen.« Sie sprachen von der Erscheinung »eines gewissen gräßlichen und schrecklichen roten Drachens, der während des Gottesdienstes in den nikonianischen Kirchen kriechend und zischend auf den Schultern der Bischöfe statt des heiligen Omophoriums hinge; oder des Nachts sich um die Mauern des Zarengemachs winde, den Kopf mit dem Rüssel in das Gemach hineinstecke und dem Zaren ins Ohr flüstere«. Und die traurigen Gespräche gingen in Gesänge über, die noch trauriger waren:

Also spricht der Himmelskönig Christus:
Oh, ihr Menschen, meine lieben Kinder,
Flieht in Wüsten und in dunkle Wälder,
Flieht in Höhlen und in öde Schatten,
Und verscharrt euch, meine lieben Kinder,
Tief in gelben Sand und graue Asche.
Doch ihr sterbet nicht: ihr werdet leben
Ewig und das Himmelreich gewinnen!

Mit besonderer Gier lauschte Tichon den Erzählungen von den geheimen Klöstern in den Urwäldern und Sümpfen jenseits der Wolga, von der unsichtbaren Stadt Kitesh am See Swetlojar. Dieser Ort erscheint als öder Wald. Es gibt dort aber Kirchen, Wohnhäuser, Klöster und viele Leute. In Sommernächten hört man auf dem See Glockengeläute und sieht die goldenen Kirchenkuppeln sich in seinem klaren Wasser spiegeln. Dort ist in Wirklichkeit das Himmelreich auf Erden: Ruhe, Stille und ewige Freude; die heiligen Väter blühen dort wie die Lilien, wie Zypressen und Dattelpalmen, wie kostbare Perlen und wie die Sterne des Himmels; ihren Lippen entströmt unaufhörlich ein Gebet zu Gott, wie süßer Wohlgeruch und wie auserlesener Weihrauch: und wenn die Nacht anbricht, kann man ihr Gebet sehen; es erscheint als eine flammende Säule mit Funken; und das Licht ist so stark, daß man dabei ohne Kerze lesen und schreiben kann. Der Herr hat sie lieb und bewacht sie wie seinen Augapfel, indem er sie unsichtbar mit seiner Hand bis an das Ende der Zeiten bedeckt. Sie werden von der Traurigkeit und dem Gram der Zeit, wo das Tier erscheinen wird, nichts zu spüren haben; Tag und Nacht trauern sie nur über uns Sünder – über unsern Abfall und den Abfall des ganzen russischen Reiches, das vom Antichrist beherrscht wird. Ein einziger, von allen möglichen Wundern und Schrecken umgebener Pfad führt durch das Waldesdickicht zu der unsichtbaren Stadt; es ist der Pfad des Tatarenchans Batyj, und niemand kann diesen Pfad finden, wenn ihn nicht Gott selbst zu der stillen Zufluchtsstätte geleitet.

Tichon lauschte diesen Erzählungen und sehnte sich nach den Urwäldern und Wüsten. Mit unsagbar süßer Trauer sprach er dem Pachomytsch das alte Gedicht vom jungen Einsiedler, dem Zarewitsch Jossafij nach:

Oh, liebliches Mütterchen Wüste!
Will gehen durch Wälder und Sümpfe,
Will ziehen durch Berge und Höhlen
Und mir eine Hütte erbauen.
Ich will mich ergehen, ich junger
Zarewitsch Jossafij, im Freien,
Im Schatten der grünenden Eichen.
Der Kuckuck im Walde wird rufen,
Mit lieblicher Stimme mich lehren.
In dir sind, oh, Mütterchen Wüste,
Die faulenden Wurzeln der Bäume
Mir süß wie die Speise des Himmels;
Des Baches kaltrieselndes Wasser –
So labend wie süßester Honig.

Tichon hatte von seiner frühesten Kindheit an, von Zeit zu Zeit, besonders aber vor seinen Anfällen ein seltsames Gefühl, das keinem anderen glich, unerträglich drückend und zugleich ungewöhnlich süß und immer neu und zugleich längst vertraut war. In diesem Gefühl lag eine Angst, ein Erstaunen und eine Erinnerung an irgendeine andere Welt; aber mehr noch Neugierde und der Wunsch, daß das, was geschehen mußte, bald eintreffe. Er sprach niemals und mit keinem Menschen über dieses Gefühl; er hätte es auch gar nicht mit Worten ausdrücken können. Als er älter wurde und bewußt zu denken anfing, floß dieses Gefühl in ihm mit dem Gedanken an das Weltende und an die Wiederkunft Christi zusammen.

Es kam vor, daß ihn das unheildrohendste Krächzen der drei Greise ganz kalt ließ, während etwas Zufälliges und Flüchtiges – eine Farbe, ein Laut, ein Geruch – in ihm dieses Gefühl mit plötzlicher Kraft weckte. Sein Haus befand sich in dem jenseits der Moskwa gelegenen Stadtteile, am Abhange der Sperlingsberge; der Garten endete über einem Abgrunde, von wo aus man ganz Moskau überblicken konnte: die Masse der schwarzen, niederen Hütten und aus roh behauenen Balken gezimmerten Häuser, die an ein Dorf erinnerten, und über ihnen die weißen Mauern des Kreml und die zahllosen goldenen Kirchenkuppeln, von diesem Abhange aus betrachtete der Knabe oft jene wunderbaren und grauenerregenden Sonnenuntergänge, wie sie zuweilen im stürmischen Spätherbst vorkommen. In den mattblauen, lila, schwarzen, oder lodernd roten wie blutenden Wolken sah er bald den Riesendrachen, der sich um Moskau wand; bald das Tier mit den sieben Häuptern, auf dem die große Buhlerin mit dem Becher voll Greuel und Unsauberkeit saß; bald die Heere der Engel, die die Teufel verfolgten und sie mit flammenden Pfeilen verwundeten, so daß Ströme von Blut über den Himmel flossen; bald das strahlende Zion, die unsichtbare Stadt, die in Herrlichkeit des kommenden Heilands auf die Erde herabsteigt. Es war, als ob am Himmel in geheimnisvollen Zeichen schon das in Erfüllung ginge, was sich dereinst auf Erden erfüllen sollte. Und den Knaben ergriff die ihm so vertraute Vorahnung des Endes. Auch einige alltägliche Dinge weckten in ihm das gleiche Gefühl; der Geruch des Tabaks, der Anblick des ersten russischen Buches, das auf Befehl Peters in Amsterdam mit den neuerfundenen »bürgerlichen Lettern« gedruckt war; der Anblick gewisser Aushängeschilder an den neuen Kaufläden in der Deutschen Vorstadt; eine eigentümliche Art von Perücken mit komischen langen Locken, die an die Schläfenlocken der Juden oder an Hundeohren erinnerten; der eigentümliche Ausdruck der altrussischen Gesichter, die bisher bärtig, seit kurzem aber rasiert waren. Die Beamten ergriffen eines Tages an der Stadtgrenze den achtzigjährigen Jeremejitsch, der bei ihnen im Garten als Imker lebte, rasierten ihm gewaltsam den Bart weg und stutzten nach vorgeschriebenem Maße, bis an die Knie die Schöße seines Kaftans. Als der Greis heimkehrte, weinte er wie ein Kind; bald darauf erkrankte er und starb vor Kummer. Tichon liebte den Alten und hatte mit ihm Mitleid. Als er aber den weinenden Greis lautlos und in zugestutztem Kaftan sah, konnte er sich des Lachens nicht enthalten; sein Lachen klang aber so seltsam und unnatürlich, daß Pachomytsch fürchtete, er werde einen Anfall bekommen. In diesem Lachen lag das Grauen des Endes. Einmal im Winter erschien am Himmel ein Komet – ein Schweifstern, wie ihn Pachomytsch nannte. Der Knabe hatte großes Verlangen, den Stern zu sehen, wagte aber nicht, ihn anzublicken; er wandte sich weg und schloß die Augen, um ihn nicht zu sehen. Er erblickte ihn aber doch einmal zufällig, als sein Erzieher ihn eines Abends auf den Armen durch ein schneeverwehtes Gäßchen zur Badestube trug. Am Ende des Gäßchens, zwischen den schwarzen Hütten, die aus dem weißen Schnee ragten, leuchtete tief unten am Rande des schwarzblauen Himmels ein großer, durchsichtiger, zarter Stern, der etwas schief stand, als wollte er in die grenzenlosen Weltenräume entfliehen. Der Stern war gar nicht schrecklich; er kam ihm so verwandt, vertraut und lieb vor, daß er sich an ihm gar nicht satt sehen konnte. Das vertraute Gefühl ließ sein Herz sich stärker als je vor unerträglichem Entzücken und Grauen zusammenkrampfen. Er strebte mit allen seinen Gliedern dem Stern zu, als ob er mit einem zarten verschlafenen Lächeln aus dem Schlafe erwachte. Im gleichen Augenblick spürte Pachomytsch ein schreckliches Zucken im Körper des Kindes. Der Knabe stieß einen gellenden Schrei aus. Das war sein zweiter epileptischer Anfall.

Als er sechzehn Jahre alt geworden war, wurde er, wie die anderen Söhne adliger Familien, in die »Schule der mathematischen und Navigations-, d. h. Seefahrerwissenschaften und Künste« gesteckt. Die Schule befand sich im Ssucharew-Turm, in dem der General Jakob Bruce, den man allgemein für einen Zauberer und Magier hielt, seine astronomischen Studien trieb; eine scheeläugige Alte, die an der Zweiten Mjestschanskaja-Straße Äpfel verkaufte, wollte gesehen haben, wie Bruce in einer Winternacht von seinem Turm aus, auf dem Fernrohr reitend, zum Mond emporgeflogen war. Pachomytsch hätte das Kind um nichts in der Welt in eine so verruchte Schule gegeben, wenn man die Kinder nicht mit Gewalt den Eltern und Erziehern entrissen hätte.

Die widerspenstigen Landjunker, die man unter militärischer Bewachung von ihren Gütern, wo sie sich verborgen hielten, brachte, und die zuweilen schon verheiratet waren, die dreißig- und oft sogar vierzigjährigen Schüler saßen auf der gleichen Bank mit den wirklichen Kindern und lernten aus einem und demselben Buche mit einem Titelbilde, das einen Lehrer mit einem großen Rutenbündel darstellte, der einen über die Bank gelegten Schüler strafte, und der Unterschrift: »Jeder Mensch lerne in der Stille.« Alle Fibeln waren mit Versen über Ruten geschmückt:

Segne, Gott, des Waldes Herrlichkeit,
Weil er Ruten zeugt für allezeit.
Für die Jungen sind die Birkenruten nütze,
Für die Alten – Eichenstecken eine Stütze.

Ein Befehl des Zaren schrieb vor: »Aus der Garde sind gute ausgediente Soldaten zu wählen, die in jedem Klassenzimmer während des Unterrichts mit einer Gerte in der Hand anwesend sein müssen. Und wenn einer der Schüler sich ungebührlich benimmt, so ist er mit der genannten Gerte zu bestrafen, ganz gleich, aus welcher Familie er stammt.«

Aber wie sehr man sich auch bemühte, die Köpfe der Zöglinge mit Wissenschaften vollzustopfen, – bei den Jungen mittelst Ruten und Gerten, bei den Erwachsenen mittelst Peitschen und Stöcken, lernten doch alle gleich schlecht. In Augenblicken der Verzweiflung sangen die Zöglinge das »babylonische Klagelied«. Die Älteren begannen mit ihren vom Trinken heiseren Stimmen:

In der Schule ist das Leben eine Qual,
Denn man prügelt uns am Tage siebenmal.

Die Kleinsten fielen mit hohen Diskantstimmen ein:

        Oh weh, alleweile, –
        Immer gibt's Keile!

Und die Diskanten und die Bässe vereinigten sich zu einem Chor:

Mit den Ruten auf die Hände,
Mit dem Stocke auf die Lende,
Hiebe, Hiebe ohne Zahl,
Nimmer endet diese Qual.
Lernt dabei Geometrie,
Doch zu essen gibt es nie.
        Oh weh, alleweile,
        Immer gibt's Keile!

Auch die Tinte macht uns Schmerzen,
Sie vergiftet uns die Herzen.
Gänsefeder und Papier
Können uns ermorden schier.
Selbst den Kräftigsten der Recken
Bringt die Schule zum Verrecken.
        Oh weh, alleweile,
        Immer gibt's Keile!

Tichon hätte in dieser Schule wohl nichts gelernt, wenn nicht einer der Lehrer, der Königsberger Pastor Glück, auf ihn aufmerksam geworden wäre. Nachdem er die russische Sprache von einem entlaufenen polnischen Mönch einigermaßen erlernt hatte, ging Glück nach Rußland, um »die Moskauer Jünglinge als einen weichen und sich zu jeder Gestalt formen lassenden Ton« zu bilden. Bald verzweifelte er aber weniger an den Jünglingen selbst als an der russischen Methode, »sie wie Zigeunerpferde zu dressieren«, und ihnen die Wissenschaft mittels Peitschen einzupauken. Glück war ein kluger und guter Mensch, aber ein Trinker. Er trank eigentlich nur aus Kummer darüber, daß ihn nicht nur die Russen, sondern auch seine deutschen Landsleute für verrückt hielten. Er arbeitete an einem wahnsinnigen Werke, an einem Kommentar über die Kommentare Newtons zu der Apokalypse, in denen alle christlichen Offenbarungen vom Weltende durch die genauesten astronomischen Berechnungen auf Grund der Gravitationsgesetze bestätigt wurden, die in den kürzlich erschienenen Newtonschen »Philosophiae Naturalis Principia Mathematica« dargelegt waren.

Glück entdeckte in seinem Schüler Tichon eine ungewöhnliche Begabung für die Mathematik und gewann ihn lieb wie einen eigenen Sohn.

Der alte Glück war in der Tiefe seiner Seele noch ein Kind. Mit Tichon sprach er, besonders wenn er etwas angeheitert war, wie mit einem Erwachsenen und seinem einzigen Freund. Er erzählte ihm von den neuesten philosophischen Lehren und Hypothesen, von der »Magna Instauratio« Bacons, von der geometrischen Ethik Spinozas, von den »Wirbeln« Descartes, von den Monaden Leibnizens, mit der größten Begeisterung aber von den großen astronomischen Entdeckungen des Kopernikus, Kepler und Newton. Der Knabe konnte vieles nicht verstehen, lauschte aber diesen Erzählungen von den Wundern der Wissenschaft mit der gleichen Neugierde wie den Gesprächen der drei Greise von der unsichtbaren Stadt Kitesh.

Pachomytsch hielt die ganze Wissenschaft der Deutschen, besonders aber die »Sterndeuterei« für gottlos.

»Der verruchte Kopernikus«, pflegte er zu sagen, »will es mit dem Herrn aufnehmen: er will die schwere Erde aus dem Zentrum des Weltalls in die Luft heben. Er allein lebt in dem närrischen Wahn, daß die Sonne und die Gestirne stille stehen und die Erde sich drehe, was der Heiligen Schrift widerspricht. Die Theologen lachen darüber.«

»Die wahre Philosophie«, sagte dagegen Pastor Glück, »ist für den Glauben nicht nur nützlich, sondern auch notwendig. Viele Kirchenväter haben in den philosophischen Wissenschaften sehr schöne Leistungen gezeigt. Die Kenntnis der Natur steht mit den christlichen Leistungen nicht im Widerspruch; wer sich um die Erkenntnis der Natur bemüht, der kennt auch Gott und hat vor ihm Ehrfurcht; physikalische Erörterungen über die Schöpfung dienen zur Verherrlichung des Schöpfers, wie es auch in der Schrift heißt: Die Himmel erzählen die Ehre Gottes.«

Tichon hatte aber das dunkle Gefühl, daß diese angebliche Übereinstimmung zwischen Wissenschaft und Glauben auch für Glück selbst durchaus nicht so einfach und klar sei, wie er glaube oder sich zu glauben bemühe. Nicht umsonst kam es manchmal vor, daß der angeheiterte Alte nach einem gelehrten Selbstgespräch über die Unzahl der Welten und über die Unergründlichkeit der kosmischen Räume die Anwesenheit des Schülers vergaß, seinen kahlen Kopf mit der auf die Seite gerutschten Perücke, der weniger vom Wein als von schwindelnden metaphysischen Gedanken schwer war, wie erschöpft auf den Tischrand legte und stöhnend den berühmten Ausspruch Newtons wiederholte:

»Oh Physik, rette mich vor der Metaphysik!«

Einmal fand Tichon – er war schon neunzehn Jahre alt, stand vor der Beendigung der Schule und konnte gut lateinisch lesen – zufällig auf dem Arbeitstische seines Lehrers die von diesem aus Holland mitgebrachte handschriftliche Sammlung der Briefe Spinozas und las die ersten Zeilen, die ihm in die Augen fielen: »Die Eigenschaften des Menschen und Gottes haben ebensowenig miteinander zu tun, wie das Sternbild des Hundes mit dem bellenden Tiere, das wir Hund nennen. Wenn das Dreieck zu reden verstünde, so würde es auch sagen, daß Gott nichts anderes sei als ein höchst vollkommenes Dreieck; und der Kreis würde meinen, daß die göttliche Natur im höchsten Maße kreisrund sei.« In einem andern Briefe – von der Eucharistie – hieß es: »Oh törichter Jüngling! Wer hat Euch so verblendet, daß Ihr Euch einbildet, etwas Heiliges und Ewiges könne sich in Euren Eingeweiden befinden? Entsetzlich sind die Sakramente Eurer Kirche: sie widersprechen dem gesunden Menschenverstand.« Tichon schlug das Buch zu und las nicht weiter. Zum ersten Male wurde in ihm das Gefühl des Grauens vor dem Ende, das er sonst nur unter dem Einflusse äußerer Eindrücke empfand, durch einen Gedanken geweckt.

General Jakob Williamowitsch Bruce hatte im Sucharewturm eine reichhaltige Bibliothek und »ein Kabinett mathematischer, mechanischer und anderer Instrumente und Naturalien – Tiere, Insekten, Kräuter, allerlei Erze und Mineralien, ebenso Antiquitäten, alter Münzen, Medaillen, Kameen, Larven und sonstiger in- und ausländischer Kuriositäten«. Bruce beauftragte Pastor Glück mit der Anfertigung eines Kataloges und Inventars aller Gegenstände und Bücher. Tichon, der ihm dabei half, verbrachte nun ganze Tage in der Bibliothek.

An einem heiteren Sommerabend saß er ganz oben auf einer zusammenlegbaren, auf Rädern beweglichen Bibliotheksleiter vor einer Wand, die von oben bis unten mit Büchern bestellt war; er klebte Nummern auf die Buchrücken und verglich den neuen Katalog mit dem alten, unorthographischen, in dem die Titel der ausländischen Bücher mit russischen Buchstaben transkribiert waren. Durch die hohen Fenster mit in Blei gefaßten Butzenscheiben, wie man sie in alten holländischen Häusern findet, fielen Sonnenstrahlen als schräge staubige Lichtsäulen auf die funkelnden Maschinen aus Messing, auf die Himmelssphären, Astrolabien, Kompasse, Winkelmaße, Zirkel, Maßstäbe, Wasserwagen, Fernrohre, »Mikroskopien«, auf die ausgestopften Bälge verschiedener seltener Tiere und Vögel, auf einen riesigen Schädelknochen eines Mammuths, auf grauenerregende chinesische Götzen, auf herrliche Marmorantlitze hellenischer Götter, und auf die unendlichen Bücherreihen in einförmigen Leder- und Pergamenteinbänden. Diese Arbeit machte Tichon Freude. Hier, im Reiche der Bücher herrschte die gleiche anheimelnde Stille wie in einem Walde oder auf einem alten, von den Menschen verlassenen und nur von der Sonne besuchten Friedhofe. Von der Straße drang nur das Geläute der Vesperglocken, das an das Läuten der Glocken von Kitesh gemahnte, herein, und aus dem Nebenzimmer, zu dem die Türe offen stand, waren die Stimmen des Pastors Glück und Bruces zu hören. Sie saßen nach dem Abendessen rauchend und trinkend am Tische und unterhielten sich.

Tichon hatte soeben neue Nummern auf die Quart- und Oktavbände geklebt, die im alten Katalog unter Nummer 473 als »Philosophie des Franziskus Bacon in englischer Sprache in drei Bänden«, unter Nummer 308 als »Meditatio de prima Philosopha von Descartes in holländischer Sprache« und unter Nummer 532 als Mathematical Elements der Philosophie naturalis von Isaak Newton« verzeichnet waren. Als er diese Bände auf das Brett zurückstellte, fand er in der Tiefe des Faches einen alten, von Mäusen zerfressenen Oktavband unter Nummer 461: »Leonardo da Vinci, Traktat von der Malerei, in deutscher Sprache«. Es war die erste, zu Amsterdam im Jähre 1582 erschienene deutsche Übersetzung des »Trattato della pittura«. Dem Buche war ein Holzschnittbildnis Leonardos beigelegt. Tichon betrachtete das seltsame und fremde Gesicht, das ihm aber zugleich so bekannt vorkam, als ob er es schon einmal im Traum gesehen hätte, und dachte sich, daß auch Simon der Zauberer, der in der Luft fliegen konnte, ein ebensolches Gesicht gehabt haben müsse.

Die Stimmen im Nebenzimmer wurden lauter. Bruce stritt über etwas mit Glück; sie sprachen deutsch. Tichon hatte diese Sprache vom Pastor erlernt. Einzelne Worte ihres Gesprächs setzten ihn in Erstaunen; er begann neugierig zu lauschen, immer noch das Buch Leonardos in der Hand haltend.

»Warum wollen sie es, Verehrtester, nicht einsehen, daß Newton nicht bei voller Vernunft war, als er seine Kommentare zur Apokalypse schrieb?« sagte Bruce. »Er gesteht es übrigens auch selbst in seinem Briefe an Bentley vom 13. September 1693 ein: ›Ich habe den Zusammenhang meiner Gedanken verloren und vermisse die frühere Kraft meines Geistes.‹ Mit einem Wort, er war von Sinnen.«

»Exzellenz, ich würde es vorziehen, mit Newton verrückt, als mit der ganzen übrigen zweibeinigen Kreatur vernünftig zu sein!« rief Glück aus und leerte sein Glas auf einen Zug.

»Über den Geschmack soll man nicht streiten, lieber Pastor,« fuhr Jakob Williamowitsch fort und lachte trocken, scharf, gleichsam hölzern. »Das Merkwürdigste aber ist: zu derselben Zeit, als Sir Isaak Newton an seinen Kommentaren schrieb, haben an einem anderen Ende der Welt, nämlich hier in diesem Moskowien, wilde Fanatiker, die sich Raskolniki nennen, ebenfalls Kommentare zur Apokalypse verfaßt und sind dabei zu den gleichen Ergebnissen gelangt wie Newton. Von Tag zu Tag das Ende der Welt und die Wiederkunft Christi erwartend, legen sich die einen von ihnen in Särge und singen sich selbst die Totenmesse, und andere verbrennen sich. Sie werden dafür gehetzt und verfolgt; ich würde aber auf diese Unglücklichen die Worte des Philosophen Leibniz anwenden: ›Ich liebe keine tragischen Ereignisse und wünsche, daß alle Menschen auf Erden ein gutes Leben haben; was aber die Verirrungen derjenigen betrifft, die in aller Ruhe das Ende der Welt erwarten, so scheinen sie mir durchaus harmlos zu sein.‹ Ich wollte aber folgendes sagen: das Merkwürdigste ist, daß sich in diesen apokalyptischen Phantasien der äußerste Westen mit dem äußersten Osten berührt und die größte Aufklärung mit der größten Unwissenheit; woraus man vielleicht wirklich schließen könnte, daß das Ende der Welt nahe sei und wir alle bald zum Teufel gehen!«

Er lachte wieder mit seinem scharfen und trockenen Lachen und fügte etwas hinzu, was Tichon nicht hören konnte, was aber etwas sehr Freidenkerisches gewesen sein mußte, da Pastor Glück, bei dem, wie immer nach dem Abendessen, die Perücke auf die Seite gerutscht war und dem es im Kopfe rauschte, plötzlich voller Wut aufsprang, seinen Stuhl beiseite schob und aus dem Zimmer laufen wollte. Jakob Williamowitsch hielt ihn aber zurück und beruhigte ihn mit einigen gütigen Worten. Bruce war der einzige Beschützer Glücks. Er achtete und liebte ihn wegen seiner selbstlosen Liebe zur Wissenschaft. Da er aber großer Skeptiker und, wie viele behaupteten, absoluter Atheist war, konnte er den armen Pastor, diesen »Don Quichotte der Astronomie«, niemals sehen, ohne ihn zu necken und über seine unglückseligen Kommentare zur Apokalypse und seine Versuche, die Wissenschaft mit dem Glauben zu versöhnen, zu spotten. Bruce war der Ansicht, daß man sich für eines von beiden entscheiden müsse: entweder für den Glauben ohne Wissenschaft oder für die Wissenschaft ohne Glauben.

Jakob Williamowitsch schenkte Glück ein neues Glas ein und fragte ihn, um ihn zu trösten, nach den Einzelheiten der Newtonschen Apokalypse. Der Alte gab zuerst nur widerwillig Antwort, ließ sich aber nach und nach hinreißen und teilte das Gespräch Newtons mit seinen Freunden über den Kometen des Jahres 1680 mit. Als man ihn einst über diesen Kometen befragte, schlug er seine »Principia« auf und zeigte auf die Stelle, wo es hieß: »Stellae fixae refici possunt« – »Fixsterne können wieder hergestellt werden, wenn Kometen auf sie stürzen.« – »Warum haben sie dann über die Sonne nicht ebenso aufrichtig geschrieben wie über die Sterne?« – »Weil die Sonne uns näher angeht,« antwortete Newton und fügte lachend hinzu: »Für diejenigen, die mich verstehen wollen, habe ich genug gesagt!«

»Wie ein Falter, der ins Feuer fliegt, stürzt der Komet auf die Sonne,« rief Glück aus, »und von diesem Sturze wird die Sonnenhitze so sehr anwachsen, daß alles auf Erden vom Feuer vernichtet werden wird! In der Schrift heißt es: ›Die Himmel werden mit großem Krachen zergehen, die Elemente aber werden vor Hitze zerschmelzen, und die Erde und die Werke, die darinnen sind, werden verbrennen.‹ Dann werden beide Prophezeiungen in Erfüllung gehen: die des Glaubenden und die des Wissenden.«

»Hypotheses non fingo – Ich erfinde keine Hypothesen!« schloß er begeistert mit dem berühmten Ausspruche Newtons.

Tichon hörte zu, und das unheildrohende Krächzen der drei Greise, der drei Raben von einst, verband sich jetzt für ihn mit den exaktesten Ergebnissen des Wissens. Er schloß die Augen und sah vor sich das schneeverwehte enge Gäßchen, und an seinem Ende über dem weißen Schnee, zwischen den schwarzen Hütten, unten am Rande des schwarzblauen Himmels den großen, durchsichtigen, zarten Stern. Und das bekannte Gefühl ließ sein Herz sich ebenso wie in seiner Kindheit vor unerträglichem Entzücken und Grauen zusammenkrampfen. Das Buch Leonardos entglitt seiner Hand; es fiel auf das Sehrohr eines Astrolabiums, das mit großem Lärm zu Boden fiel. Glück kam hereingestürzt. Er wußte, daß Tichon manchmal Anfälle hatte. Als er ihn oben auf der Leiter zitternd und blaß sitzen sah, lief er auf ihn zu, nahm ihn in die Arme und half ihm heruntersteigen. Auch Bruce kam herbei. Mit großer Teilnahme befragten sie Tichon. Er schwieg aber: er fühlte, daß er von diesen Dingen mit niemand sprechen durfte.

»Der arme Junge!« sagte Bruce zu Glück, ihn auf die Seite nehmend. »Unser Gespräch machte ihm Angst. Sie sind hier alle so: sie denken an nichts anderes als an das Ende der Welt. Ich habe bemerkt, daß sich unter ihnen in der letzten Zeit eine besondere Art Wahnsinn wie eine ansteckende Krankheit verbreitet. Gott allein weiß, wie dieses unglückliche Volk enden wird!«

Nachdem Tichon die Schule beendet hatte, sollte er, wie alle jungen Leute aus dem Adel, in den Militärdienst treten. Pachomytsch war gestorben. Glück wollte gerade nach Schweden und England reisen, um in Bruces Auftrage neue mathematische Instrumente zu kaufen. Er machte Tichon den Vorschlag, ihn zu begleiten: Tichon, der inzwischen alle Ängste seiner Kindheit und die Warnungen Pachomytschs vergessen hatte, studierte mit immer größerer Liebe die Mathematik. Seine Gesundheit hatte sich gekräftigt, und seine Anfälle wiederholten sich nicht mehr. Eine alte Neugierde trieb ihn in fremde Länder, in das »Steckolnoje-Reich«, das für ihn fast ebenso geheimnisvoll war wie die unsichtbare Stadt Kitesh. Dank der Verwendung Bruces wurde der Navigationsschüler Sapolskij mit den andern »Russischen Kindern« auf einen Befehl des Zaren zwecks Beendigung der Studien ins Ausland kommandiert. Er kam Anfang Juni 1715 mit Glück nach Petersburg. Tichon war eben fünfundzwanzig Jahre alt geworden; er war Altersgenosse des Zarewitsch Alexej, sah aber noch fast wie ein Kind aus. In einigen Tagen sollte aus Kronschlot ein Handelsschiff abgehen, mit dem sie nach Stockholm-Stekolnoje zu fahren beabsichtigten.

Plötzlich wurde alles anders. Petersburg, das äußerlich so sehr von Moskau verschieden war, machte auf Tichon einen starken Eindruck. Tagelang irrte er in den Straßen umher, glotzte und staunte: die endlosen Kanäle und Prospekte, die auf Pfählen, die in den schwankenden sumpfigen Boden eingerammt waren, errichteten Häuser, die auf Befehl des Zaren in einer Linie stehen mußten, »so daß kein Gebäude vor oder hinter der Linie errichtet werde«, die elenden Lehmhütten in Wäldern und Einöden, nach finnischer Sitte mit Rasenstücken und Birkenrinde gedeckt, die »auf preußische Manier« erbauten Paläste von komplizierter Architektur, die langweiligen Garnisonsmagazine, Zeughäuser, Schuppen und Kirchen mit holländischen, spitz zulaufenden Türmen und Glockenspielen – alles war flach, gemein, alltäglich, zugleich aber phantastisch wie ein Traum. In den trüben frühen Morgenstunden, wenn alles in einem schmutziggelben Nebel lag, hatte er zuweilen das Gefühl, daß diese ganze Stadt zugleich mit dem Nebel emporsteigen und wie ein Traum zerrinnen würde. In der Stadt Kitesh war alles Wirkliche unsichtbar; und hier in Petersburg war im Gegenteil alles Unwirkliche sichtbar; aber beide Städte waren gleich gespensterhaft. Und wieder überkam ihn das unheimliche Gefühl, das er schon seit langer Zeit nicht empfunden hatte, das Gefühl des Grauens vor dem Ende. Es löste sich aber nicht mehr so wie früher in Wonne und Entsetzen auf, sondern bedrückte ihm die Seele mit stumpfem, endlosem Unlustgefühl. Eines Tages traf er auf dem Troitzkijplatze vor dem Kaffeehause »Zu den vier Fregatten« einen großgewachsenen Mann in der Lederjoppe eines holländischen Steuermanns. Und Tichon erkannte ihn sofort, wie damals in Moskau auf dem Roten Platze vor der Richtstätte, wo der auf dem Pfahle steckende tote Kopf seines Vaters mit leeren Augenhöhlen diesem selben Menschen gerade in die Augen blickte; es war Peter. Das schreckliche Gesicht erklärte ihm sofort auch diese schreckliche Stadt: auf beiden lag das gleiche Siegel.

Am gleichen Tage traf er den alten Kornilij; er freute sich, als ob er einen Bruder getroffen hätte, und wich nicht mehr von seiner Seite. Er nächtigte in der Zelle des Alten und verbrachte die Tage auf den Flößen und Barken in Gesellschaft der flüchtigen und sich verbergenden Leute. Er lauschte den Erzählungen vom Leben der großen Einsiedler im hohen Norden, in den Pomorischen, Onjegischen und Olonetzschen Wäldern, wo Kornilij, nachdem er Moskau verlassen, viele Jahre zugebracht hatte, und von den schrecklichen Selbstverbrennungen, bei denen oft Tausende auf einmal den Tod fanden. Kornilij zog jetzt von dort nach Kershenez jenseits der Wolga, um den »Roten Tod« zu predigen.

Tichon hatte nicht umsonst gelernt. An vieles, woran diese Menschen glaubten, glaubte er nicht mehr; und er dachte über vieles anders als sie. Doch er fühlte ebenso wie sie. Die Hauptsache, das Gefühl des Endes, hatte er mit ihnen gemein. Dinge, über die er niemals und mit niemandem gesprochen hatte, die niemand von den gelehrten Leuten verstanden haben würde, waren ihnen verständlich, und sie lebten nur für diese Dinge. Alles, was er in seiner frühesten Kindheit von Pachomytsch gehört hatte, lebte jetzt in seiner Seele mit neuer Kraft auf. Es zog ihn wieder in die Wälder und Wüsten, in die geheimen Klöster, in die »stillen Zufluchtsstätten«. Im Lichte der weißen Nächte über dem Wasserspiegel der Newa, durch das holländische Glockenspiel hindurch, glaubte er wieder das Läuten der Kirchenglocken von Kitesh zu hören. Und wieder sprach er mit quälender Trauer und Wonne den Vers über den Zarewitsch Jossafij:

Oh, liebliches Mütterchen Wüste!
Will gehen durch Wälder und Sümpfe,
Will ziehen durch Berge und Höhlen . . .

Nun mußte er sich entscheiden, eines von beiden wählen: entweder für immer in die Welt zurückkehren, um so zu leben, wie alle lebten, und dem Manne, der seinen Vater zugrunde gerichtet hatte und vielleicht auch Rußland zugrunde richten würde, zu dienen: oder die Welt für immer verlassen und Bettler, Landstreicher, einer der flüchtigen und sich verbergenden Menschen werden, »die keine bleibende Stadt haben und die zukünftige Stadt suchen«. Sollte er mit dem Pastor Glück nach Westen, nach der Stadt Stekolnoje ziehen oder mit dem alten Kornilij nach Osten, nach der unsichtbaren Stadt Kitesh? Wohin sollte er sich wenden, was sollte er wählen? Das wußte er selbst noch nicht; er schwankte und zögerte mit der letzten Entscheidung, als ob er noch immer auf etwas wartete. Aber in der letzten Nacht nach dem Gespräch vom Peter-Antichrist, das er auf dem Flosse gehört hatte, fühlte er, daß er nicht länger zögern durfte. Morgen sollte das Schiff nach Stockholm abgehen, und morgen wollte der alte Kornilij, der eine Anzeige befürchtete, aus Petersburg fliehen. Er redete Tichon zu, mit ihm zu kommen.

»Ich stehe jetzt auf des Messers Schneide,« sagte er sich wieder, »auf welche Seite ich falle, auf der bleibe ich. Man lebt und man stirbt nur einmal. Irrt man sich einmal, so kann man es nicht wieder gut machen.«

Zu gleicher Zeit hatte er aber auch das Gefühl, daß ihm die Kraft fehlte, sich zu entscheiden, und daß zwei Schicksale wie die beiden Enden einer Schlinge sich zusammenzögen, um ihn zu erdrosseln. Er stand auf und holte vom Wandbrett das handgeschriebene Buch: »Das Wort des heiligen Hyppolit von der Wiederkunft Christi« herunter. Um sich etwas zu zerstreuen, begann er beim Lichte des Lämpchens, das vor dem Heiligenbilde brannte, die Miniaturen der Handschrift zu betrachten. Auf einem dieser Bildchen saß links auf einem Throne der Antichrist in grüner Uniform des Preobrashenskijregiments mit roten Aufschlägen und Messingknöpfen, mit Dreimaster und Degen und einem Gesicht, das dem des Zaren Peter Alexejewitsch glich, und zeigte mit der Hand nach vorn. Rechts vor ihm war eine Abteilung der Preobrashenskij- und der Ssemjonawschen Garde dargestellt, die zu einem Kloster in einem dunklen Walde marschierte. Oben auf einem Berge mit drei Höhlen beteten Mönche, von blauen Teufeln angeführte Soldaten stiegen den Abhang des Berges hinauf. Unten stand geschrieben: »Dann wird er seine teuflischen Regimenter in die Berge und Höhlen und die Abgründe der Erde schicken, um die, die sich vor seinen Augen verborgen halten, zu suchen und zu ihm zu bringen, damit sie ihn anbeten.« Ein anderes Bild stellte Soldaten dar, die einige gefesselte Greise erschossen; die Unterschrift lautete: »Sie werden durch die Waffen des Satans umkommen.«

Hinter dem Bretterverschlag in der benachbarten Kammer seufzte und weinte noch immer Alena, die zum himmlischen Zaren für den Zaren Peter Alexejewitsch betete. Tichon legte das Buch weg und kniete vor dem Heiligenbilde nieder. Er konnte aber nicht beten. Ihn hatte ein Gram befallen so schwer, wie er ihn noch niemals empfunden. Die Lampe brannte aus, ihre Flamme flackerte zum letztenmal auf und erlosch. Es wurde finster. Und in der Finsternis schlich etwas zu ihm heran und griff mit einer warmen, dunklen, weichen, zottigen Tatze nach seiner Kehle. Ihm stockte der Atem. Er war ganz in kalten Schweiß gebadet. Und wieder war es ihm, als ob er flöge und in die schwarze Finsternis wie in einen gähnenden Abgrund – in den Rachen des Tieres stürzte. »Jetzt ist mir alles gleich,« sagte er sich. Und plötzlich leuchtete in seinem Bewußtsein blendend hell der Gedanke auf: es sei ganz gleich, welchen der beiden Wege er wähle, ob er nach Osten oder Westen ginge: hier wie dort, an der äußersten Grenze des Westens wie an der äußersten Grenze des Ostens gäbe es ja nur den einen Gedanken und das eine Gefühl: bald ist das Ende. »Denn gleich wie der Blitz ausgehet vom Anfang und scheinet bis zum Niedergang, also wird auch sein die Zukunft des Menschensohnes.« Und es war ihm, als ob in ihm dieser letzte verbindende Blitz schon aufzuckte, »Komm Herr Jesu!« rief er aus, und im gleichen Augenblick leuchtete am andern Ende der Zelle ein schreckliches weißes Licht auf. Dann erklang ein betäubendes Dröhnen, als ob der Himmel in Stücke ginge und zusammenstürze. Es war derselbe Blitz, der Peter so erschreckt hatte, daß er die Ikone vor dem Sockel der Venus fallen ließ. Alena hörte durch das Heulen, Pfeifen und Tosen des Sturmes hindurch einen schrecklichen unmenschlichen Schrei: Tichon hatte wieder einen epileptischen Anfall.

Er kam zu sich auf dem Hinterdeck der Barke, wohin man ihn während seines Unfalls aus der dumpfen Zelle getragen hatte. Es war am frühen Morgen. Oben leuchtete der blaue Himmel, unten schwebte ein weißer Nebel. Im Osten leuchtete durch den Nebel hindurch ein Stern, der Stern der Venus. Auf der Insel Kaiwusari, der sogenannten Petersburger Seite, auf der Großen Dworjanskaja-Straße leuchtete über der Kuppel des Hauses, in dem Buturlin, der »allertrunkenste Narrenmetropolit« wohnte, eine vergoldete Bacchusstatue in den ersten Morgenstrahlen wie ein feuerroter, blutiger Stern im Nebel; es war, als ob der irdische Stern mit dem himmlischen geheimnisvolle Blicke wechselte. Der Nebel rötete sich, wie wenn lebendiges Blut in die Körper der bleichen Gespenster gekommen wäre. Auch der marmorne Leib der Göttin Venus in der mittleren Galerie über der Newa wurde warm und rosig, wie lebendig. Die lächelte mit ihrem ewigen Lächeln der Sonne zu, als ob sie sich freute, daß die Sonne auch hier, im hyperboreischen Norden aufginge. Der Leib der Göttin war luftig und rosig wie eine Nebelwolke, und der Nebel lebendig und warm wie der Leib der Göttin. Der Nebel war ihr Leib, und alles war in ihr, und sie war in allem.

Tichon erinnerte sich seiner nächtlichen Gedanken und fühlte in seiner Seele eine ruhige Entschlossenheit: zu Pastor Glück nicht mehr zurückzukehren und mit Kornilij zu fliehen.

Die Barke, auf der er lag, war vom Sturme von ihrem Platz gerückt und stieß mit ihrem hinteren Teil an das Floß, auf dem nachts das Gespräch über den Antichrist stattgefunden hatte. Iwanuschka hatte inzwischen ausgeschlafen. Nun saß er wieder auf derselben Stelle wie in der Nacht und sang immer dasselbe Lied. Und die Musik, oder nur ein Gespenst der Musik, die vom Nebel gedämpften Töne des Menuetts:

Cupido laß den Pfeil,
Wir sind ja nicht mehr heil –

verschmolzen mit dem traurigen, gedehnten Liede Iwanuschkas, der, den Blick nach Osten, dem Anfang des Tages gerichtet, vom Westen, dem Ende aller Tage, sang:

Särge, ihr Särge aus Eichenklötzen,
Ewige Wohnungen seid ihr für alle.
Neigt sich der Tag dem Abend entgegen,
Liegt schon die Axt an der Wurzel des Baumes.
Nah, ach so nah sind die letzten Zeiten.


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