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Was funkelt die Maiensonne so freundlich in die Welt?
Was ruft so laut die Lerche und schwingt sich über das Feld?
Warum steht Wald und Garten in bräutlichem Gewand?
Beim reichen Gott im Himmel! – welche Freude zieht in das Land?
Ist uns ein Sieg erfochten? Begann die goldne Zeit?
Ist alles Weh versunken und alles Herzeleid?
Blühn nur bei uns die Rosen, aus denen man Kränze flicht?
Ist unser Glück ein Becher, der nimmermehr zerbricht?
Wohl blühn bei uns die Rosen, aus denen man Kränze flicht,
Wohl blühn bei uns die Rosen, wenn auch ohne Dornen nicht,
Wohl ist unser Glück ein Becher, zerbrechlich in Gottes Hand,
Doch heute sind wir gesegnet, ein herzensfreudiges Land!
Es ist von stiller Liebe ein heiliges Wunder geschehn,
Ein Fest von Glück und Eintracht darf Fürst und Volk begehn,
Kein Aug' soll sein verdüstert und keine Wange bleich:
Es feiern die fröhliche Hochzeit Brabant und Oesterreich.
Mir ist, als sollt' ich träumen von dem, was urlängst war,
Es ist ein holdes Märchen schon alt vierhundert Jahr;
Da wuchs in Kaisers Landen ein ritterlicher Sproß,
Der junge Max geheißen, in mannlicher Tugend groß.
Er war ein kühner Jäger, geübt mit Aug' und Hand,
Von seinen Abenteuern erzählt die Martinswand;
Er war ein tapferer Streiter, erprobt in manchem Strauß,
Für die alte deutsche Ehre schlug er den Kampf nicht aus.
Es flatterten ihm die Locken ums Haupt wie wallendes Gold,
Er blickte aus großen Augen treuherzig und auch hold;
Ohne Furcht und ohne Tadel, so trat er in die Welt,
Wie das Lied der Nibelungen von dem kühnen Siegfried erzählt.
Auch damals gab's zu rechten, zu richten viel im Reich,
Auf Kaiser Friedrichs Stirne saß manche Sorge bleich;
Aus der geweihten Krone fiel klirrend mancher Stein,
Sie wurde frech geplündert und sollte doch so herrlich sein.
Im Aufruhr war der Böhme, der Ungar lag vor Wien,
Da Hub Prinz Max sein Banner, ließ seine Getreuen ziehn;
Er brach in ihre Rotten, er brach in ihre Reih'n
Die Perle des Reichs zu gewinnen, das deutsche Wien zu befrei'n.
Da blickten aller Augen auf des Kaisers herrlichen Sohn,
Hochmütige Fürsten beugten sich nieder vor dem Thron;
Doch Max blieb schlicht und bescheiden, gedachte der Größe kaum,
Zu Laxenburg im Garten, da saß er und sann wie im Traum.
Da blühten wohl wilde Rosen im Garten zu jeder Stund',
Er aber dachte im stillen an die Rose von Burgund,
Da wuchsen wohl Veilchen und Nelken und Blumen allerhand,
Er aber träumte im Herzen von der Blume von Brabant.
Was ist das für eine Blume, an die er heimlich denkt?
Was ist das für eine Rose, der er sein Herz geschenkt?
Es ist Prinzessin Maria, Karl des Kühnen Kind,
Die herrscht in den Niederlanden, wo die mächtigen Städte sind.
Die herrscht in den Niederlanden, wo jeder Bürger sie kennt,
Zu Utrecht und Antwerpen, zu Brüssel und zu Gent.
Dort wimmelt's auf lärmenden Straßen zu Roß und auch zu Fuß,
Die Meerflut dringt in die Gassen als tausendarmiger Fluß.
Dort bläht das Schiff die Segel und steuert mit stolzer Pracht,
Dort ist der Geist der Freiheit wie nirgendwo erwacht,
Und manches Kleinod schlummert dort in der Erde Grund:
Drum preist man in allen Zungen die Ehre von Burgund:
Es glänzt in der deutschen Krone ein seltener Opal,
Der funkelt in der Sonne mit zauberhaftem Strahl
Und weil er nie auf Erden noch seinesgleichen fand.
So gleicht er einer Waise, wird der Waisenstein genannt.
So herrlich war auch die Jungfrau, um die sich der Streit erhob,
Es sangen gar viele Freier der edlen Maria Lob;
Manch Stolzer hat ihr gehuldigt im Reich und über dem Rhein,
Sie aber wollte im Herzen die Braut des Habsburg sein.
Die Kammerherrn und die Räte, Hofmeisterinnen auch,
Die kamen da in Harnisch für den alten, guten Brauch;
Sie sprachen mit feurigen Zungen für Frankreichs krankes Kind,
Es taten Gold und Silber manches Wunder wohl geschwind.
Doch so sind Frauenherzen: es täuscht sie kein goldnes Geschmeid',
Sie tragen treu die Liebe in Lust und auch in Leid;
Und wahrlich je höher die Schranken sich türmen vor ihrem Blick,
Je höher ziehn die Gedanken und eilen zu ihrem Glück. –
So ist's mit Max und Maria in alter Zeit geschehn,
Sie konnten sich nicht mehr trennen, sobald sie sich gesehn;
Und wär' auch der Weg noch weiter von Laxenburg bis Gent –
Sie hätten sich doch gefunden an aller Welten End'.
Was aber empfanden die Völker bei diesem Herzensbund?
Was erblühte aus der Hochzeit von Oesterreich und Burgund?
War's nur eine Fürstenfeier, ein prächtiger Hochzeitstanz?
Gewann die alte Krone allein von diesem Glanz?
Wohl war's eine Fürstenfeier, ein prächtiger Hochzeitstanz!
Und auch die alte Krone gewann in ihrem Glanz,
Doch das, was mehr ist, als Kronen, hat uns Prinz Max gezeigt,
Daß in der Brust des Fürsten das Menschenherz nicht schweigt.
Und ist auch dieses Märchen schon alt vierhundert Jahr,
In dieser heiligen Stunde, da wird es wieder wahr;
Denn fröhlich kommt aus dem Norden unsers Kaisers mannlicher Sproß
Und bringt aus belgischen Landen sein liebliches Ehegenoß.
Es gilt uns als herrliches Zeichen in dieser ernsten Zeit,
Daß unser künftiger Kaiser nach seinem Herzen freit.
Denn wer seine ewigen Bande in solchem Geiste flicht,
Der liebt auch das Volk und die Lande und weiht sich der Bürgerpflicht.
Wir haben mit Freude vernommen von der belgischen Ehr' und Zucht;
Sei die Königstochter willkommen, die uns in Liebe sucht!
Nun wollen wir Fröhliches hoffen nach Gottes weisem Rat;
Der Baum verkündigt die Früchte, der Same verbürgt die Saat.
Wohl werden die Völker euch schmeicheln auf eurer bräutlichen Fahrt,
Wir aber wollen nicht heucheln, das ist nicht deutsche Art.
Lang mögt ihr unter uns wohnen mit immer seligem Mut!
Und auch auf den landfremden Thronen vergeßt nicht das deutsche Blut!
Der Himmel mög' euch erhalten und gnädig beschirmen vor Schmerz!
Wir bleiben eure Getreuen, wir sind des Reiches Herz.
Heil uns! wenn Fürst und Burger sich ganz in Liebe gleich,
Wir bleiben im Herzen bei Habsburg und Habsburg bleibt Oesterreich!