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Es war außer Aurelie Grimpe noch jemand auf dem Hofe, oder vielmehr, es waren zwei, die mit Lüder Volkmann nicht zufrieden waren, nämlich der Pächter Lembke und seine Ehefrau.
Lembke stammte aus der Lüchower Gegend; er war ein Mann mit zerknittertem Gesicht und einem Benehmen wie eine Birke bei Sturmwind; seine Frau blühte wie eine Pfingstrose, und wo sie ging, da stand das Gras so bald nicht wieder auf.
Es war dem Pächter schlecht zupasse gekommen, als Volkmann plötzlich da war wie der Habicht zwischen den Hühnern, aber als er ihn reden hörte, die Schmisse sah und bemerkte, wie der Rechtsanwalt und der Baumeister sich zu ihm stellten, da meinte Lembke zu seiner Frau:
»Kaline, ich glaube, wir brauchen keine Bange nicht zu haben, brauchen wir nicht, daß es anders werden tut; das ist ein studierter Herr, ist er, wenn er jetzt auch man wie ein Pracher aussehen tut. Der wird sich die Hände nicht schwarz machen, wird er nicht. Wenn er das Pachtgeld hat, wird er in die Stadt fahren und es verwichsen, wird er, und wenn er keins hat, wird er hierbleiben und auf die Jagd gehen, wird er. Und so wird er mit der Zeit mehr Geld brauchen, wird er, als der Hof abwirft, glaube ich, und wir werden ihm etwas vorschießen, werden wir, oder Land abkaufen, und so bei kleinem wird der Hof unser werden, wird er.«
Kaline hatte genickt und von der krummbeinigen Gestalt ihres Mannes zu dem Bauern hingesehen, der lang und schlank über den Hof ging.
Lembkes merkten aber bald, daß Volkmann nicht daran dachte sich selber das Wasser abzugraben; zwar ging er anfangs viel mit dem Gewehre los, aber als das Geld vom Gerichte kam, fuhr er damit nicht in die Stadt, sondern gab das meiste dem Vorsteher, der es auf die Kreissparkasse brachte.
Auch feine Kleider kaufte er sich nicht und weder gute Zigarren noch dergleichen; er trug sich wie die Bauern und Knechte, rauchte seine Pfeife und sonntags wohl einmal eine Zigarre von Nordhoff, der ein ganz gutes Kraut führte, das ihm der Baumeister besorgt hatte; im Essen und Trinken war er nicht anders als der gemeine Mann, obzwar er dreist mehr dafür anlegen konnte, wenn er gewollt hätte.
Nach vier Wochen sagte Lembke zu seiner Frau: »Wenn das so beibleibt, Kaline, dann wird der Hof nicht unser, wird er nicht!«
Als der Bauer dann anfing, das Strohdach zu flicken, und den neuen Zaun hinstellte und das Immenschauer baute und den Heuboden zurechtmachte, da ließ Lembke die Ohren immer mehr hängen, und als Volkmann hier den Graben und dort den Weg ausbesserte, die Fischteiche austiefte und alles in die Reihe brachte, was nicht ganz eben war, da sah Lembke immer scheeläugiger, achtete auf alles, was nicht ganz in der Ordnung war, und machte es schnell selber zurecht, damit der Bauer sich das Arbeiten nicht noch mehr angewöhnen solle.
Die Folge davon war, daß der Hof wie abgeleckt aussah, so daß der Vorsteher, der ab und zu kam, die Augenbrauen hochnahm und sagte: »Bei mir sieht es doch auch ordentlich aus, Hilgenbur, aber bei dir, das ist ja, als wenn jedweden Tag Wochenabend ist.«
»Kaline«, sagte eines Abends Jochen Lembke, als er im Bett lag, »Kaline, was ich dir sagen will, sage ich dir, wie fangen wir es an? Gestern hat er mir beis Torfriegeln geholfen, hat er, und dann sagt er, beis Heumachen will er auch helfen, will er. Und ich sage dir, Kaline, sage ich, er hat das Kleemähen raus, hat er, und wenn die Ernte hin ist, dann kann er mähen als wie ich, kann er. Wo er das man gelernt hat, das Umgehen mit die Axt und die Säge, als wie ein gelernter Zimmermann kann er es, Kaline, kann er.«
Aber Frau Lembke sagte: »Drähn nicht so viel, ich will schlafen!« Und damit drehte sie sich um und dachte daran, wie glatt es ausgesehen hatte, als der Bauer den Vormittag in Hemd und Hose Holz kleingemacht hatte und sein Haar in der Sonne aussah wie eitel Gold. Jochens Haar sah aus wie altes Dachstroh.
Aber wenn sie ihren Jochen auch nur genommen hatte, weil es klapperte und klingelte, wenn er sich auf die Tasche schlug, deswegen blieb er doch ihr Mann, und wenn sie ihm auch nicht so nachsah wie dem Bauern, so gehörte sie dennoch zu ihm.
Sie hatte es längst gemerkt, daß Aurelie Grimpe dem Bauern Blumen und Buntpapier auf den Weg warf, daß ihm aber sowenig daran lag, als wenn es Häcksel gewesen wäre, und daß er der Haushälterin nicht mehr, als nötig war, Rede und Antwort stand und dabei meistens anderswohin sah.
Dagegen, wenn er mit ihr selber sprach, sah er ihr voll in die Augen, stand auch gern bei ihr, wenn sie beim Melken war oder das Federvieh fütterte, und es kam ihr manches Mal so vor, als wenn er hinter ihr hersah, vorzüglich, wenn sie in bloßen Armen war oder die Röcke aufgesteckt hatte. Und so machte sie sich einen Plan zurecht, bei dem sowohl sie selber wie Jochen auf seine Kosten kommen sollte.
Den ganzen nächsten Tag dachte sie darüber nach, und da es sich gerade traf, daß der Bauer die Tür vor ihr aufmachte, als sie in jeder Hand eine Satte Dickmilch hatte und der Zug die Türe zuschmiß, so erblickte sie darin eine Liebeserklärung deutlichster Art; als er ihr zudem hinterher beim Futteraufschütten half und ihr das Wasserholen abnahm, da stand es bei ihr fest, daß ihr Plan nicht uneben war.
»Jochen«, sagte sie, als sie abends im Bette lag, »Jochen, hör zu; ich glaube, ich weiß, wie wir ihn herumkriegen. Es ist doch gegen die Natur, daß so ein Kerl wie er keine Frau und auch sonst nichts hat, denn was die Grimpesche ist, und wenn sie ihm auch noch soviel mit ihren Locken und weißen Schürzen unter die Augen geht, so macht er sich noch nicht einmal so viel aus ihr wie aus unserer Mutter.
Nun hör zu, Jochen, und versteh mich auch recht: Auf mich hat er ein Auge, an mir sieht er nicht vorbei, wenn er zu mir redet, und ich kann es ohne Hoffärtigkeit sagen, er sieht manches liebe Mal hinter mir her, wenn ich bei ihm vorbei muß. Und denn: Alle Augenblicke geht er mir zur Hand im Garten oder beim Vieh; gestern hat er die Tür vor mir aufgemacht und mir Wasser getragen.«
Sie hielt einen Augenblick an und spann dann weiter: »Jochen, nun mein' ich, du verstehst doch, wie ich es meine? Ich kann ja so tun, als wenn mir auch was an ihm gelegen ist, bis er mich mal anfaßt oder so was. Und dann können wir uns das besprechen, daß du und die Grimpesche beide nicht da seid, das heißt, du mußt doch da sein, bloß so, daß er dich nicht spitzkriegt, und zusehen, was er anfängt; na, und wenn er dann an mich heranwill, dann kannst du ja von ungefähr dazukommen, und denn haben wir ihn da, wo er hin soll.
Ich glaube, Jochen, auf eine andere Art geht es nicht; er geht darauf aus, uns hier rauszuschmeißen, sonst würde er nicht wie ein Knecht arbeiten; im Weedergrund hat er ja wohl einen ganzen Morgen abgeplaggt, weil er da Fuhren anpflanzen will, und für umsonst hat er nicht ein neues Stück im Meinsbruche eingehachelt. Also, Jochen, was sagst du dazu?«
Jochen richtete sich im Bette auf, sah seine Frau an, nickte dreimal mit dem Kopfe und sagte: »Kaline, ich sage dir, sage ich, das ist ein Plan, ist er, das hast du großartig ausklamüsert, hast du, und ich glaube wahrhaftig, glaube ich, auf die Art kommen wir doch noch dahin, wo wir hinwollen, kommen wir.«
Dann drehte er sich um, und seine Frau dachte: »Wenn es glückt, haben wir beide etwas davon.«
Es glückte aber nicht, so langsam und bedächtig Frau Lembke auch vorging, indem sie, wenn sie mit dem Bauern allein war, mit ihren runden Schultern oder ihren breiten Hüften an ihn herankam, wenn es sich unauffällig machen ließ; Volkmann stellte sich an wie ein Kind und wollte mit Gewalt nichts merken.
Wenn Jochen abends fragte: »Kaline, wo weit bist du mit ihm, bist du?« Dann sagte sie: »Jochen, jedes Werk muß seine Zeit haben; laß mich man machen!« Aber ihr war es selbst verwunderlich, daß der Bauer sich wie ein Stock anstellte.
Sie stopfte ihm seine Strümpfe mit Wolle, die sie aus ihren eigenen Strümpfen gerewwelt hatte, sie nötigte ihm eine Frühbirne in den Mund, die sie seit drei Tagen in der Kleidertasche getragen, drei Nächte unter ihrem Kopfkissen gehabt und drei Tage in ihre Schürze gewickelt hatte, aber auch das wollte nicht einschlagen.
Als sie aber anfing, wenn er mit ihr sprach und lustig wurde, vertraulich zu ihm zu werden, ihn auf den Arm oder auf das Bein zu schlagen, da hatte sie ganz ausgespielt, denn von da ab ging er um sie genauso herum wie um die andere, und wenn er zu ihr sprechen mußte, sah er nach der Wand oder aus dem Fenster.
Als Jochen sie eines Abends wieder fragte: »Kaline, wo weit bist du nun mit ihm, bist du?«, da schnauzte sie ihn an, daß er auf den Gedanken kam, mit ihr und dem Bauern stehe die Sache nicht so, wie es ihm passen könne, denn es war ihm schon lange verdächtig, daß Volkmann jetzt ganz anders zu ihr war, was er für Verstellung hielt.
Alle Augenblicke, wenn er im Stalle oder auf dem Felde zu tun hatte, kam er in das Haus geschossen, weil er bald dieses, bald jenes vergessen hatte, und als er eines Mittags sah, daß seine Frau bei dem Bauern stand, machte er ihr hinterher eine große Schande.
Ganz unglücklich wurde ihm aber zu Sinne, als der Bauer ihn eines Tages in den Garten rief und sagte, indem er auf einen Stachelbeerbusch hinwies: »Hast du schon so etwas gesehen, Lembke? Da hat eine Grasmücke ihr Nest gebaut, und nun sitzt ein junger Kuckuck darin und hat die kleinen Grasmücken herausgeschmissen, so daß sie elend haben umkommen müssen. Ja, man soll sehen, wen man bei sich aufnimmt.«
Lembke hatte ihn mit einem halben Auge angesehen und war dann an seine Arbeit gegangen, abends im Bette aber sagte er zu seiner Frau: »Ich sage dir, Kaline, sage ich, er hat was gemerkt, hat er.«