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Opim, bei vielem eingeschloßnem Gold und Silber ein armer Mann, gewohnt an Feiertagen aus einem irdnen Töpfchen VejentanerweinDie schlechteste damalige Sorte. Aus einer Campanischen Trulla, sagt Horaz: Trulla bedeutet, unter andern, auch eine Art von Schöpfkelle, oder ein kleines Gefäß, womit man den Wein aus der Amphora in die Becher goß., und abgestandenen an Werkeltagen zu trinken, wurde von der Schlafsucht einst so hart getroffen, daß sein froher Erbe in hellem Jubel schon um alle Kästen und Schlüssel flog. Sein Arzt, ein treuer Mann und voll Besonnenheit, um unverzüglich ihn aufzuwecken, ließ gleich einen Tisch zum Bette schieben, Säcke Gelds darauf ausleeren, und verschiedne Leute d'rin hantieren, als zählten sie's. Dies wirkte wie ein Hebel; |
Pauper Opimius argenti positi intus et auri, qui Veientanum festis potare diebus Campana solitus trulla, vappamque profestis, <145> quondam lethargo grandi est oppressus, ut heres iam circum loculos et claves laetus ovansque curreret: hunc medicus multum celer atque fidelis excitat hoc pacto. Mensam poni iubet, atque effundi saccos nummorum; accedere plures <150> ad numerandum; hominem sic erigit; addit et illud: |
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der Alte richtete sich auf: »Wenn du das Deinige nicht besser hütest«, rief der Arzt, »so wird dein ungeduld'ger Erbe bald dies alles weggetragen haben.« – »Was? bei meinem Leben schon?« – »So wache also, wofern du leben willst, daran liegt alles!« »Was soll ich dann?« – »Bald wirst du gar kein Blut mehr in den Adern haben, wenn du nicht dem eingeschrumpften Magen ungesäumt zu Hülfe eilest. Was besinnst du dich da lange noch? Iß diesen Reisbrei auf!« »Was kostets?« – »Eine Kleinigkeit« – »Wie viel dann?« »Acht Kreuzer« – »Großer Gott! was liegt mir dran, ob ich durch Krankheit oder Plünderung zu Grunde gehe?« – Um es kurz zu machen: Wer ist denn also bei Verstande? Wer kein Narr ist – Und der Geiz'ge? ist ein Narr und also toll. – »Folgt aber nun, daß einer, weil ihn der Geiz nicht plagt, darum sogleich |
»Ni tua custodis, avidus iam haec auferet heres.« »Men' vivo?« »Ut vivas igitur, vigila! hoc age!« »Quid vis?« »Deficient inopem venae te, ni cibus atque instansSo lese ich mit Sanadon, statt ingens. accedat stomacho fultura ruenti. <155> Tu cessas? agedum sume hoc ptisanarium oryzae!« »Quanti emptae?« »Parvo.« »Quanti ergo?« »Octussibus.« »Eheu! quid refert morbo an furtis pereamve rapinis?« »Quisnam igitur sanus?« – Qui non stultus. – »Quid avarus?« Stultus et insanus. – »Quid? si quis non sit avarus, <160> continuo sanus?« – Minime. – »Cur, Stoice?« Dicam. |
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gesund ist?« – »Keineswegs.« – »Warum, Herr Stoiker?« So höre an! – Wenn Craterus, der Arzt, den Ausspruch tut: ich finde, daß die Brust an diesem Kranken frei ist – ist er drum gesund und darf das Bett verlassen? – »Nein«, spricht jener, weil er Hüftweh oder Schmerz in Nieren hat. Kannst du von jemand sagen »er ist kein Schelm, kein Knicker« – gut für ihnDies ist der Sinn der Worte: immolet aequis Laribus etc. Dafür mag er seinen Hausgöttern opfern!! er mag den Göttern danken! – Doch, »ihn plagt der Ehrgeiz, er ist ein Schwärmer« – nach Anticyra mit ihm! Denn was verschlägt dirs, ob du dein Vermögen in einen Schlund wirfst, oder nicht den Mut es zu gebrauchen hast? – Vom reichen Servius Oppidius wird erzählt, er habe zwei Stammgüter, die er zu Canusium besaß, auf seinem Todbett unter seine beiden Söhne mit folgenden Bedingungen verteilt. Er ließ die Knaben vor sein Bette rufen, und sprach: »Vom ersten Augenblick, da ich |
Non est cardiacus (Craterum dixisse putato) hic aeger: recte est igitur, surgetque? Negabit, quod latus aut renes morbo temptentur acuto. Non est periurus neque sordidus? immolet aequis <165> hic porcum Laribus! – verum ambitiosus et audax: naviget Anticyram! Quid enim differt, barathroneBentleys Balatroni scheint mir keine Verbesserung. dones quicquid habes, an numquam utare paratis? Servius Oppidius Canusi duo praedia dives antiquo censu, natis divisse duobus <170> fertur, et haec moriens pueris dixisse vocatis ad lectum: »Postquam te talos, Aule, nucesque |
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dich, Aulus, deine Nüss' und Würfel sorglos im Busen tragen, und verspielen oder verschenken, dich, Tiberius, hingegen mit finsteren Blick sie immer zählen und in Winkeln verstecken sah, besorgt' ich stracks, ihr würdet in zwei gleich närrische Extreme fallen, und du ein Nomentan, du ein Cicuta werden. Demnach beschwör' ich euch bei unsern häuslichen Penaten, dich, nicht zu vermindern, dich, nicht zu vermehren, was der Vater euch bei mäßigen Begierden für genug hält. Damit auch nicht dereinst der Ehrsuchtskitzel euch steche, sollt ihr beide eidlich mir geloben, daß der erste, der von euch Ädilis oder PrätorZu Canusium nämlich. wird, sich selbst für Testaments unfähig und verflucht erklärt.« WieDies spricht Stertinius wieder in eigenem Namen, als Kommentar über den letzten Willen des Oppidius.? um im Circus einst recht breit einher zu strotzen oder gar in Erzt gegossen dazustehen, wolltest du |
ferre sinu laxo, donare et ludere vidi, te, Tiberi, numerare, cavis abscondere tristem; extimui ne vos ageret vesania discors, <175> tu Nomentanum, tu ne sequerere Cicutam. Quare per divos oratus uterque Penates tu cave ne minuas, tu ne maius facias id quod satis esse putat pater et natura coercet. Praeterea, ne vos titillet gloria, iure- <180> iurando obstringam ambo: uter aedilis fueritve vestrum praetor, is intestabilis et sacer esto!« In cicere atque faba bona tu perdasque lupinis, |
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dein väterliches Erbgut, fahrendes und liegendes, in Erbsen und Bohnen vergeuden? Reizt der laute Beifall dich, den ein Agrippa zu verdienen weiß? So möchtest du auch applaudiert sein, duDieses dem großen M. Vipsanius Agrippa auf eine feine Art gemachte indirekte Kompliment wird mit Grund als ein Beweis angesehen, daß Horaz diese Satire zu Ende des Jahres 721, worin Agrippa die Ädilität verwaltete, geschrieben habe. Bekanntermaßen waren die Ädiles Magistrats-Personen, denen die Oberaufsicht über die öffentlichen Gebäude, und alles was wir unter dem Worte Polizei begreifen, nebst der Veranstaltung der Circensischen und Theatralischen Spiele oblag. Beide mußten sie, gewisse außerordentliche Fälle ausgenommen, dem nach Schauspielen aller Arten so gierigen Volke auf eigene Kosten geben. Seitdem Ämilius Scaurus (i. J. 694) als Ädilis einen Aufwand von mehr als fünf Millionen Talern bloß auf Errichtung und Auszierung des Theaters, worin er dem Volk seine Schauspiele gab, verwandt hattePlin. H. N. XXXVI. c. 15., war die Erwartung des Volkes auf der einen, und der Wettstreit unter den jeweiligen Ädilen auf der andern Seite zu einem solche Grade von Unsinn gestiegen, daß, nach einem Ausdruck des Livius, königliche Einkünfte kaum zureichten, den Aufwand, den dieses Ehrenamt verursachte, zu bestreiten. Indessen, da kein gewisseres Mittel war, sich bei dem Volke, welches die ersten Würden im Staate, die Gouvernements und das Kommando der Armeen zu vergeben hatte, in Gunst zu setzen: so fehlte es, so lange die Republik bestand, nie an Ehrgeizigen, die mit einander wetteiferten, sich als Ädiles zu ruinieren, um dereinst als Prokonsuln oder Feldherren sich auf Kosten der Provinzen wieder herzustellen. Aber nach dem letzten Bürgerkriege, da die meisten großen Familien entweder ausgerottet oder sehr weit heruntergebracht waren, und die Gunst des Volkes wenig mehr zu bedeuten hatte, wollte sich zuletzt niemand mehr mit einem so kostspieligen Amte beladen. Daher kam es dann, daß i. J. 721 Agrippa, wiewohl er schon Konsul gewesen war, auf Anraten und durch Unterstützung des nachmaligen Augustus die Ädilität, welche niemand mehr suchte, freiwillig übernahm, und sie als ein in Kriegs- und Friedens-Künsten gleich großer Staatsmann auf eine Art verwaltete, wodurch er alle seine Vorgänger auslöschte, und den Römern zeigte, was sie in Zeiten der Ruhe und des Friedens von der Staatsverwaltung Cäsars Octavianus zu erwarten hätten. Hierauf also beziehen sich die Plausus, deren unser Text erwähnt. Agrippa hatte sich nicht nur durch die Pracht seiner Circensischen und Theatralischen Spiele, und durch eine königliche Freigebigkeit gegen das Volk die Bewunderung und Dankbarkeit desselben erworben; er hatte auch in einer Menge großer Werke und Veranstaltungen für die Verschönerung sowohl als für die Bequemlichkeit, Reinlichkeit und Salubrität der Hauptstadt der Welt, sich bleibende Denkmäler bei der Nachwelt gestiftet, und in diesem einzigen Jahre soviel getan, als hinreichend wäre, die ganze Regierung eines großen Fürsten unsterblich zu machenDion. L. XLIX. c. 43. Plin. L. XXXVI. c. 15.. – Der Vers:
wird dadurch verständlich, wenn man weiß, daß die Ädilen an den Ludis Floralibus und Cerealibus, von alter Gewohnheits wegen, dergleichen Viktualien unter das gemeine Volk auszuspenden pflegten. Übrigens ist, allen Umständen nach, die Rede hier von einem Ädilis oder Prätor in dem Städtchen Canusium, dessen schon in der 5ten und 10ten Satire des 1sten Buches Erwähnung geschah. Denn der Sohn des ehrlichen Oppidius, mit seinem einzelnen Gütchen, wenn es auch das einträglichste in ganz Apulien gewesen wäre, konnte sich doch wohl nie in den Sinn kommen lassen, nach einem Agrippa Ädilis in Rom zu werden. Die Munizipal-Städte Italiens hatten im Kleinen beinahe alles, was zu Rom im Großen war; ihre Ädilen und Prätoren, ihren Circus, ihre öffentlichen Spiele, u.s.w. und der junge Aulus Oppidius konnte sich, um von den Canusinern so fanatisch applaudiert zu werden wie Agrippa von den Römern, eben so gut in Erbsen und Puffbohnen ruinieren, als ehmals ein Milo durch die ungeheuren Summen, die er während seiner Ädilität zu Rom an das Volk verschwendet hatte. !ein Füchschen, das dem edeln Löwen es durch Pfiffe nachtun will! – »Warum, o AgamemnonDer Übergang von der letzten Anrede des sterbenden Oppidius an seine Söhne zu diesem Dialog zwischen Agamemnon und (nach Hrn. Haberfelds richtiger Bemerkung) dem Stertinius selbst (»der in seiner philosophischen Begeisterung sich jenen als seinen Gegner denkt«) ist etwas rasch; und dürfte selbst einem an springende Übergänge gewohnten Leser Horazens auffallen; wenn es nicht ziemlich in die Augen fiele, daß er hier bloß affektiert ist, um die brüske Lebhaftigkeit des redseligen Stertinius ironisch darzustellen, dem die Argumentationen und Sophismen so reichlich zuströmten, daß er kaum zum Atemholen Zeit behielt. Der ganze Dialog ist, wie noch etliche andere, die in diese Satire eingewebt sind, eine dramatische Szene, die beim lauten Vorlesen durch die erforderlichen Modifikationen der Stimme und Gebärden eine Art von Mimus wurde. Er beziehet sich übrigens auf eine bekannte Tragödie des Sophokles, und erhält noch durch die häufigen Anspielungen auf Homerische Verse eine besondere Anmut für diejenigen, die mit der Ilias bekannt sind; wie es zu Horazens Zeiten alle Leute von Erziehung waren, und es unter den Briten noch heutiges Tages sind, und billig auch bei uns sein sollten., verbietest du, daß niemand sich erkühne, den Ajax zu begraben?« – »Ich bin König« »Für mich gemeinen Mann muß dies genug sein.«Diese feine Ironie ginge durch Bentleys Veränderung des quaero in quaere verloren. »Und ich befehle nur, was billig ist. Glaubt jemand, daß ich unrecht haben könne, so red' er ohne Scheu, es sei erlaubt!« »Größter der Könige, die Götter geben dir nach Ilions Zerstörung deine Schiffe glücklich zurückzuführen! Also ist es mir erlaubt zu fragen, und auf den Bescheid die weitre Notdurft beizubringen?« – »Frage!« »Warum muß also Ajax, nach Achillen der Helden zweiter, der so oft die Griechen |
latus ut in Circo spatiere aut aeneus ut stes, nudus agris, nudus nummis, insane, paternis? <185> Scilicet ut plausus, quos fert Agrippa, feras tu? Astuta ingenuum vulpes imitata leonem! »Ne quis humasse velit Aiacem, Atrida, vetas cur?« »Rex sum« – »Nil ultra quaero plebeius« – »et aequam rem imperito; at si cui videor non iustus, inulto <190> dicere quod sentit, permitto.« »Maxime regum, dii tibi dent capta classem reducere Troia! Ergo consulere et mox respondere licebit?« »Consule.« »Cur Aiax, heros ab Achille secundus, |
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gerettet, unter freiem Himmel faulen? damit sich Priams Volk und Priamus erfreuen, unbegraben den zu sehen, durch den soviel Trojan'sche Jünglinge im väterlichen Grund ein Grab entbehrten!« »Er metzelte im Wahnsinn tausend Schafe, indem er schrie, er würge den Ulyß und Menelas und mich.« – »Und du, Atride, wie du dein eignes holdes Kind zu Aulis statt einer Kalbe zum Altare führtest, und Mehl und Salz auf ihre Scheitel streutest, Grausamer, warst du bei Vernunft?« – »Wieso?« »Der tolle Ajax ließ an armen Schafen die Tollheit aus; indes verschont' er doch sein Weib und seinen Sohn, und Flüche waren das Ärgste, was er den Atriden tat. An Teuker und selbst an Ulyß vergriff sich Ajax nicht.« »Und ich, um meine Flotte von Aulis, wo sie fest saß, los zu machen, versöhnte wissentlich der Götter Zorn mit Blut.« |
putescit, toties servatis clarus Achivis? <195> gaudeat ut populus Priami Priamusque inhumato, per quem tot iuvenes patrio caruere sepulcro!« »Mille ovium insanus morti dedit, inclitum Ulyssem et Menelaum una mecum se occidere clamans.« »Tu cum pro vitula statuis dulcem Aulide natam <200> ante aras, spargisque mola caput, improbe, salsa, rectum animi servas?« – »Quorsum?« – »Insanus quid enim Aiax fecit cum stravit ferro pecus? Abstinuit vim uxore et gnato, mala multa precatus Atridis. Non ille aut Teucrum aut ipsum violavit Ulyssem.« <205> »Verum ego ut haerentes adverso litore naves eriperem, prudens placavi sanguine divos.« |
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»Mit deinem eignen, Rasender!« – »Mit meinem eignen, allein nicht rasend.« – »Wer, im innern Aufruhr der Seele, wahr und falsch vermengt, und recht zu handeln wähnt indem er Böses tut, wird billig für verrückt gehalten; übrigens gleichviel, er irr' aus Narrheit oder Zorn. Ist Ajax, weil er an schuldlosen Schafen sich vergriffen, toll, wie kannst du, der mit Wissen um hohler Titel willen eine Freveltat begehst, bei Sinnen sein? Und ist dein Herz gesund, das dir von Hoffart schwilltHätte dich der Ehrgeiz, die Leidenschaft, der erste unter den griechischen Fürsten und der Befehlshaber des ganzen verbündeten Heeres zu sein, nicht der Vernunft beraubt (will der Plebejer sagen), so würdest du unmöglich fähig gewesen sein, deine Tochter dieser Leidenschaft aufzuopfern.? Gesetzt es fände jemand sein Vergnügen dran, ein schmuckes Lamm in einer Sänfte tragen zu lassen, gäb', als wär' es seine Tochter, dem Lämmchen Kleider, Schmuck und Kammerfrauen, nennt' es sein holdes Mädchen, seine Puppe, und suchte einen tapfern Edelmann ihm zum Gemahl aus: würde nicht der Prätor so einem alle Willkür über sein Vermögen zu Rechten niederlegen, und die nächsten Vettern ihm zu Vögten setzen? Und du wolltest den, der seine Tochter für ein stummes Lamm |
»Nempe tuo, furiose!« – »meo, sed non furiosus.« »Qui species alias veri, scelerisque tumultu permixtas capiet, commotus habebitur, atque <210> stultitiane erret nihilum distabit an ira. Aiax cum immeritos occidit, desipit, agnos: cum prudens scelus ob titulos admittis inanes, stas animo? et purum est vitio tibi cum tumidum est cor? Si quis lectica nitidam gestare amet agnam, <215> huic vestem ut gnatae paret, ancillas paret, aurum, pupam et pusillam appellet, fortique marito destinet uxorem, interdicto huic omne adimat ius praetor, et ad sanos abeat tutela propinquos. |
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ansieht und opfert, für verständig halten?« Was folget nun hieraus? Das folgt: Zerrüttung des innern Sinnes ist die höchste Tollheit. Ein ungesundes Herz schlägt nie für einen gesunden Kopf, und wen die Seifenblase des eiteln Ruhmes reizt, ist seiner selbst nicht mächtiger, als ob mit ihrer Tuba die blut'ge Szenen liebende Bellona leibhaftig ihm um's Ohr gedonnert hätteBellonaDie Theologie der Römer begnügte sich an der Ausübung derjenigen Art von öffentlicher Verehrung, welche sie more et religione maiorum einer jeden Gottheit schuldig zu sein glaubten, und bekümmerte sich übrigens wenig darum, wer diese Gottheiten eigentlich seien. Bellona erscheint auf Münzen vorn auf dem Wagen des Kriegsgottes sitzend und seine beiden Pferde regierend; und von den Dichtern wird sie bald mit einem Spieß, bald mit einer blutigen Peitsche, bald mit einer Fackel in der Hand geschildert. Ob sie aber die Mutter, oder Schwester, oder Gemahlin, oder Tochter, oder Amme des Mars gewesen sei, wußten vermutlich ihre Priester selbst nicht zu sagen; denn man findet für jedes dieser Prädikate eine Autorität, und jedermann konnte unangefochten davon glauben, was ihm beliebte. gehörte unter die übeltätigen Gottheiten, und wird vermutlich deswegen vom Arnobius unter die Höllengötter gerechnet. Ihre Priester pflegten an ihrem Feste die gewaltigen Einwirkungen dieser Göttin auf die menschlichen Gemüter an ihren eigenen Personen darzustellen; sie liefen in fanatischer Wut mit bloßen Schwertern und Schlachtmessern hin und her, verwundeten sich selbst an Armen und Beinen, und redeten in diesem begeisterten Zustand unsinniges Zeug, das bei dem aberglaubischen Pöbel für Weissagung galt. – Auf diese Wirkung der Bellona, ihre Verehrer nämlich des Verstandes zu berauben, spielet dieser Vers an, dessen Sinn ich in der Übersetzung getroffen zu haben hoffe.. Die Reihe kommt nun an die Schwelgerei und ihren großen Priester Nomentan. Denn, daß auch dieser Toren-Gilde die Vernunft im Tollhaus einen Platz bescheide, wird leicht zu erweisen sein. Sobald ein solcher sich im Besitz von einer Million geerbter Barschaft siehet, läßt er stracks kund und zu wissen tun, daß alle Fischer, Obsthändler, Vogelsteller, Parfümierer, das schändliche Gesindel aus dem TuskischenIn Tusco vico, ubi sunt homines qui se ipsos venditant. Plaut. in Curcul. IV. sc. 1. Quartiere, alle Hühnerstopferim Text: fartores. Dies Wort bezeichnet auch Wurstmacher; beim Columella kommt es in der Bedeutung Geflügelstopfer vor., Scurren, |
Quid si quis natam pro muta devovet agna <220> integer est animi? ne dixeris!« – Ergo ubi prava stultitia, hic est summa insania. Qui sceleratus, et furiosus erit. Quem cepit vitrea fama, hunc circumtonuit gaudens Bellona cruentis. Nunc age, luxuriam et Nomentanum arripe mecum. <225> Vincet enim stultos ratio insanire nepotes. Hic simul accepit patrimoni mille talenta edicit: piscator uti, pomarius, auceps, |
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und mit dem Käs- und ÖlmarktIn dem Tuskischen Quartiere, welches auch vicus turarius hieß, hatten Spezereikrämer, Parfümeurs, Kuppler, feiles Frauenzimmer und pueri meretricii ihre Niederlage. Den Namen Velabrum führten zwei Gegenden in Rom, die durch das Beiwort minus und maius unterschieden wurden; das kleine wurde zur achten, das größere zur eilften Region gerechnet. Jenes stieß an das forum boarium, dieses an das Ufer der Tiber, und der Fischmarkt lag zwischen beiden. Mir scheint wahrscheinlich, daß die ganze Gegend zwischen dem größern und kleinern überhaupt das Velabrum genennt worden sei, wiewohl einzelne Plätze die dazu gehörten, von ihrer besondern Bestimmung auch ihren eigenen Namen hatten. Alle Arten von Eßwaren, und alle mögliche Bedürfnisse der Üppigkeit waren hier zu Kaufe. Omne macellum ist hier soviel als die beiden großen Fleischmärkte, wovon der eine auf dem Cölius, und der andere auf den Esquilien lag; wiewohl diese Ware auch an unzähligen andern Orten im kleinern verkauft wurde. alle Fleischerbänke sich morgen früh vor seinem Hause ein- zustellen haben. Was geschieht? Sie kommen zu ganzen Scharen an. Der Kuppler führt das Wort: »Was ich, was jeder dieser aller in seinem Hause hat, betrachte als dein Eigentum: heut oder morgen, kurz zu jeder Zeit steht alles dir zu Diensten.« Nun höre, was der edle Jüngling ihm zur Antwort gibt: »Du mußt die Winternacht gestiefelt in Lucanschem Schnee passieren, damit ein wildes Schwein auf meine Tafel komme; du quälst dich, Fische aus dem ungestümen Meere für mich heraus zu winden; ich, der in den Schoß die Hände legt, ich bin nicht wert soviel zu haben: nehmt, sackt ein! Du dort, nimm funfzig TausendDecies ist eigentlich eine Million Sesterzien, welche ungefähr 50000 Gulden heutigen Geldes beträgt., du das nämliche; du, dessen liebe Hälfte auf den Wink |
ungentarius, ac Tusci turba impia vici, cum scurris fartor, cum Velabro omne macellum <230> mane domum veniant. Quid tum? Venire frequentes, verba facit leno: »Quicquid mihi, quicquid et horum cuique domi est, id crede tuum, et vel nunc pete vel cras.« Accipe quid contra iuvenis responderit aequus: »Tu nive Lucana dormis ocreatus, ut aprum <235> cenem ego; tu pisces hiberno ex aequore vellis; segnis ego, indignus qui tantum possideam: aufer, |
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um Mitternacht gelaufen kommen muß, kannst billig diese Summe dreifach nehmen.« Der Sohn Äsops zog eine Perle aus Metellas OhrDieser Sohn des berühmten tragischen Schauspielers Äsopus hatte von seinem Vater nichts geerbt als seinen Hang zur Verschwendung und zwanzig Millionen Sesterzien; eine Summe, die, wie ansehnlich sie auch war, einem Menschen, der sich einen Spaß daraus machte, eine Million auf einen Schluck hinabzuschlingen, sehr bald zwischen den Fingern wegschmelzen mußte. Plinius, indem er die hier erwähnte Anekdote bekräftiget, erzählt, daß die berüchtigte Kleopatra, bei einer mit dem Antonius angestellten Wette, wer von ihnen am meisten auf eine Mahlzeit vertun könne, das Gegenstück zu dieser Narrheit des jungen Äsopus gemacht habe; nur war die Narrheit der Königin, wie billig, nach Proportion kostbarer. Denn die beiden Perlen, wovon sie die eine in Essig zergehen ließ und verschluckte, wurden auf sechzig Millionen Sesterzien oder fünf Millionen Gulden geschätzt. Unter was für eine Rubrik die Metella gehört, mit welcher sich der Sohn eines Histrions solche Freiheiten herausnehmen durfte, ist klar genug. Die Geschichte nennt uns zwei oder drei römische Damen, die den Namen Metella durch ihre Galanterien in bösen Ruf gebracht haben. Bayle hat chronologisch bewiesen, daß diejenige, von welcher hier die Rede ist, weder die Gemahlin des Lucullus, wie Dacier vermutet, noch ihre Groß-Nichte sein konnte; wer sie eigentlich war, kann uns gleichgültig sein; genug, daß sie von der Familie war und nicht aus der Art schlug. und ließ in Essig sie zergehen, um eine Million Sesterzien auf einen Schluck hinabzuschlingen. Tat er vernünft'ger dran, als hätt' er diese Summe ins Wasser oder – sonst wohin geworfen? Die Söhne eines Quintus Arrius, ein edles Brüderpaar! an Büberei, Ausschweifung und Verkehrtheit Zwillinge, verwandten schweres Geld, um ihren Tisch gewöhnlich mit einer Schüssel Nachtigallen zu besetzenIch weiß nicht, ob sich in der ganzen Geschichte der Schwelgerei ein Beispiel eines ausschweifenderen Mutwillens findet, als dieses. Von diesen Nachtigallen kostete das Stück 6000, und die ganze Schüssel 600000Sesterzien, oder (den Sesterz zu 1/4 einer Drachma gerechnet) 50000 Gulden, wie Valerius Maximus sagtLib. IX. c. 1.. Und Horaz braucht das Wort soliti, zum Zeichen, daß eine so teure Schüssel etwas nicht Ungewöhnliches bei den Soupees dieses edlen Brüderpaars war! Der damalige Preis der Nachtigallen zu Rom darf uns nicht wundern, weil sie selten waren und außerordentlich gesucht wurden. Plinius sagt, der Preis einer Nachtigall und eines gewöhnlichen Sklaven sei gleich gewesen; welches mit der Taxation des Valerius Maximus ziemlich übereinkommt; ja, es wurde der Kaiserin Agrippina, Gemahlin des Claudius, eine weiße Nachtigall zum Geschenk gemacht, welche, der Seltenheit ihrer Farbe wegen, mit 600000 Sesterzien bezahlt worden war.. Wo meinst du daß sie hingehören? Wenn du einen Greis Grad oder Ungrad spielen, auf einem Stecken reiten, Häuschen bauen, und Mäuse vor ein kleines Fuhrwerk spannen siehst, so denkst du, daß er kindisch worden sei: wenn die Vernunft dir nun beweist, daß Lieben noch kindischer als alles dies, und daß es gleichviel ist, |
sume tibi decies! tibi tantundem! tibi triplex, unde uxor media currit de nocte citata.« Filius Aesopi detractam ex aure Metellae, <240> scilicet ut decies solidum exsorberet, aceto diluit insignem baccam; qui sanior, ac si illud idem in rapidum flumen iaceretve cloacam? Quinti progenies Arri, par nobile fratrum, nequitia et nugis, pravorum et amore gemellum, <245> luscinias soliti impenso prandere coemptas, quorsum abeant? sanin' creta, an carbone notandi? Aedificare casas, plostello adiungere mures, ludere par impar, equitare in arundine longa, si quem delectet barbatum, amentia verset. <250> Si puerilius his ratio esse evincet amare, |
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ob du im Staub wie einst als kleiner Knabe die vorbesagten Spiele spielest, oder zu einer Thais Füßen weinest: wirst du drum wie Polemon es machen? wirst die Zeichen von deiner Krankheit, diese Purpurbinden um die Beine, dieses Halstuch, dieses weiche Polster, worauf du dich bei Tische stützest, von dir werfen, wie man von jenem sagt, er habe, von der Rede des nüchternen Xenokrates ergriffen, den Rosenkranz, womit er trunken ins Gemach getreten, sich beschämt vom Kopf gerissenLucian. in Bis Accus. c. 17. und Valer. Max. L. VI. c. 9. erzählen diese Geschichte mit allen Umständen.. Reich' dem erzürnten Knaben einen Apfel, er stößt ihn von sich – »Nimm doch, Äffchen!« – »Nein!« Nun steck' den Apfel ruhig wieder ein, so will er ihn. Machts nicht der ausgeschloßne LiebhaberIn Terenzens Eunuchus, woraus diese ganze Stelle genommen ist. ebenso, indem er, an der leid'gen Türe klebend, mit sich selbst |
nec quidquam differre, utrumne in pulvere, trimus quale prius, ludas opus, an meretricis amore sollicitus plores? quaero, faciasne quod olim mutatus Polemon? ponas insignia morbi, <255> fasciolas, cubital, focalia, potus ut ille dicitur ex collo furtim carpsisse coronas, postquam est impransi correptus voce magistri. Porrigis irato puero cum pomal recusat: »Sume, catelle« – negat – si non des, optat. Amator <260> exclusus qui distat, agit ubi secum, eat an non. |
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beratet, ob er gehn soll oder nicht, wohin er ungerufen ganz gewiß gegangen wäre. »Soll ich, da sie mich nun selber bittet? Oder soll ich nicht vielmehr auf ewig meiner Qual ein Ende machen? Sie schloß mich aus, jetzt ruft sie mich zurück; geh ich? Nein! Wenn sie auf den Knien mich bäte!« Indessen ist sein Knecht nicht um ein kleines gescheuter, wenn er zu ihm spricht: »Mein lieber Herr, ein Ding, das weder Maß noch Regel hat, läßt mit Vernunft und Maß sich nicht behandeln. Die Liebe hat nun einmal dieses Übel, daß Krieg und Friede immer wechseln; wer sich solcher blinden, wetterwendischen Bewegungen versichern wollte, käme wohl mit aller seiner Müh damit nicht weiter, als wenn er das Geheimnis, mit Vernunft zu rasen, suchen wollte.« – Wie? Wenn du die Kerne aus Picen'schen Äpfeln zwischen zwei Fingern springen machst, und, wenn dann einer von ungefähr bis an die Decke schnellt, |
quo rediturus erat non arcessitus, et haeret invisis foribus? – »Ne nunc, cum me vocat ultro, accedam, an potius mediter finire dolores? Exclusit; revocat; redeam? Non, si obsecret!« – Ecce <265> servus, non paulo sapientior: »O here, quae res nec modum habet neque consilium, ratione modoque tractari non vult. In amore haec sunt mala: bellum, pax rursum: haec si quis tempestatis prope ritu mobilia et caeca fluitantia sorte, laboret <270> reddere certa sibi, nihilo plus explicet ac si insanire paret certa ratione modoque.« Quid? cum Picenis excerpens semina pomis gaudes si cameram percusti forte, penes te es? |
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vor Freunden aufhüpfst, bist du bei dir selbstDie Kerne der Picentinischen Äpfel scheinen zu dieser Operation vorzüglich geschickt gewesen zu sein, wodurch abergläubische Kindsköpfe sich wegen des Erfolges ihrer Liebeshändel bei dem Schicksal befragten. Man drückte den Kern eines solchen Apfels zwischen den beiden vordersten Fingern so ab, daß er in die Höhe schnellte: sprang er nun bis an die Decke des Zimmers, so hielt man sich eines glücklichen Erfolges gewiß. Die Römer waren solchen läppischen Possen mehr als irgend ein Volk in der Welt ergeben.? Und wenn du, alter Knabe, wie ein Kind mit deiner Phyllis schnarrst und stammelst, bist du weiser, als ob du Häuschen bautest? Wenn nun gar die Narrheit blutig wird, und mit dem Degen ins Feuer haut? Der Marius, der sein Schwert erst seinem Mädchen in den Busen stießWer dieser Marius war, ist völlig unbekannt. Der Name Hellas zeigt, daß die Person, die er so unsinnig liebte, daß er zuerst ihr aus Eifersucht, und sodann sich selbst aus Verzweiflung das Leben nahm, eine Sklavin oder Freigelassene war. Horaz zitiert dieses Beispiel einer blutigen Liebeswut vermutlich, weil es sich erst kürzlich zugetragen hatte. Ein französischer Bel-esprit hat vor kurzem aus diesem einzigen Verse unsers Dichters ein ziemlich schales Romänchen für die Bibl. Univers. des Romans fabriziert, worin er diesen Marius in den Sohn des berüchtigten Triumvirs Cajus Marius, und die kleine Hellas in eine Lesbia, née dans la Numidie de parens aussi illustres par leurs richesses que par le rang qu'ils tenoient dans leur province, verwandelt. Das Schönste ist, daß der Herausgeber so stark auf die Unwissenheit seiner Leser rechnet, daß er ihnen weis machen zu können glaubt, das Ding sei aus dem Lateinischen übersetzt, und die puerilen Nachahmungen des Telemachs, die man in diesem Marius findet, kämen bloß daher, weil Fénélon das vorgebliche lateinische Original gekannt habe. Horazens aber, der, gewiß sehr gegen seine Absicht, durch einen einzigen Vers zur Zeugung dieses kleinen literarischen Wechselbalges Gelegenheit gegeben, wird mit keinem Wort gedacht. und dann sich selbst durchbohrte, tat er es als ein Verrückter? oder willst du lieber (indem du, wie gewöhnlich, bloß nach Ähnlichkeit den Dingen Namen schöpfest) ihn der Tollheit entbinden, um als einen Bösewicht ihn zu verdammen? – Nun ein Wörtchen noch mit einer andern Narren-GattungIch habe hier dieses kleine Einschiebsel gewagt, weil es für deutsche Leser unangenehm ist, so, ohne allen Übergang, in eine von der vorigen ganz verschiedene Materie hineingeworfen zu werden.. Ein gewisser bejahrter Freigelaßner pflegte früh vor Tag, mit rein gewaschnen Händen, nüchtern, in allen Scheidewegen um die Götterbilder herumzulaufen und mit großer Inbrunst zu beten: »Nur mich einzigen – was ist es denn so GroßesNach Bentleys Leseart, statt des vulgaren und keinen Sinn darbietenden quiddam magnum addens.? – Götter, nur mich einzigen entreißt dem Tod! Euch ist es so was Leichtes!« – rief |
Quid? cum balba feris annoso verba palato, <275> aedificante casas qui sanior? Adde cruorem stultitiae, atque ignem gladio scrutare; modo, inquam, Hellade percussa Marius cum praecipitat se, cerritus fuit? an commotae crimine mentis absolves hominem et sceleris damnabis eundem, <280> ex more imponens cognata vocabula rebus? Libertinus erat, qui circum compita siccus lautis mane senex manibus currebat, et, »unum« (»quid tam magnum?« addens) »unum me surpite morti, |
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der arme Mann, – gesund an beiden Ohren und Augen; fürs Gehirn nur hätte wohl sein Herr (sofern er kein Prozeßgeist war) dem Käufer nicht die Gewähr geleistet. Auch dies Völkchen wird von Chrysippus in die fruchtbare Familie MenensVermutlich eines damals allgemein bekannten Mondsüchtigen oder auf andre Weise wahnsinnigen Narren. loziert. – »O Jupiter, du, der uns große Leiden schickt und abnimmt, wenn« – ruft die Mutter eines schon fünf Monat bettliegerigen Knabens – »wenn der Junge das kalte Fieber los wird, soll er dir an deinem Tage, den wir fastend feiernEs wurde (sagen einige Ausleger) um diese Zeit unter dem gemeinen Volke in Rom Mode, ägyptische und jüdische Religionsgebräuche mit ihrem angeerbten heidnischen Aberglauben zu verbinden. Der Donnerstag war Jupiters-Tag; und die Juden sollen an diesem Tage gefastet haben. Dieses einfältige Mütterchen fastete also, weil man des Guten nicht zu viel tun kann, mit den Juden, und rief darum nicht weniger, als eine orthodoxe Heidin, den Jupiter an. Man kömmt aber, deucht mich, kürzer davon, wenn man annimmt, daß hier bloß von einem dem Jupiter besonders geheiligten Tage (dergleichen der zehnte vor den Calendis Ianuarii war) die Rede sei. Dies letztere wäre um soviel passender, die Torheit der Mutter zu bezeichnen, da sie ihren Sohn durch ein albernes Gelübde verurteilte, in einer solchen Jahreszeit seine Morgenandacht nackend im Flusse zu verrichten., früh morgens nackend in dem Flusse stehen!« Gesetzt nun daß der günst'ge Zufall oder der Arzt den Kranken hergestellt, so wird der Mutter Aberwitz das Fieber ihm unfehlbar wieder zuziehn, wo nicht gar ihm auf der Stelle gleich das Leben kosten. Wie heißt die Krankheit, die des armen Weibleins Gehirn zerrüttet? Blöde Götterfurcht. |
diis etenim facile est,« orabat; sanus utrisque <285> auribus atque oculis, mentem, nisi litigiosus, exciperet dominus, cum venderet. Hoc quoque vulgus Chrysippus ponit fecunda in gente Meneni. »Iupiter, ingentes qui das adimisque dolores,« mater ait pueri menses iam quinque cubantis, <290> »frigida si puerum quartana reliquerit, illo mane die quo tu indicis ieiunia, nudus in Tiberi stabit!« – Casus, medicusve levarit aegrum ex praecipiti, mater delira necabit, in gelida fixum ripa, febrimque reducet? <295> Quone malo mentem concussa? Timore deorum. |
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Dies also sind die Waffen, die mein großer Freund Stertinius, der sieben Weisen achter, mir in die Hände gab, damit ich künftig nicht ungerochen angestochen würde. Denn wer mich einen Tollkopf schilt, bekömmt den gleichen Titel stracks von mir zu hören, und wird erinnert, fein zurückzusehen, was ihm selbst am unbekannten Rücken bammelt. Horaz Mein lieber Stoiker, so mögest du trotz deinem Bankerott zum reichern Mann als jemals werden! Sag mir unverhohlen, weil's doch so manche Art von Tollheit gibt, mit welcher glaubst du mich behaftet? Denn ich muß gestehn, ich selber scheine mir gesund. Damasipp Wie? wenn Agave mit dem abgerißnen Kopfe des unglücksel'gen Sohns einhertrittWieder ein Beispiel aus einer bekannten Tragödie, nämlich aus den Bacchanten des Euripides, welche Accius auch auf die römische Schaubühne gebracht hatte. Pentheus, König von Theben, wird darin das Opfer seines Unglaubens an die Gottheit des Bacchus, und seines Widerstandes gegen die Einführung des fanatischen Dienstes, den seine Mutter, Agave, an der Spitze der Thebanischen Frauen, dem neuen Gott mit desto größerm Eifer leistet. Ein unglücklicher Vorwitz treibt den vom Bacchus selbst aus Rache verblendeten König, in eine Mänade verkleidet sich heimlich auf den Berg Cithäron zu schleichen, um sich von der Beschaffenheit der Mysterien, welche seine Mutter daselbst beging, mit eignen Augen zu unterrichten. Er wird entdeckt, und von den fanatischen Mänaden in Stücken zerrissen. Im fünften Akt tritt Agave selbst, als Priesterin dieser gräßlichen Geheimnisse, an der Spitze des schwärmenden Weiber-Chors, mit dem Kopfe ihres Sohnes, auf ihren Thyrsus gesteckt, im Triumph auf. Sie glaubt, in dem Wahnsinn, womit Bacchus sie und ihre Schwestern erfüllt hat, es sei der Kopf eines von ihrer Hand zerrißnen Löwen, und rühmt sich frohlockend der vermeinten Heldentat: bis sie endlich, nachdem sie wieder zu sich selbst kommt, ihres unglücklichen Irrtums gewahr wird., scheinet sie sich selber rasend? |
Haec mihi Stertinius, sapientum Octavus, amico arma dedit, posthac ne compellarer inultus. Dixerit insanum qui me, totidem audiet, atque respicere ignoto discet pendentia tergo. <300> HORAT. Stoice, post damnum sic vendas omnia pluris, qua me stultitia (quoniam non est genus unum) insanire putas? ego nam videor mihi sanus. DAMAS. Quid? caput abscissum demens cum portat Agave gnati infelicis, sibi tum furiosa videtur? |
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Horaz Nun, weil doch der Wahrheit ihr Recht gebührt, so muß und will ich dann bekennen, daß ich närrisch und sogar ein wenig toll bin – also sag mir nur, an welchem Seelenschaden glaubst du daß ich krank bin? Damasipp Höre an! Fürs erste bau'st du, das heißt, du ahmst die Langen nachIch will hier nicht wiederholen, was ich schon an einem andern Orte Horaz. Briefe I. T. S. 254 u. 255 . zu richtigem Verständnis dieser Stelle beigebracht habe. Nichts konnte simpler sein, als daß Horaz in dem Meierhofe, den er vor kurzem vom Mäcenas geschenkt bekommen, ziemlich viel zu reparieren und zu verändern hatte, um eine Art von kleiner Villa, worin er mit Bequemlichkeit und Vergnügen wohnen konnte, daraus zu machen. Er baute also, weil er mußte; und nun war großer Lärm unter seinen Mißgünstigen zu Rom, daß er aus Eitelkeit baue, um den kleinen Mäcenas zu spielen, und, weil dieser damals sein prächtiges Haus auf den Esquilien baute, auch so was, wenigstens im Kleinen, aus seinem Sabino zu machen. Horaz läßt sich also vom Damasippus, als Repräsentanten aller seiner Neider und Tadler zu Rom und in seiner Sabinischen Nachbarschaft, dieser vermeinten Tollheit wegen so lächerlich machen, als sie es nur wünschen konnten, ohne ein Wort zu seiner Verteidigung zu sagen, weil die Sache für sich selbst sprach. Er konnte kein anständigeres und unfehlbareres Mittel erfinden, das Lächerliche einer so albernen Beschuldigung auf seine Tadler zurückfallen zu machen., du, von der Sohle bis zum Wirbel kaum drei Spangen hoch, und lachst doch wenn der kleine TurboEin Gladiator, der sich vermutlich in den Fechterspielen, welche Agrippa als Ädilis gegeben, produziert hatte. mit stolzerm Blick und weiterm Schritt als ihm nach seinem Maß geziemen will, zum Kampfe einhergestiegen kommt. Um was bist du wohl minder lächerlich? Wie? schickt sich denn gleich alles was Mäcenas tun kann, auch für dich, der ihm so ungleich ist, und soll sich so ein kleiner Wicht nur träumen lassen, mit einem solchen Mann es aufzunehmen? |
<305> HORAT. Stultum me fateor (liceat concedere veris) atque etiam insanum; tantum hoc edissere, quo me aegrotare putes animi vitio? DAMAS. Accipe: primum aedificas, hoc est, longos imitaris, ab imo ad summum totus moduli bipedalis, et idem <310> corpore maiorem rides Turbonis in armis spiritum et incessum? Qui ridiculus minus illo? An quodcumque facit Maecenas, te quoque verum est |
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Ein junger Frosch, den Füßen eines Kalbes, das seine Brüderchen zertreten hatte, mit großer Not entronnen, kam voll Angst der Mutter zugewatschelt, und erzählte, wie ein großes Ungeheuer seine Brüder zermalmet habe. Jene fragt: wie groß? und fängt sich aufzublasen an – wars wohl so groß? – »O! mehr als noch so groß!« – »Doch so?« spricht jene, die sich immer stärker auf- zublähen strebt. – »Und wenn du auch zerplatztest, gleich wirst du nie ihm werden!« – Dies ist ungefähr dein Ebenbild. Nun, deine Verse noch dazu gerechnet, (Öl ins Feuer gegossen!) sprich, machte je ein Mensch, der bei gesundem Verstand ist, VerseDemokritus und Plato hatten zu diesem, wie es scheint, damals sehr gemeinen Spaß über die Wahnsinnigkeit der Dichter Anlaß gegeben: und was war gegen den Ausspruch zweier so berühmter Philosophen, in einer Sache, worin sie unleugbar gehörige Richter waren, einzuwenden? Hier – nichts! Aber Horaz erklärte sich zwanzig Jahre später in der Epistel an die Pisonen über diesen Punkt. Man sehe, wenn man will, die Anmerkung VIII im 2ten Teile meiner Übersetzung der Horazischen Briefe S. 566 u.s.f.? Nichts von deiner tollen HitzeDer Dichter hatte alles stillschweigend eingestanden, so lange die Vorwürfe nicht trafen. Aber nun, da ihm Damasippus näher auf die Haut kommt, würde es unschicklich gewesen sein, wenn er nicht, wenigstens zum Scherz, dergleichen getan hätte, als ob er die Stiche fühle. Übrigens gesteht er sein aufbrausendes Temperament in der Epistel an sein Buch von freien Stücken (wiewohl mit dem Zusatze, daß er ebenso leicht wieder gut geworden sei), welches ihm die Leser seiner Schriften auch ohne dies zugetraut haben würden; und in der 7ten Satire dieses zweiten Buches trägt er kein Bedenken, seinen Lesern diesen Fehler seines Temperaments sogar in wirklicher Handlung zu zeigen. zu sagen – Horaz Jetzt hör' auf! |
tanto dissimilem, et tanto certare minorem? Absentis ranae pullis vituli pede pressis <315> unus ubi effugit, matri denarrat, ut ingens belua cognatos eliserit: illa rogare, quantane? num tantum, sufflans se, magna fuisset? »Maior dimidio.« »Num tanto?« Cum magis atque se magis inflaret: »Non, si te ruperis«, inquit, <320> »par eris.« Haec a te non multum abludit imago. Adde poemata nunc, hoc est, oleum adde camino; quae siquis sanus fecit, sanus facis et tu. Non dico horrendam rabiem – HORAT. Iam desine! |
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Damasipp Und daß du über dein Vermögen Aufwand machstCultum maiorem censu. Cultus bezeichnet vornehmlich den Aufwand, den er auf seine Person in Kleidung, Putz, Bedienung und dergleichen machte. Mußte der Comes, der Contubernalis, der Freund eines Mäcenas, zumal in den Jahren, da es ihm wohl anstand, immer nett und zierlich zu sein, in diesem Artikel sogar etwas mehr tun, als der Liebling der Grazien und – der schönen Cinara vielleicht ohne diesen Umstand getan hätte? – Horaz Herr Damasipp, greif' er an seine Nase! Damasipp Und auf alle hübsche Mädchen Und Jungen rasend bist – Horaz O! schone, größter der Narren, schon', ich bitte dich, des kleinernDer letzte Vorwurf, mille puellarum, puerorum mille furores, war der einzige, wo dem armen Horaz nichts übrig blieb, als um Quartier zu bitten. Die Sache war gar zu notorisch. Aber so groß war auch in diesen Zeiten, und in einer Stadt wie Rom, die Gewalt der herrschenden Sitten und des allgemeinen Beispiels, daß dergleichen furores, wenn sie nur in gewissen Schranken blieben, und durch Talente und liebenswürdige Eigenschaften vergütet wurden, unter den mediocribus et queis ignoscas vitiis hingingen, die einem Manne – der am Ende noch immer wie Aristipp sagen konnte: habeo, non habeor, in den Augen der Besten seiner Zeitgenossen keinen Schaden taten. Der größte Beweis, wie wenig man damals den moralischen Charakter eines Mannes bei den Efferveszenzen, wovon hier die Rede ist, interessiert glaubte, ist wohl dieser: daß unser Dichter selbst kein Bedenken getragen hat, die beträchtliche Anzahl von Oden, die ein Advocatus Diaboli gegen ihn geltend machen könnte, auf die Nachwelt kommen zu lassen.! |
DAMAS. – cultum maiorem censu – HORAT. Teneas, Damasippe, tuis te! <325>DAMAS. mille puellarum, puerorum mille furores – HORAT. O maior tandem parcas, insane, minori! |