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(Die Bühne stellt drei hintereinander gelegene Ausstellungsräume der Sezession dar. Der vorderste ist in so geringer Tiefe durchschnitten gedacht, daß rechts und links nur eben gerade noch ein offener Türrahmen Platz hat. In seinem Hintergrund rechts und links etwa je ein Meter Wand. Dazwischen führen drei, fast über die ganze Bühne verlaufende Stufen in den auf dem Niveau der dritten liegenden, zweiten, eigentlichen Raum hoch, aus dessen Hinterwand links man durch eine sehr breite Türöffnung in den letzten Raum sieht. Rechts, etwas nach der Mitte zu, in ungefähr halber Mannshöhe mit der Schmalseite nach unten, ein rechteckiger Ausschnitt, durch den man in sonnenflimmerndes Frühlingsgrün blickt: ein blütenknospiger Fliederbusch und ab und zu von leiser Luft bewegte, junge Birken und Buchen. Der Vorderraum ist mit kirschrotem Rupfen belegt. Der Belag der Stufen und der weiteren Räume graugrüner Rupfen. Alle Wände, auch die im Vorderraum, sehr hoch hinauf mit dem selben graugrünen Rupfen bespannt. In der Mitte des Mittelsaals ein großer, rechteckiger, niederer, lederbezogener, rissig graubunter Sitzblock. Das Oberlicht silbrig abgedämpft durch eine Leinwandschwebe. Auch durch die Türrahmen rechts und links sieht man in weitere Ausstellungsräume. Neben der Treppe rechts und links Bronzestatuen, über denen je ein kleineres Landschaftsbild. Auch über den Türen rechts und links, auf der einen Seite ein Tierstück, auf der andern ein Stilleben. An den drei Hinterwandteilen des Mittelraumes je ein größeres Bild: in der Mitte ein Interieur, rechts ein Figuren-, links ein Landschaftsstück. Die Hinterwand des dritten Raums mit einem großen Bilderarrangement bedeckt. Hinten in den Seitenwänden dieses dritten Raums rechts und links sind Türen gedacht. Unter den Werken der Maler bemerkt man namentlich solche von Max Liebermann, Walter Leistikow, Hans Thoma, Lovis Corinth, Ludwig v. Hofmann und Max Slevogt. Die Bildwerke stammen von Fritz Klimsch, August Gaul und Louis Touaillon.)
Der Präsident der Sezession: (schlanke, mittelgroße Rasseerscheinung; schwarzer Schnurrbart ohne Spitzen: Kött, gestreifte Hose, Zylinder; vor der Seitenwand rechts, an der zwei Arbeiter eben noch beschäftigt sind, das große Bild Hollrieders zurechtzurücken; etwas schräg vor der Sitzgelegenheit; noch etwas mehr vorn, respektvoll hinter ihm, Musmann, der das Bild fast mit den Augen verschlingt) Bißkn mehr rechts! . . . Höher! . . . Halt! . . . Nochn bißkn! . . . Vorsicht! . . . Det Ding is noch naß! . . . So! . . . Nu jehn Se! . . . Horchen Se aber erst im Büro nach! T sind da noch son paar Lorbeertöppe oder sowat umzustelln! . . . (wartet, bis die beiden Arbeiter, denen er mit den Augen folgt, durch den letzten Raum nach rechts verschwunden sind; dann zu Musmann: Bratenrock, schwarze, ungebügelte Hose, aufgearbeiteter Zylinder) Neenee, wissen Se, ick kann det nich leidn, wenn da draußn vorn Einjank eener immer so rumstreicht! . . . Wat wolltn Se dnn schon so früh? . . . Is ja noch keen Mensch da!
Musmann: (der trotz aller »Haltung«, die er sich zu geben versucht, seinen innern Zustand fast fortwährend verrät: Gesichtszuckungen, Halsverdrehungen, Spielen der Finger usw.) Ach, ich . . . pflege öfter . . .
Der Präsident der Sezession: Ochso! Nu ja! Natierlich! . . . Ick fleje ooch efter! . . . Setzn sich doch n Hut uff! Ick erkälte mir ooch nich jern! (nach dem Bild Hollrieders) Na? . . . Wat sagen Se nu zu Ihn Freund? . . . For dies eene Bild jeb ick die janze Ausstellung, wissen Se! . . . (verwundert) Habn Se t dnn noch jar nich jesehn? . . . Sie machen Oogen . . .
Musmann: (die Augen auf dem Bild) Nein! . . . Wir haben uns diesmal . . .
Der Präsident der Sezession: Ich denke, Se sind de beedn dickstn?
Musmann: (verwirrt; ausweichend) Ach . . . das nun grade . . .
Der Präsident der Sezession: (mit einem schnellen Blick auf ihn) Soso. (aus seiner Betonung geht hervor, daß er den Hauptsachverhalt damit bereits durchschaut hat).
Musmann: (sich jetzt unwillkürlich ängstlich nach seinem eignen Bild umsehend, das in der Mitte der Seitenwand links hängt).
Der Präsident der Sezession: (der seinem Blick gefolgt ist) Beschwern könn sich nich! Jrad vis-a-vis haben wir t jehänkt! (die beiden Bilder, mit dem geistvoll scharfgeschnittenen Charaktergesicht nach dem Zuschauer, aus der Ferne miteinander vergleichend) Ick finde, det s sehr lehrreich! . . . Zwee Maler, die mal von een und den selben Punkt ausjingen, und nu diese beedn Resultate – det is nicht Schulfall! . . . (zu Musmann direkt; mit leiser Ironie) Wer war dnn nu eijntlich »derjenje welcher«?
Musmann: (mit dem Bestreben, sich den betreffenden Zahn, falls möglich, nicht allzu genau untersuchen zu lassen) Gott, das kann man wohl nicht so . . . sagen.
Der Präsident der Sezession: (unbarmherzig) Warum dnn nich? . . . Brauchen sich jar nich zu schenieren! . . .
Musmann: (behutsam-vorsichtig) Jedenfalls . . . Eigentümer des Bildes . . .
Der Präsident der Sezession: (den Sachverhalt sofort witternd; flink; scheinbar ganz nebensächlich-unschuldig und dabei doch mit einem gewissen, nicht mißzuverstehenden Unterton) So? Hattert Ihn also jeschenkt?
Musmann: (unbehaglich-betreten) Er hatte wohl . . . den Eindruck . . .
Der Präsident der Sezession: (amüsiert-ironisch; stark durchsichtig) Nu ja, sehn Se. Da hätten wirs mal wieder. Den jeht wie mir! Ick habe meine Bilder ooch nich jemalt! . . . (mit der flachen Hand zeigend) Det war son Kleener! Und jestottert hatter ooch noch! . . . Na, Se kenn ihn ja.
Musmann: (der nicht recht weiß, wie er sich aus der Affäre ziehn soll) Sie meinen . . .
Der Präsident der Sezession: Den und keen andern! . . . Er kam mal zu mir, und denn hab ick ihn mein Sommerpaletot jeschenkt! . . . (ihm auf die Schulter klopfend; »väterlich«) Verschenken Sie nie n Sommerpaletot! (nach Musmanns Bild hin) Der Schnee is nich schlecht jemalt! . . . Nich jrade, det man sich uffrehcht, aber . . . (scharf akzentuiert, während er Musmann dabei anblickt) Der frühr war anders! . . . (einige Schritte hinter Musmann vorbei auf dessen Bild zu; Musmann ebenfalls ganz seinem Bild zugekehrt) Auch jejn det Millitehr hab ick nischt, wissen Se! Sojar die Arbeeter! . . . (den Kopf einen Augenblick kritisch auf die Seite legend) Vielleicht schon n biskn zu sehr, verstehn Se, mit son jewissen Aweck nach det . . . uffjepluhstert Heroische rüber, aber schließlich . . . wenn man son Sujet mal annimmt . . . warum nich? Sowat jibts! . . . (noch einige weitere Schritte auf das Bild zu) Bloß wat habn Se sich (verdeutlichende Handbewegung, als ob etwas aus der Luft fällt) bei die ulkijn buntn Dinger jedacht?
Musmann: (geschmeichelt; die Augen verliebt auf seinem Bild) Ich habe mir . . . gedacht . . .
Der Präsident der Sezession: (zu ihm zurückgedreht) Det heeßt, nu ja, natürlich! Wat Se sich bei »jedacht« habn, weeß ick! Wozu malt der Mensch? Dett er t verkooft! Und sowat verkooft sich! (sich abwendend und einige Schritte nach links hinten; ihn blutig dabei aufziehend) Det meen Se doch? . . . (wieder nach ihm zurückgedreht) Bloß mir sind noch keene uffn Kopp jefalln!
Musmann: (gekränkt) Ich meinte eigentlich . . .
Der Präsident der Sezession: (fast grob) Ma Ihn doch ooch nich! . . . (mit der Rechten nach Musmanns Bild hin) Am wenichstn in Friedrichshain!
Musmann: Ja, das soll ja auch gar nicht . . .
Der Präsident der Sezession: (von neuem nach seinem Bild hin; sich fast dabei ereifernd) Na da habn Se doch t Motiv her! Det fühlt doch ne blinde Frau mit n Krückstock! (nach ihm zurück) Also redn Se nich!
Musmann: Ich . . . hatte die Idee . . .
Der Präsident der Sezession: (hinterm Block einige Schritte auf Hollrieders Bild zu) Ach wat, Idee! (stehngeblieben und nach dem Bild rückdeutend) Da! Kiekn sich mal Ihrn olln Kompagnon an! Idee is da ooch drin! Aber wat for ne? Von n Maler aus! . . . So jroß, da (ein Auge ironisch zukneifend, so daß man merkt, daß er damit natürlich eigentlich bloß Musmann meint) können wir beede uns man dafor verkriechen! . . . Det heeßt . . . ick verkriech mir ja so leicht nich! Jlooben Se? . . . (wieder nach dem Bild Musmanns hin) Soll k Ihn sagn, wat det is? . . . Det is keen Bild, det is n Lehrjedicht! . . . Oder, wenn Se wolln, n Leitartikl aus n »Vorwärts«!
Musmann: (stiert kläglich sein Bild an; dann nach dem Bild Hollrieders; beginnender Triesel; dumpf vor sich hin) Was man auch . . . tut . . .
Der Präsident der Sezession: (der seinen Zustand bemerkt; einen Ausbruch sofort energisch unterbindend; den Blick auf das Bild Hollrieders, brüsk auf dieses zu) Kunst kommt von Könn'n! (jetzt, ganz rechts, wieder nach ihm zugedreht) Dankn Se Jott, det Se diesmal nich überhaupt schon bei de Jury reinjeschliddert sind! . . .
Musmann: (nach dem Bild Hollrieders; sein Gesicht zuckt, er scheint nur noch mit Mühe seinen Kopf zu balancieren) Ja, aber . . . finden Sie nicht . . .
Der Präsident der Sezession: (wieder nach dem Bild zu) Aber nu natürlich! Selbstverständlich find ick! . . . (mit dem rechten Zeigefinger nach dem Bild hin, den Kopf nach Musmann) Uff det Bild könnt ick nich stolzer sind, und wenn ick t selbst jemalt hätte! . . . (mit scheinbarer Vertraulichkeit; etwas zu ihm nähertretend) Und wolln Se mer jloobn? . . . Ooch det verkooft sich? N hiesjer Kunsthändler, den Se sehr jenau kenn'n, verstehn Se, hat n jestern nachmittach fünfunzwanzichdausnd Mark jebotn!
Musmann: (fast zurückgetaumelt) Fündundzwanzig . . . ?
Der Präsident der Sezession: (fast beleidigt; einen halben Schritt zurück) Det s doch keen Preis? . . . (mit der Rechten wieder nach dem Bild hin) Mit jedn Dach, wo t hier hänkt, wirds um dausnd Mark wertvoller! . . . Se machn wieder Oogen . . . (plötzlich in markierter Besorgnis um das Bild) Bohrn Se mer keene Löcher rin! . . . Wenn t ooch schon versichert is!
Musmann: (wie aus einem bösen Traum erwachend) . . .
Der Präsident der Sezession. (zwei kleine Schritte auf das Bild zu und nach dessen Seite rechts deutend) Det s die von damals aus n Winterjartn! . . . Eene Fijur . . . (Geste; erhobne Rechte, zugespitzte Finger) Zucker! . . . (scheinbar vertraulich) Sie machn sich wohl nischt aus die Weiber?
Musmann: (eilig) O grade!
Der Präsident der Sezession: (ganz überrascht etwas von ihm zurück; ihn musternd) Ach nee!
Musmann: Im Gegenteil! Ich . . .
Der Präsident der Sezession: (einlenkend) Sonst . . . wer so ville arbeet, verstehn Se, det kommt vor! . . . Mir mein ick natürlich nich! . . . ( mit einem Seitenblick) Sind n bißken nervös! . . . Müssn heiratn! . . . Sonst sehn Se janz jesund aus!
Lipsius: (im letzten Raum, mit einem Ausstellungsdiener von rechts her; offener, schwarzer, auf Seide gearbeiteter Paletot, Zylinder, im übrigen wie der Präsident der Sezession, nur noch eleganter, helle Gamaschen) Danke. (der Diener, der sich vor dem ihm bekannten, großen Künstler ehrfurchtsvoll verbeugt hat, noch im selben Raum wieder ab).
Der Präsident der Sezession: (der sich umgedreht hat; ganz erstaunt; zugleich augenscheinlich sehr angenehm überrascht) Nanu? . . . (hinten um den Sitzblock herum auf ihn zu) Wo kommn Sie dnn her? . . . Ich denke, ich höre nich recht! . . . (mit vorgestreckten Armen) Sind doch in Italjn!
Lipsius: (den Präsidenten der Sezession durch einen Handdruck begrüßend; beide Herren lüften höflich ihre Zylinder, der Präsident der Sezession enthüllt für einen kurzen Augenblick eine den Respekt herausfordernde Glatze) Verzeihn Sie. (kurzer, etwas befremdeter, dabei aber doch nicht ganz sichrer Blick zu Musmann rüber)
Musmann: (auf den das plötzliche Auftauchen dieses Dritten einen unverkennbar stärksten Eindruck gemacht hat; nach einigen Schritten vorn um den Sitzblock tief seinen Hut ziehend; stammelnd) Mmusmann.
Lipsius: (sich zusammennehmend; kühl) Ich erinnere mich. (zum Präsidenten der Sezession) Da ich grade vorüberkam . . .
Der Präsident der Sezession: Aber, lieber Professor! (anderer Tonfall) Warum habn Se dnn nischt ausjestellt?
Lipsius: (der jetzt das Bild Hollrieders entdeckt hat, hinter dem Sitzblock auf dieses zu) Da ist es ja! . . . (er sieht sofort nach der Ecke rechts und blickt dann schnell nach Musmann, der diesen Blick triumphierend auffängt. In seinen Mienen wie in seiner ganzen Haltung drückt sich eine große, innere Bewegung aus, deren er nur mit Mühe Herr werden wird)
Der Präsident der Sezession: (der ihm hinten um den Sitzblock gefolgt; strahlend) Wat? . . . Det s ne Leistung! . . . Sowat habn Se da unten nich zu sehn jekricht! . . . Uff zehn Quadratmeter alles, was Se von n modern'n Bild überhaupt bloß verlangen können! . . . Und nich etwa bloß technisch, Jott! . . . (sich im Raum umblickend; dabei flüchtig Musmann streifend) Mit de Finger malt hier überhaupt keener schlecht! Nee! Mit janz wat andern! Ich kann det Wort »Seele« nich ausstehn! Wieder ch mir keene blaue Feder an Zylinder steck, und wie ch nich Schlachsahne mag. Und »Jehirn« langt nich. Aber nenn Se mir wat Drittes, und s jefällt mir . . . mit den is det jemacht! . . . Alles ibrije hier (wie vorhin) is man Ehlfarbe und Leinwand!
Lipsius: (sich mit Gewalt von dem Eindruck losreißend, den auf ihn das Porträt in der Ecke rechts gemacht hat; mit dem Versuch, auf das Ganze einzugehn) In der Tat! . . . Ich glaube, diesmal . . . darf Herr Hollrieder mit sich zufrieden sein!
Der Präsident der Sezession: (zu Musmann, der mit verzerrten Zügen seinem Enthusiasmus gefolgt war und schließlich bei dem Wort »Seele« auf den Ausschnitt aufmerksam geworden ist, den er jetzt, einige Schritte rechts vorm Sitzblock, gespannt mit dem Bild Hollrieders vergleicht) Wat habn Se dnn?
Musmann: (hastig) Oh, nichts! Ich . . .
Der Präsident der Sezession: (jetzt auch auf den Ausschnitt aufmerksam) Och, det Stückskn Jartn da meen Se? . . . (mit erläuternder Handbewegung nach dem Bild Hollrieders hin) Det eenzje Bild, det die Konkurrenz verträcht! . . . Wat anders Landschaftliches hättn wir da jar nich hinhängn könn! . . . Da sehn Se! . . . (zu Lipsius) Und wem dankn wir det?
Lipsius: (fatal dadurch berührt; gepreßt ablehnend) Ich bitte Sie.
Der Präsident der Sezession: (nach dem Bild hin) Mensch mit den Dickkopp? . . . (mit einem erneuten, schnellen Blick nach Musmann rüber) Könn Se sagn, wat Se wolln!
Lipsius: Der Mittelste in der Gruppe rechts ist Herr Hollrieder selbst. Wer ist die Dame?
Der Präsident der Sezession: (ihm scherzhaft drohend) Sie? . . . (gelaunt zu Musmann, der jetzt wieder heimlich Lipsius belauert, ab und zu aber immer wieder von Hollrieders Bild nach dem Ausschnitte schielt) Da heern Se jleich, was n Sachverständjer is! . . . Könne Se wat lern! . . . (wieder zu Lipsius) Ihr junger Freund scheint Glück zu habn! . . . Dets eijntümlich, aber die hat noch keen jesessn! . . . Ooch in Paris nich!
Lipsius: »Paris?« . . .
Der Präsident der Sezession: Ja, da staun Se! . . . (fast wie triumphierend, halb nach Musmann) Sie werdn noch mehr staun! . . . (wieder zu Lipsius) Da könnt k noch mal jung werdn! (wieder zu Musmann) Warum sollt ick nich ooch Jlück habn? (von neuem zu Lipsius) Ick bin ältester Uradel! Ich bin oller Assyrer! . . . (nach dem Bild zeigend; wieder ganz Künstler) Achtn Se bloß mal uff den Ausdruck! . . . Dets Rasse! Wat? . . . Da wah jestern vormittach noch so jut wie janischt von da! . . . (die gezeigte Stelle ganz verliebt bewundernd) Weeß der Deibl, wie er det jemacht hat! . . . (wieder zu Lipsius direkt) Wolln Se, det ick se Ihn nachher vorstelle?
Lipsius: (Musmann bobachtet ihn gespannt) Kommt die Dame . . . her?
Der Präsident der Sezession: (Verschmitzt; ein Auge zukneifend; von der Seite) Soll ich Se mal uff ne sieße Folter spann?
Lipsius: (betreten; mit einem flackernden Blick nach Musmann) Liebster Herr Professor, ich . . .
Der Präsident der Sezession: Der? . . . Dets n janz Jefährlicher! . . . Von uns drei is der der Schlimmste! . . . Wat der mir vorhin alles so durch de Blume zu verstehn jejebn hat . . . na, ick will nischt jesaacht habn!
Musmann: (geduckt; vermeidet den Blick von Lipsius und schielt wieder nach dem Ausschnitt. Im letzten Raum von rechts her ist von neuem der Diener aufgetaucht).
Der Präsident der Sezession: Een Oognblick! (ist dem Diener bis zum andern Raum entgegengegangen und hört nun, was dieser ihm leise zuflüstert) Ne Dame? . . . Jetzt schon? . . . (zu Lipsius zurück) Det is se! . . . N paa Minutn!
Lipsius: (der sich, ebenso wie Musmann, nach dem Flüsternden umgewandt; sich von seiner Überraschung wieder zusammenruckend) Bitte!
Der Präsident der Sezession: (ohne sich um Musmann, der Lipsius nicht mehr aus den Augen läßt, noch zu kümmern, gefolgt von dem Diener, nach rechts ab).
Lipsius: (nach einer kurzen Pause, während welcher er sich nochmal unruhig das Porträt besehn; unvermittelt zu Musmann, einige Schritte auf ihn zu nach vorn; man spürt deutlich, wie es ihm Überwindung kostet, an diesen Menschen, den er verachtet, überhaupt das Wort zu richten; unwillkürlich etwas gedämpft) Sie haben mir . . . anonyme Briefe geschrieben.
Musmann: (dem das Wort, da er auf eine solche Festnagelung nicht gleich gefaßt war, in der Kehle steckenbleibt) »A . . .«?
Lipsius: (schon etwas lauter) Anonyme Briefe. Jawohl. Was bezweckten Sie damit?
Musmann: (der jetzt sieht, daß er es unmöglich leugnen kann; obgleich er es zuerst instinktiv hat versuchen wollen) Ich . . . glaubte, Sie wären . . . hintergangen worden.
Lipsius: (mit einem schnellen Blick auf das Porträt in der Ecke rechts) Das glaube ich jetzt allerdings auch! (zu Musmann; Stimme wieder regulär) Und meine Frage? . . . Sie haben sie mir noch nicht beantwortet.
Musmann: (blickt ihn nicht an und schweigt)
Lipsius. (ihn schärfst fixierend) Man geht doch nicht so hin und verrät seinen besten Freund!
Musmann: (ihn groß anstarrend; von dieser ihm gänzlich unerwarteten Auffassung von Hollrieders Stellung zu ihm vollständig perplex) Meinen »besten . . .«?
Lipsius: (ungeduldig; seine Abneigung gegen Musmann, trotzdem er sich mit aller Gewalt zu zügeln versucht, einen Augenblick fast unverhüllt hervortreten lassend) Machen Sie keine Faxen! . . . Ich weiß, was Herr Hollrieder für Sie getan hat! . . . Ist es wahr, was man mir erzählt, daß Sie oft . . . sagen wir, nicht ganz Herr über Ihre Nerven sind?
Musmann: (erregt) Das kann nur . . . von Herrn Hollrieder stammen!
Lipsius: (mit zusammengezogenen Brauen) Ich habe mit Herrn Hollrieder darüber kein Wort gewechselt!
Musmann: (dessen Erregtheit sich von jetzt ab steigert) Er möchte mich am liebsten . . .
Lipsius: (ihm seinen Satz abschneidend) Das ist mir egal. (nervös, daß die Erwarteten sich noch nicht zeigen) Wußten Sie, daß die Dame sich hier heute (mit einer entsprechenden Kopfbewegung) nochmal das Bild ansehn würde?
Musmann: Ich hatte es gestern . . . zufällig . . . auf der Treppe gehört.
Lipsius: » Zufällig.« Ah so. (wieder einen Blick nach der Tür zurück, durch die der Präsident der Sezession verschwunden).
Musmann: (mit dem Versuch, sich gegen diesen Ton von Lipsius ihm gegenüber zur Wehr zu setzen) Ich habe nicht . . . verdient, Herr Professor . . .
Der Präsident der Sezession: (im letzten Raum zu Beatrice) Neenee, meine Gnädigste! Da zuletzt! . . . Zuerst muß ich Ihn die Franzosn zeijn!
Lipsius: (selbst etwas in den Hintergrund tretend, zu Musmann, der, sofort aufmerksam, verstummt ist; schnell; leise, aber sehr bestimmt) Treten Sie zur Seite. (Musmann schleunigst hinter ihn rechts)
Beatrice: (jetzt auch sichtbar; seidnes Mantelkleid, auf Maleraugen berechnet, Hut feinst dazu abgestimmt) Sehr liebenswürdig, aber ich habe leider nur ganz wenig Zeit.
Der Präsident der Sezession: Wenn sichs um n Manet und n paar Monets handelt?
Beatrice: Schön.
Der Präsident der Sezession: (über seinen Sieg sehr vergnügt, sie nach links führend) Nach her sehn Se se mir nich mehr an! . . . Was nützt alle Kunst, wenn nischt richtich uffenanderfolcht!
Beatrice: (lächelnd) Das allerdings! . . . Hoffentlich kenne ich die Bilder nicht schon. (verschwindet mit ihm nach links).
Lipsius: (der solange, von Musmann mit schadenfrohem Triumph beobachtet, auf Beatrices Stimme gelauscht hat. Hinten bis über den Sitzblock hinaus und sich vergewissernd, daß beide wieder verschwunden. Nach Musmann zurückgedreht. Gedämpft. Man fühlt, wie der Klang der solange nicht von ihm gehörten Stimme ihm innerlich den Rest gegeben) Wie sind Sie nur . . . dahintergekommen? . . . Dieser Verkehr zwischen den beiden kann doch nicht schon seit damals datieren!
Musmann: (dessen Augen glänzen) Das . . . weiß ich nicht. Wenigstens nichts Bestimmtes.
Lipsius: Hat Herr Hollrieder Ihnen . . . irgend eine Andeutung gemacht?
Musmann: (versteckt in sich hineinkichernd) Er hat sich . . . gehütet!
Lipsius: (mit einem unterdrückt zornig düstern Blick nach dem Porträt rüber; um den Sitzblock links herum etwas nach vorn rechts; dabei halblaut wie zu sich selbst; seine Stimme zittert) Mich so zu . . . belügen! . . . (nach einer erneuten kleinen Pause; veränderter Tonfall; Musmann dabei absichtlich nicht anblickend) Für heute um elf hat sich bei mit in der selben Angelegenheit ein Herr Url angemeldet. (Musmann heftig stutzend, zu ihm direkt) Ist der Ihnen bekannt?
Musmann: (hämisch; einige Schritte bis zum Sitzblock; nach Urls Porträt auf dem Bild hin) Sein neuer »Freund«! . . . Den er mir abspenstig gemacht hat!
Lipsius: (die Augen wieder auf dem Bild; in seiner Erinnerung suchend) Den muß ich doch . . . schon irgendwo gesehn haben? (unruhig; halb für sich) Was mag der von mir wollen?
Musmann: (sich plump vertraulich bis an seine Seite schmuggelnd; linken Zeigefinger nach dem Bild hin) Mit dem . . . hat er auch gestern . . . auch gezankt! . . . Erst mit ihm . . .
Lipsius. (von seiner Nähe angewidert, sich noch etwas weiter nach vorn von ihm absondernd; trotzdem drängend) Sie wissens also . . . auch nicht!
Musmann: (grübelnd; vor sich hin) Der ist so dumm . . . der glaubt vielleicht . . . (plötzlich; anderthalb Schritte auf das Bild zu; triumphierend; halb zum Porträt, halb zu sich selbst, als ob Lipsius gar nicht da wäre) Na, so ein . . . Kerl! Der will jetzt . . . auch . . . Bloß . . . weil er kein . . . Geld mehr hat! Da bin ich ihm diesmal . . .
Lipsius: (mit gekrauster Stirn) Was soll das? Was heißt das?
Musmann: (sich zusammenruckend; ausholend; nochmals näher auf ihn zu; man merkt ihm an, daß er einen besonderen Coup vorhat; erwartungsvoll) Da sich nun alles . . . bewahrheitet hat . . . Ich hege die größte . . . Verehrung für Sie! Auch für die Dame! Schon seit Jahren! Und ich glaube, wenn ich jetzt vielleicht . . . hoffen dürfte . . .
Lipsius: (unwillkürlich einen Schritt zurückgetreten; ihn verächtlich von unten nach oben messend) Ah! . . . Jetzt über seh ich! . . . Also daraufhin steuern Sie! . . . Sie sind ja riesig talentvoll! . . . Auf irgend ein . . . Trinkgeld, Verehrtester, wollen Sie für Ihre Bemühungen, bitte, in keinerlei Form rechnen!
Musmann: (bis in die Lippen bleich geworden; nach rechts zurückgetreten) Ich bin . . . Künstler!
Lipsius: Was Sie nicht abhalten sollte . . . (abbrechend; energische, sich orientierende Blicke nach den beiden Türöffnungen links; dann scharf) Ich wünsche, daß Sie mich jetzt allein lassen.
Musmann: (nach Atem ringend).
Lipsius: Sind Sie schwerhörig?
Musmann: (ihn mit groß aufgerissenen Augen anstarrend; fast keuchend) Sie könnten es vielleicht . . . zu bereuen haben!
Lipsius: (in aufsteigendem Zorn) Sie riskieren es . . . mir zu drohen?
Musmann: (mit gehässigem Triumph) Nach dem . . . was Sie auf dem Kerbholz haben . . .
Lipsius: (sich bezwingend) Ihre unverschämten Anspielungen, die Sie sich übrigens auch schon in Ihren Briefen erlaubt hatten, lassen mich vollkommen kalt.
Musmann: (ihn höhnisch anstierend; sein Gesicht hat sich bereits ganz verzerrt) Das . . . Bildwerk . . . in Ihrem Schlafzimmer . . .
Lipsius: (sich einen Augenblick fast vergessend; sich aber doch noch so beherrschend, daß seine Stimme fast ohne Klang bleibt) Infam!
Musmann: (den bezylinderten Schädel vorgeduckt) . . . Ist ein . . . Beweis!
Lipsius: (nachdem er sich erneut vergewissert, daß die beiden Erwarteten den Nebenraum vorn links noch nicht betreten haben. Zu Musmann wieder zurückgewandt) Wenn Sie nicht jetzt sofort . . .
Musmann: (siene Beherrschung mehr und mehr verlierend) Auf sowas . . . steht Zuchthaus!
Lipsius: (drohend auf ihn zu; die rechte Faust hinter sich geballt; dicht vor ihm) Noch den leisesten Muck . . .
Musmann: (durch dessen Erregung jetzt der Rappel gebrochen ist. Vor Lipsius hinten um den Sitzblock retirierend; bösartiger Knurrlaut. Halb idiotisch. Nach seinem Bild hin. Wie verwandelt) Alle . . . haben se sich zusammenjetan! . . . Erst . . . taugt das Bild nischt . . . dann . . . (wieder nach dem Bild Hollrieders gedreht; es von unten auf bösartig anglupend; plötzlich wegwerfende, halb konvulsivische Bewegung mit der rechten Hand nach seitwärts hinter sich; groteske, fauchende Zischlaute, als ob er dabei spucke) Das . . . hat man davon!
Lipsius: (der ihn mit erstauntem Widerwillen beobachtet) Jetzt zeigen Sie Ihr wahres Gesicht!
Musmann: (nach ihm umgedreht; ihn von unten auf messend) Wat der sich . . . (nach einem schnellen Blick jetzt auch auf sein Bild; ihn von neuem messend) noch rausnimmt? (ab durch den letzten Raum nach links, dabei nochmal nach Lipsius blickend) Bande! . . .
Lipsius: (ihm nachblickend; leise durch die Zähne) Vor dem Burschen . . . nimm dich in acht! . . . (aus dem vorderen Nebenraum links die Stimme des Präsidenten der Sezession. Lipsius hat sich sofort zusammengeruckt und steht nun wieder vor dem Bild Hollrieders, wie interessiert auf das Porträt starrend)
Der Präsident der Sezession: Schade, schade! . . . Und denn hat uns natierlich (erst bei diesem Wort ist er im linken Türrahmen sichtbar geworden) auch alle gewundert (von der ersten Stufe links aus bereits auf das Bild Hollrieders deutend) det das dort det erste Bild von Ihn is! . . . Nich mal ne Fotojrafie hat man jekricht!
Beatrice: (ist, sobald sie, die erste Stufe betretend, Professor Lipsius erblickt hat, der, mit dem Rücken gegen die Ankommenden, scheinbar stark interessiert Hollrieders Bild betrachtet, blitzschnell zusammengezuckt; sich sofort wieder fassend).
Der Präsident der Sezession: (hat das nicht bemerkt, da sie etwas hinter ihm geht, und außerdem seine Aufmerksamkeit in diesem Augenblick gerade auf das Bild abgeleitet war; bei seinem letzten Satz hat Professor Lipsius sich umgedreht, und er stellt nun die beiden einander vor) Darf ich die Herrschaften . . .? Herr Professor Lipsius . . . La bella . . .
Beatrice: (ihn unterbrechend, sich selbst vorstellend; beide Worte besonders betonend) Beatrice Cenci!
Lipsius: (unter der Nennung dieses Namens merkbar zusammengezuckt; sich verbeugend) Die allbekannte . . . große Künstlerin.
Der Präsident der Sezession: (verblüfft; zu Beatrice; einen Schritt zurückgetreten; wie sich auf etwas besinnend) Wartn Se mal! . . . (zu Lipsius) Da war doch so was? . . »Beatrice Cenci?« . . . Unter irjnd son Papst Clemens? . . . (wieder zu Beatrice) N Vater, der seine Tochter, oder ne Tochter, die ihren Vater . . . (wieder zu Lipsius) Wat weeß ick!
Beatrice: (dabei in scheinbarer Ruhe bereits nach dem Bild blickend) Nach dieser Dame aus dem sechzehnten Jahrhundert habe ich mich benannt.
Der Präsident der Sezession: (zu Lipsius, der nur mit Mühe seine kaum wiedergewonnene Fassung bewahrt) Det s ulkich! Wat? . . . (von neuem zu Beatrice) Herr Professor war leider diesen Winter . . .
Beatrice: (zum Präsidenten der Sezession) Ich bin unterrichtet.
Lipsius: (zu Beatrice; sich mit aller Gewalt zusammenreißend) Erst jetzt allerdings . . . bedaure ich . . .
Beatrice: (kühl) Sie haben nichts versäumt.
Lipsius: (der seine Augen nicht von ihr lassen kann) Hätte ich gewußt . . .
Beatrice: (zwischen beide durch auf das Bild zu) Um so angenehmere werden Sie dafür überrascht gewesen sein (vor der Mitte des Bildes nach Lipsius halb zurück) als Sie eben . . . wahrscheinlich ganz unvorbereitet, vor dieses Bild traten.
Der Präsident der Sezession: (der das Benehmen beider, das ihm auffällt, von sich aus auf die Situation schiebt; zwischen beide getreten; wieder lebhaft zu Lipsius) Sehn Se? (zu Beatrice) Das hab ich Herrn Professor Lipsius ooch schon jesaacht! (wieder zu Lipsius) Der Mann wär ohne Sie . . . (auf eine leicht abwehrende, beinahe gequälte Bewegung von diesem) Neenee! Das laß k mir nich ausreden.
Beatrice: (um dem Gespräch eine andere Wendung zu geben; ihre Aufmerksamkeit auf den Ausschnitt richtend; dabei einen Augenblick ihre Lorgnette hebend) Köstlich! . . . Dies bißchen Grün da in der Sonne! . . . (den Ausschnitt, nachdem sie ein klein wenig zurückgetreten, mit dem Bild Hollrieders vergleichend) Man könnte wirklich fast in Zweifel sein, welches von den beiden Bildern eigentlich das schönere ist.
Der Präsident der Sezession: (etwas zurückgetreten und die Wirkung des Ausschnitts nochmals prüfend) Erloobn Se mal! Wir haben doch da hoffentlich . . . keene Dummheiten jemacht?
Beatrice: Wenn mir das schon auffällt . . .
Der Präsident der Sezession: (achselzuckend) Ja . . . (zu Lipsius rüber, dessen Blick, soweit dies die Situation zuläßt, immer wieder auf Beatrice ruht; bissig) Det sind so die kleen polizeilichen Architektnwitze! . . . (zu Beatrice) Eijntlich und von Rechts wejen is det n Notausjank! . . . Da s n Hof hinter, wissen Sie! . . . (allgemein) Na, nu s nischt mehr zu wollen!
Beatrice: (wieder auf das Bild zu) Schade. (Lipsius, der kaum noch seine Augen von ihr läßt, möglichst ignorierend) Jedenfalls haben Sie nicht übertrieben. Das Ganze wirkt auf mich wieder in einer Weise . . .
Lipsius: (fast wie aus einer Eifersucht auf das Bild; einen Schritt, scheinbar prüfend, zurücktretend) Es ist allerdings . . .
Der Präsident der Sezession: (schnell) Nu aber alle mal! Det Beste . . .
Lipsius: (unwillkürlich; mit leiser Eifersucht) »Das . . .«
Der Präsident der Sezession: (über seine Bezweiflung hinweg; stark unterstrichen) Das Beste, was wir hier bis jetzt überhaupt . . . (abbrechend und ihm dabei im geheimen gründlich über den Schnabel fahrend) Und zwar »allerdings«!
La bella Cenci: (das ganze Werk nochmal mit aller Konzentration auf sich wirken lassend) Es ist fast . . . kein Bild mehr . . . es ist gradezu . . . wie ein gemalter Mythus!
Der Präsident der Sezession: (der diesen Ausdruck erst »verdauen« muß; schnell) »Mythus«? »Mythus«? . . (dann, nicht wenig stolz auf dies Urteil, zu Lipsius) Hörn Se?
Lipsius: (ablenkend; nach der Ecke rechts zu) Dieser . . . seltsame Ausdruck auf dem Porträt hier.
Der Präsident der Sezession: (ganz schnell; zu Beatrice, die in diesem Augenblick scharf nach Lipsius sieht, kurzes »a«) Da! Jetzt sehn Se wieder so aus! (Beatrice, nachdem sie blitzschnell nach ihm rübergeblickt, mit den Augen wieder auf das Bild) Ebn habn Se so ausjesehn!
Beatrice: (sich leicht auf die Unterlippe beißend; mit unterstrichener Betonung für Lipsius, den sie aber dabei nicht anblickt) Eine alte . . . Erinnrung. (zum Präsidenten der Sezession; sich vom Bild abwendend; andrer Tonfall) Wäre hier sonst noch etwas für mich?
Der Präsident der Sezession: (zu dem Bild Musmanns hinüber, auf das zu er einige Schritte macht) Falls Sie vielleicht noch n kleen Blick uff det Jejnstück dort werfn wolln . . . Aber erschreckn Se nich! (auf den großen Sitzblock deutend) For alle Fälle is da jleich sone kleene Sitzjelejnheit!
Beatrice: (die, ihm gefolgt, das Bild wieder durch ihre Lorgnette besieht) Was ist denn das?
Der Präsident der Sezession: De neuen Märzjefallnen! (zuerst nochmal nach dem Bild Hollrieders zurück, dann wieder nach dem Bild Musmanns gedreht) Hier kann eener, was er will, und dort will eener, was er nich kann! Dets der janze Unterschied!
Beatrice: Ah, richtig! Ich habe bereits gehört. Herr Musmann! . . . Und mit diesem Bilderbogen . . . (aus einem entfernten Nebenraum erklingt ein Hämmern; alle horchen auf).
Der Präsident der Sezession: (unwillig) Wer hat dnn da noch zu kloppn? (im Begriff, nach dem Raum hin, aus dem das Hämmern wieder ertönt, abzugehn; ärgerlich) Da soll doch . . .
Beatrice: (die sich im anschließen will; schnell) Wenns Ihnen recht ist . . . möchte ich gleich . . .
Der Präsident der Sezession: (eifrig) Neenee! Erst muß k det untersuchn! . . . Hier darf keen Nagel . . . (zu Lipsius, der isoliert, ihnen zugedreht, vorn rechts stehngeblieben war und, nun sich höflich, kaum merklich verbeugend, einige Schritte auf sie näher tritt) Herr Professor? (mit einer hastig galanten Handbewegung nach Beatrice hin) Sie sind wohl so freundlich! . . . (bereits auf dem Weg nach dem Hämmern) Nischt wie Dummheitn! Wenn man nich überall is! . . . (durch den letzten Raum nach rechts eilig ab. Das Hämmern setzt noch einmal ein, dann verstummt es).