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Hollrieder: (ohne daß Url etwas gemerkt hat, eingetreten. Große kraftvolle Erscheinung; das leicht gewellte Haar rötlich germanisches Blond; kurzer, etwas eckiger, ebensolcher Spitzbart. Dunkler bequemer Ulster; kleiner, schwarzer Schlapphut. Blauschwarze, doppelknöpfige Joppe, ebensolche Hose und kreisrund geschlossener Stehkragen. Die Hand noch auf der Türklinke; Url betrachtend; nach einer kleinen Pause; apathisch) Wir . . . passen schon zu einander!
Url: (aufgesprungen; verwirrt) Du, ich . . . (Blick nach der Tür links; seine Stimme, wie überhaupt im Fortgang fast der ganzen folgenden Szene, etwas gedämpft) Sie ist noch hier!
Hollrieder: (der die Tür noch nicht ganz geschlossen) Deine Prinzessin Chimay. (»o« kurz und offen) No! (schon halb sich wieder abwendend) Denn geh ich wieder.
Url: (hastig) Ja! . . . Geh!
Hollrieder: (dem diese Hast auffällt, nach einer kleinen Pause; die Hand noch immer auf der Klinke) Warum? (Url achselzuckend) Wenn du aber n besondern Grund hast?
Url: Ich kann dir nichts verbieten.
Hollrieder: (mit einem verwilderten Blick von ihm nach der Tür links) Doch nicht etwa . . . Anwandlungen? . . . Plötzlich? Meinetwegen?
Url: Aber ich muß Dich doch . . . bitten!
Hollrieder: (erst jetzt die Tür hinter sich zuziehend, Hut und Mantel an einen Haken zwischen Tür und Gasofen hängend) Also bleiben wir.
Url: Du weißt doch schließlich noch gar nicht . . . ob es ihr überhaupt . . . (Hollrieder: von seiner Attacke gar nicht Notiz nehmend) Du bist heute merkwürdig früh gekommen.
Hollrieder: (vor einem großen Abreißkalender auf der anderen Seite der Tür unmittelbar im Vordergrund) Elfter Januar! . . . Fünfzehnten April letzter Ablieferungstermin . . . (plötzlich nach Url zurück) Ich habe immer noch nichts!
Url: Wenn du dir an nichts genügen läßt . . .
Hollrieder: (Geste) Strick! . . . Einzje!
Url: Und du hast mich damals . . . als ich dies Ganze schon so gut wie hinter mir hatte . . . ja, gradezu fast mit Gewalt hast du mich zurückgehalten?
Hollrieder: (müde nach der Mitte der Bühne) Du bist nicht so ein Narr, den die verrückte Zwangsvorstellung plagt, Bilder malen zu müssen! (mit einem Blick nach dem Fenster) Berlin! (sieht sich im Raum um) Ekelhaft!
Url: (besorgter Blick nach der Tür links) Ja, tu mir wenigstens den Gefallen und . . .
Hollrieder: Keine Angst. Werd selbst nich auffressen. (leichte Kopfbewegung nach dem Regal rüber) Wie weit seid ihr denn?
Url: (mit Widerstreben darauf eingehend; immer mit einer leichten Unruhe nach der Tür links) Was in dieser kurzen Spanne Zeit zu leisten war, hat sie mehr als geleistet.
Hollrieder: Wirst du den Postn nu antreten? (Url: gequält; ratlose Geste) Wonach andre sich die Pfoten lecken würden?
Url: (beinah unwirsch) Ich kann mich im Moment . . . noch zu nichts entscheiden.
Hollrieder: (sich abwendend und nach dem Fenster zu) Gut. Dann spring ich ein!
Url: Hätt ich geahnt, daß du zu allem auch noch in einer solchen Verfassung sein würdest . . .
Hollrieder: (halb zurückgedreht) Hast du mich schon mal in ner andern gesehn?
Url: Ich kann mir nicht denken, daß . . . wenn du erst wieder vor deiner Arbeit stehst . . .
Hollrieder: (zum Fenster rausblickend; grimmig) Da luer up!
Url: Ja, wenn du die Arme selbst sinken läßt . . .
Hollrieder: (in den Raum wieder zurück) Eher hacke ich mir die Finger ab, als daß ich mich nochmal (in der Mitte der Bühne nach seinen Bildern hin) mit solchem Zeug begnüge! . . . Steinklopper hätt ich bleiben sollen! Mit m Priem im Maul, aber vergnügt! . . . Haute ich drauf zu, daß die Funken spritzten, und hätte nischt auszustehn!
Url: Wenn dich die Malerei so enttäuscht hat, du weißt: Deine ersten . . . merkwürdig überzeugenden Arbeiterstatuetten . . .
Hollrieder: (verächtlich-wegwerfend; ganz kurzer Laut) Pöh!
Url: (noch nachdrücklicher) Die ich . . . völlig unerwartet damals bei Musmann sah . . .
Hollrieder: (fast wie kaum noch auf ihn achtend; unwillige Kopfbewegung nach der Tür rechts) Wo sie noch immer . . .
Url: (betont-hartnäckig in seinem Satz weiter) Und die mich . . . durch ihre geradezu glänzend geniale, farbige Virulenz . . . und Bewegtheit . . .
Hollrieder: (vorn rechts, denn jetzt doch etwas stutzend-lauschend aufmerksam geworden, stehn geblieben; ihn anblickend) Du tust . . . (sich umdrehend und auf die Chaiselongue zu; zornigst abweisend) Mmadder!
Url: (seine Besorgnis nach der Tür links einen Augenblick vergessend) Ich hätte sonst nie darauf bestanden, dich kennen zu lernen! . . .
Hollrieder: (auf der Chaiselongue; die Schultern vorgeduckt, die Unterarme über den Knieen, die Hände offen gefaltet; bitter vor sich hin) Nichts, nichts war mir gut genug. Selbst die Extremsten . . . (zu seinen Bildern hoch) Da! (sardonisch-sarkastisch, sich selbst persiflierend) Japan, Dürer, die neuen Franzosen, Velasquez, deine frühsten Gotiker, alles, wie du es wünschst, in eins verschmolzen! Arbeiter, die mit Blechkannen »in die Fabrik ziehn«, Pennbrüder, die sich mit Bindfäden die Stiebel zusammenflicken, Liebespaare, daß einem übel wird, statt Kornfelder Schornsteine und Telegraphenstangen, statt deines Waldes Brezeliand die Hasenheide, und statt römischer Aquädukte oder der Thermen des Caracalle die liebliche Verbindungsbahn! (wieder aufgestanden) Nett!
Url: Dir scheint wirklich bloß noch wohl zu sein, wenn du dich selbst quälst. Nur an diesen Dingen, weil sie noch unverbraucht waren, konntest du dir deine Technik erringen.
Hollrieder: (wieder in der Mitte der Bühne) Und steh nun mit ihr da! Der Besitzer einer allerkompliziertesten Präzisionsmaschinerie, mit der er nichts zu präzisieren versteht! »Technik«! Der erste beste Grasfleck im Sonnenschein schlägt die ganze Malerei dot!
Url: (mit steigender Unruhe nach der Tür links) Wenn du dich doch nur . . .
Hollrieder: Ah ja so! (vor dem Cloisonneestück) Für dies eine Kranichbein schenk ich dir den gesamten Impressionismus! (mit einem erbitterten Blick nach seinen Bildern) Laß die bunte Photographie da sein, und ich bin der (grimmig) elendeste Schmierer auf Gottes Erdboden gewesen! (es klopft; Url auf die Türe links zu und den Vorhang zur Seite schiebend)
La bella Cenci: (vornehmer, langer, dunkler Pelzmantel, Muff und Mütze; verschleiert; in der Tür sich halb zurückwendend) Jawohl Die Sachen bleiben da. Sie können gehn.
Url: (leicht nach dem Tisch zu) Mein Freund Hollrieder. (sie schlägt den Schleier zurück, Hollrieder steht wortlos da und starrt sie an. Url: aufs höchste gespannt; beide heimlich beobachtend).
La bella Cenci: Es war lieb von Ihnen, wie Sie an Herrn Url gehandelt haben.
Hollrieder: (auf den Tisch zu) Taper.
Url: Da hören Sie ihn.
La bella Cenci: (lächelnd) Mit Glaceehandschuhen scheinen Sie die Menschen nicht zu streicheln.
Hollrieder: (der sich vom Tisch eine Zigarre anbrennt) Sie gestatten.
Url: Wenn er sich ärgert, muß er rauchen.
La bella Cenci: Und wenn Sie sich nicht ärgern, müssen Sie wahrscheinlich auch rauchen?
Hollrieder: Selbstver ständlich! (nach dem Fenster zu) Dann erst recht.
La bella Cenci: (zu Url) Wollen Sie mir, bitte, einen Wagen besorgen? (da Url noch unentschlossen dasteht und zögert; an ihren Handschuhen knöpfend) Grad heut . . . muß ich etwas pünktlich sein.
Url: (sich aufraffend) Wir brauchten nur wie immer . . . (während Hollrieder, vor der Fenstertür sich zurückdrehend auf ihn und sie einen halb verwunderten Blick richtet) Der nächste Halteplatz, wie Sie wissen, ist von hier noch keine zwei Minuten.
La bella Cenci: Machen wir heute mal eine kleine Ausnahme.
Url: (nach einem nochmaligen Blick auf beide; fast formell) Wie Sie es wünschen. (ab).
La bella Cenci: (nach einer kleinen Pause) Warum starrten Sie mich eben so an?
Hollrieder: (mit dem Rücken gegen die Fenstertür, so daß sich seine Gestalt fast als Silhouette abzeichnet) Sie weckten . . . einen Augenblick lang eine Erinnrung in mir.
La bella Cenci: Eine Erinnrung?
Hollrieder: Ja.
La bella Cenci: (in den linken Sessel unaufgefordert sich setzend) Sie erregen meine Neugier.
Hollrieder: Das lag nicht in meiner Absicht.
La bella Cenci: Und wenn Sie mir nun damit . . . einen besonderen Gefallen täten?
Hollrieder: (nach der Chaiselongue; Zigarre) Es ist mir peinlich, aber ich muß Sie bitten, davon abzubrechen.
La bella Cenci: Das ist deutlich. (kleine pikierte Pause; Hollrieder Zigarre) Hat Ihnen Ihr Herr Freund schon etwas mitgeteilt?
Hollrieder: (in der Mitte der Bühne) Von Ihrem Angebot.
La bella Cenci: Von meiner Bitte. Ich schätze Herrn Url, wie Sie ihn schätzen.
Hollrieder: (nach rechts in den Vordergrund) Er . . . fing mal davon an.
La bella Cenci: Werden Sie ihm zureden?
Hollrieder: (nach kurzem Zaudern; ganz rechts stehngeblieben; ihr zugewandt) Nein.
La bella Cenci: (befremdet) Warum denn nicht?
Hollrieder: Ich möchte Ihnen darauf nicht antworten.
La bella Cenci: Ich bitte darum.
Hollrieder: Sie würden die Antwort nicht vertragen.
La bella Cenci: Wer sagt Ihnen das?
Hollrieder: Sie würden sie mir übelnehmen.
La bella Cenci: Ich werde sie Ihnen nicht übelnehmen.
Hollrieder: Weil Sie ihn bald . . . zu Ihrem Affenpintscher machen würden.
La bella Cenci: (aufgestanden und erregt ein Stück nach dem Regal zu) . . . Warum . . . beleidigen Sie mich?
Hollrieder: Ich habe nur gesagt, was sein würde.
La bella Cenci: (im Vordergrund links zu ihm rüber) Ich hätte nicht geglaubt, daß Sie von Ihrem Freund . . . eine solche Meinung haben.
Hollrieder: (Zigarre) Die Meinung, die ich von meinem Freund habe . . . und über die ich niemand Rechenschaft schulde . . . wird durch das, was ich gesagt habe, in keiner Weise tangiert. Nicht im geringsten!
La bella Cenci: Sondern?
Hollrieder: Er ist nur . . . ein schwacher Mensch.
La bella Cenci: Und ich?
Hollrieder: Sie? . . . Sie sind ein starker.
La bella Cenci: Sie haben eine eigentümliche Art (wieder nach dem Tisch; zu ihm hin über die rechte Schulter) einem Komplimente an den Kopf zu werfen.
Hollrieder: (Zigarre) Es ist kein Kompliment, wenn ich eine Stearinkerze eine Stearinkerze nenne und . . . eine Mücke eine Mücke.
La bella Cenci: (vor dem Tisch stehend, die Hände hinter sich) Sie halten mich für so . . . gefährlich?
Hollrieder: Für meinen Freund . . . ja.
La bella Cenci: (sich nach dem Sessel rechts drehend) Sie sind der erste, der mir einen Korb erteilt. (vor dem Sessel rechts, noch stehend, ihm wieder voll zugewandt) Warum mißfalle ich Ihnen?
Hollrieder: Sie mißfallen mir nicht.
La bella Cenci: (leicht) Ah so! . . . (sich setzend; Blick nach den Bildern hin) Warum sind Sie dann nicht . . . höflicher zu mir?
Hollrieder: Bin ich unhöflich?
La bella Cenci: Nun es macht sich. (Hollrieder Zigarre; Pause; zu ihm hin) Warum malen Sie solche Bilder?
Hollrieder: (nach links) Weil ich Maler bin.
La bella Cenci: Es gibt doch schönre Dinge auf der Welt.
Hollrieder: (nun seinerseits über die rechte Schulter) Es gibt überhaupt nur schöne Dinge auf der Welt. (vor sich in die Luft) Man muß sie bloß richtig sehn.
La bella Cenci: Dann sehe ich sie nicht richtig.
Hollrieder: (vorne links, zu ihr hingewandt, stehngeblieben) Mag sein.
La bella Cenci: Sie sind grob!
Hollrieder: Weil ich die Differenz unsrer Augen konstatiere?
La bella Cenci: Nein. Weil Sies überhaupt sind!
Hollrieder: Danke. (Zigarre und sich wieder nach rechts in Bewegung setzend)
La bella Cenci: (die sich einen Moment mit ihrem Muff abgegeben, nach einer neuen Pause) Was zog Sie an Herrn Url so an? Weshalb haben Sie ihn, wenn ich dies so ausdrücken darf, »gerettet«?
Hollrieder: (rechts stehngeblieben, ihr zugewandt; zuerst fast widerstrebend) Weil er ein . . . feiner Mensch ist. Weil er mehr Kultur in sich hat, als von meiner Sorte n halbes Dutzend.
La bella Cenci: Trotzdem er weder malt, noch schreibt, noch sonst etwas? Trotzdem er, außer zu seinem bißchen Musik, wie er sagt, zu eigentlich gar nichts taugt?
Hollrieder: (Blick vor sich auf den Teppich) Das bliebe doch wohl erst abzuwarten. (dann zu ihr auf) Er hat in mir (Zigarre, und sich nach links wieder in Bewegung setzend) rein durch sein Wesen Perspektiven geweckt, an die ich vordem nie auch nur gedacht hatte.
La bella Cenci: (fast »neidisch«) Dann hätten Sie also . . . so kurz Sie sich auch erst kennen, bereits, einer vom andern, beide gelernt?
Hollrieder: (stehngeblieben und voll nach ihr hin) Es gibt zwischen Männern kein Band, das stärker knüpft.
La bella Cenci: (mit einer Kopfbewegung nach der Tür rechts) Und Herr Musmann? (Hollrieder finster) Der bis in die letzte Zeit allen und jeden Vorteil von ihm gehabt hat? (Hollrieder, der sich wieder in Bewegung nach rechts gesetzt hat, mit dem Blick folgend) Der von jenen Zuwendungen und Bildverkäufen vielleicht jetzt noch lebt? Warum hat der sich nicht um ihn bekümmert?
Hollrieder: (den Blick nach oben mißvergnügt in die Luft) Der? . . . (Zigarre, zweimal starke Rauchwolke) Das wär nicht zu verlangen gewesen.
La bella Cenci: Sie sollten . . . mit diesem Herrn (Hollrieder aufmerkend stehngeblieben) wirklich . . . etwas vorsichtiger sein!
Hollrieder: (ihr scharf zugewandt) Also auch darüber hat Ihnen das alte Plappermaul . . .?
La bella Cenci: Auch darüber.
Hollrieder: (sich nach links erregt in Bewegung setzend) Dann sind Sie wohl so gut . . . (Zigarre) das wieder zu vergessen. Ich habe mich mit diesem meinem ehemaligen Kameraden jahrelang durchgehungert (Zigarre) er ist, so lang er für sich verantwortlich war (sich wieder nach rechts wendend) in ehrlichster Weise mit mir durch dick und dünn gegangen, und ich möchte nun nicht . . . (abbrechend, ergrimmt vor sich in die Luft) Es gibt Angelegenheiten, die die Betreffenden am besten unter sich allein abmachen.
La bella Cenci: (zuerst mit ihrem Muff spielend) Dann will ich Ihnen nur wünschen . . . daß Sie mit Ihrem rührenden Zartgefühl . . . wenigstens nicht gleich die allzu bösesten . . .
Hollrieder: (der, bereits bei dem Wort »wünschen« stehngeblieben, mit der rechten Fußspitze nervös den Teppich bearbeitet hat; ihre Replik kurz abschneidend und auf dem Gasofen die Zigarre abstreifend) Hoffen wirs! (neue Pause; Rauchwolke)
La bella Cenci: Porträtieren Sie auch?
Hollrieder: (wieder nach links; leicht obenhin; mit einem leisen Unterton der Ablehnung) Nur zu Studienzwecken.
La bella Cenci: Wieso?
Hollrieder: Weil mir meine Auftraggeber ihre Porträts sonst an den Kopf werfen würden. (Zigarre) Leute, die zahlen, wollen geschmeichelt sein. Und dazu ist die Malerei nicht da. Dann hätte ich ebenso gut Schuster werden können. (links vorn stehngeblieben; Blick über beide Wände) Und das wäre vielleicht auch das gescheiteste gewesen! . . . (Zigarre)
La bella Cenci: Vielleicht gibt es Menschen, die auch von Ihnen gemalt . . . (Blick nach der Hille-Bobbe-Alten) nicht allzu scheußlich aussehn würden.
Hollrieder: (sie voll anblickend) Vielleicht.
La bella Cenci: (nach einem ersten, kurzen Anlauf fest auf ihr Ziel zu) Ich habe eine Unmenge . . . exakter Spezialaufnahmen von mir zu eigenen Studienzwecken. Obwohl öffentlich natürlich keine einzige davon existiert. Sie genügen mir jetzt nicht mehr. Ich möchte zum erstenmal ein . . . wie soll ich sagen, genial abreagiertes Abbild von mir zu einer Affiche. Würden Sie, wenn ich Sie darum bäte, einen solchen Auftrag annehmen?
Hollrieder: Für die »Sieben Verwandlungen« . . .?
La bella Cenci: Ja.
Hollrieder: Als »Heilige Cäcilie« . . .?
La bella Cenci: Ja.
Hollrieder: Vielleicht auch in Ihrer Schlußnummer: als »Phryne« . . .
La bella Cenci: (nach kurzem Zaudern) Wie Sie wollen.
Hollrieder: (wieder nach rechts; Zigarre) Bedaure. Vielleicht wenden Sie sich an Herrn Musmann. (Zigarre)
La bella Cenci: (empört aufgestanden) Sie sind abscheulich!
Hollrieder: (mit einem Blick nach ihr hin) Sie sind für mich weder eine römische Heilige, noch . . . (einen Augenblick, nach ihr zurückgedreht, stehngeblieben) erlauben Sie . . . (wieder weiter) eine griechische Hetäre. Ich würde Sie nur malen können, wie Sie sind.
La bella Cenci: Ich verzichte.
Hollrieder: (sich wieder nach links wendend, mit einem Blick zu ihr rüber) Was mir leid tut.
La bella Cenci: Dann sind wir ja einig.
Hollrieder: Wir könnten einiger sein.
La bella Cenci: Nun, es lag ja wohl nur an mir.
Hollrieder: (sie dabei nicht anblickend) Zum Teil wenigstens.
La bella Cenci: Ich beneide Herrn Url nicht! Sie sind noch zehntausendmal schlimmer, als er mir gesagt hat!
Hollrieder: (vorne links, von ihr abgewandt, stehngeblieben, zuckt die Achseln, man hört von draußen Schritte).
La bella Cenci: (aufatmend und etwas auf die Tür zu) Gott sei Dank, daß er da ist! (Hollrieder sich nach der Tür drehend)
Url: (sofort, nachdem er geklopft, eingetreten)
La bella Cenci: (zu Hollrieder, während Url auf beide aufmerksam ist) Es waren mir sehr interessante fünf Minuten. (zu Url; Schleier vor) Wir müssen uns beeilen.
Url: Bitte sehr.
Hollrieder: (der sich stumm verbeugt hat; allein. Hört, wie sie sich entfernen. Schleudert seine Zigarre auf den Tisch in den Aschbecher, geht einigemal nervös auf und ab und wirft sich dann auf die Chaiselongue) Ich . . . Rindvieh! . . . (schnellt plötzlich auf, klinkt die Tür in dem großen Atelierfenster auf und blickt vom Balkon auf die Straße hinab; jedoch möglichst so, daß er von unten aus nicht bemerkt werden kann; leises, durch den Schnee gedämpftes Großstadtgeräusch).