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Wie schön und wohlgetan es sei, ihr Lieben, von wenigem zu leben, höret, wenn ihr wollt, nicht von mir selbst – der Biedermann OfellusDieser Ofellus, welchen Horaz in gegenwärtigem Diskurs als einen von der Natur selbst gelehrten praktischen Weisen aufstellt, um dessen altrömische gesunde Denkart, Frugalität, Genügsamkeit und Gleichmütigkeit in Wohlstand und Unglück mit den herrschenden Sitten seiner Zeit kontrastieren zu lassen, war (wie er uns selbst berichtet) ein römischer Landmann, vermutlich aus der Gegend des Sabinerlandes, worin Horazens Landgut lag. Als Brutus und Cassius nach der Ermordung des Julius Cäsar sich genötigt sahen, Truppen zur Verteidigung der republikanischen Partei und zur Sicherheit ihrer eigenen Personen in Italien anzuwerben, soll Ofellus (nach dem Vorgeben eines alten Scholiasten) unter dem Cassius Kriegsdienste genommen, und dadurch mit in die allgemeine Proskription gefallen sein, welche Antonius und der junge Cäsar, nachdem sie sich von Rom und vom Senat Meister gemacht, über alle Anhänger der Cäsarsmörder verhängten. Dieses Vorgeben des Scholiasten scheint aber keinen andern Grund zu haben, als den Umstand, daß Ofellus (so wie alle Landleute und Munizipalen, welche die Partei des Brutus und Cassius ergriffen hatten) bei der Verteilung der Ländereien unter die alten Soldaten oder Veteranen Cäsars, welche der junge Cäsar Octavianus im Jahr 713 bei seiner Zurückkunft nach Italien bewerkstelligte, eben so wie andere um sein väterliches Bauergut gekommen, und wenigstens den größten Teil desselben an den Veteran Umbrenus (dem es zu seinem Anteil zugemessen worden war) hatte abtreten müssen. Der unwissende Scholiast schloß hieraus, Ofellus müsse also auch die Waffen gegen Cäsarn getragen haben: aber die Geschichtschreiber Dion Cassius und Appianus belehren uns, daß diese Verteilung der Ländereien, diese beispiellose Gewalttätigkeit, welche gleichsam ganz Italien wie durch ein Erdbeben umstürzte, auch eine Menge Städte und Landschaften betroffen habe, die an dem Bürgerkriege keinen Teil genommen. Dieses mag denn auch mit so vielen andern der Fall des ehrlichen Ofellus gewesen sein, der sich nun auf einmal dahin gebracht sah, ein von seinen Voreltern auf ihn geerbtes Gut als Söldner des neuen Eigentümers zu bauen, aber sich das veteres migrate coloni mit einer Gleichmütigkeit gefallen ließ, die einem Epiktet Ehre gebracht hätte., ein unstudierter bäur'scher Philosoph, der sich bei gutem derbem Mutterwitz sehr wohl befand, soll unser Lehrer sein; nicht zwischen euern schimmerreichen Tischen, nicht, wenn vom Silberglanz der prächt'gen Schüsseln die Augen blinkern, und vom Falschen angezogen die Seele sich dem Besseren versagt: Wir wollen hier die Sache noch vor Tafel ins Reine bringen. – Und warum denn das? Das will ich sagenHier fängt Ofellus selbst zu reden an., wenn ich kann. Ihr wißt, daß ein bestochner Richter schlecht sich schickt, die Wahrheit zu erforschen. Also, wenn du vom Jagen heimkommst, oder von der Reitbahn, müd' ein ungebändigt Roß herumzutummeln, oder (wofern die griechsche Weichlichkeit für unsre altrömischen SoldatenspieleOfellus nennt die Jagd und das Reiten im Campus Martius Romana militia, weil diese Übungen, da sie mit heftiger Leibesbewegung und Anstrengung verbunden sind und den Körper gegen die Eindrücke der Luft, Witterung, Hitze und Kälte und andere Ungemächlichkeiten abhärten, von den ältesten Zeiten her für die einzigen Spiele angesehen wurden, welche sich für geborne Krieger, wie die Römer, schickten. Auch in diesem Stücke waren die damaligen Römer von der Gewohnheit und Disziplin ihrer Vorfahren schon sehr ausgeartet, und hatten von den neuern Griechen, deren Lebensweise und Sitten sie unvermerkt annahmen, neben so vielem andern, was von der Einfalt, Härte und Roheit ihrer Alten sehr stark abstach, auch verschiedene in Rom ehmals unbekannte Spiele angenommen, welche zwar noch immer Leibesübungen, aber von einer weniger anstrengenden und gefährlichen Art, und der Weichlichkeit, zu welcher die Griechen seit dem Verlust ihrer Unabhängigkeit nach und nach heruntersanken, angemessener waren. Dies ist es, was Ofellus (vermöge des Zusammenhangs dieser ganzen Stelle) unter graecari, im Gegensatz mit der Romana militia versteht, nicht se avocare et conviviis operam dare, wie es Baxter auslegt. Übrigens leugne ich nicht, daß graecari in der weitesten Bedeutung überhaupt soviel als die Lebensweise der Griechen oder auch die Ausschweifungen ihrer zügellosen Jugend nachahmen, geheißen, und im Munde eines Römers von altem Schrot und Korn eine Art von schimpflichem Vorwurf mit sich geführt habe. Die Liebhaber des Plautus wissen, was bei ihm congraecari und pergraecari heißt. dich |
Quae virtus et quanta, boni, sit vivere parvo (nec meus hic sermo est, sed quae praecepit Ofellus rusticus, abnormis sapiens crassaque Minerva) discite, non inter lances mensasque nitentes, <5> cum stupet insanis acies fulgoribus, et cum adclinis falsis animus meliora recusat: verum hic impransi mecum disquirite. Cur hoc? Dicam si potero. Male verum examinat omnis corruptus iudex. Leporem sectatus, equove <10> lassus ab indomito, vel (si Romana fatigat |
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verzärtelt haben sollte) wenn der schnelle Ball, ein Spiel, wobei der Eifer unvermerkt die Müh' in Lust verwandelt, oder wenn der DiskusDer Diskus war, seiner ersten Institution nach, nichts weniger als ein Spiel für weichliche Leute. Es bestand darin, eine Art platter Scheiben oder Teller von Erzt oder hartem Stein in die Höhe zu werfen, so daß die Scheibe innerhalb eines bestimmten Raumes wieder zur Erde fiel. Da es dabei auf die Schwere des Diskus und auf die Größe des Bogens, in welchem man ihn werfen mußte, ankam, so sieht man leicht, wie dieses Spiel, welches schon im Homer vorkommt, und seiner Absicht nach eine kriegerische Übung war, nach und nach zu einer sehr mäßigen Leibesübung, und endlich zu einem bloßen Kinderspiel heruntergebracht werden konnte. dich im Freien (wo er eigentlich gespielt sein will) recht tüchtig umgetrieben, mit einem Wort, wenn Arbeit dir den Mangel an Appetit vertrieb, mit trocknem Gaum und leerem Magen, komm mir dann, verachte gemeine Hausmannskost, wofern du kannst, und durste lieber, falls nicht in Falernerwein zerflößter Honig vom HymettEine Art von Met, dessen sich die Römer zur Erfrischung zu bedienen pflegten. zur Hand ist! Dein Küchenmeister ist gerade nicht zu Haus', ein stürmisch Meer beschützt die Fische: O! wenn der Magen bellt, so wird er sich Mit Brot und Salz recht gut vertragen lernen! Wo, meinst du, kommt das her? Bloß daher, weil die höchste Wollust nicht im teuren Wohlgeruch der Küche, weil sie in dir selber liegt. Verschaffe dir durch Schwitzen leckre Schüsseln»Horaz scheint mit diesem Ausdruck auf ein Wort des Sokrates angespielt zu haben, welcher einsmals, da ihn jemand bis in die Nacht spazieren gehen sah und ihn fragte, warum er das täte, zur Antwort gab: όψον συνάγω« – sagt ein alter Scholiast und übersetzt diese Worte: pulmentarium quaero. Das Kochbuch der Griechen und Römer begriff unter den Worten opson, opsonion, pulmentum, pulmentarium, im weitsten Verstande alles, was außer dem Brote auf den Tisch kam; im engern, alle Arten von gekochten Fleisch- und Fisch-Speisen, Ragouts, Puddings und dergleichen. Man kann also die Antwort des Sokrates ganz richtig übersetzen: ich bereite mir (nämlich durch die starke Bewegung und die Eßlust, die dadurch erweckt wird) eine gute Schüssel zum Nachtessen zu.! |
militia assuetum graecari) seu pila velox molliter austerum studio fallente laborem, seu te discus agit (pete cedentem aera disco) cum labor extuderit fastidia, siccus, inanis, <15> sperne cibum vilem! nisi Hymettia mella Falerno ne biberis diluta! Foris est promus, et atrum defendens pisces hiemat mare: cum sale panis latrantem stomachum bene leniet. Unde putas aut qui partum? Non in caro nidore voluptas <20> summa, sed in te ipso est. Tu pulmentaria quaere |
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Von Trägheit blaß, vom Schwelgen aufgedunsen, wird weder Auster dir noch ScarusDer Scarus ist ein Fisch des griechischen Meeres, den die Römer, wie alle ihre delicias und cupedias, von den Griechen kennen lernten. Archestratus, der in Hexametern, unter dem Titel Gastrologie, eine Enzyklopädie aller eßbaren Dinge geschrieben, sagt, die besten Scari würden an der Küste von Karthago und bei Byzanz gefangen. Nach dem Plinius wurde zu seiner Zeit dem Scarus die Oberstelle unter allen Fischen gegeben; er werde, sagt er, am häufigsten im Karpathischen Meere gefunden und wage sich von freien Stücken nie über das Vorgebürge Lecton in der Landschaft Troas; ein Freigelaßner des K. Claudius habe eine Anzahl derselben an die Campanische Küste versetzt, und dieses Meer also mit einem neuen Einwohner bereichert; nun würden sie ziemlich häufig in diesen Gegenden gefangen. – Da ich weder diesen Fisch noch eine deutsche Benennung desselben kenne, so habe ich den Namen Scarus beibehalten: denn, daß es nichts weiter als der bekannte Brachsen oder die französische sarguet gewesen sei, ist nicht zu glauben. noch das fremde Birkhuhn schmeckenLagois bezeichnet hier, nach Baxtern, den nämlichen Vogel, den die Griechen Lagopus, die Italiener und Franzosen Francolin, und wir Birk- oder Berghuhn nennen; und dabei habe ichs gelassen, wiewohl andere einen Fisch, Meerhase genannt, darunter verstehen.. Gleichwohl werd ich kaum von deiner Eitelkeit erhalten, daß du, wenn ein Pfau dir gegenüber steht, nicht lieber an diesem als an einem schlechten Huhn den Gaumen reibest; einzig, weil der seltne VogelDer Pfau, der vor dem Zug Alexanders in die Morgenländer in Europa noch ganz unbekannt war, machte bei den Römern dieser Zeit nicht nur die Zierde des Hühnerhofes, sondern eine der vornehmsten Schüsseln auf der Tafel der Reichen und Verschwender aus. Der berühmte Redner Hortensius war der erste Römer (sagt Plinius), der seine Mitbürger Pfauen essen lehrte. In kurzer Zeit wurde dieses Gerichte so sehr Mode, daß ein gewisser Aufidius Lurco, der erste, welcher Pfauen auf den Kauf mästen ließ, von einer Herde von hundert Stück jährlich 60000 HS. oder auf 2000 Rtl. Einkünfte zog. Die Pfauen haben sich viele Jahrhunderte lang in diesem kulinarischen Ansehen erhalten, und, nach den Ritterbüchern der Mittelzeiten, machten sie immer das vornehmste Gerichte an den Cours plenières der damaligen Fürsten, und, wie die Romanciers sagen, die eigentliche und edelste Nahrung der Helden und Liebenden ausCurne de St. Palaye, sur l'Ancienne Chevalerie, Mémoire 3. au commenc.. Die Ritter und edeln Frauen dieser heroischen Zeiten hatten aber auch eine andre Encolure und andere Magen als ihre Abkömmlinge im 18ten Jahrhundert! mit Gold bezahlt wird, und mit einem prächt'gen Schweif Parade macht – als ob dies was zur Sache täte? Du issest doch die schönen Federn nicht, und frikassiert gilt beider Fleisch dir gleich. So leitet also bloß dein eitles Auge das Urteil deiner Zunge. Doch, es sei darum! Allein, mit welchem Sinne schmeckst du aus, ob dieser Seehecht, der dich angähnt, mitten im Tiber, oder zwischen beiden Brücken, ob nah am Ausfluß sei gefangen wordenDie Römer raffinierten so sehr, als es unsre heutigen Proceres gulae (wie Plinius diese Art von großen Männern nennt) nur immer tun können, über die äußern Umstände, welche den Wert eines Gerichtes in ihrer Einbildung erhöheten. War es nicht selten und kostbar an sich selbst oder durch eine ungewöhnliche Größe, so mußte es durch die Zeit, oder den Ort wo es herkam, sich über das Gemeine in seiner Art erheben. Auf die Tafel eines Mannes, der den Ruhm suchte, gut zu essen zu geben, durfte (wie Varro in seiner Satire περὶ εδεσμάτων sagte) kein andrer Pfau, als einer von Samos, kein Haselhuhn als aus Phrygien, kein Kranich als aus Melica, kein Hammelfleisch als aus Ambrazien, keine Makrele als von Chalcedon gesetzt werden; die Lampreten mußten von Tartessus, der Lachs von Pessinunte, die Austern von Tarent, die Kammuscheln von Chios, der Stör von Rhodus, der Scarus aus Cilicien, die Nüsse aus Thasos, die Datteln aus Ägypten, und die Kastanien aus Spanien gekommen seinGell. Noct. Attic. VI. 16.. Man kann sich leicht vorstellen, daß die Virtuosen unter den Schmeckern die Leute waren, die für alles dieses einen eigenen Sinn zu haben affektierten. »Der Senator Montanus, der größte Esser meiner Zeit (sagt Juvenal) wußte auf den ersten Biß zu sagen, ob eine Auster am Circeischen Vorgebürg oder im Lucrinischen See oder zu Colchester geholt worden, und sah einem Meerigel auf den ersten Blick das Ufer, wo er herkam, an.«Satir. IV. v. 140. s. Die feinen Zungen brachten es hierin zu einer so großen Virtuosität, daß sie sogar den Unterschied zwischen einem Hecht, der mitten im Tiber, oder an dessen Ausfluß oder zwischen den beiden über ihn geschlagenen Brücken gefangen worden, heraus zu schmecken wähnten, und dies ists, worüber sich der ehrliche Ofellus hier aufhält.? Du machst viel Rühmens, Tor, von einem dreipfünd'gen RotbartDer Mullus scheint der zum Barbengeschlechte gehörige Seefisch zu sein, der in unsrer Sprache die Namen Rotbart und Schmeerbutte führt. Nächst dem Scarus und der Lamprete sind unter dem übrigen Fisch-Adel (sagt PliniusLib. IX. c. 17.) die Mulli die beliebtesten und häufigsten, wiewohl sie selten über zwei Pfund schwer gefangen werden und in den Fischbehältern und Teichen nicht größer zu wachsen pflegen. Gleichwohl meldet er in dem nächstfolgenden Kapitel, Licinius Mucianus erzähle: es sei im Roten Meere einst ein Rotbart von 80 Pfund gefangen worden. Was hätte der gegolten (setzt er hinzu), wenn er an einem der Stadt (Rom) benachbarten Ufer gefunden worden wäre! Die vorbelobten Proceres gulae waren auf große Fische dieser Art so erpicht, daß der Konsular Asinius Celer unter der Regierung des Claudius 240 Rtl. für einen bezahlte (cf. Iuven. Sat. IV. und Seneca Epist. 95.), den du doch in kleine Bissen zerschneiden mußt! Die Größe, seh' ich wohl, |
sudando: pinguem vitiis, albumque, neque ostrea nec scarus aut poterit peregrina iuvare lagois. Vix tamen eripiam, posito pavone, velis quin hoc potius, quam gallina, tergere palatum, <25> corruptus vanis rerum; quia veneat auro rara avis, et picta pandat spectacula cauda: tamquam ad rem attineat quicquam. Num vesceris ista quam laudas pluma? cocto num adest honor idem? Carne tamen quamvis distat nihil hac magis illa <30> imparibus formis deceptum te patet. Esto! Unde datum sentis, lupus hic Tiberinus, an alto captus hiet, pontesne inter iactatus, an amnis ostia sub Tusci? Laudas, insane, trilibrem mullum, in singula quem minuas pulmenta necesse est. |
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gefällt dir? Gut! Warum denn aber sind die großen Hechte dir zuwider? – Ah! Nun merk ich's: von Natur sind diese groß und jene klein; das Ungewöhnliche ist also was dich reizt. Ein schöner Anblick, wenn aus der großen Schüssel so ein großes Stück herausragt! ruft entzückt ein Schlund, der einer gefräßigen Harpyje Ehre machteDie Harpyjen, sagt Magister Benjamin Hederich, (für dessen mit nichts zu vergleichende Vorstellungsart und konzinne Schreibart ich eine Schwachheit habe, wegen deren ich, als mediocribus illis ex vitiis unum, um Nachsicht bitte) »hatten Gesichter wie Jungfern, allein Hände mit großen krummen Klauen, sahen anbei ganz bleich vor Hunger, und schmeißeten dennoch auch alsofort wieder von sich, was sie eingeschluckt. Sie hatten hiernächst ihre Flügel, mit welchen sie im Fliegen ein großes Geräusch machten, und Leiber wie die Geier, allenthalben voller Federn, jedoch Hände und Füße wie die Menschen, allein Ohren wie die Bäre.«. Daß diesen Prassern doch der wärmste Südwind all' ihre Schüsseln kochte! Doch, wofür, da selbst das beste Wildpret und die frische BütteDer Rhombus, den ich durch Bütte übersetzt habe, weil Meerbütte in Versen unbrauchbar ist, scheint sich den Römern ebenfalls durch seine Größe empfohlen zu haben, weil sie das angenehme Schauspiel, porrectum magnum magna in catina, zu sehen liebten. Die lächerliche Geschichte von dem ungeheuren Rhombus, der unter dem Domitian im Adriatischen Meere gefangen wurde und für alle damals existierende Schüsseln zu groß war, und wie dieser würdige Nachfolger Augusts den Senat deswegen zusammenberufen und endlich, nach dem Antrag des edeln Montanus, ein Senatus Consultum dahin abgefaßt worden: daß auf der Stelle eine eigene Schüssel, welche groß genug sei, den ganzen Fisch zu fassen, gedreht werden sollte – verdient im Juvenal selbst gelesen zu werden, von dessen vierter Satire sie den Inhalt ausmacht. dem überfüllten Magen stinkt, der, von zuviel Genuß gedrückt und krank, Radieschen und scharfen Alant vorzieht. Denn bei allem dem ist doch die Armut unsrer guten Alten von diesen Fürstentafeln noch nicht ganz verwiesen, da sogar gemeine Eier und Oliven zugelassen werden! Und wie lang' ists wohl, seitdem der Ratspedell GalloniusIch hoffe hier wegen des Wortes Ratspedell statt praeco nicht angefochten zu werden; ich weiß wohl, daß es kein völliges Äquivalent dafür ist, aber es tut hier gerade dieselbe Wirkung wie das praeco im Lateinischen, und darauf allein kam es mir an. Damals, als dieser Gallonius in den Ruf eines übermütigen Verschwenders kam, weil bei einem Gastmahl, das er gab, ein sehr großer Stör auf seinem Tische erschienen war, stand dieser Fisch noch in so hohem Ansehen bei den Römern, daß er nicht anders als mit Blumenkränzen und mit einem vor ihm hergehenden Pfeifer aufgetragen und herumgeboten wurdeAthenaeus, Deipnos. VII. p. 294. edit. Lugdun. de 1612.. Gallonius war ein Zeitgenosse des Dichters Lucilius, und der war es eigentlich, der ihm eine so böse Reputation machte, daß noch zu Ciceros Zeiten er lebt wie Gallonius eine Art von Sprüchwort war. Die Verse des Lucils, welche Ofellus hier im Sinne hat, zitiert Cicero in seiner Disputation gegen die Wollust (de Finib. II. c. 8.):
Zu Plinius Zeiten war dieses ehmals so teure und seltne Gerichte in solche Verachtung gesunken, daß ein Mann nach der Mode seine Tafel durch einen Stör zu beschimpfen geglaubt hätte; die mulli, scari und rhombi waren an seine Stelle gekommen. mit einem Stör der Stadt zur Fabel wurde? |
<35> Ducit te species, video; quo pertinet ergo proceros odisse lupos? Quia scilicet illis maiorem natura modum dedit, his breve pondus. Porrectum magno magnum spectare catino vellem, ait Harpyiis gula digna rapacibus. At vos <40> praesentes, Austri, coquite horum obsonia! quamvis putet aper rhombusque recens, mala copia quando aegrum sollicitat stomachum, cum rapula plenus atque acidas mavult inulas. Necdum omnis abacta <45> pauperies epulis regum: nam vilibus ovis nigrisque est oleis hodie locus. Haud ita pridem Galloni praeconis erat acipensere mensa |
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Wie? nährte denn das Meer in jenen Tagen noch keine Bütten? Freilich; aber sicher war die Bütte, sicher noch der junge Storch in seinem Neste, bis ein Küchenmeister von Prätors-Rang euch feiner essen lehrteEin Stich auf einen gewissen Asellius Rutilius oder Sempronius Rufus, der die ungeheure Liste der Schüsseln, womit die Tafeln der römischen Helluonen belastet wurden, mit jungen Störchen vermehrte. Für diese Erfindung, und weil er seiner Lebensart wegen in so übelm Ruf stand, daß er bei seiner Bewerbung um die Prätur auf eine schimpfliche Art durchfiel, wurde er mit folgendem Epigramm reguliert:
Laß jetzt sich einer beigehn, kund zu machen, es sei was Herrlichs um gebratne Täucher, gelehrig jeder Torheit wird sogleich die römsche Jugend sichs gesagt sein lassen. Indes ist, nach Ofellus, zwischen simpler Kost und filziger ein großer Unterschied. Was hälf's ein Laster zu vermeiden, um ins Gegenteil zu fallen? Avidien, nicht für die Langeweile Hund genannt, ißt wilde Schlehen und fünfjährige Oliven, und schonet seinen Wein so lange bis er umgeschlagen ist; an einem Hochzeits- oder Geburtstags-Schmause selbst, an jedem andern Familien-Feste, gießt er euch, in seinem auf- gescheurten Festrock, eigenhändig, aus einem schmutzigen zweipfündigen HornNämlich aus einem hörnernen Ölgefäße, welches zwei Pfund faßte; so, daß das Öl, womit Avidien so sparsam wirtschaftete, desto ranziger darin werden mußte. – Geßner meint, wenn man veteris non largus aceti für non parcus lese, so werde Avidiens Geiz noch stärker geschildert. Ich bin nicht dieser Meinung: non largus scheint mir weiter nichts als platt; non parcus hingegen ist eine scherzhafte Wendung, und Avidien gewinnt nichts dabei; denn er ist mit seinem Essig nur deswegen freigebiger, weil er verdorben, und der Abgang aus seinem Weinkeller leicht zu ersetzen ist. Non largus ist augenscheinlich das Werk eines platten Abschreibers, der hier wie Geßner dachte und den Text zu verbessern glaubte. Hr. P. Haberfeld (dessen Ingenuität ich mehrere zurecht weisende Winke und Verbesserungen in diesem Buche zu danken habe) hat die vielen feinen Züge dieses komischen Gemäldes eines römischen Knickers vom ersten Rang sehr schön auseinander gesetzt. S. den 3ten Band der Vorlesungen über die klassischen Dichter der Römer, S. 44, 45. |
infamis. Quid? tum rhombos minus aequor alebat? Tutus erat rhombus, tutoque ciconia nido, <50> donec vos auctor docuit praetorius. Ergo si quis nunc mergos suaves edixerit assos, parebit pravi docilis Romana iuventus. Sordidus a tenui victu distabit, Ofello iudice. Nam frustra vitium vitaveris illud, <55> si te alio pravus detorseris. Avidienus, cui Canis ex vero ductum cognomen adhaeret, quinquennes oleas est et silvestria corna, ac nisi mutatum parcit defundere vinum, et cuius odorem olei nequeas perferre, licebit <60> ille repotia, natales, aliosve dierum |
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ein Öl, wovon euch der Geruch den Atem nimmt, dem stengelreichen Kopfkohl tröpfelnd auf, doch desto minder mit verdorbnem Essig sparsam. »Wie soll ein weiser Mann nun leben? Wen, den Schlemmer, oder diesen schnöden Filz zum Muster nehmen?« Wie? dem Hunde zu entfliehn, müßt ihr dem Wolf entgegenlaufen? Wer uns nicht durch Schmutz mißfallen will, sei reinlich, ohne ins Gegenteil zu fallen. Wer den Mittelweg zu halten weiß, wird weder, wie der grämliche Albuz, indem er jedem Sklaven seine Dienste anweist, sie für die Fehler, so sie allenfalls begehen werden, gleich voraus bestrafen: noch wie der allzugute Nävius die Gäste über Tisch mit trübem Wasser bedienen lassenEs ist kaum begreiflich, wie einige Ausleger sich zerarbeitet haben, den natürlichen, so offen da liegenden Sinn dieser Stelle zu verdrehen. Diese Herren haben zuweilen das Unglück, daß sie den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen können. So meint z. B. Baxter, der Nävius, welchen Ofellus, in augenscheinlichem Gegensatz mit dem allzustrengen Albutius, einer übertriebnen Nachsicht gegen seine Bediente beschuldiget, werde hier als ein bis zur Abgeschmacktheit eleganter Hasenfuß charakterisiert. Caeteri lauti (sagt er) inungebant vinarios calices, iste vero Vappa, lautior lautissimis, vel ipsam aquam, et frigidam scilicet et calidam, odoram fecit. Das heiße ich doch nodum in scirpo quaerere! Und eine so feine Auslegung läßt Geßner sich wenigstens durch sein Stillschweigen gefallen! Man braucht nur Augen und einen halben Gran gemeinen Menschensinn zu haben, um zu sehen, daß Horaz nichts weniger als dies sagt, noch im Sinne haben konnte. »Man muß in allen Dingen den Mittelweg gehen, sagt Ofellus. Zwischen übertriebner Pünktlichkeit und Schmutz liegt Reinlichkeit in der Mitte. Der alte Albutius ist so streng gegen die geringsten Versehen seiner Bedienten, daß er sie schon beim Austeilen ihrer Dienstverrichtungen für die Fehler, so sie etwa begehen könnten, zum voraus züchtigt: Nävius, im Gegenteil, ist ein so gütiger Herr, daß er seinen Bedienten auch die größten Fehler und Nachlässigkeiten im Dienste übersieht und die Gäste bei der Tafel sogar mit schmutzigem oder unreinlichem Wasser bedienen läßt, ohne es gewahr zu werden oder zu ahnden. Wer klug ist, macht es weder wie Albuz, der einen Bedienten schon bei dem bloßen Gedanken, daß er einem Gast einen ungespülten Becher reichen könnte, prügelt; noch wie Nävius, dem es gleichviel ist, wenn das Wasser, das seine Gäste trinken sollen, wie Spülwasser aussieht: er hält über Reinlichkeit in seinem Hause und an seinem Tische, ohne in das eine oder andre Extrem zu fallen.«. Denn zuviel Gelindigkeit ist auch kein kleines Laster. – Höre nun, wie vielen Vorteil ein geringer Tisch dir bringen wird! Fürs erste wirst du dich dabei gesunder finden; denn wie übeltätig das vielerlei Gemisch dem Menschen sei, zeigt die Erfahrung, da gemeine Speise |
festos albatus celebret, cornu ipse bilibri caulibus instillat, veteris non parcus aceti, Quali igitur victu sapiens utetur? et horum utrum imitabitur? Hac urguet lupus, hac canis, aiunt. <65> Mundus erit qui non offendat sordidus, atque in neutram partem cultus miser. Hic neque servis, Albuci senis exemplo, dum munia didit, saevus erit: neque, sicut simplex Naevius, unctam convivis praebebit aquam; vitium hoc quoque magnum. <70> Accipe nunc victus tenuis quae quantaque secum afferat. In primis valeas bene: nam variae res |
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dir immer wohl bekam, hingegen, wenn du Gesottnes und Gebratnes, Krammetsvögel und Austern durch einander mengest, immer die Leckerbissen sich in Galle kehren, und zäher Schleim dem Magen Händel macht. Du siehest ja, wie blaß von einem solchen versuchungsreichen Gastmahl alles aufsteht! Zudem beschwerst ein mit gestriger Unmäßigkeit beladner Körper auch zugleich den Geist, und drückt das Göttliche in uns zu BodenAdfligit (oder, wenn man lieber so lieset, affigit) humo divinae particulam aurae. Ohne eine weitläuftige Umschreibung dürfte es wohl ganz unmöglich sein, für particulam aurae divinae, wie Ofellus hier die denkende Seele oder den Geist des Menschen nennt, einen gleichbedeutenden Ausdruck zu finden. Ofellus sagt dies weder als ein Platoniker, noch als ein Stoiker, wie die Ausleger wähnen: sondern vermöge einer sehr gemeinen, sehr alten, und gewiß auch unter solchen ungelehrten Leuten, die etwas mehr als bloße mechanische Tiermenschen waren, gewöhnlichen Vorstellungsart, daß die menschlichen Seelen Partikeln oder Funken eines allgemeinen, das ganze Weltall durchwebenden Weltgeistes seien. Horaz läßt also seinen Ofellus gerade so sprechen, wie es einem wackern verständigen Mann seiner Art zukam, und dachte wohl an nichts weniger, als an Spott, wie Dr. Warburton, in einer Anmerkung zu diesem Verse, mit seiner gewöhnlichen Zuversichtlichkeit vorgibt: weil ein Epikuräer, wie Horaz, nicht an die Unsterblichkeit der Seele glaube, und also den göttlichen Ursprung derselben durch den Ausdruck divinae particulam aurae habe lächerlich machen wollen. Horaz, mit Erlaubnis Sr. Lordship, war weder ein epikuräischer noch ein pythagorischer Geck, sondern ein Dichter, der das reddere personae convenientia cuique sehr gut verstand; und im übrigen ein Mann von so gesundem Kopf und Herzen, als je einer geatmet hat – wie ihn jeder, dem es nicht selbst an dem einen oder andern fehlt, in seinen Schriften finden wird. Horaz mag von der Seele geglaubt haben was er konnte, so spricht er hier nicht in seinem eigenen, sondern in Ofellus Namen, welchem ohne alle Schicklichkeit und gleichsam mit Gewalt epikuräische Spötterei in den Mund zu stopfen, etwas sehr Abgeschmacktes gewesen wäre.: da hingegen jener, in einem Wink mit seiner Mahlzeit fertig, in leichten Schlummer sinkt, und morgen früh zur vorgeschriebnen Arbeit munter aufsteht. Auch hat er noch den Vorteil, daß er sich zuweilen ohne Schaden etwas mehr zu Gute tun kann: sei es daß ein Festtag im Jahre wieder einfällt, oder daß er nötig findet, die durch viele Arbeit erschöpften Kräfte zu ersetzen, oder wenn die Jahre kommen und das schwächte Alter mehr |
ut noceant homini, credas memor illius escae quae simplex olim tibi sederit: at simul assis miscueris elixa, simul conchylia turdis, <75> dulcias se in bilem vertent stomachoque tumultum lenta feret pituita. Vides ut pallidus omnis cena desurgat dubia? Quin corpus onustum hesternis vitiis animum quoque praegravat una, atque adfligit humo divinae particulam aurae. <80> Alter, ubi dicto citius curata sopori membra dedit, vegetus praescripta ad munia surgit. Hic tamen ad melius poterit transcurrere quondam, sive diem festum rediens adduxerit annus, seu recreare volet tenuatum corpus, ubique <85> accedunt anni et tractari mollius aetas |
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gepfleget sein will. Du hingegen, der als Knabe schon, bei vollen Jugendkräften, das Äußerste der Weichlichkeit erschöpfte, was bleibt in kranken Tagen und im Alter dir noch zuzusetzen? – Unsre Alten lobten den starken Wildgeruch am schwarzen Wildpret, nicht weil sie keine Nase hatten, sondern bloß deswegen, denk' ich, weil ein später Gast doch leichter sich mit einem etwas ranzigen Ragout behilft, als daß der Hauspatron ein ganzes Schwein auf einmal frisch verzehrt. O daß mich Mutter Erde unter diesen Helden geboren hätteIn diesem Wunsche, der übrigens auf den Lippen eines Mannes wie Ofellus eine gewisse Grazie und Proprietät hat, glaube ich etwas Humoristisches zu finden, wodurch Horaz, (den ich mir dieses Stück in dem Zirkel des Mäcenas vorlesend denke) seinen feinen Zuhörern ein kleines Lächeln abzulocken gehofft habe. Denn ein so ernsthafter Seufzer aus so vollem Herzen, so unmittelbar auf die Erklärung der wirtschaftlichen Ursache, warum ihre Alten einen etwas starken Geruch am schwarzen Wildpret durch eine Art von stillschweigender Übereinkunft leckerhaft gefunden, und das Wort Heroen in diesem Zusammenhange, hat in der Tat etwas Komisches. Ofellus merkt es in seinem Eifer nicht – und auch dies ist charaktermäßig. Ich bemerke dies hier als einen Beleg dessen, was ich am Schlusse der Einleitung zu diesem Stück erwähnte. Auch die Sprünge oder brüsken Übergänge, die er ihn in seinem Diskurse machen läßt, der kleine Detail in der Schilderung des filzigen Avidiens, die launische Anmerkung, »daß doch wenigstens die Eier und Oliven noch nicht von den Tischen der römischen Könige verbannt seien«, der Ausdruck infamis acipensere und dergleichen, gehören ebenfalls hieher, und scheinen mir mit großer Feinheit gewählt, um aus dem Kolorit des Ganzen, ohne Nachteil des Charakters seines Sokratischen Bauern und der Wahrheiten, die er ihn predigen läßt, einen leichten komischen Anstrich gleichsam durchscheinen zu lassen.! – Ist an gutem Ruf dir was gelegen, der von aller Ohrenlust die angenehmste istHoraz kann hier wohl das πάντων ήδιστον άκουσμα, das mehr als einmal im Xenophon vorkommt, im Sinne gehabt haben: aber der Gedanke ist an sich so natürlich, daß er ihn, ohne mindeste Unfüglichkeit, seinem ungelehrten Weisen in den Mund legen konnte.? Die großen Bütten in großen Schüsseln ziehn zu allem Schaden noch obendrein dir große Schande zu; nicht zu gedenken, daß du dir dadurch den Zorn des alten Oheims zuziehst, dich der ganzen Nachbarschaft verhaßt machst, und es mit dir selbst so übel meinst, daß dir, |
imbecilla volet. Tibi quidnam accedat ad istam quam puer et validus praesumis mollitiem, seu dura valetudo inciderit, seu tarda senectus? Rancidum aprum antiqui laudabant, non quia nasus <90> illis nullus erat, sed, credo, hac mente, quod hospes tardius adveniens vitiatum commodius quam integrum edax dominus consumeret. Hos utinam inter heroas natum tellus me prima tulisset! Das aliquid famae, quae carmine gratior aurem <95> occupat humanam? grandes rhombi patinaeque grande ferunt una cum damno dedecus: adde iratum patruum, vicinos, te tibi iniquum |
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des Lebens überdrüssig, nicht einmal ein Dreier bleibt, um einen Strick zu kaufen. »Gut«, spricht mein Prasser, »diese Lektion laß einen Trausius seinem Neffen haltenDies ist, wie mich deucht, der natürlichste Sinn dieser Worte, welche sich auf das vorhergehende adde iratum patruum zu beziehen scheinen. Ofellus hatte dem Verschwender, dem er seine Lektion hält, die Folgen seiner unmäßigen Lebensart vorgestellt, und daß ihm endlich, wenn er alles durch die Gurgel gejagt habe, nicht einmal ein Strick sich zu erhängen übrig bleiben werde. Nun läßt er sich von jenem antworten: »So was magst du einen Trausius seinem Neffen sagen lassen, einem Menschen, der ohne Schwingfedern fliegen und wie unser einer leben will, ohne das Vermögen dazu zu haben, – nicht mir, einem Manne, der königliche Einkünfte hat, u.s.w.« – Iurgatur ist also hier das deponens, nicht ein ungewöhnliches passivum, welches man gar nicht nötig hat, um etwa Sinn in diese Stelle zu bringen. Alles paßt nach dieser Erklärung sehr gut. Vermutlich gibt Horaz (wie Geßner anmerkt) hier einem törichten jungen Verschwender dieser Art im Vorbeigehen ein wohlgemeintes Memento ans Ohr. Ob der Oheim Trasius, Traxius, Travius, Trallius oder Traulius geheißen habe, daran liegt weder uns noch ihm etwas; vermutlich war er und sein Neffe damals bekannter als sie uns sind.: Ich aber habe große Renten, habe Güter, wovon drei Fürsten reichlich leben könnten.« So? Also kannst du keinen bessern Gebrauch von dem, was du zuviel hast, machen? Warum muß, da du reich bist, jemand schuldlos darben? Warum der Götter Tempel in Ruinen fallen? Warum, du Undankbarer, wendest du von deinem großen Überflusse nichts dem lieben Vaterlande zu? Und bist du dann so sicher, daß gerade du allein der einz'ge sein wirst, welchem alles immer nach Wunsche gehen wird! O welches Lachen bereitest du, Betrogner, deinen Feinden! Wer kann aufs ungewisse hin sich selber mehr vertrauen: wer an tausend überflüß'ge Dinge sich angewöhnt hat, oder wer mit wenigem zufrieden, und, der Zukunft eingedenk, |
et frustra mortis cupidum, cum deerit egenti aes, laquei pretium. »Iure«, inquit, »Trausius istis <100> iurgatur verbis: ego vectigalia magna divitiasque habeo tribus amplas regibus.« Ergo quod superat non est melius quo insumere possis? Cur eget indignus quisquam, te divite? Quare templa ruunt antiqua deum? Cur, improbe, carae <105> non aliquid patriae tanto emetiris acervo? Uni nimirum tibi recte semper erunt res! O magnus posthac inimicis risus! Uterne ad casus dubios fidet sibi certius? hic, qui pluribus assuerit mentem corpusque superbum? <110> an qui contentus parvo metuensque futuri |
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im Frieden wie ein kluger Mann sich auf den Krieg gefaßt gemacht? – So, meine Freunde, philosophiert Ofellus; und, damit das alles mehr Eingang bei euch finde, laßt euch sagen, daß ich, als Knabe, ihn gekannt, wie er mit seinem ganzen Gut nicht breiter lebte als jetzt mit dem, was man ihm übrig ließ. Ihr solltet auf dem knapp beschnittnen GütchenOctavianus und Antonius hatten die alten Soldaten des Julius Cäsars nicht anders dazu bringen können, ihnen gegen die Mörder Cäsars und die Republik zu dienen, als durch ein feierliches Versprechen, ihnen nach Vollendung des Feldzuges Ländereien in verschiedenen Provinzen Italiens einzuräumen. Die Eigentümer sollten zwar den Wert dafür an Geld empfangen: allein, weil die Schatzkammer ausgeleert war und die Veteranen sich nicht länger vertrösten lassen wollten, so wurde diese so berüchtigte Divisio agrorum im Jahre 713 würklich mit Gewalt bewerkstelliget, die alten Besitzer ausgetrieben, und die Güter, nachdem sie von neuem ausgemessen worden, nach einer gewissen angenommenen Proportion unter die alten Soldaten verteilt. Daher die Klagen des Properz und anderer Dichter über die unselige, gottlose Meßstange, durch welche die einen um das Ganze, die andern wenigstens um den größten Teil ihres Eigentums gekommen waren. Dies erklärt uns nun, was Horaz mit dem metatus agellus sagen will. Der ehmalige Meierhof des Ofellus hatte nicht mehr den vorigen Umfang; er war durch die triumviralische Güter-Verteilung zerschnitten, und verschiedene davon abgerißne Stücke waren andern zugemessen oder zu ihrer Portion geschlagen, und also die alten Grenzsteine überall verrückt und zurückgezogen worden. Ofellus, der nun sein ehmaliges Erbgut als Pachter oder Söldner des Soldaten Umbrenus, dem es von den Kommissarien der Triumvirn zugesprochen worden war, baute, hatte also den zwiefachen Schaden: erstens, daß er da, wo er Eigentumsherr gewesen war, nun nicht viel mehr als einen Taglöhner vorstellte; und dann, daß der Ertrag des Gütchens geringer war, und er also auch viel weniger darauf verdienen konnte. Gleichwohl sagt Horaz, wäre seine Lebensweise immer die gleiche geblieben. ihn sehen, wie vergnügt der wackre Mann sein ehmals eignes Feld als Söldner baut! Ihr solltet ihn da, unter seinen Söhnen und seinem Vieh, so traulich schwatzen hören! »Nicht leicht in meinem Leben«, spricht er, »kam an einem Festtag etwas Besseres als Kohl mit einem angeschnittnen Schinken auf meinen Tisch. Besuchte mich einmal nach langer ZeitDieses nach langer Zeit steht hier nicht müßig; es bezeichnet einen wesentlichen Zug der guten alten römischen Sitte, zumal bei den Landeigentümern. Man hatte da nicht täglich Gäste, und es ging nicht immer im Sause und Brause zu: man lebte sparsam, und jeder wartete seines Geschäftes, ohne sich um die des andern zu bekümmern. Die Besuche, die man von guten Freunden erhielt, waren selten, aber auf beiden Seiten desto angenehmer und herzlicher. Sogar Nachbarn besuchten einander nur an Regentagen, aber dann war so eine Zusammenkunft auch ein kleines Fest im Hause. ein Gastfreund, oder kam an einem müß'gen Regentag ein Nachbar zu mir herüber, ein willkommner Gast, so schickt' ich nicht, um gütlich uns zu tun, nach Fischen in die Stadt: ein Huhn mit einem Böckchen gab uns ein köstlich Mahl; der Nachtisch wurde |
in pace, ut sapiens, aptarit idonea bello. Quo magis hoc credas, puer hunc ego parvus Ofellum integris opibus novi non latius usum quam nunc accisis. Videas metato in agello <115> cum pecore et gnatis fortem mercede colonum, »Non ego«, narrantem, »temere edi luce profesta quicquam praeter olus, fumosae cum pede pernae; ac mihi seu longum post tempus venerat hospes, sive operum vacuo gratus conviva per imbrem <120> vicinus, bene erat, non piscibus urbe petitis, sed pullo atque haedo; tum pensilis uva secundas |
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mit trocknen Trauben, Nüssen, großen Feigen gar stattlich aufgeschmückt; dann kam ein Spiel, wo der Verlierende mit vollen Bechern bezahlen mußteBentleys cupa für culpa scheint mir keine glückliche Verbesserung. Das ludus erat culpa potare magistra scheint sich auf irgend ein uns nicht mehr bekanntes ländliches Spiel zu beziehen, wo derjenige, der einen Fehler beging, zur Strafe trinken mußte; so wie die Redensart culpa magistra von dem bei städtischen Schmäusen gewöhnlichen magistro convivii entlehnt ist, der jedem anwies, wieviel cyathos er auszuleeren hatte. Bei den Landleuten waren diese den Griechen abgelernte magisteria noch nicht üblich; der Fehler, den man machte, diktierte auch die Strafe, und dies heißt bibere culpa magistra., und beim frohen Trunk auf gute Ernte zog die finstre Stirne sich aus ihren Falten. Wüte doch Fortuna und blase neuen Lärmen durch die Welt, wie wenig kann sie hier noch nehmen! Um wie viel sind wir, ihr Jungen, magrer worden, ich und ihr, seitdem der neue Gutsbesitzer einzog? Wahrhaftig, die Natur hat weder ihn, noch mich, noch einen andern Sterblichen zum Herrn von ihrem eignen Grund gemacht. Er trieb uns aus, und ihn wird üble Wirtschaft, vielleicht Unwissenheit des schlauen Rechtes, und endlich ganz gewiß ein Erbe, der ihn überlebt, vertreiben. Dieses Gut heißt jetzt Umbrens, hieß neulich noch Ofells, ist keinem eigen, wird zum Nießbrauch nur bald mir, bald einem andern überlassen. |
et nux ornabat mensas cum duplice ficu; post hoc ludus erat culpa potare magistra, ac venerata Ceres, ita culmo surgeret alto, <125> explicuit vino contractae seria frontis. Saeviat atque novos moveat Fortuna tumultus, quantum hic imminuet? quanto aut ego parcius aut vos, o pueri, nituistis, ut huc novus incola venit? Nam propriae telluris herum natura neque illum <130> nec me nec quemquam statuit. Nos expulit ille, illum aut nequities, aut vafri inscitia iuris, postremo expellet certe vivacior heres. Nunc ager Umbreni sub nomine, nuper Ofelli dictus erat, nulli proprius; sed cedit in usum |
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Drum, Kinder, lebt getrost und setzet stets dem Unglück eine starke Brust entgegen!«Sollte es wohl möglich sein, daß irgend ein gesunder Mensch diese zwei Verse:
lesen und sich einbilden könne, Horaz habe damit Spaß machen und sich auf einmal mit heroischem Bombast aufblähen wollen, um eine zu ernsthafte Materie mit Lachen zu verdünnen? – Nichts, dünkt mich, ist klärer, als daß ein Dichter, der seine Verse mit Fleiß zu arbeiten gewohnt ist, ein ganzes Stück mit einem Paar wohlklingenden Versen schließt, zumal wenn sie ihm, wie diese hier, gleichsam von sich selbst in die Hände laufen. Und gleichwohl hat Baxter von seiner Grille, daß Horaz, weil er öfters scherzt, immer (auch zur Unzeit) spaßen müsse, sich zu diesem kaum verzeihlichen Mißverstand unsers Autors verführen lassen. »Festive insurgit spiritu heroici carminis, quo serium risu diluat.« Wem sollte nicht die Lust zum Schreiben vergehen, wenn er sieht, wie man zuweilen, sogar von gelehrten und scharfsinnigen Leuten, verstanden wird? Der wackre, schlichte, biederherzige Ofellus spricht mit seinen Kindern über Dinge, wovon das Glück ihres Lebens abhängt; er erzählt ihnen, wie er es selbst gemacht habe, um glücklich zu sein; er beweiset ihnen aus seinem eigenen Beispiele, daß ihn ein Glückswechsel, worüber manche andre viel Wehklagens erhoben hatten, weder magrer noch unzufriedner gemacht habe; er findet in der Unbeständigkeit der menschlichen Dinge selbst den stärksten Beweggrund, den Mut nie zu verlieren; und mit dem gerührten Blick eines Vaters auf seine Kinder, denen er, ohne seine Schuld, außer seinen guten Lehren und seinem Beispiel nichts hinterlassen kann, beschließt er seine Rede mit einer Aufmunterung, die so natürlich aus der Sache fließt und in seinem Munde so wahr und nachdrucksvoll ist:
Was für ein Scurra hätte Horaz sein müssen, um in diesem schönen Augenblick einen Spaß aus der Sache zu machen, und durch ein gefühlloses geckenhaftes Gelächter seinen Lesern den Genuß einer der menschlichsten Empfindungen zu verkümmern? Armer Horaz! Ich bekenne, daß ich keine Geduld behalten kann, wenn ich einem ehrlichen Autor so mitspielen sehen muß, und das noch achtzehn hundert Jahre nach seinem Tode! |
<135> nunc mihi, nunc alii: quocirca vivite fortes, fortiaque adversis opponite pectora rebus!« |