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Fünfundzwanzigstes Kapitel.

So mancher scheint zu fischen und krebst.


Joeys Verschwinden aus der Schule wurde alsbald M'Shane hinterbracht, und der Pädagog, der die Meldung in Person besorgte, konnte sich gar nicht vorstellen, wie etwas der Art sich in einem so achtbaren Institute, wie seine Vorbereitungs-Anstalt war, zutragen könnte; es war eine Epoche in seinem Dasein, auf welche er später seine Chronologie gründete, indem er alles, was sich ereignete, auf so und so viele Monate oder Wochen vor oder nach der Entweichung des jungen Master M'Shane bezog. Joeys Brief wurde natürlich überliefert, und sobald der Pädagog sich wieder entfernt hatte, traten M'Shane und seine Frau zu einer ernstlichen Beratung zusammen.

»Ich erinnere mich«, sagte Mrs. M'Shane, die weinend in einem Lehnstuhle saß – »ich erinnere mich jetzt, daß der Knabe eines Tages heraufkam und mich fragte, was man unter einem vorsätzlichen Morde verstehe, worauf ich ihm die entsprechende Auskunft gab. Auch meine ich mich jetzt erinnern zu können, daß die Leute am Tische Nr. 1., gerade neben meinem Anrichtetische, vor einiger Zeit über einen Mord sprachen, der von einem bloßen Kinde begangen wurde und über den ein langer Bericht in den Zeitungen stand. Ich bin indes überzeugt, daß Joey, wie er auch in seinem Briefe sagt, nicht schuldig ist.«

»Ich gleichfalls«, versetze M'Shane. »Doch bring' einmal die alten Zeitungen herauf, liebe Frau, damit ich darin nachsehe. Erinnerst Du Dich nicht, wie lange es ungefähr her sein mag?«

»Laß einmal sehen – es war, glaube ich, um die Zeit, als Du mit Kapitän O'Donahue abreistest, vielleicht auch ein bischen früher – das war im Oktober.«

M'Shane durchblätterte die Zeitungen und fand nach viertelstündigem Suchen die Erklärung des Leichenschaugerichtes.

»Fehlt nicht, da haben wir's, liebe Frau«, sagte M'Shane.

Sobald er es zu Ende gelesen hatte, fuhr er fort:

»Ja; das Verdikt lautet auf vorsätzlichen Mord gegen Joseph Rushbrook, den jüngeren; auch sind zweihundert Pfund für seine Ergreifung ausgesetzt. Dies war's, was den Knaben von Hause wegtrieb, und nicht das Wildstehlen, obgleich ich nicht zweifle, daß letzteres die Veranlassung zu dem Morde gab. Ich glaube«, fügte er bei, »ich kann mir die Sache zusammenreimen. Der Mord ist augenscheinlich von jemand begangen worden, aber ich schwöre darauf, nicht von Joey; er sagt, er sei unschuldig, und ich glaube ihm. Demungeachtet läuft er davon, und ein Verdikt wird gegen ihn ausgesprochen. Liebe Frau, ich kenne zufälligerweise Joeys Vater ganz gut – er war ein schöner, kühner Soldat, ein Mensch, der sich vor nichts scheute – und wenn ich es wagen darf, hier eine Meinung auszudrücken, so möchte ich annehmen, daß der Mord von Rushbrook dem ältern begangen wurde und daß der Knabe davon lief, um seinen Vater zu retten.«

Der Leser wird zugeben, daß M'Shane in dieser Äußerung einen sehr klaren Blick bekundete.

»Dies ist meine Meinung«, fuhr M'Shane fort, »nur kann ich mir nicht vorstellen, wie es dahin gebracht wurde, daß der Knabe als Thäter erschien. Indes, ich kenne den Vater und kenne den Sohn, weshalb ich mein Offizierspatent zum Pfande setzen will, daß ich die Wahrheit erraten habe.«

»Der arme Knabe!« rief Mrs. M'Shane; »ja, es heißt in den zehn Geboten, daß die Sünden der Väter heimgesucht werden sollen an den Kindern. Was ist anzufangen, M'Shane?«

»Vorderhand nichts – es würde nur Schaden bringen, wenn wir wegen seines Verschwindens Lärm anfingen; denn siehst Du, wenn man ihn aufgreift, so wird er entweder vor Gericht gestellt und verurteilt, oder er muß beweisen, daß er den Mord nicht begangen hat, was wahrscheinlich auf keinem anderen Wege thunlich sein würde, als wenn er seinen Vater angäbe. Ich will daher über den alten Rushbrook Nachforschungen anstellen und ihn womöglich aufsuchen.«

An dem nämlichen Abend erschien der Institutsvorsteher abermals, um M'Shane zu melden, daß nachmittags zwei Personen in die Schule gekommen wären, welche ihn zu sprechen gewünscht hätten. Die eine davon, welche ziemlich schäbig gekleidet war, aber doch einer besseren Gesellschaftsklasse angehörte, als die andere, redete ihn, sobald sie in das Besuchszimmer trat, mit den Worten an:

»Ich glaube, ich habe das Vergnügen, Mr. Slappum zu sprechen; wenn dem so ist, möchte ich mir die Gunst erbitten, meinen kleinen Freund Joey besuchen zu dürfen, den ich gestern mit den andern jungen Gentlemen, welche unter Ihrer Obhut stehen, spazieren gehen sah. Ich habe Aufträge von seinen Eltern an ihn auszurichten. Der liebe Knabe war einmal unter meiner pädagogischen Leitung und machte mir viele Ehre; ohne Zweifel wird dies auch hier der Fall sein.«

Nun hatte der Unterlehrer Mr. Slappum mitgeteilt, Joey sei tags zuvor von dieser Person angeredet worden; der Schulmeister folgerte daher ganz natürlich, daß von Joey M'Shane die Rede sei, und antwortete:

»Thut mir recht leid, sagen zu müssen, daß er in der letzten Nacht dieses Haus verlassen hat und, weiß Gott wohin, entwichen ist. Es fand sich noch ein Brief an Major M'Shane vor, den ich diesen Morgen ablieferte, indem ich zugleich die unangenehme Nachricht überbrachte.«

»Potz Pfiff und alle Welt, also durchgebrannt!« sagte die zweite Person zu der ersten, welche sehr überrascht und verwirrt aussah.

»Sie setzen mich wahrhaftig in großes Erstaunen, lieber Herr«, versetzte der erste Sprecher, in welchem der Leser Furneß bereits erkannt hat. »Es ist mir ganz unbegreiflich, wie ein junger Mensch, der durch mich in den strengsten Grundsätzen der Moral erzogen wurde, dem ich so richtige Begriffe von Recht und Unrecht und, ich darf wohl sagen, so fromme Gefühle eingeflößt habe – einen derartigen Schritt eingeschlagen haben kann. Ich glaube, Sie haben mir gesagt, Major M'Shane wohne zu – –«

»Major M'Shane wohnt in Nr. – zu Holborn«, versetzte Mr. Slappum.

»Und der Knabe ist wohl nach Hause gegangen?«

»Nein, das nicht; er ließ einen Brief zurück, welchen ich Major M'Shane überbrachte; aber ich öffnete das Siegel nicht und weiß daher nichts von dessen Inhalt.«

»Da möchte man ja vor Verdruß und Ärger aus der Haut fahren«, entgegnete Furneß, »indes will ich nicht länger lästig fallen. Gott segne den armen Knaben! Was mag ihn wohl angewandelt haben?«

So sprechend entfernte sich Furneß mit dem Konstabler, dem er einen Haftbefehl ausgewirkt hatte, damit ihm die Person unseres Helden nicht entgehen möge.

M'Shane hörte den Bericht des Schulmeisters über diesen Besuch ruhig an und sagte dann:

»Ich zweifle nicht, daß die Person, welche heute bei Ihnen gewesen ist, auch mich mit einem Besuche beehren wird. Haben Sie daher die Güte, mir das Äußere derselben ausführlich zu beschreiben, damit ich sie auf den ersten Augenblick erkenne!«

Der Schulmeister gab nun eine sehr genaue Schilderung von Mr. Furneß' Äußerem und entfernte sich sodann.

Da die Speiseanstalt, welche von Mrs. M'Shane gehalten wurde, eine gesonderte Thüre hatte, welche immer noch die frühere Firma trug, so meinte Furneß (der, wie M'Shane prophezeit hatte, am andern Nachmittag richtig erschien), das Etablissement stehe mit der Person, die er zu besuchen im Sinne hatte, durchaus in keiner Beziehung, weshalb er es für rätlich hielt, sich hier etwas reichen zu lassen und nebenbei Erkundigungen über den Major einzuziehen. Nun kam zwar M'Shane selten in den Speisesaal, aber diesmal stand er gerade unter der Thüre, als Furneß eintrat, sich in einen Verschlag setzte, den Speisezettel verlangte und ein Gericht Ochsenfleisch mit Kohl bestellte.

Der Major erkannte ihn aus der gegebenen Beschreibung augenblicklich und nahm sich vor, inkognito seine Bekanntschaft zu machen und ihn über seine Absichten auszuholen; er nahm daher in demselben Verschlage Platz, winkte einer der Aufwärterinnen und ließ sich gleichfalls einen Teller Ochsenfleisch mit Kohl reichen. Furneß wußte nichts eiliger zu thun als den nächsten besten, von dem er Auskunft hoffte, anzubohren, weshalb er sich alsbald mit dem Major in ein Gespräch einließ.

»Ein gutes Haus dies, und, wie es scheint, auch sehr besucht?«

»O ja«, versetzte M'Shane; »die Anstalt steht allgemein in einem sehr guten Rufe.«

»Frequentieren Sie den Kosttisch häufig?«

»Immer. Ich interessiere mich sehr für den Fortgang des Geschäfts«, entgegnete M'Shane; »denn ich kenne die Wirtin sehr gut und habe hohe Achtung vor ihr.«

»Ich sah sie im Vorbeigehen – eine schöne Frau! Bitte, darf ich fragen, wer der Major M'Shane ist, der, wie ich höre, im oberen Stocke wohnt?«

»Der Major diente in der Armee, bezieht aber jetzt Pension.«

»Kennen Sie ihn?«

»Ganz genau«, versetzte M'Shane, »er ist ein Landsmann von mir.«

»Er ist verheiratet? Darf ich Sie wohl um den Pfeffer bemühen?«

»Er hat eine sehr liebenswürdige Frau.«

»Auch Familie?«

»Nicht daß ich wüßte; sie haben, glaube ich, einen jungen Schützling, der gegenwärtig auf der Schule ist – einen Knaben, namens Joey.«

»Was Sie sagen! wie gar menschenfreundlich von ihnen! In der That, es thut mir eigentlich wohl, wenn ich sehe, daß noch so viel Gutherzigkeit in dieser bösen Welt existiert. Vermutlich adoptiert?«

»Das kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen; indes weiß ich, daß sie ihn wie ein eigenes Kind behandeln.«

»Haben Sie den Major M'Shane in der letzten Zeit gesehen?«

»Erst diesen Morgen, gleich nach dem Aufstehen.«

»Wirklich? Das ist ein merkwürdig gutes Ale – wollen Sie mir die Ehre erweisen, davon zu kosten?«

»Sie sind sehr gütig, aber ich trinke nie Malzgebräu. Da, Mädchen, bring' eine halbe Pinte Branntwein! Ich hoffe, Sie werden ein Glas von mir nicht ausschlagen, obgleich ich von Ihrem höflichen Anerbieten keinen Gebrauch machen konnte.«

Furneß trank seinen Krug Ale aus, um den ihm angebotenen Branntwein darauf zu setzen. M'Shane füllte sein Glas und händigte sodann Furneß die Flasche ein.

»Ich gebe mir die Ehre, Ihre Gesundheit zu trinken«, sagte M'Shane. »Sie sind vermutlich vom Lande. Darf ich fragen, aus welcher Gegend?«

»Ich bin aus Devonshire – war früher Oberpräzeptor an der lateinischen Schule zu A., aber es vertrug sich mit meinen Grundsätzen nicht, diese Stellung beizubehalten. Rechtschaffenheit ist unbedingt nötig für einen Beruf, in welchem man der Jugend ebenso gut Moral und Tugend als Kenntnisse beibringen soll. Auf unsere bessere Bekanntschaft!«

»Mit Vergnügen; ich ehre Ihre Gesinnungen. Bei der Allmacht! Sie haben ganz recht, Mr. – ich bitte um Verzeihung – aber ich habe Ihren Namen nicht recht verstanden?«

»Furneß, zu dienen. Ja, die Direktoren der Anstalt, welcher ich, ich darf wohl sagen, mit so viel Ehre für mich und mit so großem Nutzen für die mir anbefohlenen Zöglinge vorstand, wünschten aus der Barmherzigkeit ein Geschäft – ja, ein Geschäft zu machen. Dazu konnte ich mich nicht verstehen und dankte ab.«

»Sind Sie seitdem immer in London gewesen?«

»Nein; ich begab mich nach dem Dörfchen Graßford, wo ich eine Schule errichtete; aber die Umstände nötigten mich, zu resignieren, und nun bin ich im Begriffe, in einer andern Hemisphäre Beschäftigung zu suchen. Mit einem Worte, ich trage mich mit der Idee, als Präzeptor nach Neusüdwales zu gehen. Dem Vernehmen nach fehlt es dort sehr an Lehrern.«

»Sollt's auch meinen«, versetzte M'Shane; »die Leute haben dort ebensoviel zu verlernen als zu lernen.«

»Ich spreche von den jüngeren Zweigen – von den Schossen oder Sprößlingen, möcht' ich sagen, die in den Kolonieen geboren sind und, wie ich hoffe, den Beweis liefern werden, daß Verbrechen und Laster sich nicht vererben.«

»Nun, ich wünsche Ihnen Glück«, entgegnete M'Shane. »Sie müssen mir aber den Gefallen thun, noch ein Glas anzunehmen, denn ich werde nicht im stande sein, dieser Flasche ohne Beihilfe den Garaus zu machen.«

»Ich möchte mich ungerne des Vergnügens Ihrer Gesellschaft berauben.«

Dem Leser ist bereits bekannt, daß Furneß ein Freund des Trunkes war, weshalb er sich über die Bereitwilligkeit des Schulmeisters, auf das gedachte Ansinnen einzugehen, nicht wundern wird. Noch ehe er jedoch mit dem zweiten Glase fertig war, hatten Ale und Branntwein bereits angefangen, die gehörige Wirkung zu thun, und er wurde sehr mitteilsam.

»Wie heißt das Dorf, in dem Sie sich Ihrer Angabe nach zuletzt aufgehalten haben?« fragte M'Shane.

»Graßford.«

»Davon muß ich schon gehört haben – lassen Sie sehen – ja, ich las den Namen in den Zeitungen. Richtig – es wurde dort ein Hausierer ermordet.«

»Ganz recht, ein solches Ereignis fand dort statt – es war eine schreckliche Geschichte – und, was das sonderbarste dabei, die That wurde von einem bloßen Kinde begangen, das sich nachher flüchtig machte.«

»Wirklich? und wie heißt der Thäter?«

»Rushbrook; sein Vater war ein berüchtigter Wilddieb – ein Mann, der in der Armee gedient hatte und für seine Blessuren eine Pension bezog. Es giebt ein altes, ehrwürdiges Sprichwort: ›Stelle ein Kind auf den Weg, den es gehen soll, und es wird nicht davon abweichen.‹ Ich habe den Knaben unterrichtet, aber ach, was nützt der Unterricht eines Lehrers, wenn ein Kind von dem Vater auf schlechte Pfade geführt wird!«

»Das ist eine nicht zu bezweifelnde Wahrheit«, erwiderte M'Shane. »Der Knabe entlief also – ja ich erinnere mich jetzt. Und was wurde aus dem Vater?«

»Der Vater und die Mutter haben seitdem das Dorf verlassen, und niemand weiß, wohin sie gegangen sind.«

»Wirklich, wissen Sie das ganz gewiß?«

»Ganz gewiß, denn ich habe mir alle Mühe gegeben, sie aufzusuchen, aber was ich auch anfangen wollte, es gelang nicht.«

»Was sagen denn die Leute in der Gegend? Meint man, der Vater sei auch mit in die Geschichte verflochten?«

»Ich glaube nicht. Er legte vor Gericht Zeugnis ab, und so auch ich, Sir, aber, wie Sie sich denken können, nur sehr ungerne, denn der Knabe war mein Liebling. Ich bitt' um Verzeihung, Sir, Sie sagten, Sie seien mit Major M'Shane bekannt und hätten ihn erst diesen Morgen gesehen. Ist der interessante kleine Knabe, dessen sich der brave Mann annimmt, gegenwärtig zu Hause oder noch auf der Schule?«

»Das kann ich in der That nicht mit Bestimmtheit sagen«, antwortete M'Shane; »doch ist jetzt keine Ferienzeit. Kommen Sie, wir dürfen uns noch nicht trennen; Ihre Unterhaltung ist gar zu ansprechend. Sie müssen mir erlauben, noch mehr Branntwein bringen zu lassen. So arm ich auch bin, kann ich doch nicht umhin, mir und Ihnen eine Güte zu thun. Wenn ich nur wüßte, wo ich ein bischen Geld aufbringen könnte, denn offen gestanden, meine Barschaft geht gewaltig auf die Neige.«

Furneß war nun schon mehr als halb betrunken.

»Ei«, versetzte er, »ich wüßte wohl, wie sich Geld ohne Schwierigkeit verdienen ließ'. Gesetzt zum Beispiel, wir träfen auf jenen jungen Spitzbuben, der den Mord begangen hat – es sind zweihundert Pfund auf seine Ergreifung und Überweisung gesetzt.«

»Dacht' ich's ja«, murmelte M'Shane; »dieser höllische Schurke! – Ich denke, Sie werden ihn an dem Orte finden, wo Sie hinzugehen gedenken, Mr. Furbisch; er kann's in der Zwischenzeit weit gebracht haben.«

»Unter uns gesagt, ich glaube nicht. Indes, mein Name ist, ich bitte um Verzeihung, nicht Furbisch.«

»Ei, glauben Sie denn, er werde ein solcher Narr sein, nach einer derartigen That im Lande zu bleiben?«

»Die Gottlosen sind so gut einfältig, als die andern«, versetzte Furneß, seinen Finger an die Nase legend und ein sehr pfiffiges Gesicht machend.

M'Shane verließ auf einige Minuten den Verschlag, um seiner Frau sein Vorhaben mitzuteilen und dem Branntweine Zeit zu lassen, die gehörige Wirkung auf Furneß zu üben. Wie er erwartet hatte, fand er bei seiner Rückkehr, daß das Glas leer und der Schulmeister noch betrunkener war, als zuvor. Die Unterhaltung wurde wieder aufgenommen. M'Shane sprach wieder von seiner Armut und wie sehr er wünsche, sich Geld zu verschaffen, worauf sich Furneß zu einem Vorschlag herbeiließ; er teilte ihm nämlich mit, er wisse ganz gewiß, daß Major M'Shanes Schützling niemand anders als der gedachte Joseph Rushbrook sei; er habe die Schule verlassen und sei ohne Frage im Hause verborgen. Dann schloß er mit der Bemerkung, da sein Gastfreund auf so vertrautem Fuße mit dem Major stehe, so würde es ihm eine Kleinigkeit sein, sich über die Thatsache Gewißheit zu verschaffen, und wenn er ihm beistehen wolle, den Knaben festzunehmen, so solle er von der ausgesetzten Belohnung fünfzig Pfund als Anteil erhalten. Es war ein Glück für Furneß, daß sich noch andere Personen im Zimmer befanden, sonst wäre wahrscheinlich noch ein weiterer Mord begangen worden. So aber begnügte sich der Major mit der Erklärung, er wolle sich die Sache erwägen, worauf er in tiefe Gedanken versank, die jedoch nichts mit Mr. Furneß' Vorschlag zu thun, sondern dessen Bestrafung zum Zwecke hatten. Endlich kam er auf einen Einfall. Der Halunke war betrunken, und so machte er ihm den Vorschlag, sie wollten nach einem andern Hause gehen, wo er ihm den Major vorstellen könne. Furneß ließ sich's gefallen und taumelte zu dem Verschlage hinaus. Obgleich M'Shane ebenso gerne eine Viper berührt haben würde, so gewann er's doch über sich, ihm den Arm zu geben, führte ihn über zwei oder drei Hinterhöfe und nahm ihn dann mit in ein Bierhaus, wo der Sammelplatz der für die Marine angeworbenen Rekruten war. Sobald sie Platz genommen und Getränke vor sich stehen hatten, sprach M'Shane mit dem Sergeanten, drückte ihm eine Guinee in die Hand und sagte, er habe einen guten Rekruten für ihn, wenn sich derselbe zum Eintritt ins Regiment bereden lasse. Er stellte sodann den Sergeanten als M'Shane vor und riet dem Schulmeister, zu thun, als ob er auf alles eingehe, was man von ihm haben wolle. Der Sergeant schwatzte Furneß, der jetzt ganz betrunken war, ein langes und breites vor, klopfte ihn auf den Rücken, nannte ihn einen prächtigen Kerl und fragte, ob er sich nicht anwerben lassen wolle.

»Um ihn gut zu stimmen, müssen Sie ja sagen«, flüsterte ihm M'Shane ins Ohr. Furneß that das, empfing den Schilling, und als er des andern Tags zur Besinnung kam, fand er, daß sein Freund verschwunden war und er selbst sich auf dem Transporte nach Portsmouth befand. Alle Gegenvorstellungen waren fruchtlos. M'Shane hatten den Sergeanten bestochen und ihm eine noch größere Belohnung verheißen, wenn er Furneß nicht loslassen wolle; da nun der letztere bloß ein paar Schillinge in der Tasche hatte, so mußte er sich in sein Schicksal fügen.


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