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Stammelverse nach durchwachter Nacht

(Aus »Neue Gedichte«, 1892)

 

    Nein, du, du -
Warum schlugst du nicht
Deine Arme um mich
Und flüstertest meinen Namen?
Warum lag nicht meine Schläfe
An deiner Schulter?
Warum hört' ich nicht dein Sprechen im Traum
Und sah nicht deine Träume?
Wenn ich mich schlafend stellte,
Und du dich vorsichtig über mich bogst,
Und ich horchte auf dein leises süßes Betteln,
Du wolltest mich nicht wecken,
Wolltest mich wecken,
Warum hört' ich's nicht
In dieser grausamen Nacht?
Du drängtest dich nicht an mich,
Deine Hand liebkoste nicht mein Haar.
Ich wollte dich an mich ziehn,
Und statt deine Lippen zu finden,
Mußt' ich die Kissen küssen
In wahnsinniger Sehnsucht
Nach dir, nach dir.
Stund' auf Stunde
Zogen die Schatten,
Und die Finsternisse schüttelten mich
In den Schauern der Liebe.
Nun steh ich am offnen Fenster.
Auf dem Herzen riß ich mein Hemd auf,
Daß mich der Tau kühle.
Am dünn-dämmrigen Himmel
Verbleicht nüchtern
Der Morgenmond.
Vom Flusse her vernehm ich
Langsame, gleichmäßige Ruderschläge.
Bei jedem Schlage
Knarren und janken die Riemen in ihren Pflöcken.
Einsam, durch die lauschende Stille,
Singt eine Drossel
Im Nachbargarten.
Duffgrau-silbern hängen im Zwielicht
Die Blätter der Bäume und Gesträuche;
Nur ein rundes Geranienbeet
Leuchtet grellrot zu mir empor.
Und alles wartet demütig,
Wie mit niedergeschlagenen Augen,
Auf den Tag.

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