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Eine alte Rechnung

Der Förster, dem Mautz ein halbes Dutzend Hühner gerissen hatte, tobte vor Wut. Als er eines Tages mit dem Pächter der Nachbarjagd zusammenkam, erzählte er sein Mißgeschick.

»Wie sah denn die Katze aus?« fragte der ihn.

»Es war ja nicht viel zu sehen, aber mir schien sie grau zu sein.«

Da war der Pächter sicher, daß es sich um seinen alten Bekannten handelte, und er sann wieder mal darüber nach, wie er der »Bestie«, anders nannte er den Kater nicht, beikommen könnte. Endlich hatte er eine vielversprechende Idee.

Eines Abends, das Wetter war milde und der Schnee fing an naß zu werden, streunte Mautz wieder auf seinem gewohnten Wechsel.

Schwere Wolken zogen am Himmel dahin, und nur hin und wieder blinzelte ein Stern zur dunklen Erde hernieder. Als der Kater aus der Schonung trat, traf eine ferne Witterung seine Nase, die ihn reizte. Er zog ihr nach. Wenn er durch eine Dickung oder in einer Senke lief, wurde die interessante Witterung schwächer, aber gleich darauf zog sie ihm wieder stärker entgegen. Mautz wußte nicht, daß der verlockende Duft von einem mit Baldrian getränkten Wattebausch ausging. Ihn hatte nur eine mächtige Gier nach dem Etwas erfaßt, das für ihn, wie für alle Katzen eine zwingende Macht besaß. Plötzlich, Mautz war gerade um eine Dornenhecke gebogen, schlug ihm der volle Baldriangeruch entgegen. Er hatte die Nase am Boden und war gleich darauf bei einem Grasbüschel. Hier steckte er den Kopf hinein, kniff die Augen zu und schnurrte. Aber es war nur ein kleiner Tropfen dorthin gefallen. Nach ein paar Schritten war es dasselbe, und noch einmal das gleiche. Jetzt stand Mautz vor einem länglichen, niedrigen Kasten. Der war an beiden Enden offen, und aus diesem merkwürdigen Gestell strömte voll die betäubende Witterung. Sie ging von etwas Weißem aus, das mitten in dem schmalen Gang aus Holz lag. Der Kater war voll Verlangen nach dem Berauschenden da dicht vor ihm, aber er bezwang sich noch. Denn das hölzerne Ding sah sehr nach Menschenwerk aus. Da fand er dicht vor dem Kasten noch einen starken Tropfen Baldrian. Schnurrend und mautzend rieb er sich Gesicht und Kopf darin, dann warf er sich hin, rollte und räkelte sich und benahm sich sehr ähnlich, wie damals an dem Holunderbaum. Doch jetzt war seine Überlegung dahin, seine Widerstandskraft so geschwächt, daß er, alle Vorsicht vergessend, mit einem Sprung im Kasten war, um zu der eigentlichen Duftquelle zu kommen. Da gab es hinter und vor ihm einen harten Schlag von Metall auf Holz, und Mautz war gefangen. Es half kein Kratzen, Toben und Beißen, die Kastenfalle war solide gebaut. Seine Bemühungen wurden immer verzweifelter. Maul und Pfoten waren längst wund, und immer noch ließ der Gefangene nicht nach. Gegen Morgen war er so zerschlagen und von Angst zermürbt, daß er sich in eine Ecke kauerte und der Dinge harrte, die ja nun kommen mußten. Nach einer Stunde etwa war es so weit. Der Pächter kam. Ein schneller gespannter Blick in die Falle, dann wußte er, es war sein alter Freund, der graue Kater. Mautz knurrte und grollte. Das hörte sich so an, als säße ein Puma in der Falle und nicht ein kleiner Hauskater. Der Mann streifte einen Kartoffelsack über das eine Ende der Kastenfalle, hob das andere Ende hoch und drückte dann plötzlich die Feder herunter, die die Türen geschlossen hielt. So rutschte der Kater, der sich an die untere Tür gepreßt hatte, unvermutet in den Sack, der nun schnell zugebunden wurde. Und Mautz, der sich erinnerte, schon einmal in der Lage gewesen zu sein, wurde davongetragen. Er lag ganz still, hatte fürchterliche Angst und hoffte auf ein Wunder. Nach einiger Zeit wurde er unsanft auf die Erde geworfen, und ein schnaufender Hund stieß ihn grob mit der Nase an. Dann packte er zu. Mautz schrie gellend, fauchte und toste in dem Sack herum, so daß der Hund vor Schreck wieder losließ. Plötzlich wurde es hell um Mautz, er wurde aus dem Sack geschüttelt und der Hund, ein mächtiger Brauntiger, ging wieder auf den armen Mautz los. Der aber fuhr ihm scheußlich an die Behänge und schlug und riß blindlings und vor Wut schnaubend.

Der Hund klagte, sprang zurück, ging dann aber wieder darauf los. Jetzt rannte Mautz – – – dicht hinter ihm der Hund!

Der Pächter hatte die Doppelflinte am Kopf. Der Kater rannte direkt auf eine dichte Schonung zu, die durfte er nicht erreichen. Nun hatte der Schütze den Kater frei, das Korn faßt das Ziel, mitgegangen, im Schuß macht die wilde Jagd eine leichte Wendung, der Hund jault auf, überschlägt sich, die Läufe schnellen, er gurgelt – röchelt – und verendet. Mautz war weg! Der Jäger lief zu seinem Hund, betastete ihn und rief ihn beim Namen. Umsonst! Die schönen braunen Augen waren noch ganz klar, aber sie waren reglos. Dem Jäger kamen die Tränen. Wer mal einen lieben Hund und noch dazu auf solche Weise verloren hat, der wird es verstehen.

Im Frühjahr erlebte Mautz die Hohe Zeit der Katzen, die Ranzzeit. Er fühlte aufs neue das Sehnen und Drängen, das ihn zwang, weite Wanderungen zu unternehmen, und schaurig klangen seine rauhen Schreie in die nächtlichen Frühlingswinde.

Es zog ihn zum Dorf. Dorther kam der aufrührerische Wind, der in dem kräfteerfüllten Kater Sehnsucht und Zorn, Kampfesmut und Furcht lebendig werden ließen. Denn neben der Hoffnung auf Zärtlichkeiten stand die Erinnerung an Griff, den grimmigen rot-weißen Kater. Dem wollte Mautz nicht wieder in die Quere kommen. So prüfte er also, als er beim Dorfe angelangt war, vorsichtig den Wind, und als ihm Katerwitterung zugetragen wurde, lief er, weniger mutig als klug, in entgegengesetzter Richtung.

Einzelne Regenschauer fielen, und böiger Frühjahrswind jagte die düsteren Wolken, zerfetzte sie, trieb sie zu gewaltigen, schwarzen Mauern zusammen, die undurchdringlich schienen. Doch gleich darauf riß eine unsichtbare Kraft die alles verdunkelnde Wand zusammen, und der Mond, der im Abnehmen war, trat überraschend in kalter Klarheit hervor. Jetzt zog eine helle, durchsichtige Wolke an der glänzenden Mondscheibe vorüber. Es sah aus, als wenn ein Gesicht, das es nicht gut meint, durch einen sich bewegenden Schleier blickt. Kaum leuchtete der Mond wieder unverhüllt, als ihn eine riesige schwarze Wolke endgültig verdeckte.

Mautz auf Freiersfüßen

Ein heller, geschmeidiger Liebesschrei klang durch die Nacht. Rauh und grollend antwortete Mautz. Behend lief er an einer Haselhecke entlang, deren Troddeln, noch spröde und klein, kurz davor waren, aufzubrechen. Hastiger lief der Kater, Hals und Kopf gingen auf und nieder. Da klang es wieder durch die Dunkelheit. So einschmeichelnd und voller Versprechungen war die Stimme. Mautz wurde von einer heißen und gierigen Freude erfaßt. Er stürzte dahin, dachte an keinen gefürchteten Nebenbuhler, dachte an nichts anderes, als nur so rasch wie möglich zu der Katze zu kommen, deren betörende Stimme ihn rief. Er sprang über eine Mauer. Mit welcher Kraft und prachtvollen Leichtigkeit flog er die zwei Meter hohe Wand empor. Oben stand er, einen Augenblick graziös und voller Aufmerksamkeit in den Hof spähend. Da war sie! In Sekundenschnelle war Mautz auf der Erde und gleich darauf bei der Katze. Sie war schwärzer als die Nacht. Er fuhr gleich wie ein Husar auf sie los, denn jede Erklärung schien ihm überflüssig. Die schwarze Schönheit dachte anders. Sie fauchte greulich, teilte Backpfeifen aus und war mächtig spröde. Da versuchte es Mautz notgedrungen mit der Galanterie. Dafür hatte sie mehr Verständnis. Aber sowie er sie nur mit der Nase berührte, wurde sie kratzbürstig. Wenn er versuchte, ihr unmerklich die Rückenseite abzugewinnen, war sie auf der Hut, und immer hatte der Kater zwei schräggestellte blaßgrüne Augen vor sich. So starrten sie sich an. Wilde Kehllaute voller Haßliebe drangen aus beider Brust. Zwei Stunden saßen sie sich gegenüber; voll mühsam zurückgehaltener Gier der Kater, und voll Furcht vor dem Gewaltsamen, Unbekannten und doch gelähmt von der Sehnsucht nach der Kraft des Gatten die Katze.

Als dann in der Nähe eine Tür zugeschlagen wurde, stob das Paar auseinander.

Mautz lief über kahle Felder, durch Schonungen und raumes Holz nach Hause zu seinem Bau. Der Morgen wollte eben kommen, als der Kater in der Einfahrtröhre verschwand. Der kommende Tag fand Mautz appetitlos. Voll Ungeduld trieb er sich in der Nähe des Baues herum. Als er eine Brandmaus fing, stellte er sich so ungeschickt an wie in seinen Kindertagen, und doch ärgerte er sich nicht einmal darüber. Ihn erfüllte nur die Ungeduld, mit der er die Nacht erwartete. Doch der Tag beeilte deshalb seinen Ablauf nicht, und Mautz geriet darum langsam in eine ärgerliche Stimmung. Hin und wieder fuhr er ein und versuchte, die träge schleichende Zeit zu betrügen und ein Schläfchen zu machen. Jedoch in der Dunkelheit des Baues gewannen die Bilder der vergangenen Nacht wieder ihre volle Lebendigkeit, und an richtigen Schlaf war gar nicht zu denken. Die Unrast riß den verliebten Kater wieder empor. So ging das den ganzen Tag. Natürlich vergrößerte sich die Sehnsucht, die den Kater quälte, immer mehr, und ihre Erfüllung wurde zu einer zwingenden Notwendigkeit. Im selben Maße wurde die Angst vor dem gefürchteten Hauptkater zurückgedrängt, wenigstens wuchs die Gewißheit in Mautz, daß er dieses Mal, wenn es sein mußte, bis zu Sieg oder völliger Niederlage kämpfen würde. Diese Empfindung machte den Kater immer nervöser und immer reizbarer, und die Furcht vor einem Kampf auf Leben und Tod, dem er möglicherweise nicht würde ausweichen können, und andererseits die gebieterische Forderung der Natur, die ihn zwang, komme, was da wolle, der Liebe nachzugehen, brachten Mautz schließlich in einen Zustand, der unerträglich war. So war er nahe am Bersten, als endlich der Abend kam. Das letzte Tageslicht verging, da löste sich der Kater aus dem Schatten des Waldes, trat ins Freie, um gleich darauf im dämmrigen Düster zu verschwinden.

Diese Nacht war ruhiger als die vergangene. Kein Lüftchen regte sich, obwohl der Himmel wieder bedeckt war.

Fern und nah schrien die liebessehnsüchtigen Katzen, doch Mautz hatte ein bestimmtes Ziel, die kleine Schwarze von gestern.

Als er auf der Mauer stand, war der Hof leer, und doch hatte er vor wenigen Augenblicken noch den Schrei der schwarzen Katze gehört. Plötzlich hörte er hinter dem Hause ein Fauchen. Sofort huschte er dorthin. Da war sie, und ihr gegenüber stand, zudringlich nahe, ein grauer Kater mit weißer Zeichnung an Brust und Pfoten.

Es flimmerte vor Mautz' Augen, er schrie und knurrte nicht, sondern stürzte mit gesträubtem Haar und glühenden Augen vorwärts. Der andere Kater wandte sich, machte einen mächtigen Buckel und stellte seinen Schwanz wie einen Lampenputzer auf, denn er dachte, Mautz würde es genau so machen. Doch der Grauweiße, der noch jung war, irrte beträchtlich. Ohne die geringste Ankündigung schlug ihm Mautz seine Pranken ins Gesicht, überrollte ihn und bearbeitete den gellend Schreienden mit Zähnen und Klauen. Jetzt hieb der Überfallene nach Kräften zurück, machte sich frei, sprang in die Luft und landete mit zwanzig Krallen und seinem Gebiß auf seinem Feind. Aber Mautz war ihm überlegen. Er schüttelte den Jüngling ab und schlug ihn dermaßen ins Gesicht, daß dem jungen Kater die Sinne vergingen und er, im Augenblick geblendet, taumelnd die Flucht ergriff. Doch der Sieger war nun einmal im Zuge, er verfolgte den Unterlegenen und ließ nicht locker, ihn zu peinigen, bis der sich in einem Schlupfloch in einer Tür zur Wehr setzte. Hier hatte er volle Deckung, konnte schlagen, aber nicht geschlagen werden. Da mußte Mautz von ihm ablassen und begab sich auf die Suche nach der Katze. Vom Schuppendach aus war sie Zeuge des Kampfes gewesen. Schauer der Wonne und des Grauens durchrieselten sie, als sie das Duell beobachtete. Sie hatte sich nicht vom Fleck gerührt, und so fand Mautz sie schneller als er dachte.

Mautz im Kampf mit Griff

Erst tat sie als wolle sie fliehen, doch sie blieb – kam ihm sogar entgegen, und plötzlich schmiegte sie sich heftig an ihn und strich schnell unter seinem Kinn vorbei. Da griff er blitzschnell mit einer Pfote über ihren Rücken und packte sie mit den Zähnen im Genick. Aber quarrend und fauchend drehte sie sich aus diesem Griff und teilte verschiedene Maulschellen aus. Doch das war nun nicht mehr die richtige Art mit Mautz umzugehen. Er schlug ganz unverhofft und gewaltig zu, so als wenn er nicht seine Liebste, sondern einen Feind vor sich habe. Laut kreischten und lärmten alle beide. Sie setzte sich zur Wehr, aber er schlug ihre Abwehr nieder, und was ihm durch Zärtlichkeit nicht gelungen war, erreichte er mit Brutalität. Die Katze wehrte sich nur noch zum Schein ein bißchen, als er wieder ihr Genick packte und in den Zähnen hielt. Das Kreuz durchgedrückt, die Lunte zuckend, erbebte sie unter seinem Ungestüm. Sie kniff die Augen zu und empfing so ihren gewaltsamen Liebhaber. Dann warf sich die seidenschwarze Braut auf den Rücken, wälzte sich schnurrend hin und her, stand dann wieder auf, fuhr dem Gatten liebkosend mit dem Schwanz über das Gesicht, umstrich ihn und war die Dankbarkeit und Zärtlichkeit selbst.

Als Mautz seine Geliebte am Morgen verließ, war er satt von Liebe und voller Stolz. An diesem Tage schlief er ausgezeichnet. Dann kam wieder der Abend, und der graue Kater ging mit dem Gefühl eines Besitzenden zum Dorf. Und wieder wollte die Katze zuerst spröde tun, aber die Liebe war stärker. Lässig lagen sie dann nebeneinander, als auf einmal die Silhouette einer großen starken Katze auf der Mauer stand. Im selben Augenblick stand auch Mautz auf den Läufen. Jetzt sprang der Neuangekommene, es war ein Kater, herab und stolzierte steifbeinig und knurrend Mautz entgegen. Der Neue war groß und stark, seine breiten Backenknochen waren mit Narben bedeckt, und seine Ohren waren zerschlissen von vielen Kämpfen. Er hatte tiefliegende böse Augen, die starr auf den grauen Kater gerichtet waren. Aus der Brust des narbenbedeckten Katers, dessen Balg rot und weiß gefleckt war, kamen tiefe, grollende Laute. Doch sie drangen leise herauf und wirkten dadurch nur noch unheimlicher. Mautz erkannte den grimmen Burschen gar wohl, der da so anmaßend auf ihn zutrat – das war Griff! Schreck und Wut quollen in Mautz empor. Auch aus seiner Brust kam ein leiser wimmernder Laut, doch es klang nicht kläglich, sondern voller Gift und Haß. Griff glaubte, diesen grauen Lümmel mit den hohen Läufen schon mal getroffen zu haben. Doch hatte er mit zu vielen Katern die Waffen gekreuzt und war seit drei Jahren immer erfolgreich, um sich jedes einzelnen erinnern zu können. Dieser hier ließ ihn stutzen. Irgend etwas an Mautz verriet den verwilderten, den freien Kater, der, nicht verhätschelt von Menschenhand, täglich um die Erhaltung seines Lebens kämpfen muß. Doch solch ein Gefühl der Unsicherheit ließ Griff niemals Herr über sich werden. Zögernd, lauernd trat er auf den Grauen zu. Der blieb regungslos stehen, keine Wimper zuckte, nur aus der breiten Brust kam ein ersterbender Laut, eine geflüsterte Warnung. Griff verstand sie wohl, doch er beachtete sie nicht und trat so nahe an den anderen heran, daß sich ihre Schnurrhaare berührten. Mautz stand stumm. Es war, als wenn alles Leben aus ihm gewichen wäre, und verächtlich schnaufte ihm der Rot-weiße unter die Nase. Unmittelbar darauf kreischte er gellend, und sein linkes Auge, eben noch gelb-grün, färbte sich rot, und rote Tropfen fielen aus ihm herab. Der Angriff des fremden Grauen war zu schnell gekommen. Schon zu Beginn des Kampfes auf einem Auge blind, war Griff im Hintertreffen. Aber er achtete seiner Schmerzen nicht. Fortwährend schlagend, kämpfte er wie ein Löwe. Zum ersten Male in seinem Leben hatte er einen Kater zum Gegner, der ihm an Kraft ebenbürtig war, doch schlagen konnte er, Griff, besser. Seine Hiebe kamen aus allen Ecken. Genau und gedankenschnell schlug der alte Techniker. Mautz mußte eine Menge einstecken. Doch gerade das konnte er wie kein Zweiter, denn das Leben draußen in Wald und Feld hatte ihn hart gemacht. So beschränkte er sich einstweilen darauf, die Hiebe des anderen zu parieren und nur hin und wieder einen einzelnen Schlag anzubringen. Das tat er dann aus dem Vollen. Und es saß Kraft hinter diesen Schlägen, denn jedesmal, wenn sie trafen, zeigten sie Wirkung.

Das Toben und Kreischen wurde immer wilder, und nach minutenlangem Gefecht merkte Griff, der durch Blutverlust geschwächt wurde, daß er die Entscheidung herbeiführen müßte. Da ging er aufs Ganze, fuhr dem Feind mit allen Waffen an den Kopf und bearbeitete ihn so blitzschnell, daß Mautz schier die Sinne vergingen. Er sprang zurück, der Gescheckte hinterher, im Glauben, sein Gegner lasse nach. Doch da preschte der Graue plötzlich wieder heran und schlug dem im Augenblick ungedeckten Griff seine Krallen durch die Nase. Blutend fuhr Griff nun mit dem Kopf zurück; im selben Augenblick drang ihm die zweite Kralle in die ungeschützte Kehle. Da war es aus. Die Welt fing an, sich um Griff zu drehen, ihm war, als schaukele der Boden unter ihm. In seiner Benommenheit fühlte er die unablässig auf ihn niederhagelnden Schläge kaum noch. Er brach zusammen.

Als er wieder zu sich kam, war er allein. Der fremde Kater, der ihn, den Stärksten weit und breit, so grausam geschlagen hatte, war fort. Natürlich auch die schöne Schwarze. Mühsam schleppte er sich durch den Gemüsegarten, durch ein Loch im Zaun nach Hause. Er blutete schwer, sein Gesicht war verklebt von Blut und Schmutz, und immer noch tropfte es rot aus seinem zerstörten Auge. Schmerzen folterten ihn. Doch die größte Qual bereitete ihm das Bewußtsein seiner Demütigung, seiner Niederlage.

In der Wagenremise des Hofes, auf den er gehörte, legte er sich hin und litt stumm. Allmählich hörten das Auge und die Nase auf zu bluten. Aber die Wunde an der Kehle wollte nicht verharschen. Tropfen für Tropfen sickerte da der rote Lebenssaft hervor. So leer, so müde wurde dem Kater; dann schlief er ein. Am nächsten Tage fanden ihn die Kinder beim Spielen. Er war tot!


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