Kurd Laßwitz
Sternentau
Kurd Laßwitz

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Pflanzenrede

Heute vormittag wollte Harda nicht gestört werden. Denn sie beabsichtigte in Ruhe an Onkel Geo zu schreiben und dann ins Laboratorium zu gehen. Daher beeilte sie sich, sobald sie mit dem Vater gefrühstückt hatte, die notwendigsten häuslichen Angelegenheiten zu erledigen. Dann lief sie auf ihr Zimmer und nahm ihre Schreibmappe an sich, die ihren Füllfederhalter und die erforderlichen Briefmaterialien enthielt. Denn es gab nur einen Ort, wo sie sicher war, vorkommendenfalls nicht abgerufen zu werden. Das war die Buche am Riesengrab. Und der Morgen war so schön, windstill, der Himmel leicht umschleiert. Da wollte sie drüben schreiben, im Freien.

Die Tante und Sigi schliefen noch, als Harda sich anschickte, das Haus zu verlassen. Sie ging an der Küche vorbei und sagte, man solle sie nicht suchen, sie habe einen längeren Morgenausflug vor. Und als praktisches Wesen vergaß sie nicht, sich noch einen kleinen Imbiß mitzunehmen. Sie wollte sich sobald nicht sehen lassen.

Nun saß sie vor dem Tisch. Sie besann sich nicht lange. Sie sah den geliebten Freund vor sich und es war ihr, als plauderte sie zu ihm. Sie erzählte einfach, was sie mit dem Sternentau erlebt hatte, hier bei der ersten Begegnung mit dem Doktor Eynitz, wie die Pflanze immer seltsamer geworden sei, wie die Elfen herausgekommen wären; sie sprach vom Laboratorium, wie Werner sie aus einer großen Gefahr gerettet hätte – denn so kam ihr das Abenteuer mit der Elfe jetzt vor – und wie sie beide eigentlich nicht recht wüßten, was jetzt werden solle.

Ihre Feder flog über das Papier, und schnell füllte sich Seite auf Seite. Sie wußte gar nicht, wie viele von den festen hellgrauen Briefbogen sie schon unter den Hut auf der Bank nebenan geschoben hatte.

Verwundert blickte der leuchtende Wald auf das blühende Menschenkind, dessen Wangen sich gerötet hatten im Eifer der Arbeit und in der Erregung des inneren Erlebnisses, das ihm immer bewußter sich gestaltete.

Freudig und erwartungsvoll bemerkten der Efeu und die schattende Buche ihre gute Freundin und tauschten leise ihre Meinungen darüber aus, was sie wohl da unten triebe. Mißgünstig aber blickte so manche andere von den Pflanzen auf den Menschen; denn seit den merkwürdigen neuen Erlebnissen mit dem fremden Gewächse Bio betrachten viele den Menschen erst recht als eine Störung in ihrem eigensten Gebiete. Daß eine Pflanze fliegende, unsichtbare, kluge Wesen hervorbringen konnte, hatte sie stolz gemacht und ließ ihnen den Menschen als weniger achtungswert erscheinen, der offenbar keine Ahnung davon hatte, was Pflanzenmacht und Pflanzenweisheit bedeuteten.

Und so war's ja auch. In feierlicher Stille schien der Wald zu ruhen, unbeweglich bis auf das leise Wiegen eines Zweiges oder Halmes und das Summen der Insekten, die Liebesbotschaft von Blüte zu Blüte trugen. Nichts vernahm der Menschen Sinn. Und doch lebte im Wald ein reger Meinungsaustausch in Rede und Gegenrede. Hin und her zuckte es durch die Wurzeln im Streite der Meinungen.

»Ihr werdet ja sehen,« sagte die Fichte am Felsblock, »die Sache wird jetzt ganz anders werden. Mit der Menschenherrlichkeit geht's zu Ende. Gegen die Idonen können die Treter gar nicht aufkommen. Und wenn erst die Idonen die Menschen gehörig klein gemacht haben, so gelangen auch wir zu unserem Rechte. Dann werden endlich die Pflanzen auf der Erde herrschen, wie sich's gebührt, denn die Idonen gehören zu uns.«

»Nur nicht zu eilig,« antwortete die Roßkastanie. »So einfach ist die Sache nicht. Und ob ihr Fichten gerade dabei gewinnen würdet? Die Idonen denken noch viel aristokratischer als die Menschen. Aber wie kommt ihr überhaupt darauf, daß die Idonen etwas gegen die Menschen haben sollen?«

»Nun das ist doch klar. Im ganzen Walde ist es schon herumgekommen, daß die Menschen große Mengen von der fremden Pflanze, die sich jetzt Bio nennt, fortgenommen haben und in ihren Wohnungen gefangen halten. Bio ist aber die Mutter der Idonen. Wenn nun die Idonen in der Menschen Gewalt geraten, glaubt ihr, daß sie sich das gefallen lassen werden? Sie sind doch nicht fest gewachsen wie wir armen Pflanzen, sie werden alle Gewalttaten der Menschen gegen uns an ihnen rächen.«

»Ich möchte nur wissen, wie sie das tun wollen. Sie sind klein und wenige, die Menschen aber sind groß, und ihr habt gar keine Ahnung, wie viele ihrer sind und was sie vermögen.«

»Aber die Menschen können nicht die Idonen sehen, die Idonen dagegen die Menschen. Und sie verstehen sehr wohl zu schaden, sie haben Arme, mit denen sie allerlei Dinge anfassen können wie die Menschen, und sie haben scharfe Säfte, von denen die Menschen nichts wissen. Ich habe wohl zugehört, wie Bio einmal zu Ebah davon sprach. Und Ebah hat selbst gesagt, daß sie traurig ist, weil Harda so viele Biopflänzchen fortgenommen hat.«

»Das ist wohl wahr,« mischte sich Ebah ein, »aber daß die Idonen darum den Menschen feindlich sein werden, das habe ich nicht gesagt. Denn die Idonen sind klug und gut, und sie werden den Menschen nichts Böses tun, wenn sie nicht müssen.«

»Sie werden aber müssen.«

»Ich hoffe im Gegenteil,« sagte Ebah, »daß es uns gelingen wird, mit Harda zu sprechen, und ihr zu sagen, daß sie die Blümchen nicht abschneiden soll.«

»Mit ihr sprechen! Du willst mit den Menschen sprechen! Ich mochte wissen, wie du das anfangen willst.«

»Freilich kann ich es nicht für mich, aber Ildu hat zu Bio gesagt, daß die Idonen eine merkwürdige Beobachtung gemacht haben. Wenn sie sich auf den Kopf eines Menschen setzen, so können sie unter gewissen Umständen bewirken, daß die Veränderung in ihrem eignen Körper auch bestimmte Veränderungen im Kopfe der Menschen hervorbringen, und dann haben die Menschen die gleichen Vorstellungen, wie sie die Idonen gerade in sich bilden. Ich kann das ja nicht so verstehen, aber die Idonen wissen, wie ihr eigner Körper und wie der der Menschen beschaffen ist und wie damit die Gedanken zusammen hängen. Das verstehen sie besser als die Menschen selbst. Denn die Menschen, so sagt Ildu, müssen das alles erst mit großer Mühe lernen; die Idonen aber bringen das Wissen um ihre eignen Einrichtungen und deren Nutzen schon mit auf die Welt, sie erben es von ihren Vorfahren. Und in dem Lande, wo sie leben und woher sie kommen, da sind sie die Herren, wie es hier die Menschen sind.«

»Da siehst du doch gerade,« rief die Fichte eifrig, »daß sich die Idonen mit den Menschen nicht werden vertragen können. Denn wenn sie dort die Herren sind, werden sie es auch hier sein wollen. Und obwohl es der Menschen viele gibt, und obwohl sie groß und mächtig sind, so werden sie doch gegen die Idonen nichts auszurichten vermögen. Denn die Menschen müssen sterben, die Idonen aber sterben nicht.«

»Wie kommst du darauf?« fragte Ebah erstaunt.

»Ich habe gehört, wie du einmal mit der Buche davon gesprochen hast, daß die Idonen über den Tod der Menschen sich wundern.«

»Ach, wieviel redet ihr doch da im Walde, was ihr gar nicht begreift,« rief die Buche unwillig. »Der Fall liegt viel verwickelter. Da habt ihr uns ganz falsch verstanden. Ich will dir's sagen. Die Idonen sterben nicht wie die Menschen und Tiere und wie auch die Pflanzen, wenn sie alt geworden sind, an Altersschwäche; ihrer Natur nach könnten sie immer weiter leben. Aber sie können getötet werden durch äußere Eingriffe, durch Gewalt, die ihren Körper zerstört oder ihm die Luft abschneidet und dergleichen. Und sie können auch freiwillig sterben. Das tun sie, wenn sie einsehen, daß es besser für sie ist, nicht mehr zu leben. Warum sie so etwas denken können, das weiß ich freilich nicht. Aber Bio hat es gesagt. Sie sollen die weisesten Wesen sein.«

»Nun, dann werden sie schon wissen, wie sie die Menschen zu fassen haben. Sonst wären sie ja auch nicht hergekommen, wenn sie nicht einen bestimmten Plan gehabt hätten. Sie sind Pflanzen, die weisesten Pflanzen. Da werden sie eben gehört haben, daß hier die Pflanzen unterjocht sind, und da haben sie sich gesagt, wir wollen mal den armen Dingern dort Hilfe bringen.«

»Ja, und besonders den Fichten, weil die so bescheiden sind,« bemerkte die Buche ironisch.

»Warum denn nicht?« antwortete die Fichte trotzig.

»Weil sie überhaupt gar nicht wissen, wie sie hergekommen sind,« fiel Ebah ein. »Bio ist in ihren Sporen hierher geweht worden, und du weißt doch selbst, daß die Pflanzen bewußtlos im Schlummer liegen, solange sie im Samen umherfliegen.«

»Da sollten sie aber wenigstens die Gelegenheit wahrnehmen, daß die frechen Treter geduckt werden und endlich einmal die Pflanzen zur Herrschaft kommen. Was wollen sie denn sonst mit den Menschen machen?«

»Vielleicht,« sagte Ebah nachdenklich, »vielleicht werden sie uns wirklich helfen. Aber nicht dadurch, daß sie die Menschen vernichten, sondern indem sie ihnen ihre Weisheit mitteilen, sie belehren und sie besser machen. Sie könnten doch die Menschen überzeugen, daß wir Pflanzen nicht unbeseelt und teilnahmslos im großen Erdleben stehen, sondern daß wir auch mitstreben und mitfühlen am ganzen und daß wir mit den Tieren und Menschen das gewaltige Reich Urd bilden, darin alle lebenden Wesen die gleichen Rechte haben. Und so könnten sie uns versöhnen mit den Menschen, daß wir alle bewußt zusammenarbeiten und uns helfen und freuen am Gedeihen der heiligen Muttererde und uns verstehen, wie ihren Kindern ziemt.«

Da brummte etwas unten am Boden, und das Moos sagte: »Phantastin! Kennst die Menschen nicht, sind zu beschränkt, beschränkt! Sie haben nichts als ihre vergängliche Einzelseele, sie wissen nichts von der Dauerseele, die durch den Erdleib webt, und wenn man es ihnen sagen könnte, würden sie es nicht verstehen. Da werden auch die Idonen nichts ausrichten, so weise sie sein mögen. Warum sollten sie auch nicht weise sein, gehören sie doch zu den Vorkeimen der Kryptogamen?«

Ebah schwieg erst bescheiden, dann aber begann sie zur Buche: »Wenn das weise Moos recht hat, daß die Menschen nichts von der Dauerseele wissen, so können doch wir vielleicht den Idonen helfen, sie zu belehren. Wir müssen die höhere Einzelseele pflegen, die wir beim Blühen erlangen. So nähern wir uns den Menschen, und wenn dann die Idonen gestatten, daß wir mit den Menschen reden, so müssen diese wohl einsehen, daß wir beseelte Wesen sind wie sie, Einzelseelen wie sie, die sich mit Einzelseelen verstehen können. Und von dort werden wir sie hinaufführen zur Allseele der Erdmutter.«

»Du willst wieder aufs Blühen hinaus,« sagte die Buche freundlich. »Und das soll dir ja auch werden. Aber mit der höheren Einzelseele solltest du nicht immer wieder kommen, das ist nichts für uns. Seien wir froh, daß wir nicht zu viel davon haben. Unser Weg zur Einheit mit den Menschen und zur Freiheit auf der Erde ist ein andrer. Es ist Zeit, daß ich dir einmal die alte Sage erzähle, die uns verkündet ist über der Pflanzen Treue und den schlummernden Gott.«

»Wie gern will ich sie hören,« erwiderte Ebah. »Aber sieh, Schattende, da gerade jetzt Harda uns so nahe in deinem Schutze sitzt, könnte ich es nicht jetzt einmal versuchen, ob sie mich versteht, ob ich sie verstehe, wenn einer der Idonen uns verbinden wollte? Vielleicht dürfte ich dann sie selbst fragen, wie sie über die Pflanzen denkt? Vielleicht würde sie mich belehren können, was ich zu tun habe? Ach, Schattende, es wäre doch zu schön, wenn ich einmal mit einem Menschen sprechen könnte!«

»Du weißt ja doch, liebe Ebah, daß wir ohne ihren Willen nicht zu erkennen vermögen, ob Idonen in unsrer Nähe sind, und daß wir es nicht wagen dürfen, solche Bitten an sie zu richten.«

»Aber ich will Bio fragen. Sie kann mit den Idonen sprechen, wann sie will, und ihr sind sie gern zu Gefallen.«

»Nun denn,« sagte die Buche, »so will ich dafür sorgen, daß die andern Pflanzen euch nicht hören und stören.«

Die feinen Tasthärchen Bios, des Sternentaus, schmiegten sich enger an Ebahs Ranken.

»Du brauchst nicht erst zu bitten,« sagte der Sternentau freundlich zum Efeu. »Es sind immer einige von meinen Kindern in der Nähe, denen ich deinen Wunsch mitteilen will. Und wenn sie ihn erfüllen wollen und können, wirst du es bald erfahren.«

* * *

Harda schob wieder einen Bogen unter ihren Hut und legte sich einen neuen zurecht. Sie schrieb weiter an Geo.

»Ist das nicht eine tolle Geschichte mit unsern »Elfen«? Und was meinst Du nun zu der ganzen merkwürdigen Sache? Werner hat einen Bericht aufgesetzt und will ihn an zwei berühmte Sachkenner . . . . Verstehst du mich, ich bin es, der zu dir spricht, Ebah, der Efeu, hier vor dir an der Buche, dessen Sproß du in dein Zimmer gepflanzt hast – –«

Harda ließ die Feder fallen, daß ein tüchtiger Klecks auf dem Papier entstand.

»Was schreib' ich denn da?« fragte sie sich selbst. »Da spricht ja in mir etwas – – ja, ja – der Efeu –«

Sie lehnte sich zurück, um ihre Stirn wehte der kühle Hauch, der die Gegenwart eines Idonen anzeigte. Harda wußte, daß sie jetzt wieder einen »Anfall« hatte. Aber sie wehrte sich nicht dagegen. Es war ihr nicht unangenehm, sie fühlte sich auch nicht zu irgend einer Handlung gezwungen, nur vernahm sie deutlich, daß sie angeredet wurde. Dabei war sie sich ihrer Sinne und der Umgebung bewußt, es war nicht anders, als ob wirklich jemand, den sie nicht sah, ein Gespräch mit ihr zu führen suche.

»Ebah nennen mich die Pflanzen,« klang es weiter in Harda. »Ich kenne dich lange, Harda, und ich liebe dich, denn du hast mich beschützt. Höre mich an, ich bin so traurig, daß du ein Mensch bist und keine Pflanze, und nicht mit uns lebst und sprichst und fühlst in unserm großen Reiche, wo die Dauerseele uns alle verbindet.«

Die Stimme schien eine Antwort zu erwarten. Harda fühlte sich ganz ruhig, hier hatte sie offenbar nichts zu befürchten. Lag dieser Stimme wirklich ein objektiver Vorgang im Efeu zu grunde, oder dichtete nur ihre Phantasie? Warum sollte sie nicht eine Antwort geben? Sie war sich bewußt, ganz frei über ihre Gedanken verfügen zu können. Und so antwortete sie in der Tat sofort mit halblauter Stimme:

»Wenn du mich verstehen könntest, lieber Efeu oder Ebah, so würdest du jetzt hören, daß du gar keinen Grund hast, traurig zu sein. Ich bin meinerseits sehr froh, daß ich ein Mensch bin und keine Pflanze, und ich lebe in unserm Seelenreiche und fühle mich durchaus wohl als ein Teil des großen Zusammenhangs, den wir Welt nennen. Na, verstanden wirst du mich ja nicht haben, langes, grünes Schwesterchen und Dauerseelchen?«

Sofort klang es wieder in Harda:

»Ich habe dich sehr wohl verstanden, aber ich kann mir nicht denken, daß du glücklich bist, weil du doch nur eine Einzelseele besitzest, und weil du nicht weißt, daß wir Pflanzen auch beseelt sind und unsre Gefühle und Vorstellungen uns in unsrer Sprache mitteilen können.«

»Wissen konnte ich das freilich nicht,« antwortete Harda, »aber geglaubt habe ich es immer, daß auch die Pflanze beseelt ist, obwohl freilich die meisten Menschen das noch immer nicht zugeben wollen. Beweisen freilich konnten wir es bisher nicht, nur erschließen und vermuten. Und auch jetzt begreife ich nicht, wieso du zu mir in meiner Sprache reden kannst.«

»Ich denke nur in meiner Art,« sagte Ebah. »Aber auf deinem Haupte – fasse nicht dahin – sitzt unsichtbar ein Idone, er stammt von einer Pflanze und versteht, was ich sage, und während er es mitdenkt, arbeitet auch dein Gehirn mit, und die Gedanken setzen sich in den Laut deiner Sprache um.«

»Was sitzt da? Wie nennst du das?«

»Idonen nennen sie sich selbst, sie kommen von einer fremden Pflanze, der du so viel blaue Sterne abgeschnitten hast. Das sollst du nicht tun, bitten dich die Idonen und Bio, ihre Mutter.«

»Idonen und Bio – so also nennt ihr meine Elfen und meinen Sternentau – nun, liebe Ebah, wenn deine ganze Rede wirklich bloß meine Phantasie ist, so möchte ich nur wissen, warum ich für diese mir wohlbekannten Dinge auf einmal neue Namen erfinde.«

»Wie, Harda? Du glaubst, meine Rede sei nur ein Traum von dir? O nein, ich wünsche schon lange mit dir zu sprechen und will gern eine Einzelseele wie du haben, damit wir uns besser verstehen. Dann wirst du begreifen, daß die Einzelseelen alle verbunden sind in der großen Erdseele und daß es von euch Menschen sehr unrecht ist, euch von unserm Reiche auszuschließen.«

»Da kann ich dich beruhigen, Ebah. Wir Menschen wollen auch teilnehmen an dem Ganzen des Erdlebens. Auch wir begreifen mehr und mehr, daß alle Lebewesen nur Organe sind des Planeten und daß unser Bewußtsein in seiner großen Einheit zusammenhängt. Nur geht unser Weg von der Einzelseele zur Allseele, der eure aber umgekehrt von der Dauerseele zur Einzelseele.«

»Ja, diesen Weg gehe ich, ich will blühen, ich will etwas für mich allein sein, und dabei eben hoffte ich, dir zu begegnen. Wie glücklich bin ich, daß ich dich getroffen habe. Nun können wir zusammen blühen! Denn im Blühen gewinnen wir uns für uns selbst allein. Du mußt auch blühen, Harda, im Herbste, wenn meine Blüten sich öffnen. Du wirst merken, wie schön das ist.«

»Blühen –« Harda sprach ganz leise. »Ja, Blühen – aber warum erst im Herbst? Ach, Ebah, ich glaube – doch das kannst du nicht verstehen. Siehst du, das ist bei uns Menschen anders als bei euch. Ich will auch etwas für mich sein, für mich allein, und ich bin es, ein Ich, wie wir es nennen. Aber wenn wir blühen, dann eben verlieren wir die Einzelseele. Dann will ich nicht mehr für mich allein sein, dann will ich sein für – für den andern –«

»Das müssen wir noch besprechen, Harda. Wie verstehe ich das? Wer ist der andere? Auch ein Mensch?«

Eine andere Stimme unterbrach plötzlich die Rede des Efeus. Harda hörte noch deutlich:

»Gefangen! Getötet, getötet ehe er sich einen Namen geben konnte –«

»Wer? Wer? Wer tat es?« Die Stimmen gingen durcheinander.

»Der Mensch, der hier –«

»In jenem Hause hält er Stefu gefangen –«

»Da sitzt ja der Mensch, der so oft dort bei ihm war –«

»Was wollt ihr von Harda?«

»Sie müssen vernichtet werden!«

»Wir wollen die Menschen –«

Die Stimmen brachen plötzlich ab. Der Vermittler hatte sich von Hardas Kopf entfernt, nachdem ohne seinen eigenen Willen die ihn überraschenden Zurufe auch in Hardas Bewußtsein übergeführt worden waren.


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