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In dieser Zeit, während Mautz soviel erlebte und erduldete, hatte auch Pak unter der rauhen Jahreszeit zu leiden gehabt. Jetzt endlich wurde das Leben wieder leichter. So saß er eines Tages, die Sumpfdotterblumen fingen gerade an zu blühen, in der Bucht eines Wiesenflusses und sah von ferne zu, wie die starken Alterpel ihre Erkorenen hofierten und in Atem hielten, wobei sie sofort grob wurden, wenn etwa ein anderer Bräutigam zu sehr in die Nähe der eigenen Schönen kam. Hin und wieder flog ein einzelner Erpel zu, nahm sofort Haltung an, wenn er einer Ente ansichtig wurde, und ruderte voll Stolz, Herausforderung und Liebenswürdigkeit auf die Dame zu, den daneben schwimmenden Galan gar nicht beachtend.
Dieser hingegen hatte nur Augen für den Neuen. Aber nicht nur Augen hatte er für ihn, sondern auch noch andere Aufmerksamkeiten. Um in dem »Gast« nur ja nicht den Eindruck aufkommen zu lassen, sein Besuch könne dem jungen Paare gleichgültig sein, stürzte er voll Ungestüm auf ihn zu, denn seinem Besuch soll man entgegenkommen. Dann bewies er ihm seine Anteilnahme durch einen Hagel von Schlägen mit Flügel und Schnabel, und da bekanntlich der zuerst Gekommene seine Kraft aus den älteren Rechten nimmt, so pflegte der Zugereiste bald wieder aufzubrechen. Solchen Höflichkeitsaustausch sah Pak des öfteren mit an, und er hielt sich darum, wenn auch mit schmerzlichen Gefühlen, von den Enten fern. Denn er selbst hatte anfänglich, in Unkenntnis der rauhen Sitten und Gebräuche der Erpel, zweimal recht unangenehme Erfahrungen gemacht.
Als er nun so saß und traurig darüber war, daß die holde Weiblichkeit offenbar nicht für ihn geschaffen sei, und froh darüber, daß er ruhig abseits sitzen konnte, wenn andere verdroschen wurden, da sausten über ihm schnelle Flügel, und die schmuckeste Jungente, die je im Wasser gründelte, fiel dicht bei ihm ein.
Sie schwamm gleich noch weiter in die Bucht zurück und Pak folgte ihr schüchtern. Niemand konnte sie sehen, denn Schilf und Rohr hinderten den Ausblick. Aber Pak, der die schnittige fein gezeichnete Ente nicht aus den Augen ließ, hielt sich dennoch zurück, denn er glaubte nicht mehr daran, daß ihm die Liebe lächeln sollte!
Auch der Ente hatte der Entenjüngling sofort gefallen. Sie sah wohl, daß er ein Diesjähriger war – aber am Tage vorher hatte ihr ein Alterpel in so rauhbeiniger Weise den Hof gemacht, daß das Jüngferlein, erschreckt und zurückgestoßen, geflohen war. Und dann – – – wer erklärt das Phänomen der Liebe auf den ersten Blick? Sie hatte diesen schlanken prächtig gefärbten Jungerpel kaum gesehen, als sie auch schon beeindruckt war. Bis jetzt war es nur Neugier gewesen, was sie die Entenmänner beachten ließ. Hier hatten zum ersten Male die so schwer nennbaren Nüancen, die diesem Individuum diesen Ausdruck und jenem einen andern geben, ihre Wirkung getan.
Doch was der Ente besonders imponierte, war die Zurückhaltung des Enterichs. Pak wollte nicht wieder Fiasko erleiden. Er hatte sowas Reizendes noch nicht gesehen, und es zog ihn mächtig zu ihr hin, aber wer konnte wissen?
Womöglich kam der Galan, irgend so ein alter Schläger, im nächsten Augenblick über das Röhricht geritten, und aus war der Traum.
Nein! – Er fing lieber gar nicht erst an, denn das hatte er schon erfahren, wenn man sich erst mal festgebissen hatte und wurde mit Schande von einem älteren fortgejagt, dann tat die Liebe sehr weh. Wenn sie es ernst meinte, konnte sie es ihm ja sagen.
Aber, wie die Frauen so sind, erst erwecken sie in einem Hoffnungen, und wenn man dann wie eine alte Feldscheune in Brand geriet, dann hieß es: »junger Mann, was haben Sie sich denn gedacht?« oder »ach – da kommt ja mein Mann – auf Wiedersehen!« und ab ging sie. Das hatte Pak trotz all seiner Jugend schon erfahren, und daher erfüllte ihn Bitterkeit. So pusselte er denn scheinbar uninteressiert um die Schöne herum, gründelte, nahm hier etwas und fischte da und gab sich den Anschein geschäftigen Futtersuchens. So etwas war dem Entenfräulein noch nicht vorgekommen. Dachte der denn nur ans Fressen? Indem sie gleichfalls eifrig gründelte, näherte sie sich unmerklich. Graziös tauchte sie, und mit einem entzückenden Wuppdich kam sie wieder hoch und äugte nach dem zurückhaltenden jungen Mann.
So kam es schließlich, daß beide nach derselben Muschel griffen und Pak ihr galant den Bissen überließ. Sie ließ ein kurzes, reizendes Schnattern hören, was man etwa mit »vielen Dank, sehr liebenswürdig«, übersetzen könnte, und nun war die Bekanntschaft geschlossen.
Pak hielt sich auch nicht mehr zurück. Er umkreiste die Hübsche, indem er den Hals schief und den Schnabel dicht über dem Wasser hielt, und schnatterte verliebt lauter Komplimente.
Das gefiel ihr sehr, aber sie war spröde, floh vor ihm ein kleines Stückchen, ließ sich aber immer wieder einholen und schnatterte aufgeregt und allerliebst, wie Pak fand. Ihr schien dieser Jungerpel wie ausgewechselt. Erst war er wie aus Holz, und nun beinahe zu feurig. Denn Pak hatte inzwischen begonnen, geradeswegs auf sein Ziel loszugehen. Eben hatte er angefangen mit Kopf und Schnabel den Hals der süßen Kleinen niederzudrücken, als Schwingenschlag, das Aufbrausen von Wasser und Schnabelhiebe auf Paks Rücken und Hals unmittelbar aufeinander folgten. Pak fuhr herum und setzte sich wütend zur Wehr, aber er merkte gleich, hier half kein Wehren, der ihn da überfallen hatte, das war wieder so ein grober Klotz, der mindestens seine vier Jahre hatte und einem Jährling an Kraft weit überlegen war. Auch waren seine Hiebe wohlerwogen und von ausgesuchter Gemeinheit und trafen immer sehr schmerzhaft. Als nun der Jungerpel einen bösen Treffer auf eines seiner Augen erhielt, suchte er halbgeblendet das Weite. Verzweiflung im Herzen fuhr er ab, und sah gerade noch, wie der Sieger stürmisch und gewalttätig um die kleine Ente warb. Da ward ihm sehr weh um sein Herz und er begrub alle Hoffnung auf Liebe. Er flog geradeaus, es war ihm gänzlich gleichgültig, wohin ihn seine Flügel trugen.
Auf einmal hörte er Schwingenschlag hinter sich. Verdammt! – Jetzt folgte ihm dieser gräßliche Alterpel auch noch, um ihn in der Luft weiter zu quälen. Ohne sich umzusehen flog Pak, was er nur konnte, aber das war nicht allzuviel, denn der vorausgegangene Kampf hatte seine Flugtüchtigkeit beeinträchtigt. Und wirklich – der Schwingenschlag hinter ihm wurde stärker. Pak strengte sich an so sehr es ging, die Luft pfiff an ihm vorbei. Er hatte nur den einen Gedanken: »Weg von diesem Unhold!«
Doch wieder schien es ihm, als wäre der Verfolger näher gekommen, denn die Flügelschläge klangen abermals starker.
Da holte der arme Kerl aus sich heraus, was drin war; wenn er schon die Liebste verloren hatte, weshalb sollte er sich auch noch totschlagen lassen? Doch umsonst! Er hörte den Verhaßten hinter sich, jetzt ganz nahe!
Da erklang ein »Päk – päk –« hinter ihm.
Pak durchfuhr es. So rief kein Erpel!
Er sah sich um und wäre vor freudigem Schreck beinahe zur Erde gestürzt. Nicht der grimme Erpel, sondern die kleine Ente sauste hinter ihm her! Wer hätte sich da nicht gerne einholen lassen? ...
Auf einem dichtbewachsenen Wiesengewässer, das unter ihnen schimmerte, fielen die beiden ein. Pak war selig, das Entlein glücklich, und sie feierten eine herrliche Hochzeit.
Wohl hatte sich der alte Erpel stärker als Pak gezeigt, und fast immer ist es der Stärkere, dem das Weib folgt. Aber dieser Ente war der grobe alte Erpel offenbar ein Greuel, und sie hatte sich in den zurückhaltenden und doch zärtlichen Pak verliebt. Darum hatte sie, kaum daß ihr neuerworbener Freund in die Flucht geschlagen war, sich gar nicht um den Sieger gekümmert, hatte sich erhoben und war Pak so schnell wie möglich gefolgt.